S U L P WIR
WIRPLUS Januar 2016
enschaft Januar 2016 s s o n e G k n a B azin der WIR Das Kundenmag
sch macht die ie L ie il m a F : k n Ba ende der WIR b e lg a it p a K 8 h Bank treffen sic IR W d n u o o Z 4 Basler en Wasser g e g n e in te S it G: m » 18 Fallegger A für die «Kleinen le a tr n e sz n o si is Em ist möglich 28 Efiag: neue n e u a b h c li k c beweist: Glü 30 Ernst Deiss
10 000 voll!
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144 SEITEN FASZINATION WIR 80 Jahre sind seit der Gründung der WIR Bank Genossenschaft vergangen. Das Buch «Faszination WIR – Resistent gegen Krisen, Spekulationen und Profitgier» beleuchtet Aspekte einer spannenden Firmengeschichte, setzt dazu bereits beim Börsencrash von 1929 ein und zeigt die Zukunftschancen der Komplementärwährung WIR auf. Das Buch ist im Buchhandel erhältlich, kann zu einem Vorzugspreis, aber auch über die WIR Bank bezogen werden.
Das WIR-System der WIR Bank unterstützt die Schweizer Binnenwirtschaft und ist in seiner Grösse und Nachhaltigkeit weltweit einzigartig: Was 1934 als Netzwerk von 300 Firmen und Privaten begann, umfasst heute 50 000 KMUs, die 2013 unter sich einen Mehrumsatz von 1,43 Mrd. CHW generierten. In seinem Buch «Faszination WIR» zeigt Hervé Dubois auf, wie diese spannende Erfolgsgeschichte möglich war, welche Hürden dabei genommen werden mussten und was auch in Zukunft der okönomische Nutzen einer Komplementärwährung in einer von Wachstums- und Profitdenken geprägten Wirtschaftsordnung ist. Hervé Dubois wurde in La Chaux-de-Fonds geboren und wuchs in Zürich auf. Nach der Matur studierte er Wirtschaftswissenschaften und Publizistik an der Hochschule St. Gallen. Während 20 Jahren war Dubois in der Region Basel als Redaktor bei Tageszeitungen, bei der Schweizerischen Depeschenagentur und als Radiojournalist tätig. 1995 wechselte er zur WIR Bank Genossenschaft, wo er bis zu seiner Pensionierung 2014 als Kommunikationsleiter tätig war. Heute lebt Hervé Dubois im Wallis.
Faszination WIR – Resistent gegen Krisen, Spekulationen und Profitgier. 144 Seiten, Hardcover, Leinenstruktur mit Prägung Erhältlich ist das Buch in allen Buchhandlungen (ISBN 978-303781-075-0) zum Preis von 34 CHF (Richtpreis). Das Buch kann – solange der Vorrat reicht – auch über die WIR Bank zum Vorzugspreis von 20 CHF oder 20 CHW bezogen werden, und zwar – über das Webformular auf www.wirbank.ch/buch* – per Post mit dem unten stehenden Talon* – per E-Mail (s. Talon)* – in den Filialen und Agenturen der WIR Bank – an den folgenden Veranstaltungen der WIR Bank (s. S. 41): • WIR-Messe Zürich • Herbstgespräche im KKL Luzern (für Stammanteilhalter/-innen) • WIR-Business-Treffs * Portokosten werden nicht verrechnet
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Kontokorrentkonto Nr. ………..................................… Sparkonto Nr. ……….............................…........ Ich bezahle mit CHF nach Erhalt einer Rechnung (Lieferung nach Zahlungseingang)
Talon einsenden an WIR Bank, Marketing, Auberg 1, 4002 Basel. Oder bestellen Sie das Buch über das Webformular auf www.wirbank.ch/buch oder per E-Mail bei Nadja Maurer: nadja.maurer@wir.ch (bitte gewünschte Anzahl Bücher, Adresse und Zahlart mit Kontonummer angeben).
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SWISSNESS – SUISSITUDE – SVIZZERITÀ EDITORIAL
Gelegentlich fehlen der deutschen Sprache griffige Worte – Begriffe, die «in a nutshell» etwas aussagen, wofür man sonst einen ganzen Satz aufwenden müsste. Ausgerechnet die typisch schweizerischen Eigenschaften Zuverlässigkeit, Stabilität, Solidität, Genauigkeit, Fairness, Innovation und Natürlichkeit vereinigen sich am besten nicht in einem deutschen, sondern in einem englischen Wort: Swissness. In der Romandie begegnet man ihm als suissitude, im Tessin als svizzerità – sicher in Anlehnung an italianità, das ironischerweise für eher Gegenteiliges – aber nicht minder Wertvolles – steht: Lebensfreude, Lockerheit, Unbeschwertheit. Als durch und durch schweizerisches Produkt ist die WIR Bank Genossenschaft zweifellos mit Swissness gesegnet. In Zukunft will die WIR Bank diesen Wert noch stärker hervorheben, dabei vermehrt aber auch mit Emotionen spielen: «Wir werden den Markt mit Aktivitäten überraschen, die man von der WIR Bank nicht erwartet», sagte Verwaltungsratspräsident Oliver Willimann an den Herbstgesprächen in Luzern (S. 4). Bis es so weit ist, bleibt die Katze jedoch im Sack. Beispiel für Unternehmertum und Innovation liefern wir in diesem WIRPLUS gleich mehrfach. So hat die WIR Bank selbst mit der Efiag eine neue Aktiengesellschaft für die Vergabe von Darlehen an Banken gegründet (S. 28); Thomas Fallegger hat nach
jahrelanger Planung ein Steinbruchprojekt oberhalb des Sarnersees umgesetzt (S. 18); der Unternehmer Ernst Deiss hat seine Erfahrungen und Erlebnisse in das Ratgeberbuch «Glücklich bauen» umgemünzt (S. 30); am Podiumsgespräch an der WIR-Messe Zürich drehte sich alles um die Zukunftsbranche nachhaltige Energie, ebenfalls unter Mitwirkung von Unternehmensgründern (S. 14); und im Beitrag «Die Co-Working-Revolution» gehen wir zukunftsträchtigen Arbeitsformen nach (S. 22). Wie Thomas Fallegger oder Ernst Deiss nutzt auch Aldo Liesch mit seiner Firma Flamag AG (S. 8) die Vorteile, die das WIR-System den Schweizer KMUs bietet – gerade auch in Zeiten grosser Frankenstärke (S. 36). Im Rampenlicht steht die Firma heute aus einem anderen Grund: Mit ihr ist die Zahl der Kapitalgebenden der WIR Bank Genossenschaft auf 10 000 angewachsen. Wie 9999 weitere Personen und Firmen gehört sie also zu den Besitzern von Stammanteilen der WIR Bank Genossenschaft. Diese haben – wie auch in der «K-Geld»-Ausgabe vom Dezember 2015 nachzulesen ist – nicht nur vom Wertzuwachs der Stammanteile, sondern auch von jährlichen Dividenden von 2 bis 2,5% profitiert und gleichzeitig ihre Verbundenheit zu einem Unternehmen ausgedrückt, das Swissness liebt und lebt. DANIEL FLURY
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INHALT
SEITE 4
SEITE 11
Wird in Basel das geplante Ozeanium gebaut, sind der Zoo Basel und die WIR Bank direkte Nachbarn. An den Herbstgesprächen in Luzern sind sich die beiden Institutionen schon einmal nähergekommen.
An der 72. WIR-Messe in Zürich war «alles anders». – Mit einer Neukonzeption reagierte die Messeleitung auf den zunehmenden Druck, dem praktisch alle Messen ausgesetzt sind.
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4 ZWEI BASLER INSTITUTIONEN TREFFEN SICH Herbstgespräche der WIR Bank 8 10 000 – UND ES GEHT WEITER! 11 EINE SACKSTARKE SACHE
72. WIR-Messe Zürich im Zeichen des Neubeginns
14 EIN SOLARZELLENGÜRTEL FÜR DIE ERDE? Podium an der WIR-Messe Zürich
16 BEWEGENDER SPENDENLAUF ZWISCHEN BÄR UND STEINBOCK 18 MIT STEINEN GEGEN WASSER
Fallegger AG
22 DIE CO-WORKING-REVOLUTION 25 20 JAHRE GLEICHSTELLUNGSGESETZ 28 NEUE EMISSIONSZENTRALE FÜR DIE «KLEINEN»
Efiag
30 GLÜCKLICH BAUEN? DAS GEHT! 34 DER WIEDERKEHRENDE KUNDE 36 SCHWEIZER KMUS EIN JAHR NACH DEM FRANKENSCHOCK
SEITE 30 Haus und Pfusch werden oft in einem Atemzug genannt. Der Bauunternehmer Ernst Deiss weiss, wie ein Hausbau nicht zum Albtraum wird. Sein Buch «Glücklich bauen» erscheint diesen Monat.
Dr. Richard Schwertfeger
39 WENN DER FRIEDHOFSGÄRTNER MEIN GRAB AUFHEBT
Kolumne Willi Näf
40 CARTOON 41 AGENDA
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ZWEI BASLER INSTITUTIONEN TREFFEN SICH HERBSTGESPRÄCHE DER WIR BANK IM KKL LUZERN
Geht alles nach Plan, sind der Zoo Basel und die WIR Bank Genossenschaft ab 2021 direkte Nachbarn: Olivier Pagan, Direktor des Basler «Zolli», erläuterte als Gastreferent an den Herbstgesprächen der WIR Bank die Pläne für den nächsten Ausbauschritt: das Ozeanium an der Heuwaage. Auch die WIR Bank Genossenschaft will in den kommenden Jahren von sich reden machen.
Sieht man vom Basler Münster und der Basler Fasnacht ab, haben alle Wahrzeichen der Stadt am Rheinknie ihren Ursprung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts: die chemische Industrie, der FC Basel, die erste von einer staatlichen Behörde betriebene elektrische Strassenbahn der Schweiz – und der Zoologische Garten, kurz «Zolli». 1874 vom Ornithologischen Verein Basel ausserhalb der Stadt am Flüsschen Birsig gegründet, liegt er heute eingezwängt zwischen Häuserzeilen, Strassenzügen und Tramgleisen. Für Zoodirektor Olivier Pagan eine spannende Ausgangslage: «Diese Grenzen sehe ich als Vorteil, denn man überlegt sich drei Mal, was man tut!»
Wussten Sie … … dass im Zoo Basel Wanzen für die Blutentnahme bei Giraffen eingesetzt werden? Die winzigen Blutwanzen werden an einen Faden gebunden und auf das Tier gesetzt. Sobald die Wanze sich vollgesogen hat – sie wird dabei etwa daumendick –, wird sie punktiert und das Giraffenblut kann untersucht werden.
«Basel liegt am Meer» Gut überlegt haben sich die Zooverantwortlichen den Bau eines Ozeaniums und damit die auf absehbare Zeit letzte mögliche Ausbauetappe. Klar, gehört ein Ozeanium in ein Binnenland, findet Pagan – und vor allem nach Basel, das durch die «Nabelschnur» Rhein direkt mit der Nordsee verbunden sei – und damit eigentlich am Meer liege. Schon seit 40 Jahren zeigt der «Zolli» in seinen Vivarien die Tierwelt von Küstengewässern und von Süsswasserhabitaten. «Wir haben grosse Erfahrung mit der ‹nassen Welt› und wollen im Ozeanium künftig auch die Hoch- und Tiefseefauna zeigen», so Pagan. 30 Themen sollen den Besuchern insbesondere den Atlantik und das Südpolarmeer nahebringen. Zuoberst auf dem Wunschzettel steht ein ganzes Korallenriff, denn das Artensterben sei in den letzten 30 Jahren nirgends so drastisch gewesen wie unter den Korallen. Von den 100 Millionen CHF, die für das Ozeanium «mit internationaler Ausstrahlung» nötig sind, hat ein privater Mäzen bereits 30 Millionen zugesichert. Den Rest erhofft sich der Zoo-
«Tierisch gut» lautete das Motto der Herbstgespräche im KKL Luzern – das Bühnenbild unterstreicht es.
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Wussten Sie … … dass Gemüse, Früchte und Getreide im Zoo Basel die meistverzehrten Nahrungsmittel sind? 58 t Karotten, 32 t Randen, 26 t Äpfel, 12 t Bananen und 13 t Getreide stehen 18 t Süsswasserfischen, 19 t Salzwasserfischen und 19 t Fleisch gegenüber. Wie komme ich zu Futter, ohne selbst Futter zu werden? – Dieses grundlegende Naturprinzip ist in einem Zoo zwar weitgehend ausgehebelt, aber auch hier gilt gemäss Zoodirektor Olivier Pagan: «Raubtiere essen auch in 20 Jahren keinen Tofu!» direktor von weiteren Mäzenen, von Stiftungen, vom Lotteriefonds und von Spenden aus der Bevölkerung.
Dicke Stäbe haben ausgedient Zu den wichtigsten Funktionen eines Zoos gehören – neben Artenschutz, Forschung und Wissensvermittlung – das Erlebenlassen von Lebensräumen und die Begegnung mit Tieren. Das
war nicht immer so. Bei der Löwenhaltung beispielsweise ging es bis in die 50er-Jahre vor allem auch darum, mit dicken Eisenstangen die Wildheit und Gefährlichkeit dieser Raubkatzen zu zeigen. Auch in Basel waren triste Käfige vorherrschend, bis das Raubtierhaus für mehr Strukturen und Rückzugsmöglichkeiten sorgte. Und erst seit den 90er-Jahren sind die Löwen in ihrem natürlichen Habitat erlebbar. Viel hat sich auch in der Haltung der Elefanten getan. Der Wärter wird nach Fertigstellung der Elefantenanlage «Tembea» (www.zoobasel-tembea.ch) nicht mehr in die Hierarchie der Herde integriert sein – «er spielte jeweils den Chefelefanten, um sich durchzusetzen» –, sondern wird ausserhalb der matriarchal organisierten Herde stehen und nicht mehr mit den Tieren interagieren. Auch die Gemeinschaftshaltung von Tieren wird überall, wo es Sinn macht, umgesetzt. Sie erlaubt den verschiedenen Tierarten das Ausleben ihres Verhaltensrepertoires, vorausgesetzt, es sind genügend Ausweich- und Rückzugsmöglichkeiten vorhanden.
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«Menschenaffen auf dem Balkon?!» Germann Wiggli, Vorsitzender der Geschäftsleitung der WIR Bank, passte sich dem Bühnenbild im KKL Luzern an und erlaubte sich einige Spässe.
Oliver Willimann, VR-Präsident der WIR Bank: «Wie der Basler ‹Zolli› ist auch die WIR Bank dabei, das Unternehmen zu erneuern und fit für die Zukunft zu machen.»
«Und wo ist mein Heu?» Rund 700 der mittlerweile 10 000 Kapitalgebenden (vgl. Beitrag auf S. 8) der WIR Bank Genossenschaft fanden sich zu den Herbstgesprächen im KKL ein, und sie vernahmen staunend, welche Mengen an Nahrungsmitteln die Zoobewohner jährlich vertilgen: 58 Tonnen Karotten und etwa die gleiche Menge Fleisch und Fisch gehören dazu. Hier wurde Germann Wiggli, Vorsitzender der Geschäftsleitung der WIR Bank, hellhörig: «Ich vermisse meine Heulieferungen», meinte er scherzhaft. In der Tat hat er als Junge mit dem Traktor Heu vom elterlichen Hof in den Zoo geführt: «Es wurde von den Elefanten sehr geschätzt!» Ob die WIR Bank Genossenschaft wie der «Zolli» zu den Wahrzeichen der Stadt Basel gehört, blieb an den Herbstgesprächen offen. Eine Gemeinsamkeit wurde dafür umso deutlicher: Weder der Zoo Basel noch die WIR Bank will sich auf dem Erreichten ausruhen. «Nichtstun ist eine vollwertige biologische Tätigkeit», versicherte zwar Zoodirektor Olivier Pagan, in der Unternehmenswelt wäre diese Einstellung jedoch fatal.
Kein Elefant im Porzellanladen Die Pläne der WIR Bank erläuterten Oliver Willimann, Verwaltungsratspräsident, und Germann Wiggli, Vorsitzender der Geschäftsleitung. Zu den wichtigsten Zielen gehört der Ausbau des KMU-Netzwerks, das die Geschäftskunden der Bank durch die 6
Wussten Sie… … dass im Zoo Basel mehr Tierarten zwischen als in den Gehegen leben? Der «Zolli» zeigt 6400 Tiere aus 604 Arten, doch «die grüne Oase mitten in der Stadt» wird von weiteren 3110 Arten bevölkert, wie eine zweijährige Studie gezeigt hat. Davon stehen 113 Arten auf der Roten Liste, 75 sind anderswo in der Schweiz noch nicht nachgewiesen worden, und von 31 Arten wusste man zuvor nicht, dass sie auch in Basel existieren.
Teilnahme am WIR-System bilden. «Wir sind davon überzeugt, dass, je grösser und feinmaschiger das Netzwerk ist, je höher die Qualität der einzelnen Mitglieder und die Solidarität untereinander ist, desto grösser ist der Nutzen für den einzelnen Betrieb und für das ganze Netzwerk. Denn alle haben das gleiche Ziel: Sie wollen mehr Umsatz und mehr Ertrag», so Wiggli. Der Nutzen dieses Netzwerks zeigt sich gerade jetzt deutlich: Unter der Frankenstärke leiden der Tourismusbereich und der grenznahe Detailhandel. Das auf Solidarität fussende WIR-System verhilft einem betroffenen KMU zu neuen Kunden und ermöglicht ihm, bestehende Kunden zu binden. Der Ausbau von heute 45 000 auf mittelfristig 100 000 scheine zwar ambitiös, doch sei er zu schaffen,
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Zoodirektor Olivier Pagan ist Neuchâtelois, hat sich aber während seiner Tätigkeit als Zootierarzt und – seit 2002 – als Zoodirektor reinstes Baseldeutsch angeeignet.
indem aus dem Netzwerk eine eigentliche Erlebniswelt geformt werde, die auch junge, innovative KMUs und Start-ups anspreche. «Wir werden den Markt mit Aktivitäten überraschen, die man von der WIR Bank nicht erwartet!», sagte Oliver Willimann und versicherte dabei, dass man die Elefanten im Zoo belasse: «Bei der Optimierung des WIR-Systems wollen wir uns aber nicht wie ein Elefant im Porzellanladen bewegen, sondern mit der nötigen Um- und Weitsicht vorgehen.»
Tierisch gute Zukunft Neue Prozesse, neue Beratungskonzepte, neue Instrumente, die transparent, bequem und einfach sind, Ausbau der digitalen Kanäle – ins Detail wollten weder Willimann noch Wiggli gehen,
Wussten Sie … … dass der «Zolli» ein internationales Kompetenzzentrum in der Panzernashornzucht ist, seit 1972 das internationale Zuchtbuch für Panzernashörner führt und seit 1990 das europäische Erhaltungszuchtprogramm koordiniert? Eine Frucht dieser Arbeit war im Oktober 2013 die Geburt des Panzernashorns Kiran. Diese Tierart war einst überall zwischen Pakistan und Burma heimisch, heute leben in freier Wildbahn nur noch kleine Populationen in acht Nationalparks. Wanderkorridore zwischen diesen Parks existieren nicht. Das Führen eines internationalen Zuchtbuchs verhindert Inzucht und sichert das Überleben dieser Tierart.
Elefantenrunde mit Wiggli, Willimann und Pagan, moderiert von Volker Strohm (3.v.l.), Mediensprecher und Social-Media-Verantwortlicher der WIR Bank.
denn noch steht ein knappes Jahr harte Arbeit vor den verschiedenen Projektteams. Die Erneuerung der WIR Bank soll aber auf keinen Fall auf Kosten der Privatkunden gehen. «Wir benötigen zwei grundsolide Standbeine, nämlich den WIR- und den Schweizer-Franken-Bereich», so Willimann. Und Germann Wiggli versicherte: «Wir sind fest entschlossen, unsere Spar- und Vorsorgeprodukte auch künftig zu Konditionen anzubieten, die zu den besten im Markt gehören.» Swissness, Qualität, Zuverlässigkeit und Innovationskraft: Diese Werte charakterisieren auch künftig die Ausrichtung erfolgreicher KMUs in unserem Land, und auf diese Werte treffen sie als Kunden der WIR Bank Genossenschaft. Das Fazit Germann Wigglis am Ende der Herbstgespräche: «Die WIR Bank der Zukunft wird tierisch gut!» DANIEL FLURY
www.zoobasel.ch www.ozeanium.ch
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10 000 – UND ES GEHT WEITER Die WIR Bank verfügt über eine breite und weiterhin zunehmende Kapitalgeberbasis – schon über 10 000 Stammanteilhalterinnen und -halter gibt es. Vor Kurzem wurde die Jubiläumszahl 10 000 erreicht – mit der Firma Flamag AG aus Lantsch/Lenz.
Flamag AG ist die 10 000. Stammanteilhalterin. Gaudenzia Liesch nimmt im Namen der Firma die Glückwünsche der WIR Bank entgegen, vertreten durch Oliver Gawrisch, Agentur Chur. Hinten: Sohn Alain und Inhaber Aldo Liesch.
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Flamag AG ist Alleinimporteurin der bekannten Makra-Produkte. Dank einem grossen Lager können Kunden in der ganzen Schweiz rasch beliefert werden.
Die Firma Flamag AG ist kürzlich die 10 000. Kapitalgeberin der WIR Bank geworden. Die Anzahl Stammanteilhalterinnen und -halter nimmt stetig zu – ganz im Sinne der WIR Bank, die sich eine breite Kapitalgeberbasis wünscht. Flamag AG bekommt von der WIR Bank zwei Stammanteile geschenkt. Das Unternehmen vertreibt ein breites Sortiment an Produkten in den Bereichen Befestigungstechnik, Reinigungsprodukte, chemisch-technische Produkte, Schleifmaterialien, Werkzeuge und Automobilzubehör. Die Firma Flamag AG ist Alleinimporteur in der ganzen Schweiz für sämtliche Makra-Produkte (s. Kasten). Dank einem grossen Lager können Kunden in der ganzen Schweiz rasch beliefert werden. Die bestellten Produkte werden von Lantsch/Lenz aus per Post oder Kurierdienst in die ganze Schweiz geliefert. Der Bündner Aldo Liesch, Inhaber der Firma Flamag AG, begann seine berufliche Karriere als Automechanikerlehrling und arbeitete nach dem Lehrabschluss einige Jahre auf diesem Beruf. Anschliessend war er während etwa zehn Jahren bei einer Handelsfirma tätig, die ein ähnliches Sortiment hatte wie die Flamag AG, die er 1991 zusammen mit einem Partner gründete. Die Firma war von Anfang an WIR-Teilnehmerin, denn Aldo Liesch kannte das WIR-System bereits durch seine frühere Tätigkeit als Angestellter, wo er ein Angestelltenkonto hatte. «WIR ist sehr wichtig für uns. Wir erzielen immer etwa zwischen 5 und 10% des Gesamtumsatzes in WIR», betont Aldo Liesch, «und viele Aufträge, bei denen wir 30% WIR in Zahlung nehmen, würden wir ohne WIR-Anteil gar nicht bekommen. Deshalb erzielen wir auch einen schönen Anteil des CHF-Umsatzes dank WIR.»
Bestellt wird per Telefon oder via E-Mail, geliefert per Post oder Kurierdienst.
Flamag AG Voia Principala 31 7083 Lantsch/Lenz Telefon 081 356 60 16 Fax 081 356 60 15 flamag@bluewin.ch Geschäftsführer:
Aldo Liesch, Brienz/ Brinzauls
Gegründet:
1991
Anzahl Mitarbeiter/-innen: 3 WIR-Annahmesatz:
30% bis CHF 3000.–, mehr nach Vereinbarung
Angebot Ein breites Sortiment an Produkten in den Bereichen Befestigungstechnik, Reinigungsprodukte, chemischtechnische Produkte, Schleifmaterialien, Werkzeuge und Automobilzubehör. Im Angebot sind Produkte folgender Marken: Makra, Hazet, Kraftwerk, Gedore, 3M, Philips, Sia, Teroson, Tip Top, Cp usw. Makra: Die Firma Flamag AG ist Alleinimporteurin in der ganzen Schweiz für sämtliche Makra-Produkte. Makra Norbert Kraft GmbH mit Sitz in Göppingen ist spezialisiert auf chemisch-technische Produkte im Fahrzeugbereich und in der Industrie. Dazu gehören Kleb- und Dichtstoffe (z.B. für Scheibenkleben), Schleifpasten, Lackversiegelung, Politur, Fettsprays, Farbsprays, Silikone usw. Im Weiteren gehören auch Handreinigungsprodukte und Hautpflegemittel zum breiten Sortiment.
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WIR-Familien-Betrieb
Überzeugte «WIRler»
Vor gut einem Jahr übernahm Aldo Liesch den Anteil seines Partners, nachdem dieser in Pension gegangen war, und zügelte seinen Betrieb von Wallenwil TG in die Bündner Gemeinde Lantsch/Lenz. Nach dem Ausscheiden seines Partners und einer Mitarbeiterin benötigte Aldo Liesch neue Mitarbeiter. Er fand sie in seiner Frau Gaudenzia und seinem Sohn Alain. Tochter Michèle, die zurzeit noch im Tourismus tätig ist, kommt sporadisch ebenfalls für den Familienbetrieb zum Einsatz.
Alle Familienmitglieder sind überzeugte «WIRler» und nutzen die Dienstleistungen der WIR Bank. Sie haben u.a. ein WIR- und Sparkonto sowie Stammanteile.
Somit ist es ein hundertprozentiger Familienbetrieb geworden. Gaudenzia Liesch war während vielen Jahren in einer Bank in Lenzerheide tätig und hat eine KMU-Ausbildung abgeschlossen, um sich auf die Tätigkeit im Betrieb vorzubereiten. Sohn Alain ist gelernter Elektriker und hat lange gezögert, ins elterliche Geschäft einzusteigen. Als er ebenfalls eine KMU-Ausbildung absolvierte, in der unter anderem auch die Nachfolgeregelung in KMUs thematisiert wurde, ist ihm bewusst geworden, welche Chancen die Übernahme eines gutgehenden Geschäfts bietet.
«Mit dem privaten WIR-Konto helfen alle mit, WIR weiterzuplatzieren», erklärt Aldo Liesch. Die Firma Flamag AG verwendet WIR z.B. für Fahrzeuge und Unterhalt, Verpackungsmaterial, Büromaterial, Werbeartikel, Spesen, Kunden-/Weihnachtsgeschenke, die jeweils an den WIR-Messen beschafft werden. Aldo Liesch nutzt konsequent alle Möglichkeiten, WIR weiterzuplatzieren. Im Wareneinkauf ist dies nur teilweise möglich. Ein grosser Teil der Produkte – Werkzeuge, Befestigungsteile, Automobilzubehör, Reinigungsprodukte usw. – wird im europäischen Ausland eingekauft, darunter auch die bekannten Makra-Produkte, für die Flamag AG Alleinimporteurin für die ganze Schweiz ist. Dank Alain und Michèle Liesch plant der Betrieb einen Internetauftritt. Auch in Zukunft wird die Firma Flamag AG ihre attraktiven, qualitativ hochstehenden Produkte unter Annahme von WIR-Anteilen anbieten. ROLAND SCHAUB
Stammanteile der WIR Bank – ein solides Investment Wer Stammanteile der WIR Bank Genossenschaft kauft, beteiligt sich am wirtschaftlichen Erfolg eines soliden Schweizer Unternehmens, unterstützt die genossenschaftlich geprägte Philosophie des Unternehmens und kann mehrfach profitieren. – Der Stammanteil der WIR Bank Genossenschaft ist ein dividendenberechtigtes Wertrecht mit einer attraktiven Dividende. Im letzten Jahr betrug die Dividende 9.75 CHF pro Stammanteil, was auf dem damaligen Jahresschlusskurs von 428 CHF eine Dividendenrendite von 2,28% ergab. Die Ausschüttung der Dividende erfolgt bis auf Weiteres ohne Abzug der Verrechnungssteuer und ist für natürliche Personen in der Schweiz einkommenssteuerfrei. – Mit dem Sparkonto der WIR Bank können Sie von einem Spitzenzinssatz profitieren: Sobald sich mindestens 25 Stammanteile in Ihrem Kundendepot bei der WIR Bank befinden, erhalten Sie zusätzlich zum Basiszinssatz von 0,2% einen Stammanteilbonus von 0,5%. Zusammen mit dem Neugeldbonus von 0,3% können Sie auf dem Sparkonto einen einmaligen Zinssatz von bis zu 1% erreichen (Boni jeweils bis zu einem Guthaben von max. 50 000 CHF), Stand: 9.11.2015.
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Die Anlage in Stammanteile hat sich in der Vergangenheit als lukrativ erwiesen, sowohl in Bezug auf die langfristige Kursentwicklung als auch auf die jährliche Dividendenausschüttung. Es liegt auf der Hand, dass die bisherige Performance des Stammanteils der WIR Bank keine Garantie für die zukünftige Entwicklung des Titels darstellen kann. Alle Anlagen unterliegen Marktschwankungen. Dies erfordert eine entsprechende Risikotoleranz und -fähigkeit seitens der Anleger.
Stammanteile kaufen Kaufaufträge an die WIR Bank können per Internet-Banking der WIR Bank, per Post (WIR Bank, Abt. Finanzen/ Stammanteile, Postfach, 4002 Basel), per Telefon (0848 947 947) oder per Fax (061 277 93 08) erteilt werden. Stammanteile können am 1. und 3. Freitag eines jeden Monats an der internen Börse der WIR Bank sowie an jedem Bankwerktag auf der OTC-Plattform der Berner Kantonalbank gehandelt werden. Mehr Informationen unter: www.wir.ch/stammanteile bzw. www.wir.ch/sparen
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EINE SACKSTARKE SACHE DIE 72. WIR-MESSE IN ZÜRICH IM ZEICHEN DES NEUBEGINNS Rund 200 Aussteller aus den Bereichen Haushalt, Sport, Mode, Wohnen Unterhaltung, Beruf und Freizeit, ein WIR-Dienstleistungspark mit interessanten, KMU-relevanten Vorträgen, die Mode- und Trendshow, die Sängerin Monique und am Samstag eine Podiumsdiskussion zum Thema nachhaltige Energie mit hochkarätigen Spezialisten (s. S. 14) boten den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern ein spezielles Messeerlebnis.
An dieser Messe sei «alles anders», meinte Messeleiter Roland Hartmann anlässlich der offiziellen Messeeröffnung. Tatsächlich hat sich ziemlich viel geändert. Als Erstes fällt natürlich der neue Messebeginn auf: Start war am Donnerstag um 16 Uhr, statt am Freitagmorgen. Bis 18 Uhr hätten schon überraschend viele Besucher registriert werden können, meinte Roland Hartmann zuversichtlich.
WIR-Messe bringt mehr Kundenkontakte Zu den weiteren Neuerungen gehörte die Konzentration auf drei Hallen. Damit können die Auslastung optimiert und Kosten reduziert werden. Die vorhandenen Mittel müssen effizient eingesetzt werden, denn die meisten Publikumsmessen wie auch einzelne Fachmessen sind unter Druck. Die Konkurrenz durch Internet und direkte Absatzkanäle werde laufend grösser, betonte Roland Hartmann, 11
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Die Mozart Heroes.
Sängerin Monique mit Myrta Zumstein, Präsidentin der WIR-Gruppe Zürich.
doch es gebe nach wie vor gute Gründe für eine Messe: «Nur an einer Messe können innert so kurzer Zeit so viele potenzielle, direkte Kundenkontakte erreicht werden.»
Mehr Swissness – optimiertes WIR-System WIR-Präsident Oliver Willimann nahm in seiner Ansprache Bezug auf das Messemotto. Er meinte, dass die mittlerweile einzige WIRMesse sackstark sei und dass die Organisatoren in einem herausfordernden Umfeld eine sackstarke Arbeit leisteten. Das überarbeitete Konzept sei überzeugend, denn es biete eine ausgewogene Mischung aus Geschäft, Wissensvermittlung und Unterhaltung. «Sackstark ist natürlich auch das WIR-System», erklärte Oliver Willimann, «und es soll noch besser werden.» Das WIR-System sei schon heute mit 60 000 Teilnehmenden – 45 000 davon KMUs – das grösste Business-Netzwerk der Schweiz. In Zukunft wolle man weiter wachsen und den Kundenkreis verjüngen. Das System wird optimiert werden, damit der Anreiz für innovative Unternehmen steigt, mit WIR zu arbeiten. WIR solle in Zukunft noch stärker für Swissness, Qualität, Zuverlässigkeit und gleichzeitig Innovationskraft stehen. Abschliessend wünschte er allen eine sackstarke Messe, gute Geschäftsabschlüsse und erfolgreiches Networken.
fängt, würde theoretisch reichen, um den gesamten Weltenergiebedarf eines Jahres zu decken. Die Firma Flisom ist ein Ableger des Labors für Festkörperphysik der ETH Zürich und produziert flexible Solarmodule, die sich für innovative Anwendungen auf Dächern, Fassaden oder auf mobilen Trägern eignen. Diese Solarmodule werden laufend weiterentwickelt und optimiert. Im Weiteren erwähnte Dr. Marc Kaelin, dass Flisom mit dem bekannten indischen Mischkonzern TATA eine strategische Partnerschaft eingegangen ist. Das Duo Mozart Heroes begleitete die Eröffnung mit einer originellen Kombination von klassischer Musik, Rock und Pop.
Alpine Racer und Wettbewerb
Solarenergie – grosses Potenzial für flexible Module
Am Stand der WIR Bank war der Alpine Racer vor allem beim jüngeren Publikum ein Renner. Mit diesem Gerät konnten klassische Alpinabfahrten und Slaloms simuliert werden. Auch der Wettbewerb der WIR Bank erfuhr eine rege Beteiligung. Für jede Teilnahme am Wettbewerb unterstützte die WIR Bank Special Olympics mit einem Franken. Special Olympics hilft Menschen mit einer geistigen Behinderung, sich weiterzuentwickeln und über Sport Anerkennung und Integration zu erfahren. Auf diese Weise ergab sich ein Betrag von rund 600 Franken. Dieser wurde von der WIR Bank auf 1000 Franken aufgerundet.
Dr. Marc Kaelin von der Firma Flisom AG in Dübendorf brachte in seiner Rede das grosse Potenzial der Sonnenenergie auf den Punkt: Die Sonnenenergie, welche die Erde in einer Stunde emp-
Gewinner des Hauptpreises – einer Übernachtung für zwei Personen im Engadiner Hotel Belvédère – war Andi Walser aus Chur.
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Alpine Racer: vor allem beim jüngeren Publikum ein Renner.
Gewinner des 2. und des 3. Preises – eines Einkaufsgutscheins über 100 CHW von Stöckli Outdoor Sports – waren Anita Altdorfer aus Kloten und Hanspeter Sihler aus Schönenberg.
Erfolgreich mit WIR und der WIR-Messe Rund 18 000 Besucher konnte die WIR-Messe Zürich während der vier Messetage – von Donnerstag bis Sonntag – registrieren. Dies entspricht einem Plus von 4000 oder fast 30% gegenüber dem Vorjahr, was darauf hindeutet, dass einerseits die neuen Öffnungszeiten beim Publikum gut angekommen sind und anderseits das gebotene Programm auf Interesse stösst. Nach einem erfolgreichen Spezialprogramm 2014 zum Thema «Erfolgreich mit WIR» und der «Businessmeile», wo sich Start-up-Firmen ab Gründung über die nötigen Dienstleistungen informieren konnten, wurde in diesem Jahr mit dem Thema nachhaltige Energie an dieses Erfolgsrezept angeknüpft. Der Höhepunkt war ein Podiumsgespräch mit hochkarätigen Spezialisten (s. S.14). Auf grosses Interesse stiess auch die mit dem Podium thematisch verknüpfte Sonderschau, die zwei spezielle Fahrzeuge zeigte: Prof. Dr. David Dyntar und sein Team haben zwei ursprünglich konventionell angetriebene Fahrzeuge – einen Lotus Evora und einen Skoda Octavia – auf Strombetrieb umgebaut. «Die Aussteller waren mit ihrem Messeergebnis mehrheitlich zufrieden oder sogar sehr zufrieden», erklärte Messeleiter Roland Hartmann. Was die Öffnungszeiten anbelangt, sei der Donnerstag
Die Mode- und Trendshow .
bei den Ausstellern nach anfänglicher Skepsis besser angekommen als erwartet. Die Messebesucher äusserten sich mehrheitlich positiv zum Messeangebot und zum Rahmenprogramm. Die bewährte Modeund Trendshow, die Sängerin Monique sowie die Podiumsdiskussion stiessen auf grosses Interesse. Auch die Gratislose, mit denen man viele attraktive Preise gewinnen konnte, fanden natürlich grossen Anklang. «Das Rahmenprogramm soll die Besucher unterhalten, aber nicht vom Kaufen abhalten», betonte Roland Hartmann, «es ist ein Imagefaktor, ohne Rahmenprogramm würde etwas fehlen, die Messe gewinnt damit an Attraktivität, und einige Besucher würden nicht zuletzt deshalb im nächsten Jahr wieder kommen.»
WIR im Jahr 2016 – alles wird anders Abschliessend meinte Roland Hartmann: «Die Umfragen werden jetzt genau ausgewertet, damit man entsprechende Schlüsse ziehen kann.» Sicher ist jetzt schon, dass es eine WIR-Messe 2016 geben wird. Was bereits für die WIR-Messe Zürich 2015 galt, wird im Jahr 2016 auch für das WIR-System gelten: Alles wird anders. Oliver Willimann hat es in seiner Rede («Mehr Swissness …») bereits angetönt. Mehr dazu später – lassen Sie sich überraschen. ROLAND SCHAUB
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EIN SOLARZELLENGÜRTEL FÜR DIE ERDE? PODIUM «NACHHALTIGE ENERGIE» AN DER WIR-MESSE ZÜRICH
Einen Verfechter fossiler Brennstoffe suchte man vergebens: Zum Podium an der WIR-Messe Zürich waren ausschliesslich Vertreter nachhaltiger Energien geladen – von einem Konsens waren die Podiumsteilnehmer dennoch weit entfernt.
Wind, Wasser, Sonne oder doch lieber Uran? Einen «Religionskrieg» wollten die Podiumsteilnehmer nicht entfachen – Moderator Röbi Koller hätte es auch nicht zugelassen –, sie blieben aber standfest in ihren Überzeugungen. Einigkeit herrschte immerhin darin, dass nachhaltigen Energieformen die Zukunft gehört – aber nicht, weil uns das Erdöl oder Erdgas ausgeht: «Der technologische Fortschritt wird das Erdölzeitalter beenden, bevor das Erdöl aufgebraucht ist – schliesslich ging auch die Steinzeit nicht zu Ende, weil die Steine ausgegangen sind!», sagte David Dyntar. Der Professor ist mit seiner Suncar HK AG auch Unternehmer und baut in Partnerschaft mit der ETH Zürich solarbetriebene Bagger und andere Baumaschinen.
10 Franken oder 28 Rappen? Vorläufig bestehen jedoch keine nennenswerten Anreize, um vollständig und rasch von Erdöl auf umweltfreundliche Energien umzusatteln. «Dazu müsste ein Liter Rohöl mindestens 10 Franken kosten – gegenwärtig ist er für 28 Rappen zu haben, da ist ja eine Flasche Cola um ein Mehrfaches teurer!», empörte sich Dyntar. Auch Andy Kreuzer, Geschäftsführer der IDS-Gruppe Schweiz, befand: «Der Einzelne muss betroffen sein – zum Beispiel durch einen einwöchigen Stromausfall –, sonst passiert nichts.» Allerdings ist es genau die Aufgabe Kreuzers, zu vermeiden, dass es zu einem Blackout kommt: Die IDS-Gruppe sorgt mit ihren Produkten unter anderem dafür, dass Überspannungen in einem Verteilnetz vermieden werden können.
AKW – ein Dinosaurier? «Atomkraftwerke sind Dinosaurier – lasst unsere Kinder an der ETH Nukleartechnologie studieren, damit wir für den Rückbau der AKWs genügend Fachleute haben!» – Mit diesen Aussagen 14
sorgte David Dyntar bei Beat Bechtold für Stirnrunzeln. Der Geschäftsführer des Nuklearforums Schweiz wies darauf hin, dass auch in der Kerntechnologie Fortschritte gemacht werden. Die Kernkraftwerke der neusten Generation seien sicherer und produzierten weniger Abfall. «Zudem sind die Betreiber von AKWs die einzigen Stromproduzenten, die in die Stilllegung, in den Rückbau und in die Entsorgung ihrer Anlagen investieren!» Wenn das neu zusammengesetzte Parlament den Atomausstieg beschliessen würde – als wohl einziges Land –, wäre dies der falsche Weg, vor allem bezüglich Versorgungssicherheit. Andy Kreuzer bezichtigte Politiker, die für den Atomausstieg sind, der Augenwischerei: «Diese Politiker sind alles andere als mutig: Rund um unser Land sind AKWs in Betrieb, die ihren Strom im Notfall noch so gerne in die Schweiz exportieren ...»
Problem: Speicherung IDS Schweiz sorgt dafür, dass zu jeder Sekunde genau die Menge Strom zur Verfügung steht, die benötigt wird – unabhängig davon, ob es Tag oder Nacht ist, ob Wolken die Sonne verdunkeln oder ob der Wind bläst. Diese Aufgabe wäre dann weniger anspruchsvoll, wenn ein Medium zur Speicherung von Strom zur Verfügung stünde. Geteilter Meinung über die Speicherkapazitäten von Batterien waren David Dyntar und Andy Kreuzer. Letzterer war sich sicher, dass einer Batterie für den Hausgebrauch – also in vernünftiger Grösse – nach einer Stunde der Schnauf ausgehen würde. Dyntar verwies auf sein Einfamilienhaus, das seit elf Jahren alle Energie von der Sonne bezieht und für die Speicherung von Strom lediglich eine Batterie in der Grösse eines Hockers benötige: «Hätte jeder Haushalt eine solche Batterie, könnten Schwankungen im Stromverbrauch geglättet werden und das Verteilnetz wäre automatisch stabiler.»
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Diskutierten über nachhaltige Energieformen und Speichermöglichkeiten (v. l.): Beat Bechtold, David Dyntar, Andy Kreuzer, Moderator Röbi Koller, Patrick Richter und Germann Wiggli.
Schub für Windenergie Einen Teil zur Lösung des Energieproblems möchte auch Patrick Richter (Agile Wind Power) beisteuern. Seine neuartigen Windturbinen sind in den Augen der Vogelschützer weniger problematisch als die herkömmlichen Anlagen mit den schnell drehenden, grossen Rotorblättern. Doch neben einigen technischen Hürden stehen Richter – und überhaupt den Anbietern von Windenergie in der Schweiz – die Anliegen von Landschafts- und Denkmalschutz im Weg. «Gegenwärtig sind rund 600 Projekte blockiert – in Deutschland kennt man dieses Problem weniger, da man viele Anlagen ins Meer pflanzen kann.» Sowohl Sonnen- wie auch Windenergie sollten in den Augen Richters nicht für grosse Regionen angelegt werden: «Mehr Sinn machen viele dezentrale Sonnen- und Windkraftwerke, die kleine Regionen erschliessen. So wird auch der Speicherbedarf reduziert.»
Die Sonne scheint immer – irgendwo Wesentlich weiträumiger denkt David Dyntar, auch wenn es zuletzt nur eine Vision bleibt: Wieso nicht einen Solarzellengürtel rund um den Äquator bauen? Die Versorgungssicherheit wäre gegeben – irgendwo scheint die Sonne immer – und mit Stichleitungen entlang der Meridiane könnten alle Länder zuverlässig und permanent mit Solarenergie versorgt werden. «Das würde nur einen Bruchteil der jährlichen Militärausgaben der USA kosten», war sich Dyntar sicher. DANIEL FLURY
www.sun-car.ch www.agilewindpower.com www.ids-gruppe-schweiz.ch www.nuklearforum.ch
Nachhaltigkeit und Geldsystem Germann Wiggli ist nicht nur Vorsitzender der Geschäftsleitung der WIR Bank Genossenschaft, sondern auch Präsident der Kehrichtbeseitigung Laufental - Schwarzbubenland AG (Kelsag) und Vizepräsident der Raurica Wald AG, die unter anderem an der Holzkraftwerk Basel AG beteiligt ist. In allen drei Funktionen ist Wiggli mit Fragen der Nachhaltigkeit konfrontiert. So prüft der Verwaltungsrat der Kelsag, die für 33 Mitgliedergemeinden die Kehrichtabfuhr organisiert, die Kehrichtentsorgung mittels elektrisch betriebener Wagen. Am Podium an der WIR-Messe Zürich unterstrich Wiggli aber vor allem die nachhaltige Wirkung des WIR-Systems. «Das WIR-Geld soll nicht gespart werden – deshalb trägt es auch keine Zinsen –, sondern es soll unter den Teilnehmern des Systems zirkulieren und Arbeit auslösen.» In den neuen Technologien sieht Wiggli einen Wachstumsmarkt, der im WIR-System erst lückenhaft vertreten sei. Dies soll sich ändern, wenn das WIR-System in den nächsten Jahren modernisiert und vereinfacht wird (vgl. Herbstgespräche S. 4). Prof. David Dyntar pflichtete bei: «Geld ist dazu da, um investiert zu werden – auch in Arbeitsplätze für innovative Menschen.» Soll die Energiewende geschafft werden, sind nicht nur Investoren gefragt. Wiggli: «Im Baubereich etwa müssen die Banken nachhaltige Produkte anbieten – die WIR Bank tut es in Form des Öko-Kredits –, der Staat muss über Förderabgaben und Lenkungsmassnahmen auf Bauherren einwirken, und die Gemeinden müssen entsprechende Vorschriften für Neubauten erlassen.» www.kelsag.ch www.rauricawald.ch www.wir.ch/oeko-kredit 15
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BEWEGENDER SPENDENLAUF ZWISCHEN BÄR UND STEINBOCK Ein Blick in die Zukunft – mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von einhundert Prozent: Es wird ein Meer aus leuchtenden Augen und strahlenden Gesichtern sein, das sich am 3. März auf dem Arcasplatz in Chur präsentiert. In der ältesten Stadt der Schweiz werden dann nämlich die National Winter Games von Special Olympics eröffnet. Bereits zum dritten Mal unterstützt die WIR Bank die weltgrösste Sportbewegung für Menschen mit geistiger Behinderung – als Sponsor, aber auch in Form von tatkräftiger Hilfe an den Wettkämpfen selbst.
Auch für den Anlass vom 3. bis 6. März fand wiederum ein regelrechter «Kampf» um die rund zwei Dutzend Plätze für die WIR Bank statt. «Unser Kontingent war innert kürzester Zeit aufgebraucht», bestätigt die bankinterne Koordinatorin Patrizia Herde. Doch nebst diesem Helfer- und Betreuerteam steht in diesem Jahr noch ein weiterer Mitarbeiter der WIR Bank für die Special Olympics im Einsatz: Mediensprecher Volker Strohm engagiert sich für das soziale Projekt «Ruedirennt» – hinter den Kulissen, aber auch schwitzenderweise in Laufschuhen. So auch am 3. März, wenn er mitten in die Zeremonie auf dem Arcasplatz erscheinen wird.
Zu diesem Zeitpunkt ist bereits Reto Hunziker an Bord, der seinerseits 2012 das Rheinufer abspulte – von der Rheinquelle bis Rotterdam. Auch der 46-jährige Walliseller sammelte auf satten 1425 Kilometern Geld: Nach seinem Run for Kids freute sich damals die Krebsliga Zürich über stolze 55 555 Franken.
2014 folgt das erste eigenständige Projekt von «Ruedirennt»: Unter dem Motto «Gemeinsam Grenzen verschieben» wird – mit Start und Ziel in Zürich – die Schweizer Grenze im Massstab 1:5 umrundet. Die daraus resultierenden (teilweise alles andere als flachen) 379,8 Kilometer entsprechen neun Marathons in neun Tagen. Doch der Reihe nach. 2013 kreuzen Das Spendenergebnis: 70 472 Fransich erstmals die Wege von Volker ken. Bei «Ruedirennt» könne der EinStrohm und Ruedi Frehner, dem Initi- Volker Strohm (l.) und Ruedi Frehner. satz jedes Spendenrappens genau ator von «Ruedirennt». Der 52-jährige nachverfolgt werden: «Das Geld wird Bündner hat zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Laufprojekte hinzu 100 Prozent zweckgebunden für die im Vorfeld definierten Proter sich, mit denen er für die Aktion «Jeder Rappen zählt» 2011 jekte eingesetzt», erläutert Strohm den Mechanismus. Damals und 2012 auf 211 respektive 333 Laufkilometern über 92 000 waren dies Therapiestunden mit Hunden im Kinderheim TherapeiFranken sammelte. Es entsteht eine Freundschaft zwischen den on in Zizers (ein Heim für schwerbehinderte Kinder), die Mitfinanbeiden: Frehner unterstützt Strohm in der persönlichen Traizierung eines Sommerlagers für krebskranke Kinder aus Grauningsplanung, als «Gegenleistung» gibt es Unterstützung in der bünden und Zürich – sowie die Unterstützung von «Ärzte ohne Projektkommunikation. Natürlich unentgeltlich. «Die Idee, sich Grenzen» in einem Flüchtlingslager in Syrien. für sozial benachteiligte Menschen einzusetzen und dabei möglichst viele Menschen zu bewegen, hat mich sofort beUnd nun rüstet sich «Ruedirennt» für das nächste Grossprojekt: geistert», blickt der WIR-Banker auf die erste Begegnung mit The Special Run for Special People verbindet die Standorte der Frehner im Rahmen von Toskana-Laufferien zurück. Special-Olympics-Sommerspiele 2014 in Bern mit den Winter 16
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Games in Chur (Etappendetails siehe Kasten). Die Laufstrecke ist so angelegt, dass jene Einrichtungen einbezogen werden, in denen Athletinnen und Athleten zu Hause sind. «Wir besuchen aber nicht nur die Institutionen, sondern wollen jeweils die letzten Kilometer gemeinsam mit den geistig behinderten Menschen absolvieren», sagt Strohm. «Die Vorfreude auf das sportliche Grossereignis soll bewusst geweckt werden.» Mitlaufen sei ohnehin ausdrücklich erwünscht, erklärt Strohm den Grundgedanken. Ob dies die ganze Distanz einer Etappe, fünf oder zehn Kilometer oder einfach wenige Meter seien, spiele dabei überhaupt keine Rolle. «Alle können und sollen Teil der Geschichte von ‹Ruedirennt› werden.» Auf der Homepage www.ruedirennt.ch ist nicht nur die genaue Route ersichtlich, sondern wird zudem auch in einer Marschtabelle aufgeführt, wann die Protagonisten wo anzutreffen sind. Das Lauftempo beschreibt Strohm als «sehr moderat» – auch Hilfsmittel wie das Velo seien ausdrücklich erlaubt. Frehner und Hunziker absolvieren natürlich die gesamte Strecke rennend: 383 Kilometer in zehn Tagen. Schon ein bisschen verrückt? «Nicht nur ein bisschen», lacht Strohm, «aber im positiven Sinn.» Die beiden seien nicht von der Distanz getrieben, sondern wollen mit den Projekten immer eine Geschichte erzählen – in diesem Jahr vom Berner Bär zum Bündner Steinbock. Die Zahlen geben «Ruedirennt» recht: Wer mit den bisherigen Spendenergebnissen Rechenspiele betreibt, kommt auf einen Sammelerfolg von 182 Franken pro Kilometer. «Das macht stolz, zeigt aber auch, was machbar ist», erklärte Frehner bei der offiziellen
Projektvorstellung im vergangenen November. Damals wurde zudem die aktive Zusammenarbeit mit der sechsfachen SwissAlpine-Marathon-Siegerin Jasmin Nunige verkündet. Drei Verwendungszwecke für den am 23. Februar startenden Special Run for Special People sind bereits definiert: Für rund 10 000 Franken wird der komplette Medaillensatz der National Winter Games finanziert, mindestens 5000 Franken gehen an das Sommerlager 2016 des Vereins Quack (Quartner Adipositas Camp für Kinder) – und mit zirka 3000 Franken wird der Basler Verein Blind Jogging (ein gemeinnütziger Förderverein blinder und sehbehinderter Läuferinnen und Läufer) für die Reise und die Teilnahme am Kerzerslauf unterstützt. «Kommt mehr Geld zusammen, werden natürlich weitere Projekte definiert», erklärt Strohm – und er betont noch einmal: «100 Prozent der gespendeten Gelder werden zweckgebunden eingesetzt.» Aktuell meistern Frehner und Hunziker den organisatorischen Endspurt für den Startschuss in Bern und spulen im Training Kilometer für Kilometer ab – motiviert durch die Aussicht auf eine tolle Reise mit tollen Begegnungen. Der WIR Bank-Mediensprecher, selbst «begeisterter Marathonläufer der gemütlichen Sorte», wird immer wieder auf Teilabschnitten anzutreffen sein. Zudem hat er die Schlussetappe bereits fett in seiner Agenda angestrichen: «Diese 42 Kilometer zwischen Vaduz und Chur sollen zu einem regelrechten Highlight werden», schwärmt Strohm – und freut sich bereits auf das Meer aus leuchtenden Augen und strahlenden Gesichtern auf dem Arcasplatz. DANIEL FLURY
The Special Run for Special People Dienstag,
Bern–Münsingen–Thun
34 km
Mittwoch, 24. Februar 2016
23. Februar 2016
Thun–Emdthal–Interlaken Ost
37 km
Donnerstag, 25. Februar 2016
Interlaken Ost–Meiringen–Brünig
36 km
Freitag,
26. Februar 2016
Brünig–Sarnen–Stansstad
38 km
Samstag,
27. Februar 2016
Stansstad–Luzern–Zug
38 km
Sonntag,
28. Februar 2016
Zug–Sihlbrugg–Zürich
33 km
Montag,
29. Februar 2016
Zürich–Uster–Rapperswil
45 km
Dienstag,
1. März 2016
Rapperswil–Murg
40 km
Mittwoch,
2. März 2016
Murg–Sargans–Vaduz
40 km
Vaduz–Chur
42 km
Donnerstag, 3. März 2016
Online Fragen zum Projekt www.ruedirennt.ch ruedi.frehner@bluemail.ch facebook.com/ruedirennt Telefon 079 304 87 44
Spendenkonto IBAN CH85 0020 8208 1099 4742 A Ruedi Frehner, Chur (Rubrik «RUEDIRENNT 2016») oder direkte Übergabe während des Laufs 17
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MIT STEINEN GEGEN DAS WASSER
Es braucht Durchhaltevermögen und vor allem gute Argumente, um Behörden und Bevölkerung von der Notwendigkeit eines neuen Steinbruchs zu überzeugen. Erst recht, wenn das Abbaugebiet in einer Landschaft von nationaler Bedeutung liegt. Der Obwaldner Thomas Fallegger verfügt über beides und kann nun nach jahrelanger Planung und Vorbereitungsarbeiten rund eine halbe Million Kubikmeter hochwertigen Quarzsandstein abbauen. Davon profitieren werden vor allem die zahlreichen Hochwasserschutzprojekte in der Innerschweiz.
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Die Entlassung aus der Waldzone ist nur temporär: Das Abbaugebiet – dazu gehört auch das noch bewaldete Gebiet oben links – wird nach 12 Jahren wieder vollständig aufgefüllt und aufgeforstet sein.
Das Gebiet Rischi über dem Sarnersee: Im Kanton Obwalden vermutlich der einzige Ort, an dem hochwertiger Quarzsandstein – er liegt unter einer sehr dünnen Vegetationsschicht – für Verbauungen gewonnen werden kann.
Vor 60 Millionen Jahren stürzten immer wieder Schlamm und Sand, die sich an den Kontinentalrändern abgelagert hatten, lawinenartig in die Tiefen eines Ozeans zwischen der afrikanischen und der adriatischen Platte. Die schweren, groben Bestandteile – mehrheitlich Quarzkörner – lagerten sich jeweils innert Stunden oder Tagen ab und verfestigten sich im Zeitraum von Jahrmillionen zu Sandstein. Als Schlieren-Flysch ist er Geologen ein Begriff, als hochwertiger Guber-Sandstein wird er seit rund 100 Jahren in einem Steinbruch bei Alpnach gewonnen und zu Pflaster- und Mauersteinen verarbeitet.
Selbst die oberste Schicht ist nur wenig verwittert. Aufgrund seiner Mächtigkeit, Druckfestigkeit, Frostbeständigkeit und geringen Abrasivität ist der Sandstein prädestiniert für die Verwendung in Hochwasserschutzprojekten und dürfte Preise von 30 bis 35 Franken pro Tonne erzielen. «Von grossem Vorteil ist auch die ausgeprägte Kantigkeit der Blöcke. In der richtigen Grösse und richtig platziert, sind sie in einer Verbauung auch unter grossem Wasserdruck unverrückbar.»
Abbau vor Ort Im Kanton Obwalden und in der Innerschweiz sind aber Steine eines ganz anderen Kalibers gefragt. Kantige, drei bis sechs Tonnen schwere Blöcke – sogenannte Wuhrsteine – werden in den nächsten zehn Jahren in grossen Mengen benötigt, um anstehende Bachverbauungen und Hochwasserschutzprojekte zu realisieren. Heute wird dafür Gneis aus dem Tessin oder Granit aus dem Kanton Uri verwendet. Doch die Qualität dieses Materials – insbesondere seine Kantigkeit – überzeugt nicht immer, die Transportwege sind aus ökologischer und finanzieller Sicht problematisch, und auch aus Gründen des Natur- und Heimatschutzes wird die Verwendung von einheimischem Material bevorzugt. Schon vor acht Jahren sind dem Unternehmer Thomas Fallegger offen liegende Steinformationen in einem Waldstück an der Glaubenbergstrasse aufgefallen. Sie befinden sich auf 1150 m ü. M., hoch über dem Sarnersee und nur wenige Kilometer Luftlinie von der Deponie Rischiloch entfernt, die Fallegger im Auftrag der Korporation Schwendi mit Aushubmaterial aufgefüllt und rekultiviert hat. «Die Nähe zur Strasse und die überraschend dünne Erd- und Vegetationsschicht über der Gesteinsformation – meist wenige Dezimeter – brachten mich auf die Idee, hier Quarzsandstein für Verbauungen zu gewinnen», so Fallegger. Erste Abklärungen ergaben schnell, dass die Qualität des Sandsteins ausgezeichnet ist.
Die physikalischen Eigenschaften des gewonnenen Materials werden periodisch untersucht. Bohrkerne werden beispielsweise wiederholt eingefroren und wieder aufgetaut, um die Frostbeständigkeit zu prüfen. Nicht nur geologisch, auch ökologisch wird der Abbau von externen Fachleuten begleitet und zuhanden des Kantons dokumentiert. Jede Abbauetappe muss vollständig rekultiviert sein, bevor die nächste Etappe in Angriff genommen werden darf. Als Auffüllmaterial dienen bereits jetzt, in der Vorbereitungsphase, die bei der Erschliessung anfallenden Splitter und Trümmer.
Landschaftsschutz versus Hochwasserschutz Der neue, Rischi genannte Steinbruch liegt innerhalb und am Rand einer geschützten Landschaft, die im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung als «Flyschlandschaft Hagleren-Glaubenberg-Schlieren» verzeichnet ist. Zusammen mit dem Pilatus und dem Vierwaldstättersee, dem Bürgenstock und der Rigi, dem Bergsturzgebiet Goldau und dem westlichen Zugerseeufer bildet sie ein zusammenhängendes geschütztes Gebiet von 570 km2. Eingriffe in solche «Kronjuwelen» der Schweiz sind nur unter grösstmöglicher Schonung der jeweiligen Schutzziele gestattet. Für Thomas Fallegger war deshalb von Anfang an klar, dass er es nicht nur mit den kantonalen Ämtern für Wald und Landschaft oder für Landwirtschaft und Umwelt, sondern auch mit der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission zu tun haben würde. «Die Gespräche und mehrere Begehungen haben die Kommissionsmitglieder davon überzeugt, 19
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Erster Materialcheck: Steinblöcke, die sich beim Fallenlassen nicht aufspalten, sind von guter Qualität. Übergrosse Steine – das Exemplar oben wiegt rund 70 Tonnen – werden mit einem hydraulischen Steinspalter (rechts) in kleinere Stücke zerlegt. Bei einer Sprengung würden unerwünschte Haarrisse auftreten.
Die Steine aus Thomas Falleggers Steinbruch sollen helfen, Überschwemmungen wie diese vom August 2005 zu verhindern. Der Sarnersee trat damals flächendeckend über die Ufer, 200 Gebäude standen in Sarnen im Wasser.
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dass die Gewinnung von Wuhrsteinen im Kanton sinnvoll und an diesem Ort vertretbar ist», so Fallegger. Auch die Anliegen von WWF und Pro Natura wurden frühzeitig aufgenommen und bei der Projektierung berücksichtigt. Entscheidend für das Zustandekommen des Projekts war aber die Gemeindeversammlung vom Mai 2013 in Sarnen. Wie sich schon an verschiedenen Informationsveranstaltungen gezeigt hatte, galten die grössten Bedenken der Bevölkerung dem Verkehrsaufkommen und der Sicherheit der Kinder auf dem Schulweg. Bedenken, die Fallegger allesamt ausräumen konnte. Die Mehrheit sprach sich deshalb für die Umzonung von 44 000 m2 Wald in eine Abbauzone und damit für den Steinbruch aus.
Modernstes Gerät Anfang der 80er-Jahre übernahm Thomas Fallegger nach einer Maurerlehre, der Bauführerschule und einer Unternehmerausbildung die von seinem Vater 1968 gegründete Fallegger AG. Lange war die Firma schweizweit mit mobilen Geräten im Bereich Baustoffrecycling tätig gewesen. «Ich habe in dieser Zeit sehr viel Erfahrung bezüglich Beschaffenheit und Verwendungsmöglichkeiten von Materialien gesammelt, das kommt mir heute zugute», so Fallegger. Das im Steinbruch Rischi abgebaute Material wird Fallegger in erster Priorität für den Hochwasserschutz und für Bachverbauungen im Kanton Obwalden und natürlich auch für die Region Innerschweiz zur Verfügung stellen, andere Verwendungszwecke sind aber nicht ausgeschlossen: Splitt und Kies für die Beton- und Belagsindustrie, Bahnschotter oder Platten für den Gartenbau können aus diesem hochwertigen Material gewonnen werden. Weitere Verwendungszwecke sind in Abklärung. Für die Arbeiten im Steinbruch hat Fallegger eigens einen Radlader und zwei Raupenbagger der neusten Generation mit 60 bzw. 40 Tonnen Einsatzgewicht angeschafft. Sie sind mit Russpartikelfiltern und mit Dieselmotoren ausgerüstet, die in Bulle für den Offroad-Einsatz entwickelt wurden. Besonders praktisch: Dem Baggerführer wird das Gewicht eines vom Bagger aufgehobenen Steinblocks angezeigt. Die Gewichte mehrerer Blöcke können addiert und ausgedruckt werden. So lassen sich Lastwagen problemlos und zuverlässig mit der von einem Kunden bestellten Grösse und Menge Sandstein beladen.
Hochsaison im Winter Bereits während der Erschliessung im Sommer und Herbst 2015 konnte Thomas Fallegger mehrere Tausend Tonnen Quarzsandstein verkaufen. Richtig los geht es aber jetzt, im Winter: «Diese Jahreszeit ist wegen des niedrigen Wasserstands ideal für Bachverbauungen und Hochwasserschutz. Aufgrund der ausgezeichneten Erschliessung des Steinbruchs durch die Glaubenbergstrasse können wir den ganzen Winter hindurch im Steinbruch arbeiten
und Aufträge annehmen», freut sich Fallegger. Ein Projekt, das gegenwärtig ausgeschrieben ist, betrifft die Engelberger Aa. Nach grossen Überschwemmungen 2008 wird der in den Vierwaldstättersee mündende Fluss über die nächsten zehn Jahre etappenweise gesichert. Als Jahrhundertprojekt gilt der 115 Mio. CHF teure Hochwasserschutzstollen, der bei Sachseln beginnt und in den Wichelsee führt. Dadurch soll der Sarnersee entlastet werden, dessen Wasser sich 2005 meterhoch durch die Kantonshauptstadt Sarnen wälzte. Ebenfalls anstehend sind Massnahmen im Rutschgebiet Hintergraben. Damit keine weiteren Häuser, Ställe und Leitungen zerstört werden, soll das Gebiet entwässert und gesichert werden – «hoffentlich auch mit Rohstoff aus dem Rischi-Steinbruch», zeigt sich Fallegger zuversichtlich. DANIEL FLURY
FALLEGGER AG Schon unter Thomas Falleggers Vater Thomas Fallegger sen. war die Aktiengesellschaft Mitglied des WIR-Systems. «Die Annahme von WIR-Geld hat uns immer Mehraufträge und Mehrumsatz beschert. Da wir bei der Vergabe von Aufträgen selber auch WIR-Teilnehmer berücksichtigen, können wir das WIR-Geld problemlos wieder in den Kreislauf zurückführen.» Die Fallegger AG ist heute in den Bereichen Steinabbau, Management und Immobilien tätig. Bei der Planung und Realisierung von Immobilienprojekten – als Generalunternehmer – kann sich Thomas Fallegger auf die Unterstützung seiner beiden Söhne Thomy und Ramon verlassen. Als Architekt bzw. Betriebswirtschafter im Immobilienbereich sind sie nicht nur vom Fach, sondern auch mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Thomas Fallegger. Seit 2015 hat die Fallegger AG ein neues Logo: zwei «F» in einem Achteck. Der moderne Auftritt fällt mit der Aufnahme der Arbeiten im Steinbruch zusammen und soll die neue Dynamik des Unternehmens markieren. Thomas Fallegger: «Die Marke Fallegger ist topp, und das wollen wir gegen aussen entsprechend kommunizieren.» Fallegger AG Brünigstrasse 64 6074 Giswil T 041 666 25 15 kontakt@fallegger.ch www.fallegger.ch WIR-Annahmesatz: 30%
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DIE CO-WORKING-REVOLUTION Seit einigen Jahren nehmen gemeinsam genutzte Arbeitsplätze, Telearbeit oder FabLabs zu. Diese Arbeitsformen kommen den Bedürfnissen von selbstständig Erwerbenden, Kleinstunternehmern und mobilen Arbeitnehmern entgegen. Laut Beobachtern könnten sie die Entstehung einer neuen Wirtschaft begünstigen und zu einer Reduzierung des Autoverkehrs beitragen.
Wie die meisten Co-Working-Einrichtungen hat auch Work’n’Share in Lausanne unterschiedliche Angebote für eine mehr oder weniger regelmässige Nutzung.
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Immer mehr selbstständig Erwerbende, die Teilzeit oder Vollzeit arbeiten, und Kleinstunternehmer sind auf der Suche nach einem Arbeitsplatz, den sie mehrmals pro Woche nützen können. In Lausanne hat Arthur Veenhuys sein Glück in den gemeinschaftlich genutzten Räumlichkeiten von Work’n’Share gefunden. Von dort aus nahm sein Unternehmen AV Planification Construction Bois vor einem Jahr seine Tätigkeit auf. Auf seiner Website präsentiert Arthur Veenhuys eine zerlegbare Kletterwand und ein Bauprojekt an der Dent-Blanche-Hütte. Er arbeitet ganz selbstverständlich mit den IT-Entwicklern zusammen, die ihn bei der Arbeit umgeben. «Grundsätzlich geht es für viele von uns darum, mit anderen Menschen zusammenzukommen, statt mutterseelenallein zu arbeiten.» In seinem Fall waren die Co-Worker von Work’n’Share zunächst Freunde, bevor sie zu Partnern wurden. «Ich habe in administrativen Fragen wertvolle Ratschläge und praktische Hilfe erhalten.» Eine Rechtsberatung in einer Vertragsangelegenheit hätte ihn zweifelsohne viel Geld und Zeit gekostet. Im Büro aber konnte ihm eine Kollegin helfen, die Juristin ist; sie beantwortete seine Frage rasch – und wahrscheinlich noch mit einem Lächeln. In Genf hat die private Gesellschaft «Voisins» seit Sommer 2015 zwei Co-Working-Zentren mit einer Fläche von jeweils 100 m2 eröffnet. Gemäss dem Verantwortlichen Kaspar Danzeisen handelt es sich bei den meisten Mitgliedern um selbstständig Erwerbende oder Kleinstunternehmer, die nicht von ihrem Wohnzimmer aus arbeiten wollen. Die Räumlichkeiten sind auch bei Telearbeitern beliebt. Carlo Turzi, kaufmännischer Leiter bei Regenlab, einem auf Biomedizin spezialisierten Unternehmen, über «Voisins»: «Wir bieten nunmehr zwei Mitarbeitenden, die in Genf wohnen, die Möglichkeit, von hier aus zu arbeiten, anstatt täglich zu unserem Sitz in Mont-sur-Lausanne zu fahren. Sie arbeiten hier in einem professionellen Umfeld; ich hätte ihnen nicht erlaubt, von zu Hause aus zu arbeiten. Die Nähe zum Universitätsspital Genf ist ein Plus. Zudem können wir das Sitzungszimmer für Meetings nutzen und im dazugehörigen Café Kunden empfangen.»
Eine vielseitige Kundschaft Andere Co-Working-Einrichtungen legen den Fokus auf innovative Technologien – Hackerspaces, FabLabs – und auf die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern. So etwa Pangloss Labs in Ferney-Voltaire (F). Dort begegnen wir Ayse Ozturk, Informatikund Elektroingenieurin, die 16 Jahre am CERN arbeitete. Sie entwirft gerade ein Bildungsprojekt, das darin besteht, «Kinder mithilfe der Robotik, einem spielerischen Hilfsmittel für die Lernförderung, an das Programmieren heranzuführen». Ihr Projekt funktioniert nicht ohne die entsprechenden Tools. Dank der Mitglieder von Pangloss hat Ayse Ozturk bereits eine Partnerschaft
mit der Vereinigung Mobsya aufgebaut, die sich dem an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne entwickelten Schulungsroboter Thymio widmet. Mit dem Know-how anderer Mitglieder, die sie in den Räumlichkeiten in Ferney-Voltaire kennenlernte, arbeitet sie an einem humanoiden Roboter, der vor Ort gebaut wird. Wenige Meter von Ayse Ozturk entfernt treffen wir Guillaume Cabrié, der lange in einem Angestelltenverhältnis – bei Dassault Systèmes, Dassault Aviation, Airbus – arbeitete. Der Experte für 3-D-Drucker ist als Berater tätig und gerade im Begriff, sein eigenes Unternehmen Lemantek zu gründen. «Ich bin auf die Konzeption und die Herstellungsprozesse spezialisiert. Meine Aufgabe ist es, zu gewährleisten, dass wir vom Prototypen zur Mikroserie übergehen können.» Er hat bereits das Gehäuse eines USB-Sticks konstruiert: «Ein Projekt für ein Marketinginstrument, das von einem anderen Mitglied stammt.» Dank der Vereinigung Pangloss lernt er andere Spezialisten kennen, die neue Ideen entwickeln. Seine Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern trägt bereits konkrete Früchte (die bereits in einer Vielzahl an seinem Arbeitsplatz bestaunt werden können): ein Aluminiumgehäuse, das Gehäuse eines elektrischen Geräts, der Versuchsaufbau eines Getriebes ... Pangloss Labs zählt rund 40 aktive Mitglieder. Die Vereinigung plant schon die Eröffnung eines zweiten FabLabs – und zwar auf der Schweizer Seite der Grenze.
Den Unternehmergeist fördern Keine andere Co-Working-Einrichtung ist so engagiert wie La Muse, die ihre Mitglieder stark unterstützt und sie zur Zusammenarbeit ermuntert. Die im Jahr 2009 im Herzen der Stadt Genf eröffnete Einrichtung, eine Pionierin auf ihrem Gebiet, organisiert viele Veranstaltungen, um die gegenseitige Unterstützung und Beratung sowie die Zusammenarbeit zu fördern. Antoine Burret, Doktorand der Sozialanthropologie, arbeitete ein Jahr lang bei La Muse und hat verschiedenste andere Co-Working-Einrichtungen erforscht. Besteht das Ziel in der Unternehmensgründung bzw. Wertschöpfung, dann müssen die Co-Worker gemäss Antoine Burret ihre Kompetenzen in einer Struktur bündeln, die er als «Dritter Ort» (franz. tiers-lieu) bezeichnet. Wenn dies nicht geschieht: «Dann teilen sich selbstständig Erwerbende und Kleinstunternehmer eine Kaffeemaschine, können sich Ratschläge geben, sich unterstützen. Doch sie werden letztlich immer mit denselben Problemen konfrontiert werden. Schafft man jedoch einen Dritten Ort, richtet man einen Dienst ein, der wiederum Dienste hervorbringt. Und dadurch entstehen in der Tat neue Aktivitäten.» Die Entstehung von Dritten Orten Mitte der 2000er-Jahre erfolgte zeitgleich mit dem Aufschwung des Breitbandinternets. 23
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Antoine Burret nennt noch einen weiteren Punkt, der ab jenem Zeitpunkt an Bedeutung gewann: Für viele äusserst kompetente Menschen gab es in der Unternehmenswelt keine Entfaltungsmöglichkeiten mehr. Als selbstständig Erwerbende schlugen sie schliesslich neue Wege ein, um auf andere Weise als Unternehmer tätig zu sein. Antoine Burret schrieb zum Thema Dritte Orte ein Buch («Tiers-lieux… Et plus si affinités») und wirkte an der Gründung von MoviLab mit, einer Austausch- und Informationsplattform für die Träger und Akteure solcher Strukturen. Etwas liegt ihm besonders am Herzen. «Ich habe ein Unternehmen mitgegründet, das von den Kompetenzen mehrerer Mitglieder eines Dritten Ortes profitierte. Aus Sicht des geistigen Eigentums war das betreffende Projekt ein Misserfolg. Es war nicht möglich, den Beitrag jedes Mitwirkenden zu erkennen.» Antoine Burret kam zum Schluss, dass nur ein erweiterter Ansatz in Bezug auf das geistige Eigentum – Open Source – besser geeignet sein könnte. Dieser Ansatz, der sich insbesondere im Bereich der freien Software bewährt hat, würde besser zur gemeinschaftlichen Funktionsweise eines Dritten Ortes passen.
Co-Working ist nicht nur etwas für begeisterte Nutzer innovativer Technologien. Arthur Veenhuys beispielsweise baut in diesem Arbeitsumfeld sein Unternehmen auf, das auf die Konstruktion von Tragwerken spezialisiert ist.
Auswirkungen auf die Mobilität Ob Dritte Orte oder FabLabs, Strukturen für Telearbeit oder CoWorking, Einrichtungen für Business, KMUs oder Hipster: In den letzten Jahren wurden Dutzende solcher Strukturen eröffnet. Eine im Grossraum Genf (Stadt Genf sowie benachbarte Regionen des Kantons Waadt und der französischen Départements Haute-Savoie und Ain) durchgeführte Studie zeigt, dass dies erst der Anfang ist. Die Nachfrage wird noch steigen. Die Studienverantwortlichen von Ocalia und Sofies befürworten ein konzertiertes politisches Vorgehen, das ein funktionierendes Netzwerk von Co-Working-Strukturen auf dem Gebiet ermöglichen würde (Schätzung für 2025: 200 Einrichtungen mit insgesamt 7000 Arbeitsplätzen). Lässt man den Dingen dagegen ihren freien Lauf, werden solche Einrichtungen im Wesentlichen in der Stadt Genf sowie in wirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten entstehen. Die Schaffung eines Netzwerks würde jedoch die Errichtung solcher Strukturen auch in der Nähe von Wohngebieten begünstigen. Dies wiederum hätte wesentliche Auswirkungen auf die Mobilität der Menschen in der Region Genf. Hätte eine möglichst grosse Zahl von Menschen die Möglichkeit, auch nur teilweise in der Nähe des Wohnorts zu arbeiten, könnte der Pendlerverkehr pro Jahr um 12 Mio. Fahrten, das heisst um 6%, gesenkt werden. Weniger Verkehr, weniger Menschen, die im Stau stecken, mehr Menschen, die mit Freude bei der Arbeit sind. Die Rechnung ist schnell gemacht. VINCENT BORCARD
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Elektroingenieurin Ayse Ozturk will Kinder an die Programmierung heranführen. Im Rahmen ihres Projekts nutzt sie die Vernetzung mit den anderen Mitgliedern ihrer Werkstatt und deren Know-how.
Guillaume Cabrié, Experte für 3-D-Drucker, wirkt an mehreren Projekten anderer Mitglieder von Pangloss Labs mit und ist gerade dabei, sein eigenes Unternehmen zu gründen.
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20 JAHRE NEUES GLEICHSTELLUNGSGESETZ Bis 1988 war der Mann nach damals geltendem Eherecht das Oberhaupt und der Ernährer der Familie. Mit dem neuen Eherecht wurden die Weichen Richtung Gleichberechtigung gestellt. Seither wurde viel erreicht, aber es gibt auch noch viel zu tun.
Das Lachen blieb ihr im Hals stecken. Der Kopf sagte Anna zwar, dass sie nun sehr stolz auf ihre Erziehung und ihren Sohn sein sollte. Ihre spontane Reaktion war jedoch ein Befremden über den Umstand, dass ihr Sohn in seiner Partnerschaft für Waschen und Bügeln zuständig war.
Zementierte Rollenbilder
Sie unterstützte ihre Kinder im Entfalten der Eigenheiten ihres Geschlechts und gab den Unterschieden bewusst Raum. Für die Kinder war es selbstverständlich, völlig verschieden und genauso gleichberechtigt oder gleichverpflichtet in Familie, Freundeskreis und Arbeit zu sein. Als ihr Sohn genau das lebte, kam die Mutter damit nicht gleich klar.
Ein einfaches Klappbrett für das Zusammenlegen von Shirts, das er ihr mit Begeisterung vorführte, löste bei der Mutter die unangenehme Erkenntnis aus, wie wenig emanzipiert sie und ihr Bauchgefühl waren.
Wenn aber selbst eine emanzipierte Frau so tief im althergebrachten Rollenbild verhaftet ist, warum sollte dann im Erwerbsleben die Gleichstellung problemlos realisiert worden sein? Eine Generation reicht wohl nicht, um die traditionellen Rollenbilder völlig zu verändern.
Warum aber reagiert eine Frau, für die Gleichberechtigung in Partnerschaft und Beruf an sich selbstverständlich ist, so rollenfixiert?
Bis 1988 war der Mann das Oberhaupt und der Ernährer der Familie
In Schule und Studium hatte sie von der Chancengleichheit profitiert. Auch an den ersten Arbeitsstellen in damals typischen Männerberufen erlebte sie keine Diskriminierung. Dennoch tauschte sie nach der Geburt des Sohnes selbstverständlich den Beruf mit dem Haushalt.
Eines der Plakate zur Volksabstimmung von 1919 über das kantonale Frauenstimmrecht in Neuenburg. Dieses wurde damals deutlich abgelehnt. (Text im Plakat: VOLKSABSTIMMUNG ÜBER DAS FRAUENSTIMMRECHT. – WAS MAN HAT – WAS MAN RISKIERT. [Neuchâtel, Borel frères, 1919. Bibliothèque de la Ville de La Chaux-de-Fonds. Département audiovisuel (DAV). Reproduction. – RTS])
Diese jahrhundertealten Rollenbilder spiegelten sich im bis 1988 geltenden Eherecht. Der Mann musste den Unterhalt für die Familie verdienen und die Frau den Haushalt führen. Sie musste seinen Namen übernehmen und ihr Vermögen von ihm verwalten lassen. 25
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Nur mit Erlaubnis des Ehemanns durfte die Ehefrau einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Unter diesen Umständen war es nur folgerichtig, dass der Mann als Ernährer der Familie mehr als die höchstens zuverdienende Frau verdienen musste. Bis 1971 hatten die Frauen in der Schweiz auch kein Stimmrecht. Sie leisteten ja auch keinen Wehrdienst und sollten nicht mit der Politik beschmutzt werden. Im Abstimmungskampf gegen das Frauenstimmrecht und das partnerschaftliche Eherecht war die Botschaft der Gegner klar: Eine Frau, die sich politisch engagiert oder trotz Familie arbeitet, ist unweiblich, hässlich und vor allem eine schlechte Mutter und Ehefrau. Trotz gleicher Ausbildung wie ihr Ehemann war es Anna, die mit der Geburt des Sohnes Hausfrau wurde. Die Grundhaltung und das Vorbild der Mütter und Väter konnte nicht einfach durch ein neues Gesetz geändert werden.
Heute sind Mann und Frau rechtlich gleichgestellt Seit 1981 ist die Gleichberechtigung von Frau und Mann in der Bundesverfassung verankert. Auch das Eherecht ist heute partnerschaftlich geregelt. Jeder Ehegatte ist bei der Heirat frei in der Namenswahl und verfügt auch während der Ehe weiterhin über sein Vermögen. Als Ehepartner und als Eltern sind sie völlig gleichberechtigt. Auch im Erwerbsleben gibt es seit einigen Jahren keinen Sonderschutz und damit auch keine Bevormundung mehr für Frauen. Trotzdem verdienen Männer für die gleiche Arbeit immer noch deutlich mehr als Frauen. Typische Frauenberufe sind in der Regel schlecht bezahlt. Gleiches gilt für Teilzeitstellen, deren soziale Sicherheit zudem tiefer ist. In diesen finden sich mehrheitlich Frauen. Die anhaltende Diskriminierung der Frauen im Erwerbsleben war Grund dafür, dass die in der Bundesverfassung seit 1981 verankerte Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben über ein Gesetz erreicht werden sollte.
Verbot der Diskriminierung im Erwerbsleben Das 1996 in Kraft getretene Gleichstellungsgesetz bezweckt die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben. Jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere bei Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedin26
gungen, Entlöhnung, Ausbildung, Weiterbildung, Beförderung und Entlassung, ist verboten. Wird beispielsweise eine Frau nicht angestellt, weil man befürchtet, sie sei ihrer Kleinkinder wegen nicht flexibel genug, kann sie auf eine Entschädigung von drei Monatslöhnen klagen. Wird sie entlassen, weil sie Doppelverdienerin ist oder zu oft der kranken Kinder wegen zu Hause bleiben musste, sind es sogar sechs Monatslöhne, die sie maximal einklagen kann. Verdient im Unternehmen ein Mann mit etwa gleicher Qualifikation und Berufserfahrung für gleichwertige Arbeit mehr als seine Arbeitskollegin, so kann sie den gleichen Lohn für die Zukunft verlangen. Für die Zeit, in der die Ungleichheit bestand, kann die nachträgliche Zahlung der Differenz rückwirkend auf maximal fünf Jahre eingeklagt werden. Frauen können dieselbe Förderung und Unterstützung bei ihrer Weiterbildung verlangen, die auch ihre männlichen Kollegen erhalten. Bis die tatsächliche Gleichstellung erreicht ist, sind sogar Massnahmen zur Frauenförderung zulässig, die Männer benachteiligen. Eine solche Massnahme wäre beispielsweise die öfters diskutierte Frauenquote.
Verbot sexueller Belästigung Das Gleichstellungsgesetz untersagt jegliche Art von sexueller Belästigung. Der Arbeitgeber wird entschädigungspflichtig, wenn er nicht nachweisen kann, dass er die zur Verhinderung von sexueller Belästigung notwendigen und angemessenen präventiven Massnahmen getroffen hat. Er muss die Belegschaft aufklären und ein klares Statement abgeben, dass der Betrieb sexuelle Belästigung nicht toleriert. Schliesslich muss jeder Betrieb eine Vertrauensperson als Anlaufstelle für sexuell Belästigte bezeichnen.
Kostenloses Verfahren und Beweislasterleichterung Der Zugang zur Durchsetzung ihrer Ansprüche wird den Betroffenen möglichst einfach gemacht. Verfahren nach Gleichstellungsgesetz sind grundsätzlich kostenlos. Dabei muss die Frau eine Diskriminierung nur glaubhaft machen, nicht aber beweisen. Kann sie glaubhaft machen, dass wahrscheinlich eine Diskriminierung vorliegt, muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Unterschied nicht aufgrund des Geschlechts, sondern auf anderen, sachlichen Gründen beruht.
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Von dieser Beweislasterleichterung ausgenommen sind eine Diskriminierung bei der Anstellung und sexuelle Belästigung.
Trotz zwanzig Jahren Gleichstellungsgesetz besteht nach wie vor eine Lohndiskriminierung Trotz der Verankerung der Gleichstellung in der Bundesverfassung, der Umsetzung im Gleichstellungsgesetz und dem Eherecht, das die Erwerbstätigkeit nicht mehr dem Mann zuschreibt, ist die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern immer noch nicht erreicht.
2013 Erwerbstätigkeit1
Frau
Mann
Vollzeiterwerbstätige (≥ 90%)
29,2
70,8
Teilzeiterwerbstätige (< 90%)
78,1
21,9
Arbeitnehmende in Unternehmensleitung 34,4 oder mit Vorgesetztenfunktion
65,6
Löhne (privater Sektor)2 Vollzeitarbeitnehmende mit monatlichem Nettolohn ≤ 3000 CHF (Total F+M CH: 2,3%)
64,4
35,6
Vollzeitarbeitnehmende mit monatlichem Nettolohn > 8000 CHF (Total F+M CH: 19,5%)
15,4
84,6
Quellen: 1 SAKE (Schweizerische Arbeitskrafterhebung) 2013 2 LSE (Schweizerische Lohnstrukturerhebung) 2013
Wenn nicht endlich das Tempo der Angleichung bei Einkommen, Bildung und Aufstiegschancen anzieht, werde dieses Ziel weltweit wohl erst im Jahr 2133 erreicht – also in 118 Jahren. Davor warnt der vom WEF veröffentlichte «Global Gender Gap Report 2015».
Änderungen im Gleichstellungsgesetz3 Dieses Tempo Richtung Lohngleichheit soll nun mit verschärften Gesetzesvorschriften beschleunigt werden. Unternehmen mit 50 oder mehr Mitarbeitenden sollen gesetzlich dazu verpflichtet werden, in ihrem Unternehmen alle vier Jahre eine Lohnanalyse durchzuführen. Die innerhalb des Betriebs vorgenommene Lohn-
analyse sollen sie durch externe Kontrollstellen überprüfen lassen, anschliessend müssen sie die Mitarbeitenden über das Ergebnis dieser Kontrolle informieren. Der Betrieb führt also die Analyse selbst durch und deren Ergebnis hat keine direkten Folgen. Extern wird lediglich kontrolliert, ob die Analyse korrekt erhoben wurde. Einzige Sanktion ist eine vom Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann zu erstellende schwarze Liste mit jenen Unternehmen, die ihre Löhne nicht kontrolliert und ihre Analyse keiner Revision unterzogen haben. Man vertraut darauf, dass die obligatorische Information der Mitarbeitenden genügend Druck zur allfälligen Korrektur von Diskriminierungen erzeugt. Ob ein verschärftes Gesetz, zusätzlicher administrativer Aufwand und externe Kontrolle der geeignete Weg zu Lohngleichheit sind, wird sich zeigen. Es werden bereits zusätzlich abschreckende Sanktionen und staatliche Handlungsmöglichkeiten verlangt. Wichtiger als Gesetze ist wohl die heranwachsende Generation, die unabhängig vom Geschlecht forscht, Motoren zerlegt oder den Haushalt führt. In diesem Sinne ist das Klappbrett des im Beruf und im Studium erfolgreichen Sohns von Anna ein positives Zeichen. PROF. URSULA GUGGENBÜHL 3D as Vernehmlassungsverfahren zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes dauert bis am 3. März 2016.
Art. 160 alt ZGB 1 Der Ehemann ist das Haupt der Gemeinschaft. 2 Er bestimmt die eheliche Wohnung und hat für den Unterhalt von Weib und Kind in gebührender Weise Sorge zu tragen. Art. 161 alt ZGB 1 Die Ehefrau erhält den Familiennamen und das Bürgerrecht des Ehemannes. 2 Sie steht dem Manne mit Rat und Tat zur Seite und hat ihn in seiner Sorge für die Gemeinschaft nach Kräften zu unterstützen. 3 Sie führt den Haushalt.
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NEUE EMISSIONSZENTRALE FÜR DIE «KLEINEN» 14 kleinere Banken – von «A» wie Alpha Rheintal Bank AG bis «W» wie WIR Bank Genossenschaft – gehen zusammen an die Börse. Mit der gemeinsam gegründeten Emissions- und Finanz AG (Efiag) soll die Ausgabe von Anleihensemissionen in der Schweiz erfolgen. Diese sollen der Vergabe von Darlehen an ausgewählte kleinere und mittelgrosse Schweizer Banken dienen. Damit will man mögliche Rückgänge bei klassischen Refinanzierungmethoden kompensieren bzw. den Refinanzierungsmix ergänzen.
Ende 2014 wurde die Efiag Emissions- und Finanz AG ins Handelsregister eingetragen. Einziger Zweck dieser Firma ist die Emission von Anleihensobligationen und die Vergabe von Darlehen an Banken, die zu klein sind, um selber Anleihensemissionen am Kapitalmarkt lancieren zu können.
Germann Wiggli, Vorsitzender der Geschäftsleitung der WIR Bank und VR-Präsident der Efiag. Gleichzeitig betont Wiggli, dass der Sicherheit ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt werde: «Nur solide Banken werden auf diesem Weg Geld aufnehmen können.» ROLAND SCHAUB
Mit solchen Anleihen sollen die an der Efiag beteiligten Institute ihre Kundenausleihungen zum Teil refinanzieren können. Die klassische Methode der Refinanzierung über Sparkonten oder Kassenobligationen funktioniert bei Zinsen knapp über 0% im mittleren bis langen Laufzeitenbereich kaum mehr.
Keine neue Pfandbriefzentrale In gewisser Weise dient ein bewährtes Modell als Vorbild, aber doch mit wesentlichen Unterschieden. Es gibt bereits die Pfandbriefzentrale der Kantonalbanken und die Pfandbriefbank Schweizerischer Hypothekarinstitute, bei der die WIR Bank ebenfalls Mitglied ist. Gemäss dem Schweizerischen Pfandbriefgesetz ist das Recht zur Ausgabe von Pfandbriefen auf die zwei oben erwähnten Institute beschränkt.
Sicherheit hat Priorität Die neue Efiag ist also keine weitere Pfandbriefzentrale. Sie wird Anleihen emittieren, die nicht an die Immobilienfinanzierung gebunden sind und somit eine flexiblere Verwendung der entsprechenden Mittel erlauben. «Das zur Verfügung gestellte Kapital kann allgemein für Bankgeschäfte genutzt werden», erklärt 28
Efiag-Mitglieder Die folgenden 14 kleineren Banken gehören zu den Mitgliedern der Efiag Emissions- und Finanz AG mit Sitz in Basel. Alpha Rheintal Bank AG, Heerbrugg Bank EKI Genossenschaft, Interlaken Bank Gantrisch Genossenschaft, Schwarzenburg Bank Zimmerberg AG, Horgen BBO Bank Brienz Oberhasli AG, Brienz Bezirks-Sparkasse Dielsdorf Genossenschaft, Dielsdorf DC Bank Deposito-Cassa der Stadt Bern, Bern Ersparniskasse Rüeggisberg Genossenschaft, Rüeggisberg Ersparniskasse Schaffhausen AG, Schaffhausen Regiobank Männedorf AG, Männedorf Regiobank Solothurn, Solothurn SB Saanen Bank AG, Saanen Spar- und Leihkasse Bucheggberg AG, Lüterswil WIR Bank Genossenschaft, Basel
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INTERVIEW MIT GERMANN WIGGLI, CEO DER WIR BANK UND VR-PRÄSIDENT DER EFIAG WIRPLUS: Alle 14 Efiag-Banken sind Mitglieder der Pfandbriefbank schweizerischer Hypothekarinstitute AG. Warum braucht es die Efiag als neue Emissionszentrale? Germann Wiggli: Die Mittel, die schweizerischen Finanzinstituten durch die Pfandbriefbank zur Verfügung gestellt werden können, sind naturgemäss beschränkt – sie sind vorwiegend an die Immobilienfinanzierung im Wohnbaubereich gebunden. Dies bedeutet vor allem auch eine Einschränkung des Verwendungszweckes. Mit den Anleihen, die durch die Efiag emittiert werden, können kleineren Banken Mittel zur Verfügung gestellt werden, die sie für generelle Bankgeschäfte verwenden können, also z.B. auch für gemischt genutzte Immobilienfinanzierungen und Betriebskredite. Welche Banken werden bei der Efiag Kredite aufnehmen können? Einerseits die an der Efiag beteiligten Institute, anderseits weitere kleinere und mittlere Banken – Banken also, die meist einen zu geringen Finanzbedarf haben, um selber an den Kapitalmärkten Geld aufzunehmen. Diese müssen sich aber zur Efiag bekennen und in der Folge auch Aktionär werden. Schweizerische Pfandbriefe haben ein AAA-Rating von Moody’s. Welches Rating werden Efiag-Anleihen erhalten? Wir werden zu Beginn kein Rating einer Ratingagentur anstreben. Dies ist sehr kostspielig. Efiag-Anleihen werden aber in jedem Fall sehr sicher sein. Wie wollen Sie das erreichen? Die einzelnen Bankinstitute müssen die Mindestanforderungen der Finanzmarktaufsicht bezüglich Eigenmittel und Liquidität sogar übertreffen. Nur in diesem Fall können sie sich bei einer Anleihensemission beteiligen. Was braucht es, damit Efiag-Anleihen erfolgreich platziert werden können? Efiag-Anleihen werden nebst einer sehr hohen Sicherheit auch eine marktgerechte Verzinsung aufweisen. Sie werden dauernd
über die Schweizer Börse «SIX» handelbar sein. Zudem streben wir die Höhe von mind. 100 Millionen Schweizer Franken als Mindestanleihenhöhe an. Somit werden die Anleihen auch in den Swiss-Bond-Index aufgenommen. Dadurch steigt die Attraktivität für institutionelle Anleger. Diese würden sonst kleine Bankinstitute nicht berücksichtigen. Dieser Weg öffnet den kleinen Banken den Zugang zu dieser Anlegergruppe. Wer wird Efiag-Anleihen zeichnen? Alle Investoren, die Wert auf eine längerfristig marktgerechte, festverzinste und sichere Anlage legen. Es werden Kunden der 14 Efiag-Banken dazugehören, aber auch Kunden anderer Banken. Auch Anleger aus dem Ausland? Ausländische Anleger stehen für uns nicht primär im Fokus. Warum sollte eine Bank bei der Efiag einen Kredit aufnehmen, wenn sie gegenwärtig eigene Kassenobligationen zu sehr tiefen Zinssätzen herausgeben kann? Die Banken müssen ihre Ausleihungen fristenkongruent finanzieren. Derzeit können sich die Institute sehr günstig im kurzfristigen Bereich refinanzieren. Auf lange Frist binden sich die Kunden nicht gerne mit den klassischen Kassenobligationen oder Termingeldern. Anders verhält es sich bei Obligationenanleihen. Diese sind jederzeit über die Börse handelbar und somit sehr liquide. Will die Efiag einen Reingewinn erzielen? Grundsätzlich will die Efiag ihren Eigentümern die Möglichkeit der Kapitalaufnahme bieten, und dies zu günstigen Konditionen. Natürlich wird sie auch auf eine Reservebildung bedacht sein. Eine Gewinnmaximierung steht aber nicht im Vordergrund. Wann kommt die erste Anleihe auf den Markt und mit welchen Laufzeiten respektive Zinssätzen können Anleger rechnen? Voraussichtlich im 1. Quartal 2016 wird eine erste Anleihe platziert. Die Verzinsung richtet sich nach den Marktgegebenheiten und wird gegenüber den Termingeldangeboten der einzelnen Banken attraktiv sein. Die Laufzeit der ersten Anleihe ist noch offen. Es werden wohl mindestens fünf Jahre sein. 29
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GLÜCKLICH BAUEN? DAS GEHT! EIN RATGEBERBUCH VON ERNST DEISS
Nicht nur der Entschluss, sein eigenes Haus zu bauen, auch die Auswahl der dazu nötigen Partner bedarf gründlicher Überlegung. Der Unternehmer Ernst Deiss ist seit 25 Jahren in den Bereichen Tiefbau, Gartenbau und Recycling tätig und kennt alle Tücken und Fallen, die auf einen Bauherrn warten. Im Ratgeberbuch «Glücklich bauen» verrät er seine Einsichten.
Kein Theoretiker: Ernst Deiss (r.) weiss, worüber er schreibt.
Es ist sicher ein Extrembeispiel: Ein junges Paar entschliesst sich zum Hausbau. Nach einem hoffnungsvollen Start in dieses Abenteuer führen Uneinigkeit und Pannen bald zu Streit. Die Beziehung zerbricht, die Frau hat das fertige Haus nie von innen gesehen. Vielleicht war es auch besser so: «Man spürt es, wenn man ein Haus betritt, in das Glück nie eingezogen ist», sagt Ernst 30
Deiss, der 1991 das von seinem Vater Ernst Deiss sen. 1969 gegründete Tiefbauunternehmen übernommen und seither stetig um neue Geschäftsfelder erweitert hat. Gerne wird die Schuld für Frust im Hausbau den Handwerkern zugeschoben. Sie sind nicht da oder schon wieder weg, wenn man sie braucht, sie übertünchen Mängel, spielen Probleme her-
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WIR und Vernetzung, Regenwasser und Kreisläufe
Von der Baugrube zum Keller: Die Deiss AG ist auf Tiefbau spezialisiert. In der Schwesterfirma Entsorgung Eiken AG werden alte Baumaterialien recycliert.
unter, schwatzen einem überteuerte Materialien auf – so tönt es dann. Die «Schrottsendungen» (Deiss), die auf diversen Fernsehkanälen zum Thema Bauen laufen, verfestigen solche Vorurteile. Pingelige Behörden und Banken ohne Musikgehör tragen das ihre zum Baustress bei. Doch die Stolpersteine legen sich die Bauherren häufig genug selbst in den Weg – wenn sie nicht sogar schon in ihrer DNA vorprogrammiert sind. «Ich bin verschiedenen Bauherrentypen begegnet», so Deiss, «da ist zum Beispiel der – oft schon krankhaft – Misstrauische. Er hinterfragt alles, steht sich selbst im Weg und nimmt allen am Bau Beteiligten die Freude.» Ihm gegenüber steht der Traumtänzer, der nur wegschaut, alles laufen lässt und im schlimmsten Fall noch über den Tisch gezogen wird.
Wer glücklich baut, wird glücklich wohnen «Nach all den zerrütteten Ehen und weinenden Kindern, die ich während einer Bauphase oder nach deren Abschluss gesehen habe, kam ich zum Entschluss, in einem Ratgeber künftigen Bauherren Tipps zum Thema ‹glücklich bauen› zu geben», so Deiss. Es sei wichtig, dass nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin Spass mache. Denn, so eine der Thesen in Deiss’ Buch: «Wer glücklich baut, der wohnt auch glücklicher.» Den Weg zum Glück versteht Deiss jedoch nicht als feste Route. Die im Buch wiedergegebenen Tipps, Interviews, Thesen und – zum Teil haarsträubenden – Erlebnisse sollen vielmehr einen ungefähren Pfad weisen. Viel Platz räumt Deiss den Themen Partnerwahl und Partnerschaft ein.
Ganzheitliches, nachhaltiges und vernetztes Denken kennzeichnen Ernst Deiss. Die Tief- und Gartenbaufirma seines Vaters hat er einige Jahre nach der Übernahme um einen Natursteinhandel erweitert. 2005 wurde der Bereich Natur- und Kunststeinprodukte in ein eigenständiges Unternehmen, die stone.ag in Eiken, überführt. Auch der Gartenbau wurde 2011 in ein eigenständiges Unternehmen ausgegliedert, das heute unter IN GARDEN AG in Herznach firmiert. Eine Neugründung war 2014 die Entsorgung Eiken AG, wo Tochter Corina Deiss tätig ist. «Damit schliesst sich der Kreislauf, denn hier können beispielsweise die Materialien aus dem Rückbau von Gebäuden recycliert werden», so Ernst Deiss. Seit vier Jahren sitzt Deiss im Beirat von Galanet (www. galanet.org), einem Zusammenschluss von 24 deutschen und 4 Schweizer Gartenbauunternehmen mit eigenem Qualitätslabel. «Wir tauschen unsere Erfahrungen in Workshops aus und kommen so zu Problemlösungen, die Hand und Fuss haben.» Networking und Kundenpflege: Mit der Gründung von Deiss Impulse Academy hat Ernst Deiss 2009 ein weiteres Instrument zur Beziehungspflege geschaffen (s. Kasten S. 32 «Deiss Impulse Academy»). Mit der Entsorgung Eiken AG ist Deiss auch Teil des WIR-Systems (Annahmesatz 30%). Wie bereits sein Vater hat auch er erkannt, dass die Annahme von WIR-Geld auch Mehrumsatz bedeutet. «Das eingenommene WIR-Geld geben wir beispielsweise mit dem Kauf von Nutzfahrzeugreifen, Werkzeugen oder Büromaterial zurück in den Kreislauf. Letzthin kauften wir auch einen Pneulader mit einem grossen WIR-Anteil.» Deiss’ Kreislauf- und Nachhaltigkeitsdenken fand einen weiteren, sehr konkreten Niederschlag in Systemen für die Nutzung von Regenwasser. Es ist nicht nur für die Bewässerung des Gartens oder für die WC-Spülung geeignet, sondern auch für die Waschmaschine. «Wer mit weichem Regenwasser wäscht, braucht weniger Waschmittel und leistet so einen zusätzlichen Beitrag zur Schonung unserer Ressourcen.» Über die Website www. regenfänger.ch bietet die stone.ag verschiedene Möglichkeiten der Regenwassernutzung an.
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Deiss’ Firma IN GARDEN verwirklicht Gartenträume – hier vier Beispiele zum Thema Wasser.
Partnerwahl … Glückliches Bauen beginnt mit der Wahl der richtigen Partner. Sicher ist das Bauchgefühl ein ziemlich verlässlicher Ratgeber, aber sicherer ist es, sich im Internet, in Blogs, Magazinen und Hausausstellungen umzusehen. Wenn ein Architekt z.B. ein Bauherrenfrühstück für ehemalige und künftige Bauherren anbietet, sollte man unbedingt mit von der Partie sein. Und weshalb nicht mit den Bewohnern eines Hauses, das einem speziell gut gefällt, das Gespräch suchen? Referenzen, Qualität und Kostensicherheit sind entscheidende Faktoren, die sich nur durch Recherche und Gespräche richtig beurteilen lassen.
«Ihre Frau hat recht!» Eine Wahl haben Bauherren häufig schon getroffen: Sie sind verheiratet, und deshalb, so Deiss, sei es
nicht korrekt, von «Bauherr» zu sprechen: «Meistens sind es zwei Bauherren, und einer von ihnen ist in der Regel eine Dame.» Ohne Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten ist diese häufigste Konstellation nicht unbedingt eine ideale Grundvoraussetzung für glückliches Bauen. Deiss gibt aber auch zu bedenken: «Durch das gemeinsame Projekt des Hausbaus kann eine Partnerschaft auch wachsen und reifen!» In Konfliktsituationen sollten sich Architekten und Handwerker zurücknehmen und nicht Partei ergreifen. Kommentare von der Art «Ihre Frau hat da vollkommen recht!» seien mindestens auf einer Seite nicht willkommen. Pater Hermann-Josef Zoche empfiehlt unter dem Titel «Selbstreflexion» eine besondere Konfliktstrategie, denn Baustress sei nicht gleichzusetzen mit gewöhnlichem Stress. Mit Vorteil schaffe man sich deshalb «eine Insel der Ruhe, Entspannung und Reflexion» inmitten des Alltags.
Vertrauen ist alles
Deiss Impulse Academy Die Vernissage des Buchs «Glücklich bauen» findet am 14. Januar im Rahmen einer Veranstaltung der Deiss Impulse Academy im Widenmoos Resort in Reitnau statt. Mit Deiss Impulse will Ernst Deiss seine Kunden und Geschäftspartner zwei Mal im Jahr mit interessanten Persönlichkeiten zusammenbringen und ihnen eine Gelegenheit zum Netzwerken geben. Passend zum Thema «Glücklich bauen» ist Florian Langenscheidt Hauptreferent am ersten Anlass im Jahr 2016. Der Ururenkel von Verlagsgründer Gustav Langenscheidt hat das Institut für angewandte Glücksforschung gegründet und spricht über «Die Kunst des Glücks – eine Entdeckungsreise». Das Buch «Glücklich bauen» erscheint im Verlag Deiss Impulse Academy und kostet 19.90 CHF bzw. CHW.
Im Buch «Glücklich bauen» sind zwölf Interviews wiedergegeben. Zu Wort kommen die unterschiedlichsten Persönlichkeiten – vom Pater über den Banker bis zum Generalunternehmer –, die eines gemeinsam haben: Sie haben sich intensiv mit den Themen Glück und Bauen beschäftigt. Und noch eines fällt auf: Das Schlüsselwort heisst Vertrauen. In der Hälfte der Interviews fällt dieser Begriff. «Setzen Sie auf Unternehmen und Menschen, denen Sie vertrauen!», rät etwa Pater Hermann-Josef Zoche. Und Rolf Müller, ein Experte für Bauadministration, kann – gegenseitiges Vertrauen vorausgesetzt – behaupten: «Grundsätzlich hat ein Bauherr auf dem Bau nichts verloren.» Was ihn nicht daran hindern solle, die Baustelle regelmässig mit dem Bauleiter oder dem Architekten zu begehen. So können anstehende Fragen vor Ort geklärt werden. Eine E-Mail von der Art «Wir waren am Sonntag auf der Baustelle, und uns ist aufgefallen, dass ...» koste auf beiden Seiten nur Zeit und Nerven.
Finanzierung und Budgetierung www.deiss-impulse.ch; info@deiss-impulse.ch T 062 867 80 67
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«Vertrauensvoll miteinander kooperieren» sollen auch Bauherr und Bank. Lukas Hofer, Grosskundenberater bei der WIR Bank Genossenschaft, nennt in seinem Interview als Ziel, bei der Budgetierung und Finanzierung eines Bauvorhabens eine Win-win-
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Situation zu erreichen. Erhält der Bauherr von seiner Bank faire Konditionen und eine gute Betreuung, erfährt er sie als solide, erfahren, kompetent und flexibel, dann empfiehlt er die Bank auch gerne weiter – beide Seiten haben gewonnen und sind glücklich. Hofer zeigt auf, wie schnell ein Budget und damit auch die Finanzierung über den Haufen geworfen werden können, wenn Unerfahrenheit oder Naivität im Spiel sind. Ganz abgesehen von arglistiger Täuschung durch Dritte. Ein besonderes Augenmerk sollte scheinbaren Nebensächlichkeiten wie Anschlussgebühren, Erschliessungskosten oder Ausgaben für die Sicherung des Geländes gelten: «Wird nur einer dieser Punkte bei der Budgetplanung übersehen, kann es ein böses Erwachen geben.»
Exzellenter Mittelstand Ernst Deiss ist nicht nur Autor, er ist selbst schon Gegenstand einer Veröffentlichung geworden. Der Gründer des deutschen
Instituts SchmidtColleg, Cay von Fournier, hat Deiss und seine Firma im Buch «Exzellente Unternehmen – Die verborgenen Stars des Mittelstands» (Band 2: Produktion) porträtiert. Von Fournier hat die Deiss AG und zehn weitere Firmen aus über 1000 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum ausgewählt, um zu zeigen, wie kleine und mittelständische Unternehmen vorbildlich und mit gesundem Menschenverstand ihren Weg gehen und durch Innovation und Kundennähe überzeugen. Als verantwortungsvoller Unternehmer denkt Ernst Deiss bereits heute, mit 51 Jahren, an die Regelung seiner Nachfolge. So ist die ältere Tochter Corina Deiss bereits in der Entsorgung Eiken AG tätig, und auch die jüngere Tochter Sarah (Bauzeichnerin) und Sohn Simon Deiss (Maurer und Geomatiker) haben mit ihren Ausbildungen und Interessen die besten Voraussetzungen, um das Werk von Grossvater und Vater einmal weiterzuführen. DANIEL FLURY
Vier Firmen, 60 Mitarbeitende Ernst Deiss beschäftigt in seinen Unternehmen 60 Personen. Die Deiss AG in Herznach ist spezialisiert auf die Erschliessung von Grundstücken, den Aushub für den Kellerbau und das Giessen der Bodenplatten. Unter dem Slogan «Lust auf Tiefbau» ist die Firma hauptsächlich in den Regionen Basel, Luzern, Solothurn und Zürich tätig. Sie arbeitet mit verschiedenen Anbietern von Fertighäusern zusammen. Ebenfalls im Angebot sind Baggerarbeiten, Baggervermietung, Lärmschutzwände, Kernbohrungen und der Rückbau von Gebäuden. Die Schwesterfirma Entsorgung Eiken AG übernimmt das Recyclen der dabei anfallenden Baustoffe (WIR-Annahmesatz 30%). Steht das Haus auf dem Keller, kommt die Schwesterfirma Deiss AG Hauptstr. 33a 5027 Herznach T 062 867 80 67 www.deiss.ch info@deiss.ch
IN GARDEN AG in Herznach zum Zug. Sie führt Umgebungsarbeiten aus und realisiert auch die «gewagtesten Gartenträume». Ziel ist dabei die auch im Buch «Glücklich bauen» beschriebene Harmonie von aussen und innen: Der Blick aus dem Fenster in den Garten soll Gewinn und Genuss sein. Selbstverständlich stehen auch der Unterhalt oder die Umgestaltung bestehender Gärten im Angebot. Dem Handel mit Natursteinen und Accessoires hat sich die stone.ag in Eiken verschrieben. In einer Ausstellung auf über 800 m2 werden die Produkte und Anwendungszwecke vorgestellt. Die Fläche wird jährlich zu etwa einem Viertel erneuert und umgestaltet, sodass alle vier Jahre eine komplett neue Ausstellung zu sehen ist.
Entsorgung Eiken AG IN GARDEN AG Sägeweg Hauptstr. 33a 5074 Eiken 5027 Herznach T 0848 930 930 T 062 867 80 00 www.entsorgungeiken.ch www.ingarden.ch info@entsorgungeiken.ch info@ingarden.ch
stone.ag Grubenweg 11 5074 Eiken T 062 871 95 67 www.stone.ag info@stone.ag
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DER WIEDERKEHRENDE KUNDE
Viele Geschäfte zählen auf treue, wiederkehrende Kunden. Doch Stammkunden sind nicht selbstverständlich. In den meisten Branchen herrscht ein harter Konkurrenzkampf. Wie kann man eine starke Bindung zum Kunden herstellen und eine treue Stammkundschaft aufbauen? – Diese Fragen sind gerade auch für KMUs von grosser Bedeutung.
KMUs, die mit ihren Kunden den gezielten Kontakt pflegen möchten, müssen die Mitglieder ihres Verkaufs- oder Beratungsteams davon überzeugen, dass Kunden lieber wiederkommen und Folgekäufe vornehmen, wenn sich eine persönliche Beziehung mit Mitarbeitenden des Geschäfts entwickelt hat. Die Motivation eines Kunden, eine Marke bzw. ein Geschäft zu wechseln, kann viele Gründe haben. Vielleicht hat sich der Kunde nicht verstanden gefühlt bzw. eine Beschwerde wurde mangelhaft behandelt.
Erfolgsfaktoren Paul Riederer* geht immer in die gleiche Bäckerei, weil der Standort optimal liegt, das Produktangebot vielfältig ist und weil er immer gut bedient wird. Es gilt somit die einfache Formel «Guter Standort + attraktives Angebot + freundliches Personal = Kundentreue». Wenn nur einer dieser Faktoren mangelhaft erfüllt ist, beeinträchtigt das die Loyalität des Kunden. Eine treue Stammkundschaft aufzubauen und zu pflegen, lohnt sich. In vielen Fällen werden 40–70% des Umsatzes durch Stammkunden erzielt. Welche Überlegungen stellt der Kunde an? Der Kunde vergleicht die Produkte und Dienstleistungen mit Alternativangeboten und er prüft das Leistungsversprechen des Anbieters. Auch die subjektive Wahrnehmung der (individuellen) Problemlösung und das Image des Anbieters sind von Bedeutung.
In jeden Kontakt investieren Folgende vier Beispiele sollen zeigen, dass jeder Kontakt mit 34
dem Kunden einen imagefördernden und nachhaltigen Einfluss haben kann. • Die Familie Hug* hat den Spatenstich für ihr Eigenheim schon einige Wochen hinter sich. Jetzt stehen die Gartenarbeiten an. Sie holen verschiedene Offerten ein. Auffällig sind folgende Aspekte: Als die Familie bei einer der offerierenden Gartenbaufirma höflich nachfragt, ob diese die Offerte innerhalb der nächsten zwei Wochen zustellen könnte, kam folgende Antwort: «Wo denken Sie hin, wir haben sehr viel zu tun. Die Stapel der Anfragen sind hoch!» Bis heute, Jahre später, ist von der renommierten Gartenbaufirma weder eine Offerte noch sonst irgendeine Information eingetroffen. Familie Hug hat ein schlechtes Bild dieser Firma erhalten – es liegt eine starke Enttäuschung vor. Mit einer anderen Gartenbaufirma hatte Familie Hug deutlich mehr Glück. Ihre Vorstellungen und Bedürfnisse wurden gut aufgenommen und es wurde differenziert und speditiv offeriert. Der Berater hat der Familie empfohlen, auch auf den anfallenden Unterhalt zu achten und hat aufgezeigt, wie man den Platz optimal nutzen kann. Auch heute noch, Jahre später, hat die Familie Hug mit dieser Gartenbaufirma Kontakt und kauft öfters da ein. Hier fühlte sie sich von Beginn an verstanden. • Patrick Reber* hat einen neuen Coiffeur in der Nähe des Wohnorts ausprobiert. Er ist begeistert. Man geht auf seine kurzfristigen Terminanfragen ein und ist auch zeitlich flexibel. Morgen früh um 7 Uhr oder abends um 19:30 Uhr sind möglich und stellen
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kein Problem dar. Auch seiner Frau hat Patrick Reber diesen Coiffeur empfohlen, und auch sie ist begeistert. Inzwischen geht die ganze Familie zu diesem Coiffeur. Zu den wesentlichen, positiven Faktoren gehören echte (nicht gespielte) Freundlichkeit, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ein idealer Standort in der Nähe des Wohnorts. • Familie Bleuler* ist in die Ferien unterwegs. Durch das grosse Verkehrsaufkommen entsteht eine grössere Verzögerung bei der Ankunft im Hotel, wo zwei Doppelzimmer für drei Tage gebucht sind. Die Bleulers gehen davon aus, dass sie erst gegen 23.00 Uhr im Hotel eintreffen werden. Sie rufen im Hotel an. Bereits durch die Reise gestresst, erhalten sie durch die Rezeptionistin noch zusätzlichen Druck: «Das gibt aber Probleme und ist mühsam. Wir kennen Sie ja nicht, Sie waren noch nie bei uns. Sie müssen wissen, dass die Rezeption ab 23.00 Uhr nicht besetzt ist. Falls es später wird, rufen Sie unbedingt nochmals an, dann gebe ich Ihnen den Code für den Schlüssel. Melden Sie sich!» Die Familie Bleuler trifft um 23.07 Uhr im Hotel ein. Es ist niemand mehr hier. Sie geben den Code ein für die Schlüssel und beziehen die Zimmer. Irgendwie begleitet Familie Bleuler ein ungutes Gefühl, denn die befehlerische Art am Telefon hat bei ihnen Fragen aufgeworfen und ihnen etwas die Freude am Aufenthalt genommen.
kenvertretung durchführen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit will er auch gleich eine Probefahrt mit dem Nachfolgemodell seines Fahrzeugs absolvieren. Es wird ihm offeriert, das Testfahrzeug gleich bis zum nächsten Tag zu behalten, damit er sich einen genaueren Eindruck verschaffen kann. Peter Root und die ganze Familie sind von der zuvorkommenden Art sehr beeindruckt. Auch die Ausführung des Service liess keine Wünsche offen. Wenn die Roots ihr aktuelles Fahrzeug gegen das neue Modell eintauschen, werden sie dies bei der neuen Vertretung tun.
Emotionen sind wichtig Das Potenzial der Beziehungsbildung kann in allen Bereichen genützt werden. Emotionen zwischen Käufer und Verkäufer bzw. zwischen Käufer und dem Produkt spielen eine grosse Rolle. Für den Aufbau einer loyalen Kundenbeziehung muss der Verkäufer oder Berater die Anliegen des Kunden nachvollziehen können. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die den Kunden überzeugen und zu einer langjährigen Kundenbeziehung führen. Es kann auch vorkommen, dass Verkäufer allzu stark an Details, technische Aspekte oder Arbeitsprozesse denken und dabei «vergessen», dass auch Kunden Menschen sind. ENRICO LOMBARDI
• Peter Root* hat bei seinem Markenvertreter, dem er seit Jahren treu ist, Autozubehör eingekauft. Die unfreundliche Bedienung und der langwierige, komplizierte Zahlungsvorgang waren zu seiner Überraschung eine echte Enttäuschung. Peter Root hat sich deshalb entschlossen, den fälligen Service bei einer anderen Mar-
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* Sämtliche Namen im Artikel sind zufällig gewählt.
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SCHWEIZER KMUS EIN JAHR NACH DEM FRANKENSCHOCK Die Aufhebung der Wechselkursgarantie von 1.20 CHF für einen Euro am 15. Januar 2015 hat die ganze Schweizer Wirtschaft kräftig durchgeschüttelt, und die Folgen dieses plötzlichen Schritts unserer Nationalbank wirken immer noch nach. Auch KMUs aller Branchen sind betroffen, allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmass.
Betriebe der stark betroffenen Hotellerie können den Frankenschock mit der Teilnahme am WIR-System abfedern – wie z.B. der «Seehof» in Davos (100% WIR auf den ganzen Betrag).
Es gibt nicht nur negative, sondern auch einzelne positive Auswirkungen.
Wirklich ohne Vorwarnung? Die wechselkurspolitische Notbremsung der Nationalbank, die vor einem Jahr nicht in einem Meer von abwertungsverdächtigem Euro ertrinken wollte, kam – nachträglich betrachtet – vielleicht doch nicht so ganz unerwartet. Die schweizerische Wirtschaft war durch die vorhergegangene Wechselkurskrise von 2008/2009 vorgewarnt. Die Mindestkursgarantie wurde von der Nationalbank deutlich unter der Kaufkraftparität des Schweizer Frankens zum Euro festgelegt, was sicher auf die Gefahr neuer Wechselkurskrisen hindeutete. Bei der Begründung der Einheitswährung Euro lag der Wechselkurs noch bei 1.60 CHF. Die Schweiz hat den Erosionsprozess des Euro also bereits fast 15 Jahre durchmachen müssen, mit Strukturfolgen für ihre Wirtschaft, die nicht erst am 15. Januar 2015 entstanden sind. Die Aufhebung der Kursgarantie hat einfach die Aufwertung des Schweizer Frankens, über ein Jahr betrachtet, nochmals um gut zehn Prozent erhöht. 36
Bauindustrie kaum betroffen Die grossen Verlierer nach dem 15. Januar 2015 sind nicht bei den KMUs, sondern in der Exportindustrie zu finden, vor allem in der Maschinen- und Elektroindustrie und jetzt in zunehmendem Masse auch in der Uhrenindustrie. Chemie und Pharma sind glimpflicher davongekommen, haben aber mit Produktionsverlagerungen ins Ausland reagiert. Weniger betroffen wurden die binnenwirtschaftlich orientierten Branchen, zum Beispiel die Bauwirtschaft. Hier hat das einmalig tiefe Zinsumfeld zusammen mit der anhaltenden Nachfrage nach Mietwohnungen – im letzten Jahr hat sich ihr Bestand nochmals um 35 000 Einheiten vergrössert – für eine Stabilisierung auf hohem Niveau gesorgt. Grosse Leerstände haben wir zurzeit nur bei Büroliegenschaften, wo lange verantwortungslos drauflosgebaut wurde. Selbst der gewerblich-industrielle Bau ist nicht zum Stillstand gekommen. An die Stelle von Erweiterungsinvestitionen sind Ersatzinvestitionen getreten, welche die Produktivität steigern und die Kosten senken sollen. Auch dafür muss gebaut werden. Der KMU-Anteil an der Bauwirtschaft
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hat sich in einem Jahr nicht verändert, vielleicht mit Ausnahme der Bauplaner und Architekten.
Serviceleistungen immer wichtiger Unter den KMUs waren die selbstständigen Detailhändler – insbesondere die Anbieter dauerhafter Konsumgüter – in Grenznähe am härtesten betroffen, insbesondere im Raum Basel. Die «Auswanderung der Kaufkraft» – durch Privatimporte und zunehmende grenzüberschreitende Käufe im Internet – hat inzwischen mit rund 5% des gesamten Detailhandelsumsatzes der Schweiz einen neuen Rekordstand erreicht. Die Entwicklung geht dahin, dass Serviceleistungen noch wichtiger werden. Preisnachteile, die bei den jetzigen Wechselkursverhältnissen nicht ausgeglichen werden können, lassen sich nur mit einer höheren Servicequalität ausgleichen.
Grenzgängerbremse im Tessin Ein grosses Problem mit dem Vordringen ausländischer Handwerker – einschliesslich nicht immer vertrauenswürdiger Scheinselbstständiger – hat insbesondere das Tessin. Aber Not macht erfinderisch. Wer im Tessin einem Erwerb nachgehen will und im benachbarten Ausland wohnt, muss einen Strafregisterauszug vorlegen. Wie wirksam diese Grenzgängerbremse ist, wissen wir noch nicht. Ausser dem Tessin haben aber auch die anderen Grenzkantone die Kontrollen der Arbeitsbedingungen – insbesondere auf Baustellen – wesentlich verschärft. Eine aggressive Gewerkschaft hält zusammen mit den Arbeitgebern die Behörden auf Trab. Auch für zahlreiche Dienstleister hat der Wind gedreht. Industrie und Banken sind immer mehr dazu übergegangen, EDV-Leistungen ins Ausland auszulagern, zu einem grossen Teil nach Osteuropa und Asien. Davon sind auch KMUs betroffen, vielfach verhältnismässig junge Berufseinsteiger. Für diese sind auch die Schwierigkeiten, Kredite zu erlangen, grösser geworden. Gerade angesichts sinkender Zinsmargen prüfen Banken Kreditgesuche junger Unternehmer strenger als auch schon. Auch die Finanzierung über den Hypothekarkredit ist schwieriger geworden, weil die Kreditgeber – nicht nur die Banken – strengere Tragbarkeitsregeln anwenden, was ursprünglich zur Verhinderung einer «Baublase» gemeint war. Diese Gefahr besteht heute nicht mehr, wozu auch die gesetzliche Beschränkung der Zweitwohnungen wesentlich beigetragen hat. Die Lage vieler KMUs im Berggebiet ist deswegen kritischer, als viele meinen.
(minus 5,2%) alarmierend. Besser schneidet gesamtschweizerisch das Gastwirtschaftsgewerbe ab, dank seiner überwiegend einheimischen Kundschaft, die immer noch auf gesicherte Einkommen und Vollbeschäftigung setzt und entsprechend ausgabenfreudig bleibt. Auch hier muss man aber zwischen den Grenzregionen und dem Rest der Schweiz unterscheiden.
Und die Gewinner? Nicht geschadet hat der Frankenschock der Attraktivität des Schweizer Arbeitsmarkts. Nochmals hat 2015 die Nettozuwanderung aus dem Ausland, insbesondere aus den südlichen EU-Ländern, 50 000 Personen überstiegen (ohne Asylanten). Die Auswirkungen sind aber nicht mehr gleich wie in den Vorjahren. Die Zuwanderung füllt Lücken in wenig produktiven Branchen wie dem Gesundheitswesen und ist wenig geeignet, das Wirtschaftswachstum wiederzubeleben. Die neuen Zuwanderer sind kaufkraftschwächer als jene früherer Jahre und haben von ihrer Herkunft her auch geringere Komfortansprüche. Dies wirkt sich auf dem Wohnungsmarkt so aus, dass abgesehen von wenigen Ballungszentren ein Überangebot an teuren Mietwohnungen entsteht. Gesamtwirtschaftlich betrachtet, hat der Frankenschock zweifellos positiv zur Stabilisierung der Lohnkosten beigetragen. Bei 1,5% Negativteuerung kann niemand Lohnerhöhungen wegen gestiegener Preise verlangen. Die höheren Krankenkassenprämien dürften im neuen Jahr zumindest teilweise durch – erstmals seit zwanzig Jahren – sinkende Mietzinse ausgeglichen werden. Die grössten Gewinner sind zweifellos die Konsumenten. Auslandwaren sind seit dem Frankenschock immerhin um 5,5% billiger geworden. Hingegen ist noch kein Rückgang der Preise von Inlandgütern feststellbar – dieser könnte wohl nur durch noch höhere Privatimporte erzwungen werden. Bei den Importpreisen spielt allerdings die Verbilligung des Erdöls eine grosse Rolle, wohl mehr als die eingetretene Verbilligung importierter, dauerhafter Konsumgüter. Eine eigentliche Sonderkonjunktur erlebt zurzeit das Autogewerbe. Die Zahl der neu immatrikulierten Personenwagen hat von Januar bis September 2015 um 9% zugenommen. Wahrscheinlich haben die Kunden in Erwartung sinkender Preise mit Ersatzbeschaffungen zugewartet, und ihre Hoffnungen sind mit den Euro- und weiteren Rabatten im Neuwagengeschäft in Erfüllung gegangen.
Kleine müssen mitziehen Verlierer grossen Stils ist auch eine weitere KMU-Branche, die Hotellerie. Die letzten verfügbaren Zahlen vom September 2015 sind insbesondere für das Tessin (minus 6,8%) und Graubünden
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass die KMUs aller Branchen ebenfalls von billigeren Einkäufen aus dem Euroraum profitieren konnten. Am dümmsten waren jene dran, 37
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Was kann der neue Bundesrat bewirken?
auf diesem Gebiet gegenüber der EU ins Hintertreffen zu geraten. Die Verwaltungstätigkeit in Bund, Kantonen und Gemeinden ist bei uns immer noch zu wenig benutzerfreundlich. Zu viel Zeit und Geld gehen gerade auch in den KMUs für Leistungen an die staatlichen Verwaltungen verloren. Schlankere und einfachere Arbeitsgänge erhöhen das Wirtschaftswachstum. Entscheidend ist, dass die neuen Lösungen KMU-tauglich sind, was nicht von vornherein gewährleistet ist. Neue Programme kosten auch in den KMUs Geld.
In der neuen Legislaturperiode bis 2019 wird der Nationalrat etwas wirtschaftsfreundlicher als in der alten. Dazu hat auch die Stärkung des Gewerbeflügels bei den vergangenen Wahlen beigetragen. Eine erste Reaktion der Landesregierung – noch in ihrer alten Zusammensetzung – bestand darin, dass sie auf die Durchlöcherung des Inländer-Bankgeheimnisses verzichtet. Die Vorlage wäre im Parlament chancenlos geblieben, sodass es nicht einmal zu einem Referendum gegen sie gekommen wäre.
Gerade in der momentanen Tiefzinsperiode hat sich gezeigt, dass viele junge Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten mit der Risikokapitalbeschaffung haben. Auf diesem Gebiet der Mittelstandspolitik muss sich der Bundesrat etwas einfallen lassen. Es geht dabei nicht um Subventionen, aber beispielsweise um die vermehrte Anlage von Pensionskassengeldern in jungen Unternehmen, was eine Verbesserung der bestehenden Bürgschaftsund Versicherungslösungen für solche Fälle erfordert.
Der Bundesrat wird es auch in seiner neuen Zusammensetzung nicht leicht haben. Der Umgang mit dem Parlament wird schwieriger, weil Nationalrat und Ständerat noch häufiger als bisher auseinanderdriften werden. Besonders schwer wird es der Bundesrat aber mit Vorlagen haben, die Steuererhöhungen enthalten, etwa für den teilweisen Ausgleich der Mindereinnahmen aufgrund der dritten Unternehmenssteuerreform oder bei der Sanierung der Altersversorgung. Bei diesen Kernthemen der neuen Legislatur dürfte es zu Referendumsabstimmungen kommen, selbst wenn die beiden Parlamentsräte einig werden.
An den Hauptursachen unseres Wohlstands – gutes Bildungssystem, flexibler Arbeitsmarkt und Rechtssicherheit – wird der Bundesrat sicher nicht herumfeilen. Schwieriger wird es, wenn es um die Sicherung eines erträglichen Steuerklimas geht. Dazu braucht es zwei Dinge: die in Angriff genommenen neuen Sparprogramme und Referendumsdrohungen gegen alle Steuer- und, soweit rechtlich möglich, auch Gebührenerhöhungen in Bund, Kantonen und Gemeinden.
die auf teuer eingekauften Lagerbeständen sitzen blieben und diese auf Kosten ihrer Margen zum Teil unter dem Einstand abstossen mussten. Die «Aktionitis» hat seit dem Frankenschock bisher ungewohnte Höhepunkte erreicht. Die Grossverteiler geben den Takt vor, und die Kleinen müssen wohl oder übel mitziehen. Kommentar
Die kurzfristig grösste Herausforderung an den Bundesrat ist sicher, die schweizerische Wirtschaft nach der frankenschockbewirkten Stagnation wieder auf einen vernünftigen Wachstumskurs zu bringen. Die Wechselkurspolitik bleibt bei der Nationalbank. Die Aufgabe des Bundesrats besteht darin, konsequent und weitgehend in Fortsetzung der bisher verfolgten Politik die Regelungsdichte über der Wirtschaft zu vermindern, Wettbewerb und Produktivität zu steigern. Auch hier ist im Bundesrat bereits ein wichtiger Vorentscheid gefallen: Die Ausgaben für Forschung und Bildung werden von den neuen Sparprogrammen verschont. Das Parlament dürfte dem beipflichten. Nur reicht das nicht aus, um das Wachstum im gewünschten Ausmass zu beleben. Dazu gehört auch eine stärkere Auseinandersetzung mit den Anforderungen der «digitalen Wirtschaft». Die Schweiz riskiert sonst,
Unser Verhältnis zur EU und zur weltweiten Marktöffnung wird den neuen Bundesrat zweifellos strapazieren. Einerseits darf die Schweiz nicht von der Liberalisierung des transatlantischen Handels (Freihandelskommen EU-USA) ausgeschlossen werden, andererseits steht der Schutz unserer Landwirtschaft angesichts der Machtverhältnisse im neuen Parlament nicht zur Disposition. Die Schweizer Wirtschaft – einschliesslich KMUs – muss auch weiterhin fehlende Arbeitskräfte in Europa rekrutieren können, auch wenn das Zuckerpapier der Bilateralen, wie die Nationalratswahlen deutlich gezeigt haben, beim Volk abgeschlagen hat. Damit ist wohl die Forderung verknüpft – wie die Nationalratswahlen gezeigt haben – , nicht immer in vorauseilendem Gehorsam – etwa bei den Finanzmarktregulierungen – nach Brüssel und Washington zu schielen. Die Standfestigkeit des neu gewählten Bundesrats dürfte hier wiederholt auf die Probe gestellt werden. DR. RICHARD SCHWERTFEGER
«Politisch ist der Frankenschock noch lange nicht ausgestanden.» 38
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WENN DER FRIEDHOFGÄRTNER MEIN GRAB AUFHEBT Es ist ungemütlicher auf der Welt als auch schon. Terror, Umwelt, Steuererklärung. Doch etwas gibt mir Hoffnung: die ToplineFrischhaltedosen für Znüni und Resten. Auf sie gibt die Migros nämlich 25 Jahre Garantie (auf die Dosen, nicht auf die Resten). Fünf! Und! Zwanzig! Jahre! Oft genug beklagt die «Tagesschau» Drohnenangriffe, Durchsetzungsinitiativen und Djokovic. Ebenso oft krieche ich anderntags in die Migros zu den Frischhaltedosen zum Meditieren. Vollgetankt mit Zuversicht hüpfe ich Stunden später heim, unter dem Arm eine Click-and-Lock-Dose 0,5 l für CHF 5.50 und mit dem Aufdruck «25 Jahre Garantie», und habe wieder eine Zukunft vor Augen. Als ich vor ein paar Wochen bei Ikea für meinen Keller ein Gestell suchte, das Platz bot für 421 Frischhaltedosen, entdeckte ich entzückt, dass Ikea auf Matratzen ebenfalls 25 Jahre Garantie gibt. Seither träume ich auf Ikea. Zum Beispiel träume ich, wie ich im Jahr 2039 zu Ikea brettere und bei meiner Matratze einen Materialfehler reklamiere. Wie der junge Mann im Laden sich geknickt entschuldigt und mir die Matratze austauscht durch eine neue Matratze, die ebenfalls wieder 120 Franken kostete, 25 Jahre Garantie bietet und nach ein paar tausend Nächten einen Materialfehler offenbart.
Aber natürlich hoffe ich, dass auch ich unbeschädigt nach Hause komme und mich freuen kann an den neusten 25 Jahren Garantie in dieser ungemütlichen Welt, in der niemand sagen kann, was morgen sein wird. Mir geben die Dosen Mut und Zuversicht für das Leben. Stolpern, hinfallen, Frischhaltedose richten, aufstehen, weitergehen! Zugegeben, manchmal habe ich auf meiner Ikea-Matratze auch Albträume. Zum Beispiel, dass ich den Kassenzettel meiner Frischhaltedose verloren hätte. Das passiert mir meist innerhalb von 25 Stunden. Ich kenne mich. Schlimmer noch: Migros und Ikea kennen mich auch. Und die anderen auch. Sie könnten uns auch 100 Jahre Garantie geben. Wahrscheinlich geben sie uns eines Tages wirklich auf jeden Kartoffelschäler 3000 Jahre Garantie. Ich schwör, Monn, ich bewahre den Kassenzettel auf und bringe diesen Schlaumeiern das Teil in 2999 Jahren zurück. Und falls der Laden dann nicht mehr am selben Ort steht – mir wurscht. Zu meinem Navi gehört ein lebenslanges Kartenupdate.
Wenn die Garantie meiner neusten Topline-Frischhaltedose abläuft, werde ich 71 Jahre alt sein, so Gott will und ich lebe. Die fröhliche Frau am Migros-Kundendienst wird wohl jünger sein als die Dose, die sie mir umtauscht. Die neue Dose wird mich begleiten bis ich 96 bin, die nächste bis ich 121 bin, Frischhaltedosen halten ja frisch. Nächste Woche kaufe ich wieder eine und frage nach einer Garantieverlängerung auf 50 Jahre. Dann müsste ich mit 96 nicht extra in die Migros. Sicher, man weiss nie, ob man so alt wird. Vielleicht segne ich nächste Woche auf dem Heimweg von der Migros das Zeitliche, wegen eines entgegenkommenden 96-Jährigen oder so. Sollte die neue Dose im Gegensatz zu mir unbeschädigt bleiben, dann würde die Garantie auf die neue Dose 2041 ablaufen, also im Jahr, in dem der Friedhofgärtner mein Grab aufhebt. Vermutlich ist der Grabstein dann verwitterter als die Frischhaltedose. Ich sollte mir aus meinen gesammelten Frischhaltedosen für mein Grabmal eine Skulptur giessen lassen.
WILLI NÄF WILLI NÄF IST FREIER AUTOR, TEXTER UND KABARETTIST UND LEBHAFT IM BASELBIET UND IM APPENZELLERLAND. WWW.WILLINÄF.CH
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VERANSTALTUNGEN UND TERMINE
IMPRESSUM WIRPLUS Das Kundenmagazin der WIR Bank Januar 2016, 83. Jahrgang, Nr. 922
Generalversammlung 2016 der WIR Bank 18. Mai 2016 in Basel (für Genossenschafter/-innen)
Herausgeberin/Redaktion WIR Bank Genossenschaft Auberg 1 4002 Basel www.wirbank.ch
Herbstgespräche 2016 5. November 2016 im KKL Luzern (für Stammanteilhalter/-innen) Informationen über diese und über weitere WIR-Anlässe erhalten Sie bei der WIR Bank, www.wirbank.ch, Tel. 0848 947 947.
Redaktionsteam Daniel Flury (Chefredaktor), Annette Lempen, Roland Schaub, info@wir.ch, Tel. 061 277 93 27 oder 061 277 92 76
WIR-MESSE ZÜRICH
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