S U L P WIR
WIRPLUS April 2016
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144 SEITEN FASZINATION WIR 80 Jahre sind seit der Gründung der WIR Bank Genossenschaft vergangen. Das Buch «Faszination WIR – Resistent gegen Krisen, Spekulationen und Profitgier» beleuchtet Aspekte einer spannenden Firmengeschichte, setzt dazu bereits beim Börsencrash von 1929 ein und zeigt die Zukunftschancen der Komplementärwährung WIR auf. Das Buch ist im Buchhandel erhältlich, kann zu einem Vorzugspreis, aber auch über die WIR Bank bezogen werden.
Das WIR-System der WIR Bank unterstützt die Schweizer Binnenwirtschaft und ist in seiner Grösse und Nachhaltigkeit weltweit einzigartig: Was 1934 als Netzwerk von 300 Firmen und Privaten begann, umfasst heute 50 000 KMUs, die 2013 unter sich einen Mehrumsatz von 1,43 Mrd. CHW generierten. In seinem Buch «Faszination WIR» zeigt Hervé Dubois auf, wie diese spannende Erfolgsgeschichte möglich war, welche Hürden dabei genommen werden mussten und was auch in Zukunft der okönomische Nutzen einer Komplementärwährung in einer von Wachstums- und Profitdenken geprägten Wirtschaftsordnung ist. Hervé Dubois wurde in La Chaux-de-Fonds geboren und wuchs in Zürich auf. Nach der Matur studierte er Wirtschaftswissenschaften und Publizistik an der Hochschule St. Gallen. Während 20 Jahren war Dubois in der Region Basel als Redaktor bei Tageszeitungen, bei der Schweizerischen Depeschenagentur und als Radiojournalist tätig. 1995 wechselte er zur WIR Bank Genossenschaft, wo er bis zu seiner Pensionierung 2014 als Kommunikationsleiter tätig war. Heute lebt Hervé Dubois im Wallis.
Faszination WIR – Resistent gegen Krisen, Spekulationen und Profitgier. 144 Seiten, Hardcover, Leinenstruktur mit Prägung Erhältlich ist das Buch in allen Buchhandlungen (ISBN 978-303781-075-0) zum Preis von 34 CHF (Richtpreis). Das Buch kann – solange der Vorrat reicht – auch über die WIR Bank zum Vorzugspreis von 20 CHF oder 20 CHW bezogen werden, und zwar – über das Webformular auf www.wirbank.ch/buch* – per Post mit dem unten stehenden Talon* – per E-Mail (s. Talon)* – in den Filialen und Agenturen der WIR Bank
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EIN STÜCK CÉSAR FÜR DIE WIR BANK EDITORIAL
Über 700 000 Eintritte zwischen Ende November 2015 und Ende Februar 2016 für den Film «Demain» von Mélanie Laurent und Cyril Dion: Einen solchen Start hat in Frankreich noch kein anderer Dokumentarfilm hingelegt. Offensichtlich trifft sein Inhalt den Nerv der Zeit: Was können wir tun, um unseren Nachfahren eine intakte Welt zu hinterlassen? Der Film gibt sich nicht einem Lamento hin, jagt uns keine Angst ein mit Weltuntergangsszenarien und erschöpft sich auch nicht in grauen Theorien. Vielmehr beweist er, dass alle nötigen Handlungs- und Verhaltensweisen bereits existieren und funktionieren. Auf wirtschaftlicher Ebene beispielsweise ein anderes Funktionieren von Geld, aufgezeigt am Beispiel der WIR Bank Genossenschaft. Am 26. Februar hat der Film in Paris den César für den besten Dokumentarfilm erhalten (S. 9). Mit «pharaonique» – pharaonisch – bezeichnen französisch Parlierende gigantische Vorhaben. Einen weiteren Tunnel durch den Gotthard zu bohren, ist in höchstem Grad pharaonisch, denn es fällt dabei Material an, mit dem die Cheopspyramide mehrfach nachgebaut werden könnte. Natürlich nicht in der Schweiz – hierzulande werden mit dem Ausbruch Löcher in der Landschaft aufgefüllt. Ein Nullsummenspiel ist das trotzdem nicht, denn die
Nutzung der dritten Dimension bringt volkswirtschaftlich nur Vorteile, selbst wenn raumplanerisch noch einiges zu regeln ist. Dies gilt vor allem für Projekte, die keine Hindernisse durchbohren, sondern einfach in den Boden verlegt werden, um überirdisch Engpässe aus der Welt zu schaffen. Denn nur weil wir zu Hause online shoppen, wird der Verkehr nicht weniger: Irgendwie müssen die Pakete zur Haustür gelangen. Cargo sous terrain könnte die Strassen entstopfen, bis die Drohnen endgültig abheben (S. 18 und 36). Den Königsweg für sich zu finden, ist die Herausforderung, vor der jede Firma steht. Die WIR Bank durchläuft bis Anfang November eine nahezu pharaonische Umbruchphase, an deren Ende sie in einem völlig neuen Kleid dastehen wird. Dutzende neue Stellen werden geschaffen, um die verschiedenen Initiativen umzusetzen und weiterzuführen. Ganz nebenbei steigert die WIR Bank den Gewinn und schafft einen weiteren Meilenstein: Die Kundeneinlagen CHF übersteigen erstmals die 3-MilliardenSchwelle (S. 4). DANIEL FLURY
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INHALT
SEITE 9
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Mélanie Laurent und Cyril Dion bei der Verleihung des César für «Demain», den besten Dokumentarfilm. Darin spielt auch die WIR Bank eine Rolle.
Ausgerechnet im Dada-Jahr 2016 verabschiedet die Schweizerische Nationalbank die 50er-Note mit einem Dada-Kopf von Sophie Taeuber-Arp.
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4 WIR BANK SCHAFFT STELLEN Geschäftsjahr 2015
7 MIT STAMMANTEILEN DER WIR BANK MEHRFACH PROFITIEREN 9 EINE ROLLE FÜR DIE WIR BANK 10 7 FRAGEN AN DIE LERNENDE
12 FLEXIBLES SPAREN BEI DER WIR BANK Neuordnung bei den Sparkonti
14 SPECIAL OLYMPICS: NATIONAL WINTER GAMES IN CHUR 18 DIE SCHWEIZ IM TUNNELFIEBER 22 FRISCHER WIND IN DER ROMANDIE Philippe Maloberti, neuer Filialleiter der WIR Bank in Lausanne
25 NEUE WIRTSCHAFT: DIE SCHWEIZ HAT HANDLUNGSBEDARF 28 DADA-JAHR OHNE DADA-KOPF Die neue 50er-Note
31 KÜNDIGUNG: MISSBRÄUCHLICH IST NICHT UNGÜLTIG Prof. Ursula Guggenbühl
34 DER UMGANG MIT REFERENZAUSKÜNFTEN
SEITE 22 Von Aldi Suisse SA zur WIR Bank Genossenschaft: Der zweisprachig aufgewachsene Zürcher Philippe Maloberti leitet die Filiale in Lausanne.
36 AUCH KMUS BENÖTIGEN GUTE INFRASTRUKTUREN Dr. Richard Schwertfeger
39 WO FRAUEN HERUMHÄNGEN DÜRFEN Kolumne Willi Näf
40 CARTOON 41 AGENDA 3
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WIR BANK SCHAFFT STELLEN GESCHÄFTSJAHR 2015
Die WIR Bank Genossenschaft blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück: Bilanzsumme, Kundeneinlagen und Gesamtkreditvolumen verzeichneten Wachstumsraten im zweistelligen Bereich, und der Gewinn konnte um 206 000 CHF auf 13,75 Mio. CHF gesteigert werden. Mit Blick auf Entwicklungen in der Finanzbranche und der Gesamtwirtschaft ist bemerkenswert, dass die WIR Bank 2015 die Belegschaft von 220 auf 243 Mitarbeitende aufgestockt hat. Dieses Wachstum wird sich 2016 noch verstärkt fortsetzen.
Für das Jahr 2015 prägend war der 15. Januar, als die Schweizerische Nationalbank die Aufhebung des Mindestkurses des Frankens zum Euro beschloss und den Negativzins auf Bankeinlagen von 0,25 auf 0,75% anhob. Zu den Folgen der ersterwähnten Massnahme gehörten der Rückgang von Ausrüstungsinvestitionen, Preisnachlasse im Exportbereich und je nach Branche auch Stellenabbau und Produktionsverlagerungen ins Ausland. Neben der heimischen Tourismusindustrie geriet insbesondere auch der grenznahe Detailhandel unter Druck: Der billige Euro sorgte dafür, dass 2015 über 10,7 Mrd. CHF – und damit einer von zehn konsumierten Franken – in die Kasse eines Lebensmittel-, Kleider-, Elektronik- oder Möbelladens des benachbarten Auslands floss. Will man diesen Umständen positive Seiten abringen, so liegen sie in der Notwendigkeit struktureller Anpassungen, die längerfristig zu höherer Produktivität und gesteigerter Wettbewerbsfähigkeit führen sollten. Der Einfluss von Negativzinsen auf die Wirtschaft darf nicht unterschätzt werden. Als erste Reaktion haben viele Banken die Zinsen für langfristige Hypotheken erhöht, um der Margenerosion entgegenzuwirken. Die Auswirkungen auf unser Vorsorgesystem werden erst längerfristig absehbar. Pensionskassen können Negativzinsen zwar weitgehend vermeiden, indem sie ihre flüssigen Mittel auf mehrere Banken verteilen oder sie unter Inkaufnahme von Lager- und Versicherungsgebühren abheben und einlagern. Sie könnten aber auch in Versuchung geraten, Gelder in risikoreiche Hedgefonds und ausländische Infrastrukturen zu investieren. 4
Auf das Jahresergebnis der WIR Bank hatte die Einführung von Negativzinsen keinen nennenswerten Einfluss: Die Girokontoguthaben der WIR Bank bei der Nationalbank überschreiten den Freibetrag nicht, weshalb keine Negativzinsen fällig werden. Anders die Aufhebung des Mindestkurses des Frankens gegenüber dem Euro. Er führte bei der WIR Bank zu einem Verlust aus dem Handel mit Wertschriften und insgesamt zu einem Verlust von 4,17 Mio. CHF im Erfolg aus dem Handelsgeschäft (vgl. Tabelle auf S. 6). Nicht nachgelassen hat der Regulierungsdruck, dem die Finanzinstitute unabhängig von ihrer Grösse ausgesetzt sind und der bei den kleinen Banken zu unverhältnismässig hohen Kosten führt. Umzusetzen waren 2015 neue Rechnungslegungsvorschriften, die Offenlegungspflichten, die Liquiditätsvorschriften, die Geldwäscherei- und Sorgfaltspflichtbestimmungen und das unilaterale US-Steuergesetz FATCA. Im gleichen Trott wird es auch 2016 weitergehen, sollen doch beispielsweise die ersten Abkommen über den automatischen Informationsaustausch bereits Anfang 2017 in Kraft treten.
Wachstum im zweistelligen Bereich Im Vergleich zum Vorjahr ist die Bilanzsumme der WIR Bank Genossenschaft um 574,8 Mio. auf 5,199 Mrd. CHF/CHW angestiegen (+12,4%), die Kundeneinlagen CHF haben um 417,6 Mio. oder 16,1% zugenommen und erreichen 3,008 Mrd. CHF. Die Gesamtkreditsumme – sie setzt sich aus den ersten vier
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Positionen der auf S. 6 wiedergegebenen Tabelle zusammen – konnte um 424,1 Mio. auf 4,5 Mrd. CHF/CHW gesteigert werden (+10,4%).
Kundeneinlagen überschreiten 3-Mrd.-Schwelle Die Kundeneinlagen CHF haben mit 3,008 Mrd. CHF erstmals die 3-Mrd.-Schwelle überschritten. Die Zunahme um 16,1% unterstreicht die Spitzenstellung der WIR Bank bei den Konditionen für Spar- und Vorsorgegelder. Besonders eindrücklich war das Wachstum beim Sparkonto 60+ (+38,2% auf 272,1 Mio. CHF) und bei den Festgeldern (+72,5% auf 408,3 Mio. CHF). Die Kundeneinlagen CHW (vgl. Tabelle) entsprechen der WIRGeldmenge; sie ist um 1,3% auf 778,6 Mio. CHW angewachsen. Alle Kundeneinlagen zusammengenommen belaufen sich auf 3,787 Mrd. CHF/CHW. Sie decken 84,2% der Kundenausleihungen (4,5 Mrd. CHF/CHW) – eine leichte Verbesserung der Refinanzierungsquote gegenüber dem Vorjahr (82,4%).
Komfortable Eigenkapitalbasis Das Eigenkapital erhöhte sich um 1,8% auf 393,8 Mio. CHF (vgl. Tabelle). Abzüglich der 9,5 Mio. CHF, die der Generalversammlung im Mai für die Dividendenausschüttung beantragt wird, belaufen sich die ausgewiesenen Eigenmittel nach Gewinnverwendung auf 384,3 Mio. CHF. Die anrechenbaren Eigenmittel erhöhen sich auf 465,6 Mio. CHF (Vorjahr 450,1 Mio. CHF; vgl. Tabelle) – ein Wert, der die gesetzlich erforderlichen Eigenmittel von 381,2 Mio. CHF deutlich übersteigt. Der Generalversammlung wird eine Erhöhung der Dividende um 0.25 CHF auf 10 CHF pro Stammanteil vorgeschlagen. Dies entspricht einer Rendite von 2,3%.
Zunahme der Kundenausleihungen Die Hypothekarforderungen CHF und CHW erhöhten sich um 303,4 Mio. auf 3,531 Mrd. CHF/CHW (+9,4%), die übrigen Forderungen gegenüber Kunden stiegen um 14,3% auf 969,2 Mio. CHF/CHW (vgl. Tabelle). Damit erhöht sich die Gesamtkreditsumme markant um 424,1 Mio. auf 4,5 Mrd. CHF/CHW (+10,4%). Das beliebteste Hypothekarmodell sind Festhypotheken (64,3%), gefolgt von der Libor-Hypothek (26,8%) und der variablen Hypothek (8,9%). Die von der WIR Bank gewährten Kredite gehen hauptsächlich an KMUs und an Private und sind hypothekarisch gedeckt. Aufgrund ihrer gesamtschweizerischen Tätigkeit ist die WIR Bank regionalen Risiken im Immobilienmarkt nur beschränkt ausgesetzt. Kantonal betrachtet liegen die Schwerpunkte in Bern (21% der Hypotheken), Zürich (13%), Aargau (13%) und Solothurn (11%).
Schwächelnder WIR-Umsatz In der Erfolgsrechnung stellt der bereits eingangs erwähnte Erfolg aus dem Handelsgeschäft den Wermutstropfen dar: Einem Gewinn von 4,2 Mio. CHF im Jahr 2014 steht 2015 ein Verlust von 4,17 Mio. CHF gegenüber (vgl. Tabelle). Der Erfolg aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft verzeichnete einen leichten Rückgang um 5,4% auf 25,95 Mio. CHF. Er ist hauptsächlich auf einen schwächelnden WIR-Umsatz (-5,6% auf 1,35 Mrd. CHW) und einen entsprechend geringeren Kommissionsertrag zurückzuführen. Mit einem Anteil von über 35% am WIR-Umsatz ist das Baugewerbe die treibende Kraft des WIR-Systems. Die Branchen Detailhandel und Dienstleistungen folgen mit 18 bzw. 17%. Ebenfalls im zweistelligen Bereich rangieren Grosshandel (15%) und Fabrikation (12%). Auf das Gastgewerbe entfällt ein Umsatzanteil von 3%.
Starkes Zinsengeschäft Der Erfolg aus dem Zinsengeschäft ist mit einem Anteil von 68,6% (Vorjahr 57,8%) der stärkste Ertragspfeiler der WIR Bank. Dank der bemerkenswerten Volumensteigerung und einer besseren Zinsmarge gelang es, den Erfolg aus dem Zinsengeschäft um 16,9% oder 7,86 Mio. auf 54,35 Mio. CHF zu steigern (vgl. Tabelle). Infolge einer Steigerung des Liegenschaftenerfolgs und Veräusserungen von Finanzanlagen erhöhte sich auch der übrige ordentliche Erfolg deutlich auf 3,17 Mio. CHF.
13,7 Mio. CHF Gewinn Der Geschäftsaufwand von 48,37 Mio. CHF (+8,1%) setzt sich aus dem Personal- und dem Sachaufwand zusammen. Beide Positionen erhöhten sich infolge neu geschaffener Stellen und höherer Kosten für Informations- und Kommunikationstechnik. Nach Abschreibungen auf dem Anlagevermögen und nach Verbuchung eines Steueraufwands von 5,0 Mio. CHF beläuft sich 2015 der Gewinn auf 13,75 Mio. CHF (+1,5%).
Ausblick Mit gezielten Massnahmen in den Bereichen Unternehmenskultur, Informationsaustausch unter den Mitarbeitenden, Aus- und Weiterbildung sowie Führung hat die WIR Bank 2015 die nötigen Voraussetzungen geschaffen, um 2016 den neuen Auftritt im Markt vorzubereiten und umzusetzen. Die Neuerungen sind vielschichtig und insbesondere mit einer Offensive in den digitalen Kanälen und einer Stärkung des WIR-Netzwerks verbunden. Es ist der WIR Bank ein Anliegen, nicht nur neue Kundenkreise zu erschliessen, sondern auch die bestehenden Kunden für die Innovationen zu gewinnen. Ein Beispiel: Für die Eröffnung eines 5
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neuen Kontos muss muss ein Kunde künftig keinen beglaubigten Ausweis mehr einholen und einschicken - eine Identifikation per Video wird genügen. Was verspricht uns das wirtschaftliche Umfeld? Aufgrund der aktuellen Bewilligungsdaten ist davon auszugehen, dass der Wohnbau 2016 im zweiten und dritten Quartal um 2,9 bzw. 4,6% wachsen wird. Dank der tiefen Zinsen – es ist mittelfristig keine Erhöhung absehbar – wird Bauen günstig und erstrebenswert bleiben. Ein moderates Wachstum der Erträge aus dem Zinsengeschäft ist damit realistisch – ebenso aber eine Stagnation des WIR-Umsatzes, der unter den Niedrigstzinsen leidet. Auch aus diesem Grund erklären sich die Investitionen in das für die WIR Bank wichtige WIR-System, das rund einen Viertel unserer Erträge generiert.
Kennzahlen 2015 Brutto-Zinsmarge Refinanzierungsquote Return on Equity nach Steuern Cost-Income-Ratio
Leverage Ratio Liquidity Coverage Ratio
2014
1,14% 84,2 % 3,62% 61,0 %
1,06% 82,40% 3,63% 55,60% regulatorische Mindestanforderung: 7,3 % 3,00 % 121,5 % 60,00 %
GERMANN WIGGLI VORSITZENDER DER GESCHÄFTSLEITUNG
Ausgewählte Positionen aus Bilanz und Erfolgsrechnung* Aus der Bilanz
2015 IN CHF 1000
2014 IN CHF 1000
VERÄNDERUNG IN %
Forderungen gegenüber Kunden CHF Forderungen gegenüber Kunden CHW Hypothekarforderungen CHF Hypothekarforderungen CHW Handelsgeschäft Finanzanlagen Verpflichtungen aus Kundeneinlagen CHF Verpflichtungen aus Kundeneinlagen CHW Anleihen und Pfandbriefdarlehen Eigenkapital (vor Gewinnverwendung) Bilanzsumme
790 178 178 967 2 860 433 670 191 167 669 188 837 3 007 864 778 639 554 200 393 754 5 198 560
658 330 190 110 2 572 039 655 206 173 059 145 151 2 590 292 768 394 527 900 386 913 4 623 779
+ 20,0 - 5,9 + 11,2 + 2,3 - 3,1 + 30,1 + 16,1 + 1,3 + 5,0 + 1,8 + 12,4
465 572
450 137
+ 3,4
54 347 25 947 - 4 172 3 165 - 48 366 - 4 661 - 5 014 13 746
46 490 27 420 4 209 2 355 - 44 752 - 4 112 - 5 139 13 540
+ 16,9 - 5,4 - 199,1 + 34,4 + 8,1 + 13,4 - 2,4 + 1,5
Anrechenbare Eigenmittel Anrechenbare Eigenmittel Aus der Erfolgsrechnung Netto-Erfolg Zinsengeschäft Erfolg Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft Erfolg aus dem Handelsgeschäft Übriger ordentlicher Erfolg Geschäftsaufwand Abschreibungen auf Sachanlagen Steuern Gewinn (Periodenerfolg)
* Darstellung nach den neuen Rechnungslegungsvorschriften für Banken (RVB). Der vollständige Geschäftsbericht 2015 ist ab Ende April hier einsehbar: www.wir.ch/geschaeftsberichte
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MIT STAMMANTEILEN DER WIR BANK MEHRFACH PROFITIEREN NEU: DIVIDENDE MIT REINVESTITION IN STAMMANTEILE
Wer in Stammanteile der WIR Bank investiert, beteiligt sich an einem soliden Schweizer Unternehmen und kann mehrfach profitieren. Wer bis am 20. Mai Stammanteile kauft, profitiert von der ersten Dividende bereits am 24. Mai – in diesem Jahr in einer speziellen Form.
Kursentwicklung Stammanteile interne Börse (3 Jahre)* 500 480 460 440 420 400 380 360 340 320
3.16 04.0
.15 20.1 1.15
21.0 8
15.0 5.15
14 20.0 2.15
.14
.14
07.1 1.
30.0 7
02.0 5
07.0 2.14
18.1 0.13
4.13 19.0 7.13
300
19.0
– Attraktive Dividende: Der Stammanteil der WIR Bank Genossenschaft ist ein dividendenberechtigtes Wertrecht mit einer attraktiven Dividende. Im letzten Jahr betrug die Dividende 9.75 CHF pro Stammanteil, was auf dem damaligen Jahresschlusskurs von 428 CHF eine Dividendenrendite von 2,28% ergab. Die Ausschüttung der Dividende erfolgt bis auf Weiteres ohne Abzug der Verrechnungssteuer und ist für natürliche Personen in der Schweiz einkommenssteuerfrei. – Dividende mit Reinvestition in Stammanteile: Der Verwaltungsrat wird an der diesjährigen Generalversammlung eine Dividende von 10 CHF pro Stammanteil mit Reinvestition in Stammanteile beantragen: Für jeweils 40 Stammanteile pro Depot (bzw. ein Mehrfaches davon) erhält man einen Stammanteil. Dies entspricht einem «Kaufpreis» von 400 CHF, was beim aktuellen Kurs (448 CHF, Stand 4.3.2016) eine Ermässigung von rund 10% bedeuten würde. Wenn die Anzahl pro Depot nicht ausreicht für einen Stammanteil, bleibt die ausbezahlte Dividende von 10 CHF pro Stammanteil auf dem Konto. Auch die Dividende mit Reinvestition in Stammanteile ist für natürliche Personen in der Schweiz einkommenssteuerfrei.
Kurs
NEU: LUKRATIVE DIVIDENDE MIT REINVESTITION IN STAMMANTEILE
– Bonus: Mit dem Bonus-Sparkonto der WIR Bank können Sie von einem Spitzenzinssatz profitieren: Sobald sich mindestens 25 Stammanteile in Ihrem Kundendepot bei der WIR Bank befinden, erhalten Sie zusätzlich zum Basiszinssatz von 0,2% einen Stammanteilbonus von 0,5%. Zusammen mit dem Neugeldbonus von 0,3% können Sie auf dem Bonus-Sparkonto einen einmaligen Zinssatz von bis zu 1,0% erreichen (Boni jeweils bis zu einem Guthaben von max. 50 000 CHF), Stand: 11.2.2016.
18.0 1.13
Stammanteile der WIR Bank sind Wertrechte mit Potenzial und einer attraktiven Dividende. Wer jetzt Stammanteile kauft, profitiert bereits im Mai von der ersten Dividende (Dividendenstichtag 20. Mai 2016 – Ex Dividende 23. Mai 2016).
* Die bisherige Performance des Stammanteils ist keine Garantie für die zukünftige Kursentwicklung des Titels.
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Wer profitiert von der speziellen Dividende mit Reinvestition in Stammanteile? Für jeweils 40 Stammanteile pro Depot (s. Kasten Dividende mit Reinvestition in Stammanteile) erhalten die Inhaber automatisch einen Stammanteil, für die restlichen Stammanteile bleibt die gutgeschriebene Dividende von je 10 CHF auf dem entsprechenden Konto. Das Verhältnis von 40:1 ist beim aktuellen Kurs von 448 CHF (Stand 4.3.16) sehr attraktiv. Auch die Dividende mit Reinvestition in Stammanteile ist in der Schweiz für Privatpersonen einkommenssteuerfrei. Bis zum 20. Mai 2016 (letzter Handelstag vor Dividendenausschüttung) besteht noch die Möglichkeit, den Bestand an Stammanteilen durch Zukauf auf 40 oder ein Vielfaches davon aufzustocken. Damit können Stammanteilhalter vollständig von
Dividende mit Reinvestition in Stammanteile Wenn ein Kunde mehrere Depots hat, werden die Bestände für die Dividende mit Reinvestition in Stammanteile nicht zusammengezählt: Beispiel: Max Mayer1 hat zwei Depots (z.B. Privatdepot und Firmendepot) Depot 1: 85 Stammanteile Depot 2: 35 Stammanteile Für das Depot 1 erhält Max Mayer 850 CHF (85 × 10 CHF) gutgeschrieben. Davon werden 800 CHF in 2 Stammanteile reinvestiert (neuer Bestand: 87). Die restlichen 50 CHF bleiben auf dem entsprechenden Konto. Für das Depot 2 erhält Max Mayers Firma eine Gutschrift von 350 CHF (35 × 10 CHF) auf das entsprechende Konto. 1
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Name erfunden.
Kapitalerhöhung Der Verwaltungsrat wird an der nächsten GV auch eine Kapitalerhöhung beantragen. Diese ist notwendig wegen der Eigenmittelvorschriften und des starken Wachstums der WIR Bank insbesondere auch im Kreditbereich. Nähere Angaben zur Kapitalerhöhung erhalten alle Stammanteilhalter nach der Generalversammlung vom 18. Mai 2016. der Dividende mit Reinvestition in Stammanteile profitieren. Die Anlage in Stammanteile hat sich in der Vergangenheit als lukrativ erwiesen, sowohl in Bezug auf die langfristige Kursentwicklung als auch auf die jährliche Dividendenausschüttung. Die bisherige Performance des Stammanteils der WIR Bank stellt jedoch keine Garantie für die zukünftige Entwicklung des Titels dar. Alle Anlagen unterliegen Marktschwankungen. Dies erfordert eine entsprechende Risikotoleranz und -fähigkeit seitens der Anleger.
Stammanteile kaufen Kaufaufträge an die WIR Bank können per Internet-Banking der WIR Bank, per Post (WIR Bank, Bereich Finanzen/Stammanteile, Postfach, 4002 Basel), per Telefon (0848 947 947) oder per Fax (061 277 93 08) erteilt werden. Stammanteile können am 1. und 3. Freitag eines jeden Monats an der internen Börse der WIR Bank sowie an jedem Bankwerktag auf der OTC-Plattform der Berner Kantonalbank gehandelt werden. ROLAND SCHAUB
Mehr Informationen unter: www.wir.ch/stammanteile bzw. www.wir.ch/sparen-bonus oder (Sparen allgemein) www.wir.ch/sparen
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EINE ROLLE FÜR DIE WIR BANK Die Französin Mélanie Laurent kennt man vor allem als Sängerin und Schauspielerin (z.B. in Quentin Tarantinos «Inglourious Basterds»), sie ist aber auch Regisseurin. Zusammen mit Cyril Dion hat sie den fast zweistündigen und letzten Februar mit dem «César» ausgezeichneten Kinofilm «Demain» realisiert. Darin spielt auch die WIR Bank Genossenschaft eine Rolle.
Cyril Dion (r.) bei der Vorbereitung des Interviews mit Hervé Dubois, 2014 Kommunikationsleiter der WIR Bank, und mit Mélanie Laurent (Bild rechts).
zeigen, dass die Instrumente für eine bessere Welt schon vorhanDas WIR-System für KMUs ist weltweit einzigartig, deshalb reisen den sind», sagt Dion, «sodass alle, die den Film gesehen haben, regelmässig Filmteams aus der ganzen Welt für Dreharbeiten und Interviews nach Basel. Am 8. und 9. September 2014 intesagen können: ‹Das könnte ich doch auch tun!›» Auch ein neuer ressierte sich eine Crew aus Zugang zum Geld könnte auf Frankreich für das Funktioniewirtschaftlicher Ebene Unge«(…) der Film ‹Demain› zeigt den gemeinsamen Nenner aller ren der Komplementärwährung rechtigkeiten und Konflikte beInitiativen auf: Das Kleine, das Lokale muss gefördert und jeder Einzelne dazu ermutigt werden, sich einzubringen, anstatt nur WIR. «Alle Welt spricht darüber, seitigen. Im Kapitel «Eine Wirtpassive Zustimmung zu leisten.» schaft für morgen» wird deshalb was auf unserer Erde alles Arnaud Gonzague, «Le Nouvel Observateur» schiefläuft, wir aber wollen aufauch das nicht verzinsbare und zeigen, wie die Welt morgen für lokale oder binnenwirtaussehen könnte», so die Regisseure Mélanie Laurent und Cyril schaftliche Märkte geeignete WIR-Geld thematisiert. Dion über ihren Film «Demain». Darin werden die Zuschauer auf Vergangenen November ist der Kinofilm zuerst in Frankreich und eine Reise zu Menschen und Institutionen aus zehn Ländern mitdann in der Romandie angelaufen, voraussichtlich ab Ende Mai genommen, die vieles anders anpacken als andere. Neue und 2016 wird er auch in der Deutschschweiz und in verschiedenen nachhaltige Ansätze in der Bildung, der Nahrungsmittelprodukeuropäischen Ländern zu sehen sein. tion, der Demokratie oder der Energiegewinnung werden porträDANIEL FLURY tiert, und zwar so, dass sich die Zuschauer mit den jeweiligen www.demain-lefilm.com Protagonisten identifizieren können. «Es war uns wichtig aufzuwww.facebook.com/demain.lefilm 9
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7 FRAGEN AN DIE LERNENDE
Die WIR Bank Genossenschaft bildet an ihrem Hauptsitz in Basel ständig bis zu sechs Lernende aus. Wir stellen jedes Jahr eine bzw. einen von ihnen vor. Heute ist die Reihe an Jenny Zaugg, die sich im zweiten Lehrjahr befindet.
Hast du* in der WIR Bank deinen Traumberuf gefunden?
Kochst du auch selber?
Ich gelte als sehr ordnungsliebend und helfe gerne Menschen, daher erklärt sich mein eigentlicher Traumberuf, nämlich Polizistin. Nachdem ich eine Weile mit Kleinkindern gearbeitet hatte, habe ich mich zu einer Banklehre entschlossen. Sie ist eine gute Grundlage für jeden anderen KV-Beruf und könnte später – nachdem ich ein paar Jahre auf der Bank gearbeitet habe – auch das Sprungbrett für den Polizistinnenberuf sein. Dort sähe ich mich längerfristig aber weniger in der Administration, sondern eher im Einsatz auf der Strasse, am liebsten bei der Kripo!
In meiner Familie können alle gut kochen, vor allem auch aufwendige Fleischgerichte. Ich habe schon mehrmals versucht, auf vegetarische Ernährung umzustellen, aber es gelingt nicht: Wenn meine Mutter z.B. Geschnetzeltes kocht, kann ich nicht widerstehen … Meine Spezialität – und neben Joggen und Fitnesstraining auch mein Hobby – ist das Backen von Guetzli und von Torten. Ich habe deshalb im Rahmen der Berufsfindung auch in Bäckereien geschnuppert. Ich habe dann aber beschlossen, diese Kunst besser als Hobby und nicht als Beruf zu pflegen.
Wie gut kanntest du die WIR Bank vor Beginn der Lehre? Mit dem Speziellen an der WIR Bank, also dem WIR-System, habe ich erst beim Schnuppern Bekanntschaft gemacht. Das hat mich gereizt, denn dadurch hebt sich die WIR Bank von anderen Banken ab.
Wie erklärst du jemandem in einem Satz das WIRSystem? Das WIR-System basiert auf einer anerkannten, komplementären Währung und führt praktisch automatisch zu Mehraufträgen und zum Aufbau eines Netzwerks, das für kleine und mittlere Firmen sehr wertvoll ist.
Gibst du selbst auch WIR-Geld aus? Ja. Neben den – je nach Beschäftigungsgrad – bis zu 300 Franken in WIR, die alle Mitarbeitenden der WIR Bank pro Jahr erhalten, lasse ich mir 50 Franken vom Lohn in WIR auszahlen. Ich esse gerne gut und setze dieses Geld in Basler Restaurants ein, die dem WIR-System angehören. 10
In welcher Abteilung der WIR Bank arbeitest du gegenwärtig? Ich kam vom Beratungszentrum an den Schalter in der Filiale und werde als Nächstes in der Finanzbuchhaltung eingesetzt. Die Arbeit in der Filiale ist toll, mir liegt der direkte Kundenkontakt besser als via Telefon. Ich erhalte auch viel Lob von den Kunden, was natürlich nicht nur an mir liegt: Viele unserer Angebote sind unschlagbar gut, deshalb gehen die Kunden zufrieden nach Hause. Das Säule-3a-Konto TERZO beispielsweise wird so oft nachgefragt, dass ich den Eröffnungsprozess im Schlaf abwickeln könnte.
Würdest du einer Kollegin oder einem Kollegen eine Lehre bei der WIR Bank empfehlen? Nicht, wenn jemand auf Private Banking aus ist, denn das ist kein Geschäftsfeld der WIR Bank. Sonst aber auf jeden Fall: Die verschiedenen Tätigkeiten sind interessant und die Betreuung der Lernenden ist ausgezeichnet. Ausserdem unternimmt die WIR Bank viel für die Teambildung. Das schweisst zusammen, und man fühlt sich gut aufgehoben. INTERVIEW: DANIEL FLURY * Die Mitarbeitenden der WIR Bank duzen sich.
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Bäckerin ist Jenny Zaugg nicht geworden, dennoch dürfen sich Familie und Freunde auf fachmännisch zubereitete Backwaren – hier ein Schokoladenkuchen – freuen.
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FLEXIBLES SPAREN MIT DER WIR BANK NEUORDNUNG BEI DEN SPARKONTI
Das bisher «Sparkonto» genannte Konto heisst ab sofort Bonussparkonto. Es wird weiterhin zum Basiszinssatz von 0,2% verzinst. Unter der Bezeichnung Sparkonto wird eine neue Kontoart eingeführt. Unverändert angeboten wird das Sparkonto 60+.
Das neue Sparkonto wird zu 0,15% verzinst. Sein Vorteil liegt darin, dass pro Quartal bis zu 30 000 CHF kündigungsfrei abgezogen werden können. Das mit Optimierungsmöglichkeiten ausgestattete Bonussparkonto (früher «Sparkonto») war und bleibt für Rückzüge weniger attraktiv, da solche kündigungsfrei nur bis zu einem Betrag von 25 000 CHF pro Kalenderhalbjahr möglich sind. Es kommt hinzu, dass beim Bonussparkonto ab 2017 der Neugeldbonus bei jeglichem Rückzug für das laufende Kalenderjahr entfällt und auch bei einer neuerlichen Speisung des Kontos nicht mehr neu einsetzt. Hier die wichtigsten Eckpunkte der drei Sparkontoarten:
Sparkonto neu
Bonussparkonto (früher «Sparkonto»)
Sparkonto 60+ (unverändert)
Zinssatz (Stand per 1. April 2016)
0,15%
0,2% + 0,5% Stammanteilbonus + 0,3% Neugeldbonus
0,4%
Verzinsungslimite
500 000 CHF
500 000 CHF
300 000 CHF
Bonuslimite
–
50 000 CHF
–
Kündigungsfreie Rückzüge
30 000 CHF pro Kalenderquartal
25 000 CHF pro Kalenderhalbjahr
10 000 CHF pro Kalendermonat
Besonderes
Für Privatkunden sind mehrere Konti pro Person möglich
Verlust des Neugeldbonus bei Rückzug (gilt ab 2017)
Eignung
Kurz- und mittelfristiges Sparen mit hoher Flexibilität
Mittel- bis langfristiges Sparen; Möglichkeit der Zinsoptimierung
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Fürs Sparen ab 60 mit attraktivem Zins und hoher Flexibilität
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TIPP Das neue Sparkonto eignet sich für Personen, die auf bestimmte Zwecke hin sparen möchten und innerhalb eines Kalenderjahrs mit Sicherheit einen oder mehrere Bezüge pro Sparkonto tätigen werden. So kann ein solches Sparkonto beispielsweise dazu genutzt werden, mittels Dauerauftrag regelmässig einen Betrag für die Begleichung der Steuerrechnung beiseitezulegen. Ein weiteres Konto kann dazu dienen, einen Sparbatzen für eine bestimmte grössere Anschaffung aufzubauen. Sollte ein Rückzug höher sein als die kündigungsfreie Limite von 30 000 CHF pro Quartal, kann der entsprechende Betrag drei Monate vorher gekündigt werden. www.wir.ch/sparen www.wir.ch/sparen-bonus
Bis zu 1% Zins auf dem Bonussparkonto Das Bonussparkonto (früher «Sparkonto») ist die ideale Lösung für Kunden, die Geld zu einem hohen Zinssatz parkieren möchten und keine Rückzüge zu tätigen gedenken. Dank dem attraktiven Basiszinssatz von 0,2% erreichen Stammanteilhalter (ab 25 Stammanteilen im Kundendepot bei der WIR Bank) eine Verzinsung von 0,7%. Wer keine oder weniger als 25 Stammanteile besitzt, kommt bei Einzahlung von mindestens 5000 CHF auf eine Verzinsung von 0,5%.
Wer beide Optimierungsmöglichkeiten ausschöpft, kommt sowohl in den Genuss des Stammanteil- wie des Neugeldbonus und erreicht die Topverzinsung von total 1%. Sie haben Fragen zum Sparkontosortiment der WIR Bank? Unser Beratungszentrum ist von Montag bis Freitag von 7.30 bis 18.00 Uhr unter dieser Nummer erreichbar: 0848 947 947. DANIEL FLURY
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ÄLTESTE SCHWEIZER STADT WAR VIER TAGE LANG «OLYMPIC TOWN» SPECIAL OLYMPICS: NATIONAL WINTER GAMES IN CHUR Über 550 Sportlerinnen und Sportler mit einer geistigen Behinderung haben an den National Winter Games von Special Olympics in Chur teilgenommen. Mitten drin: 15 freiwillige Helferinnen und Helfer der WIR Bank Genossenschaft.
Die WIR Bank gehört zu den Sponsoren von Special Olympics Switzerland und kann zusätzlich darauf zählen, dass sich Mitarbeitende privat an Sportanlässen für Athletinnen und Athleten mit einer geistigen Behinderung engagieren. An den National Winter Games in Chur wäre zeitweise auch Frieren angesagt gewesen, hätten da nicht der volle Einsatz und die Begeisterung von über 550 Skifahrern, Snowboardern, Langläufern und Unihockeyspielern für tolle Erlebnisse und viel Wärme ums Herz gesorgt. Unser Fotograf Paul Haller war Anfang März an allen vier Tagen unterwegs – von der Eröffnung mit Christa Rigozzi und Bernhard Russi bis zur Schlussfeier mit Bundesrat Guy Parmelin –, um Eindrücke von einem Anlass einzufangen, der auch bei Special Olympics nur alle vier Jahre stattfindet. DANIEL FLURY www.specialolympics.ch
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Reto Hunziker, Volker Strohm und Ruedi Frehner.
KURZINTERVIEW MIT VOLKER STROHM, MEDIENSPRECHER DER WIR BANK Von Bern nach Chur, fast 400 Kilometer in zehn Tagen: Ruedi Frehner und Reto Hunziker vom sozialen Laufprojekt RUEDIRENNT haben kräftig für den guten Zweck gesammelt und so unter anderem den kompletten Medaillensatz der National Winter Games von Special Olympics finanzieren können. Auch bei diesem Einsatz war die WIR Bank vertreten: Mediensprecher Volker Strohm ist bei RUEDIRENNT der Mann im Hintergrund, verantwortlich für die Homepage, die Auftritte in den sozialen Medien – und er schnürt ab und zu auch selbst die Laufschuhe.
Und finanziell?
Welche Eindrücke bleiben nach zehn Tagen The Special Run for Special People haften?
Weshalb ist RUEDIRENNT so erfolgreich?
Volker Strohm: In erster Linie viele Emotionen. Auf etlichen Etappen hat RUEDIRENNT Institutionen besucht, in denen Athletinnen und Athleten von Special Olympics arbeiten und wohnen. Viele von ihnen haben uns auf den letzten Metern vor dem jeweiligen Zwischenhalt empfangen, sind mitgerannt – und haben uns anschliessend mit feinem Essen sowie musikalischen und anderen Darbietungen bestens unterhalten.
Das insgesamt vierte RUEDIRENNT-Projekt darf also erneut als Erfolg verbucht werden? Auf jeden Fall. Sobald Emotionen geweckt und die Leute buchstäblich bewegt werden, ist unser Ziel erreicht. Menschen zu unterstützen, die nicht nur auf der Sonnenseite des Lebens stehen, ist doch eine tolle Sache. Und gerade in diesem Jahr konnten wir die ganze Herzlichkeit speziell «aufsaugen».
The Special Run for Special People hatte die Finanzierung von drei konkreten Projekten im Visier: die Medaillen für die National Winter Games 2016 von Special Olympics, die Teilnahme am Kerzerslauf für den Basler Verein Blind Jogging für Menschen mit Sehbehinderung und das Sommerlager des Vereins Quack für übergewichtige Kinder. Das ist uns eindeutig gelungen – herzlichen Dank dafür an alle Spenderinnen und Spender. Den definitiven Schlussstand sowie weitere Details zur Umsetzung werden wir auf unserer Homepage www.ruedirennt.ch kommunizieren.
100 Prozent der Spendengelder gehen an klar definierte Projekte. Es gibt also keinerlei Administrationsaufwendungen, dazu wird das Geld nicht einfach generell an Institutionen überwiesen. So kann ich jedem, der auch nur einen Franken spendet, genau erklären, wofür dieser Franken eingesetzt wird.
Und dein persönliches Fazit nach dem Einlauf in Chur? Auch wenn ich nur der klassische Hobbyläufer bin, freue ich mich, durch die Freundschaft zu Ruedi und Reto Teil der RUEDIRENNTGeschichte zu sein. Persönlich bin ich nicht ganz zufrieden: Nach rund 50 Kilometern auf den ersten zwei Teileinsätzen hat mich Fieber in der zweiten Projektwoche punkto Laufkilometer etwas zurückgeworfen. Doch der Einlauf in Chur hat mich mehr als entschädigt – Momente, die einem niemand mehr nehmen wird. INTERVIEW: DANIEL FLURY
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DIE SCHWEIZ IM TUNNELFIEBER Es liegt in der Natur der Sache, dass die Schweiz zu den tunnelreichsten Ländern der Erde zählt: Wer in einem gebirgigen Land per Eisenbahn und Auto unterwegs sein und direttissimo von A nach B gelangen will, muss Tunnels bohren und Brücken bauen. Dank dem Ja zur zweiten Gotthardröhre für den Strassenverkehr vom 28. Februar, der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels für den Zugverkehr am 1. Juni und dank der Präsentation von gigantischen, visionären Projekten im Mittelland schreibt das Jahr 2016 Tunnelgeschichte. Einem Eisenbahntunnel ist noch bis 22. Juni eine Ausstellung gewidmet: Der Grenchenbergtunnel – mit knapp 8,6 Kilometern der längste Juradurchstich – ist 100 Jahre alt geworden.
Heute erreicht eine Tunnelbohrmaschine schon mal eine Länge von 450 Metern. Im Bild die Montage der Bohrmaschine für den Lötschberg-Basistunnel (1999). Ihr Bohrkopf hatte einen Durchmesser von 9,4 Metern. Für den Bau von Strassentunnels sind grössere Schilddurchmesser notwendig. So wird für den Vortrieb des 3,2 Kilometer langen Sanierungstunnels am Belchen – er startete am 9. Februar – ein Bohrkopf mit knapp 14 Metern Durchmesser verwendet.
Begonnen hat die lange Tunnelgeschichte der Schweiz vor 300 Jahren, als 1707 der Tessiner Pietro Morettini das 64 Meter lange Urnerloch durch einen Felsen in der Schöllenenschlucht sprengte und so ab 1708 den Weg für die Fussboten und Saumtiere über den Gotthard sicherer machte – wurde doch der Steg entlang der Felswand immer wieder von der Reuss weggespült. Mit diesem ersten Tunnel hat Morettini womöglich für viele nachfolgende Schweizer Tunnelbauten ein unheilvolles Vorzeichen gesetzt: Die Baukosten wurden mit 3080 französischen Talern um 83% über18
schritten. Die Lösung des Problems war ebenso alt wie modern: Der Wegzoll wurde bis zur Deckung des Defizits einfach erhöht. Es dauerte über 120 Jahre, bis das Urnerloch zusammen mit den Pfaden über den Pass ins Tessin ausgebaut wurde. Nun konnten Kutschen den Gotthard passieren, was nochmals 50 Jahre später aber auch nicht mehr sonderlich attraktiv war: Am 1. Juni 1882 fuhr der erste Zug durch den Gotthard. Der 15 km lange Eisenbahntunnel lief der Passstrasse bezüglich Sicherheit, Wetterunabhängigkeit und Zeitersparnis deutlich den Rang ab.
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und diese Stollen wären dann mit 789 Kilometern noch bedeutender als die Eisenbahntunnels, jedenfalls längenmässig. Zuwachs werden spätestens 2027 auch die heute 361 Strassentunnels erhalten, denn am 28. Februar 2016 haben die Stimmberechtigten einer zweiten Röhre durch den Gotthard grünes Licht erteilt. Das 2,8 Mrd. CHF teure Projekt startet 2020 und wird parallel zum heutigen 16,9 km langen Tunnel geführt.
Grimsel im Visier 2016 hat das Tunnelfieber die Berner und Walliser neu gepackt. Auch die noch jungfräuliche Grimsel soll zu ihren Eisenbahntunneln kommen und Meiringen mit Oberwald im Goms verbinden. Die längste der dazu nötigen Röhren wäre 8,3 km lang. Katalysator des vergangenen Februar vorgestellten Projekts ist Swissgrid, die Gesellschaft, die das Schweizer Höchstspannungsnetz betreibt. Sie würde sich an den Kosten von gegen 600 Mio. CHF beteiligen und dürfte dafür ihre Leitungen, die heute über die Grimsel führen, entlang des Trassees und durch die Tunnels verlegen. Läuft alles nach Plan, wird schon 2025 die erste Schmalspurbahn die insgesamt 22 Kilometer lange Strecke befahren.
Untertunnelung des Mittellands
1143 Tunnelkilometer Ebenfalls am 1. Juni, aber 2016, wird der Gotthard-Basistunnel nach 17 Jahren Bauzeit offiziell eröffnet. Der mit 57 km längste Tunnel der Welt erhöht die Anzahl Strassen- und Eisenbahntunnelkilometer in der Schweiz auf 1143. Damit sind diese Tunnels zusammengenommen gleich lang wie die Luftlinie von Bern nach Madrid. Mit einem Anteil von 720 Kilometern haben die insgesamt 559 Eisenbahntunnels die Nase vorn. Tunnelliebhaber rechnen allerdings auch gerne die Wasserstollen zu den Tunnels,
Für eine neue Dimension im Tunnelbau könnte das im Januar 2016 vorgestellte Projekt Cargo sous terrain sorgen. Geboren wurde die Idee, den Warenverkehr in den Untergrund zu verbannen, bereits 2001 an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Als Erstes soll ein 3,5 Mrd. CHF teurer und 67 Kilometer langer, 20 bis 60 Meter tiefer Tunnel Härkingen mit Zürich verbinden. Rund um die Uhr, aber im gemächlichen Tempo von 30 km/h, würden dann ab 2030 Container auf Rädern Waren hin- und hertransportieren und den oberirdischen Verkehr entlasten. Hinter dem privat zu finanzierenden Projekt steht ein Konsortium aus Schwergewichten wie SBB, Swisscom, Post, die Stadt Zürich und die IG Detailhandel (Coop, Migros und Manor) sowie das Unternehmen Cargo-Tube. Damit dürfte es schneller in die Gänge kommen als Swissmetro: Diese unterirdische Magnetschwebebahn für Personen sollte in einer ersten Phase die Zentren Bern, Luzern, Zürich und Winterthur miteinander verbinden, später auch Genf, Basel, St. Gallen, Chur und Sion. Der Vakuumtunnel, der Geschwindigkeiten von 500 km/h erlaubt, kommt aber seit Jahren nicht richtig vom Fleck und wird nun – was z.B. die Beanspruchung des Untergrunds zwischen Genf und Lausanne anbelangt – von Cargo sous terrain bedrängt. Der Bauingenieur Rudolf Mettler, Delegierter von ProSwissmetro, sieht kein Problem: «Unser Trassee würde in einer Tiefe von 50 bis 100 Metern und damit wesentlich tiefer als die von Cargo sous terrain liegen.» 19
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Um Bern und Zürich einander noch näherzubringen, wird das bestehende Schienennetz im Mittelland ausgebaut. Während bis vor Kurzem eine 5 Mrd. CHF teure Variante mit zwei Tunnels zwischen Rupperswil und Zürich zur Diskussion stand, soll es nun nur noch ein durchgehender, 28 Kilometer langer Tunnel sein. Der Vorteil liegt darin, dass nur zwei statt vier Portale gebaut werden müssten und die direktere Streckenführung die Reisezeit weiter verkürzen würde. Das Parlament wird voraussichtlich 2018 über die Botschaft zum Ausbauschritt befinden.
Degradierung oder Schliessung Tunnels sind nicht für die Ewigkeit gebaut, jedenfalls nicht, wenn sie aus dem letzten oder vorletzten Jahrhundert stammen. Der 1875 fertiggestellte, 2,5 Kilometer lange Bözbergtunnel zwischen Effingen und Schinznach ist ein Nadelöhr innerhalb der NEAT. Diesen Frühling wird deshalb ein neuer, breiterer Bözbergtunnel in Angriff genommen. Er verläuft parallel zur alten Röhre, die zum Dienst- und Rettungsstollen degradiert wird. Ganz ans Lebendige könnte es dem Weissensteintunnel der BLS gehen. Seit 1908 verbindet er Solothurn mit Gänsbrunnen bzw. Moutier. Nun muss er für 100 bis 170 Mio. CHF saniert werden, je nachdem, ob die baulichen und technischen Massnahmen für 25 oder für 50 Jahre ausgelegt werden sollen. Weil die Strecke vorwiegend dem regionalen Personenverkehr dient und der Kostendeckungsgrad unter 30% liegt, wird der Bund die Finanzierung nicht ohne Weiteres mittragen. Es muss nämlich nachgewiesen werden, dass alternative Angebote mit einem besseren KostenNutzen-Verhältnis nicht existieren – z.B. ein Schnellbus über Balsthal und Oensingen. Während sich die Experten noch über die Analyse beugen, hat sich bereits ein Komitee «Weissensteintunnel erhalten» gebildet. Nicht ohne Grund ging die Initiative vom Bezirk Thal aus, der auf der Nordseite des Tunnels liegt: Ausserhalb des Alpenraums ist er der einzige Bezirk in der Schweiz, dessen Bevölkerung zwischen 2010 und 2013 nicht zugenom-
Wem gehört der Untergrund? Wer ein Stück Land besitzt, der darf auch den Untergrund für sich beanspruchen, jedenfalls «soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht» (Artikel 667 des Zivilgesetzbuches). Dasselbe gilt für den Luftraum über dem Grundstück. Heute wird dieser Artikel so interpretiert, dass ein Landbesitzer für die Heizung oder Kühlung eines Gebäudes Erdsonden bis in 300 oder 400 Meter Tiefe bohren darf. Sollte ein Kanton oder der Bund dort später einen Tunnel oder ein Endlager planen, müsste der 20
Vortrieb des Grenchenbergtunnels 1911-1915: Neben 360 Tonnen Sprengstoff kam die Meyersche Druckluft-Stossbohrmaschine zum Einsatz, wie sie sich schon beim Bau des Lötschberg-Scheiteltunnels (1906–1913) bewährt hatte.
men hat. Die Schliessung des Tunnels würde Thal als Wohn- und Wirtschaftsstandort noch weiter gefährden. Immer wieder auf der Kippe steht die Zukunft des ersten Juradurchstichs. Der 1858 eröffnete und über 2 Kilometer lange Hauensteintunnel zwischen Sissach und Olten – ein Scheiteltunnel mit starken Steigungen – kann seit 1914 nicht mehr mit dem neuen Hauensteintunnel mithalten. Letzterer ist ein über 8,1 Kilometer langer Basistunnel und gehört zu den meistbefahrenen Eisenbahnstrecken der Schweiz. Der alte Tunnel steht dank der Initiative des Vereins HauensteinBahn noch im Dienst des «Läufelfingerli», das in den Sommermonaten auch mal von einer Dampflok gezogen wird.
Ein Gratistunnel für die Schweiz Nicht der älteste, aber der längste Juradurchstich ist mit fast 8,6 Kilometern der einspurige Grenchenbergtunnel der BLS. Er verdankt seine Entstehung nicht nur dem Kanton Bern, der eine schnellere und direktere Verbindung zu seinen transjurassischen Gemeinden suchte. Vorangetrieben wurde das Projekt hauptsächlich von Frankreich, das eine direktere Alternative zur Route
Landbesitzer entschädigt werden. Grundsätzlich aber gehört der Untergrund als herrenlose, öffentliche Sache dem entsprechenden Kanton (Art. 664). Als erster Kanton hat Aargau die Nutzung des Untergrunds per 1. März 2013 gesetzlich geregelt. Das «Gesetz über die Nutzung des tiefen Untergrunds und die Gewinnung von Bodenschätzen» gilt nicht für Erdsonden, Tunnels und Kabelkanäle: Diese werden aufgrund gewöhnlicher Baugesuche bewilligt oder abgelehnt. Das Aargauer Gesetz regelt die Verfahren also nur für Fälle, in denen Investoren den Untergrund im Rahmen von Geothermie – in mehreren Kilometern Tiefe – oder für den Abbau von Bodenschätzen
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Pontarlier-Vallorbe-Lausanne-Simplontunnel-Italien wollte. Mit dem Bau der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn (BLS) und dem Lötschbergtunnel (1906-1913) waren die Würfel gefallen: Frankreich setzte sich für die Abkürzung der bestehenden Strecke von Delle bzw. Basel nach Biel und Bern ein (sie führte über Moutier und Tavannes) und damit für den Tunnel zwischen Moutier und Grenchen am Jurasüdfuss. Ein Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich, der Kauf von Stammaktien der BLS für 6 Mio. CHF durch die französische Ostbahn und eine 4%-Anleihe von 15 Mio. CHF der Crédit Français, Paris, besiegelten das Projekt. Zwischen 1911 und 1915 gruben sich über 1000 Arbeiter – fast alles italienische Mineure – durch den Grenchenberg. Im Tunnel wurde in drei Schichten rund um die Uhr und an sechs Tagen in der Woche gearbeitet. Die Zufahrt zum Südportal auf 484 m ü. M. wurde mit dem Bau von Viadukten bewältigt. Sie veränderten das Stadtbild Grenchens in gleichem Mass, wie die Italiener mit ihrer eigenen Siedlung, genannt Tripoli, das verschlafene Uhrenstädtchen belebten. Und sie sorgten für eine Blutauffrischung, wie die zahlreichen italienischen Familiennamen in Grenchens Telefonbuch heute noch beweisen. Mit 25,7 Mio. CHF war der Tunnel 300 000 CHF günstiger als budgetiert und kostete die Schweizer Seite so gut wie nichts. Die interessante Geschichte des Tunnels wird noch bis 22. Juni 2016 im Kultur-Historischen Museum Grenchen nachgezeichnet (www.museumgrenchen.ch).
Tunnels und Pyramiden? Trotz allem ist wohl nicht ganz richtig, die Schweizer als ein Volk von Tunnelbauern zu bezeichnen. Wie das Bild einer albanischen Fahne bei der Feier des Durchstichs des Ceneri-Basistunnels (15,4 Kilometer) im Januar 2016 in Erinnerung gerufen hat – die Aufnahme geisterte verbunden mit der Frage «Dürfen die das?» durch die Medienlandschaft –, waren und sind es meist Ausländer, die das Grobe erledigen – und dabei allzu oft auch ihr Leben lassen: Italiener, Deutsche oder gar Südafrikaner im Fall der ver-
nutzen wollen. In den Bereichen Kernenergie, Gewässerschutz oder bei der Planung und Bewilligung grosser Verkehrsinfrastrukturen hat sowieso der Bund eigentumsrechtlich das Sagen. Koordination nötig Droht dem Untergrund eine ähnliche «Zersiedelung» wie der oberirdischen Landschaft? Explizit ist die geordnete Nutzung des Untergrunds im Raumplanungsrecht des Bundes nicht geregelt. Schon vor mehreren Jahren hat der Schweizer Geologenverband darauf aufmerksam gemacht,
tikalen Lüftungsstollen im Gotthard-Basistunnel. Wer die Expertise hat, sich in der Horizontalen durch den Fels zu fressen, verfügt eben nicht notwendigerweise über die Fertigkeit, abwärts zu bohren und zu sprengen. Dann ist das Know-how aus den afrikanischen Gold- und Diamantenminen gefragt. So gigantisch ein Tunnel auch sein mag, am Schluss ist von ihm nicht viel mehr zu sehen als zwei schwarze Löcher. Auch das Ausbruchmaterial wird gut schweizerisch weiterverarbeitet und wiederverwendet, etwa als Spritzbeton für das Tunnelgewölbe. Dabei hätte man z.B. die 28 Mio. Tonnen – oder 13 Mio. Kubikmeter – Gestein, die aus dem Gotthard-Basistunnel bugsiert wurden, zu immerhin fünf Cheopspyramiden auftürmen können! In diesem Fall hätte Christian Kracht den Satz «Andere grosse Völker der Geschichte haben Pyramiden gebaut, wir graben Tunnel» in seinem Buch «Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten» (2008) neu überdenken müssen …
Gondeln statt tunneln Tunnel sind auch in Grossstädten beliebt und werden dort von Strassenbahnen befahren. Nicht so in der Schweiz. Sieht man von kurzen untertunnelten Abschnitten im Zürcher Tramnetz ab, verfügt einzig Lausanne über eine Métro, die seit 2008 Ouchy mit Epalinges verbindet. Vorbildcharakter scheint diese Untergrundbahn nicht einmal in der Romandie zu haben. Dort denkt man in verschiedenen Städten lieber über Luftseilbahnen nach, um den Stadtverkehr zu entlasten und Quartiere miteinander zu verbinden. Der Freiburger Grosse Rat begrüsst die Idee, den Bahnhof und das Kantonsspital mit einem neuen Entwicklungsgebiet beim Autobahnanschluss Freiburg-Süd per Seilbahn miteinander zu verbinden. Schon 2021 könnte die 1,5 Kilometer lange und rund 25 Mio. CHF teure Bahn in Betrieb gehen. Ähnliche Vorhaben existieren für die Strecke Morges-Tolochenaz sowie in den Städten Lausanne (Vallon-Universitätsspital) und Genf. DANIEL FLURY
dass die zunehmende und vielfältiger werdende Nutzung des Untergrunds – beispielsweise auch zur Speicherung für CO2 – zu Konflikten und Risiken führen kann. Eine zukunftsfähige und haushälterische Nutzung – und damit eine Koordination zwischen Bund und Kantonen – sei nötig, um den nachfolgenden Generationen einen Untergrund zu hinterlassen, «der weiterhin nachhaltig nutzbar ist». Der Ruf blieb nicht ungehört. Im Rahmen der zweiten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes ist die nachhaltige Nutzung des Untergrunds als Planungsgrundsatz vorgesehen worden. Der Botschaftsentwurf wird dem Bundesrat Mitte 2017 vorgelegt. 21
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FRISCHER WIND IN DER ROMANDIE PHILIPPE MALOBERTI IST DER NEUE FILIALLEITER DER WIR BANK IN LAUSANNE
Seit dem 1. September 2015 hält Philippe Maloberti in Lausanne als neuer Filialleiter die Zügel in der Hand. Der passionierte Hobbyreiter hat im April des gleichen Jahres als Firmenkundenberater in der Filiale Zürich begonnen. Er ist in Zürich zweisprachig aufgewachsen, hat bereits berufliche Erfahrung in der Westschweiz gesammelt und liebt neue Herausforderungen – ideale Voraussetzungen für die sehr anspruchsvolle Aufgabe.
Der neue Filialleiter der WIR Bank in Lausanne, Philippe Maloberti (31), ist bestens qualifiziert und kann bereits eine vielfältige Berufserfahrung in verschiedenen Branchen vorweisen. Angefangen hat er seine berufliche Karriere mit einer kaufmännischen Lehre inklusive Berufsmatur in einem Handelsbetrieb. Nach einer längeren Militärabwesenheit – Maloberti ist Hauptmann – absolvierte er die Fachhochschule für Wirtschaft in Brugg und erwarb den Titel Betriebsökonom FH (Bachelor of Science in Business Administration). Vor Kurzem hat er den Titel Master of Advanced Studies (MAS) in Business Consulting erworben.
Bilingue in Fribourg/Freiburg Nach seiner Fachhochschulausbildung wurde Maloberti Regionalverkaufsleiter bei Aldi Suisse SA und betreute drei Filialen im zweisprachigen Kanton Fribourg, wofür Maloberti auch sprachlich bestens gerüstet war, denn er ist – im Kanton Zürich – zweisprachig aufgewachsen. Mit seiner Mutter hat er immer schweizerdeutsch, mit seinem Vater französisch gesprochen.
WIR – was ist das? Als Firmenkundenberater der Neuen Aargauer Bank AG (Credit Suisse Group) kam er zum ersten Mal indirekt in Kontakt mit WIR. Viele Kunden hatten in ihrer Bilanz ein WIR-Konto. Maloberti hat gefragt, was das sei, und bekam anhand der Antworten eine ungefähre Vorstellung vom WIR-System. Erst im Zug seiner Bewerbung als Kundenberater bei der WIR Bank begann er sich intensiv mit dem WIR-System auseinanderzusetzen. «Der Netzwerkgedanke und die damit verbundenen Vorteile wie die Gewinnung zusätzlicher Kunden und das Erzielen 22
Filialleiter Philippe Maloberti will eine stärkere WIR-Präsenz in der Romandie.
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Das Team der WIR Bank in Lausanne: (v.l.) Antoine Berger, Francesca Costa, Helene Lischer und Philippe Maloberti. (Nicht auf dem Bild: Basil Schubiger und Raphael Dewarrat.)
eines Zusatzumsatzes haben mich von Anfang an überzeugt», erklärt Philippe Maloberti. Dies war schliesslich ausschlaggebend für seinen Entscheid, zur WIR Bank zu wechseln. «Die WIR Bank stellt für ihre KMU-Kunden einen professionellen und vertrauenswürdigen Partner dar», betont Philippe Maloberti.
Die Romandie tickt anders Philippe Maloberti kennt die Mentalität der Romands: «Ich lernte die Romandie bereits während meiner früheren Tätigkeit in Fribourg schätzen und lieben.» Die Romands seien besonders offen für den direkten Kundenkontakt. «Dies erleichtert natürlich die Arbeit der Kundenberater, denn sie sind willkommen und man hört ihnen gerne zu», meint Philippe Maloberti. Trotz dieser grundsätzlichen Offenheit sei es aber nicht leicht, die Romands zu überzeugen. Dies mache sich vor allem bei den Geschäftskunden bemerkbar: Viele würden immer noch glauben, das WIR-System sei eigentlich nur für die Deutschschweiz gedacht und funktioniere in der Romandie nicht richtig. «Die aktuellen WIR-Teilnehmer in der Romandie kann man grob in zwei Gruppen einteilen», meint Philippe Maloberti, «die einen sind begeistert vom WIR-System, die anderen finden, dass es in der Romandie viel zu wenig Möglichkeiten gebe, WIR einzusetzen.» Es sei tatsächlich so, dass die Romands oft gezwungen seien, ihr WIRGeld in der Deutschschweiz auszugeben. «Und dies machen sie nicht gern», betont Philippe Maloberti, «sie geschäften viel lieber mit anderen Romands. Hier müssen wir den Hebel ansetzen.»
Ehrgeizige Ziele Das WIR-System soll also in der Romandie besser verankert und deutlich ausgebaut werden. «Ziel ist es, überall und insbesondere
auch in kaum vertretenen Branchen deutlich mehr Teilnehmer zu gewinnen», betont Philippe Maloberti. Die Romandie habe ein grosses Potenzial. Rund 110 000 der insgesamt 550 000 Schweizer KMUs befänden sich in der Romandie, aber die ganze Romandie habe knapp so viele WIR-Teilnehmer wie der Halbkanton Baselland. «Ich bin froh, dass ich auf ein motiviertes und eingespieltes Team zählen kann, um diese Aufgabe erfolgreich angehen zu können», betont Philippe Maloberti (s. Kasten S. 24).
Informationsoffensive «Damit das WIR-System in der Romandie einen höheren Bekanntheitsgrad erhält, werden u.a. grosse Informationsveranstaltungen durchgeführt», erklärt Philippe Maloberti. Die erste davon habe bereits im letzten Oktober stattgefunden: Der Anlass «Vivez le réseau!» (Leben Sie das Netzwerk!) sei ein voller Erfolg gewesen. Rund 150 Personen – zur Hälfte Nicht-WIR-Teilnehmer – nahmen an dieser Abendveranstaltung in der Hotelfachschule in Lausanne teil, an der die einzigartigen Merkmale des WIR-Systems und seine Vorteile für die Unternehmer thematisiert wurden. Zu den Rednern gehörten u.a. der WIR-Unternehmer Jean-Daniel Descartes, der seit 30 Jahren erfolgreich mit WIR arbeitet, Sophie Favez, Präsidentin der WIR-Gruppe Romandie, Kornel Tinguely, Verwaltungsrat der WIR Bank, Hervé Dubois, ehemaliger Kommunikationsleiter der WIR Bank, und schliesslich auch Philippe Maloberti. In seiner damaligen Rede betonte er bereits, dass mehr KMUs in der Romandie den WIR-Franken verwenden müssten, damit das System besser funktioniere. Mit einem Anteil von 1,2% der KMUs habe das WIR-System in der Romandie noch nicht die kritische Grösse erreicht. 23
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Francesca Costa berät eine Kundin am Schalter.
Philippe Maloberti und sein Mitarbeiterteam können auch auf die Unterstützung der WIR-Gruppe Romandie bzw. deren Präsidentin Sophie Favez mit ihrer Firma Essence de marque zählen. «Sophie Favez unterstützt uns bei der Planung unserer gesamten Marketingaktivitäten», erklärt Philippe Maloberti, «dazu gehört z.B. auch die Planung und Durchführung der Economy-ClubAnlässe in der Romandie.»
Freiburg und Neuenburg … … sind die nächsten Veranstaltungsorte der Reihe «Vivez le réseau!» (Leben Sie das Netzwerk!) – im Mai in Freiburg und im Juni in Neuenburg. «Diesen Netzwerkgedanken, die gegenseitige Berücksichtigung der WIR-Teilnehmer und die damit verbundene Umsatzsteigerung gilt es immer wieder hervorzuheben, um neue Teilnehmer zu gewinnen», betont Philippe Maloberti.
Zünftiger Reiter Philippe Maloberti hat sich rasch in der neuen Umgebung eingelebt. Seit dem letzten Oktober hat er eine Wohnung in Lausanne. Wenn er einmal nach Zürich zurückkehrt oder die Freundin nach Lausanne kommt, verbringen sie die gemeinsame Zeit bei einem guten Abendessen, Ausflügen in der Region oder mit langen Spaziergängen mit dem Hund der Freundin. Im Weiteren ist Philippe Maloberti ein leidenschaftlicher Reiter und Jäger. Als Reiter hat er allerdings keine sportlichen Ambitionen, er reitet einfach frei in der Natur – und mindestens einmal pro Jahr auch in der Stadt Zürich um den «Böögg» am Sechseläutenumzug. ROLAND SCHAUB
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Ein starkes Team Die Filiale Lausanne verfügt gegenwärtig über ein fünfköpfiges Mitarbeiterteam (inklusive Filialleiter). – Helene Lischer ist seit September 2014 bei der WIR Bank, weist eine grosse Erfahrung als Privatkundenberaterin auf und unterstützt die Filiale auch tatkräftig in administrativen Arbeiten. – Antoine Berger ist seit zehn Jahren bei der WIR Bank. Er verfügt über eine grosse Erfahrung in allen Fachbereichen. Er betreut die Kunden im westlichen Teil des Kantons Waadt und in den Kantonen Jura und Neuenburg. – Basil Schubiger (zurzeit im Militärdienst) absolviert einen einjährigen Stage in der Filiale Lausanne und wird anschliessend als Berater tätig sein. Während seiner Militärdienstzeit wird er durch die erfahrene Kundenberaterin Francesca Costa vertreten. – Seit dem 1. April 2016 ist Raphael Dewarrat als Firmenkundenberater bei der WIR Bank in Lausanne tätig. Er betreut die Region Fribourg und Chablais (VD). Raphael Dewarrat verfügt über eine grosse Erfahrung im Kreditbereich und kennt das Bankengeschäft bestens. Philippe Maloberti ist seit dem 1. September 2015 als Filialleiter in Lausanne. Die bisherigen Erfahrungen als neuer Filialleiter in der Romandie seien durchwegs positiv gewesen. Er betreut die grossen Baufinanzierungen in der Romandie und die Region Genf. – «Ich bin stolz auf dieses eingespielte und motivierte Team in Lausanne und freue mich auf die bevorstehende und erfolgreiche Zusammenarbeit», meint Philippe Maloberti.
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NEUE WIRTSCHAFT: DIE SCHWEIZ HAT HANDLUNGSBEDARF Jedes Jahr werden innovative KMUs gegründet. Viele potenzielle Jungunternehmer wagen den Schritt aber nicht. Es fehlt nicht an Ideen, sondern unter anderem an ausreichender Finanzierung.
Für die Schweiz als rohstoffarmes Land ist eine wettbewerbsfähige Wirtschaft unverzichtbar. Der politische Wille zur Standortförderung ist zweifellos vorhanden. Dies belegen die heraus-
ragenden Hochschulen des Landes und die Zahl ihrer innovativen Projekte. Doch ein Projekt macht noch kein Unternehmen – und genau hier stösst das Schweizer Modell heute an seine Grenzen. 25
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Gabriel Gomez: «Ab 5 bis 10 Mio. CHF wird es schwierig.»
Denn die Finanzierung dieser innovativen Projekte, die von Natur aus mit Risiken verbunden ist, ist heute ungenügend. Im Parlament haben sich der Luzerner Ständerat Konrad Graber und der Waadtländer Nationalrat Fathi Derder an den Bundesrat gewandt. Fathi Derder hat letztes Jahr auch ein Buch mit dem vielsagenden Titel «Le prochain Google sera suisse (à dix conditions)» (Editions Slatkine) veröffentlicht. Frei übersetzt bedeutet der Titel: Der nächste Google wird aus der Schweiz stammen, sofern zehn Bedingungen erfüllt sind. Laut Fathi Derder ruhen sich die Entscheidungsträger der Schweiz auf ihren Lorbeeren aus. Die Prosperität des Landes könne ebenso rasch wieder verschwinden, wie sie gekommen sei, wenn man sich in Sachen neue Wirtschaft nicht stärker und entschlossener engagiere.
Mehr Risikokapital Viele fordern den Einbezug der Pensionskassen, wenn es um finanzielle Mittel zur Gründung und Entwicklung der KMUs von morgen geht. In einer Motion von 2013 nannte Konrad Graber die USA als positives Beispiel: «In den USA investieren beispielsweise Pensionskassen rund 5 Prozent ihrer Mittel in Venture Capital. Die grossen Wachstumsmotoren der US-Wirtschaft wie Intel, Google, Genentech, Amgen, HP usw. wurden alle von Venture Capital finanziert.» Der Bundesrat zeigte wenig Bereitschaft, den Pensionskassen eine riskantere Politik aufzubürden, denn ihre Rolle gebietet es ihnen, nicht zu grosse Risiken einzugehen.
Vorsichtige Fonds Diese Vorsicht widerspiegelt sich in der Erfahrung von Managern spezialisierter Fonds. Die Anlagestiftung Renaissance KMU wurde gegründet, um Investitionen in Technologie-KMUs zu ermöglichen und die Entwicklung dieser Unternehmen zu fördern. Seit rund zehn Jahren konzentriert sie sich auf Unternehmen, die 26
einen Management-Buy-out realisieren oder dabei sind, die familiäre Nachfolge zu regeln. «Typischerweise handelt es sich um Schweizer Unternehmen, die vor 10 oder 20 Jahren gegründet wurden, einen Umsatz zwischen 20 und 80 Mio. CHF generieren und hauptsächlich international tätig sind», erklärt Christian Waldvogel, Managing Partner. Jede Anlagegruppe, die aus jeweils acht Unternehmen besteht, strebt eine Rendite von 6% bis 10% und eine Volatilität an, die niedriger ist als bei börsenkotierten Aktien. Nicht infrage kommen Investitionen in Start-ups, die noch kein Produkt erzeugen oder die Geschäftsentwicklung noch nicht wirklich in Angriff genommen haben. Dies wäre mit der Anlagepolitik von Renaissance KMU nicht vereinbar, denn die Performance dieser Unternehmen ist zu instabil und die Entwicklung der jeweiligen Anlagen volatiler.
Eigentor der Schweiz Gabriel Gomez verwaltet in Lausanne für DEFI Gestion einen kleineren Risikokapitalfonds mit einem Vermögen von rund 15 Mio. CHF. Der Fonds ist auf junge Technologiefirmen spezialisiert («Venture»). «An Unterstützung zur Entwicklung von Projekten mangelt es nicht. Schwieriger wird es, wenn ein Start-up für sein Wachstum 5 bis 10 Mio. CHF benötigt», führt er aus. Der Fonds ist von traditionellen Akteuren – das heisst Pensionskassen, Banken und Unternehmen – gegründet worden und wird von ihnen alimentiert. «Normalerweise gründet man nach einem ersten Fonds dieser Art einen zweiten. Dazu sind die Investoren aber nicht bereit.» Gabriel Gomez berät auch die Stiftung FIT. Diese unterstützt innovative Start-ups bei der Finalisierung ihrer ersten Produkte. «In den letzten drei Jahren wurden 37 Unternehmen geprüft, von denen 16 eine Finanzierung erhielten. Mit Blick auf die präsentierten Projekte hätten aber praktisch alle eine Finanzierung verdient.»
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Claire Gadroit: «Jungunternehmer benötigen ein Netzwerk.»
Oscar Recouso: «Ich musste lernen, Prioritäten zu setzen.»
Es fehlt also eindeutig an finanziellen Mitteln. Und laut Gabriel Gomez hat sich die Situation in den letzten Jahren eher verschlechtert: «Immer öfter engagieren sich hier Business Angels und ausländische Risikokapitalfonds. Das Problem dabei: Wenn ein Investor aus Kalifornien auftaucht, kann das Unternehmen genauso gut in die USA ziehen.» Nationalrat Fathi Derder spricht in diesem Zusammenhang von einem Eigentor der Schweiz.
tauschen.» Für die weiteren Untersuchungen werden derzeit die Daten der Westschweizer Preisträger in die GEM-Studie integriert.
Angst vor dem Versagen Doch den KMU von morgen fehlt es nicht nur an finanziellen Mitteln. Fathi Derder fordert in seinem Buch eine nationale IT-Strategie und eine Politik, welche die Aufnahme ausländischer Fachkräfte unterstützt. Andere Akteure sprechen weniger offensichtliche Mängel an. Die Hochschule für Wirtschaft Freiburg (HSW-FR) beteiligt sich an einer internationalen Studie zum Thema Unternehmertum namens «Global Entrepreneurship Monitor» (GEM). Der Studie zufolge fehlt es in der Schweiz am Willen, sich unternehmerisch zu engagieren. Zugleich wird in der Studie auf die Angst vor dem Versagen hingewiesen, die unter den 18- bis 24-Jährigen besonders ausgeprägt sei. Bestätigt wird dieses Phänomen vom Netzwerk Rezonance, das sich mit den Gewinnern zahlreicher Innovationspreise auseinandergesetzt hat. «Allein in der Westschweiz werden rund 50 Preise verliehen. Diese gehen mit Unterstützung in Form von finanziellen Mitteln, Begleitung, Coaching und einer grösseren Bekanntheit einher», berichtet Claire Gadroit, General Manager. Weshalb entwickeln sich nicht aus all diesen Projekten erfolgreiche Unternehmen? Um dieser Frage nachzugehen, lädt Rezonance Gewinner von Innovationspreisen und Finalisten solcher Verleihungen zum Forum «Suisse des Talents» ein. «Sie bestätigen, dass der Preis eine sehr grosse Motivation ist, diese Motivation dann aber nachlässt. Es zeigt sich, dass sie ein Netzwerk brauchen sowie Möglichkeiten, sich untereinander auszu-
Fehlendes Netzwerk Für Claire Gadroit, die sich täglich in diesem Umfeld bewegt, ist die fehlende Vernetzung der Projektträger ein wichtiges Thema. Die «Haltung» des Unternehmers eigne man sich nicht automatisch an. «Viele sagen uns, dass ein Coach ihnen nicht verraten könne, wie man erfolgreich sei. Dazu brauchen sie zusätzlich einen Unternehmer, der diesen Weg erfolgreich gegangen ist.» Zu diesem Zweck werden Anlässe organisiert. Und manchmal ist dies zielführend. So wie bei Oscar Recouso, der sein Unternehmen Altura gründete, nachdem er die Rede eines erfolgreichen Jungunternehmers gehört hatte: «Seine Botschaft lautete: ‹Wagen Sie es!› Er sagte, es gäbe viele Projekte. Aber eine Idee, die man nicht umsetze, sei wertlos. Das hat mich motiviert. Ich war bereits dabei, mich auf den Schritt vorzubereiten. Doch das kann ewig dauern, gerade wenn man wie ich ein Perfektionist ist. Irgendwann muss man den Schritt wagen, auch wenn noch nicht alles bereit ist.» Oscar Recouso fährt fort: «Ich war fast zehn Jahre lang Marketingleiter. Doch wenn man ein Unternehmen gründet, muss man sich mit allem beschäftigen: mit der Administration, der Buchhaltung, dem operativen Geschäft, mit Personalfragen. Ich war gezwungen, mich mit allen Rollen des Unternehmers auseinanderzusetzen! Vor allem musste ich lernen, Prioritäten zu setzen. Ich musste meinen Perfektionismus ablegen und mich auf das Wesentliche konzentrieren. Es galt, produktiv zu sein.» Entscheidungsträger, Geldgeber, Jungunternehmer, Schweizer – es gibt noch viel zu tun! VINCENT BORCARD
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DER DADA-KOPF NIMMT ABSCHIED IM DADA-JAHR
Sophie Taeuber-Arps «Tête Dada» auf der 50er-Note der 8. Serie.
100 Jahre Dada gibt es 2016 zu feiern. Und ausgerechnet in diesem Jubeljahr wird das Ende eines fast alltäglichen Dada-Begleiters eingeläutet: Die 50er-Note mit dem Porträt der Dadaistin Sophie Taeuber-Arp und der Abbildung eines grimmig dreinblickenden «Tête Dada» wird ab kommendem 12. April durch die neue 50er-Note abgelöst. Bis 2019 sollen alle Noten der neuen Banknotenserie – es ist die 9. Serie seit Gründung der Nationalbank 1907 – im Umlauf sein. 28
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Die erste Banknote auf Schweizer Boden: «Ein Hundert französische FünfFrankenThaler» aus der Sammlung der DC Bank Bern.
Nur die 50er-Note der 3. Banknotenserie* von 1918 war mit 38 Jahren länger im Umlauf als die gegenwärtige 50er-Note der 8. Serie von 1995. Auf stolze 21 Jahre kam sie aber nur, weil die technische Umsetzung der Sicherheitsmerkmale der neuen Noten komplexer war als erwartet. Für welche Sicherheitsmerkmale man sich entschieden hat und was für Motive die neuen Noten der 9. Serie zieren, ist erst seit dem 6. April 2016 bekannt. Es sind keine historischen Persönlichkeiten mehr, sondern Motive, die die Schweiz als Stätte der Begegnung zeigen und auf Themen wie Menschlichkeit, Dialog, Erlebnis oder Kreativität anspielen. Aus dem im April 2005 gestarteten Wettbewerb für die Gestaltung der neuen Banknotenserie ging die Zürcher Grafikerin Manuela Pfrunder zwar nicht als Siegerin hervor: Ihre zweitplatzierten Entwürfe waren in den Augen eines Teils der Jury «etwas banal» und nicht sehr innovativ. Den Zuschlag für die Umsetzung erhielt sie dennoch, denn ihr Konzept greift – gemäss Jury – auf alle verfüg-
baren Drucktechniken zurück und zeugt von einer intensiven Auseinandersetzung mit den vorgeschlagenen Themen.
Drei gültige Notenserien Als erste der sechs neuen Noten wird ab 12. April die 50er-Note ausgegeben. Etwa ein halbes Jahr später wird die 20-FrankenNote folgen. Bis 2019 soll die ganze neue 9. Serie im Umlauf sein. Wann die Gültigkeit der 8. Serie endet, die sich jetzt in unseren Brieftaschen befindet, war bei Redaktionsschluss des WIRPLUS noch nicht bekannt. Die 1976 eingeführte 6. Serie mit Francesco Borromini auf der 100er-Note – sie wurde 1995 direkt durch die 8. Serie abgelöst, denn die 7. Serie war eine reine Reservenote – ist noch bis 1. Mai 2020 gültig. Ab 2019 und bis 1. Mai 2020 könnte man sich also den Spass erlauben, einen Einkauf mit Banknoten aus drei unterschiedlichen, vollständigen Serien (6., 8. und 9.) zu begleichen. 29
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Peter A. Vonlanthen, CEO der DC Bank Bern, präsentiert die ersten Schweizer Banknoten: «Gut-Scheine» der Deposito Cassa (vgl. S. 29).
Die Einkaufsmarken der WIR Bank aus den 30er- und 40er-Jahren waren rechtlich nicht ganz unproblematisch.
Schwarz-weiss und handschriftlich
beln des WIR-Umsatzes, denn oft wurden kleinere Beträge in Schweizer Franken statt in WIR-Franken beglichen, weil man sich das umständliche Ausfüllen eines Buchungsauftrags (vergleichbar mit einem Scheck) sparen wollte. «Jetzt kann jeder im Café auch für 50 Rappen in WIR konsumieren, kann jeder gelegentlich schnell eine Kleinigkeit im Laden holen, seine WIR-Guthaben bis ins Letzte verwenden und dabei sein Bargeld sparen …», heisst es am 20. November 1936 in der damaligen WIR-Zeitung. Wer die Marken entgegennahm, musste sie in einen Sammelbogen einkleben, der dann zur Gutschrift an die Genossenschaft in Zürich – ab 1942 in Basel – geschickt werden konnte.
Wie fälschungssicher die erste Banknote auf Schweizer Boden war, ist Peter A. Vonlanthen nicht bekannt. Der CEO der DC Bank Bern wacht über mehrere Exemplare von «Gut-Scheinen» im Wert von 100 französischen Fünffrankenthalern. Man vertraute wohl auf die handschriftlich angebrachten Unterschriften des Präsidenten der Finanzkommission der Stadt Bern und des Kommissionsschreibers sowie der Notennummer und dem Ausgabedatum, die ebenfalls handschriftlich eingetragen wurden. Die Noten im Besitz der DC Bank (Deposito-Cassa) stammen aus dem Jahr 1849, die erste Serie von 50 Stück wurde aber schon bei der Bankgründung 1825 in Umlauf gebracht. Papier statt Metall? In Bern soll die Angst vor Zerstörung und Verlust dieses neuartigen Zahlungsmittels sehr gegenwärtig gewesen sein. Akzeptiert wurden die Scheine dann aber doch, denn sie waren bequem aufzubewahren und zu transportieren – und man brauchte sich nicht über die Volatilität des Silberkurses zu sorgen.
WIR-Geld in Papierform Die Währung WIR ist seit Gründung der WIR Bank Genossenschaft 1934 ein reines Buchgeld. Sie muss es auch sein, denn die Herausgabe von Noten und Münzen ist Sache der Schweizerischen Nationalbank. Einen Abstecher ins Reich des gedruckten Gelds wagte die WIR Bank 1936 mit der erstmaligen Herausgabe von Einkaufsmarken im Wert von 10 WIR-Rappen und 1 WIRFranken. Die Hälfte der in Heftchen abgegebenen Marken ist in der Mitte perforiert, was eine weitere Stückelung in Einheiten von 5 und 50 Rappen erlaubte. Ziel dieser Übung war das Ankur30
WIR kratzt am «Notenbank-Gesetz» Ausdrücklich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die WIRMarken nur einmal verwendet und nicht lose weitergegeben werden durften, denn: «Zuwiderhandelnde machen sich eines Vergehens gegen die Bestimmungen des Notenbank-Gesetzes und der WIR-Bestimmungen schuldig.» Natürlich gab es trotz dieser Warnung Schlaumeier, die solche Marken als Zahlungsmittel wie Noten oder Münzen zirkulieren liessen – so konnten sie sich die Verbuchungsgebühr sparen, die beim Einreichen der Sammelbogen fällig wurde. Nach einigen Jahren wurden die Einkaufsmarken deshalb als Bezahlmöglichkeit aufgegeben. Heute setzt selbstverständlich auch die WIR Bank vor allem auf die elektronische Schiene. DANIEL FLURY * Alle Schweizer Banknotenserien im Überblick: www.snb.ch (> Bargeld)
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KÜNDIGUNG: MISSBRÄUCHLICH IST NICHT UNGÜLTIG Entgegen landläufiger Meinung kann eine Kündigung ohne Grund, jederzeit und aus heiterem Himmel ausgesprochen werden. Selbst missbräuchliche Kündigungen sind gültig. Der Schutz Betroffener besteht einzig darin, dass sie eine Entschädigung vor Gericht einfordern können.
So unterschiedlich sie in Geschlecht, Alter und Beruf auch waren, eines hatten die fünf Arbeitsuchenden dennoch gemein: ihre unschöne Entlassung.
Urs Urs hatte vier Jahre lang gute Arbeit geleistet und war in die erweiterte Geschäftsleitung aufgestiegen. Wenige Monate später erhielt er ohne Vorwarnung oder triftigen Grund die Kündigung – die Tochter des Betriebsinhabers hatte nach Abschluss ihres Studiums diese Stelle für sich beansprucht.
Lisa Auch der Arbeitgeber von Lisa hatte sich immer positiv über ihre Arbeit geäussert. Sie ist immer noch ausser sich vor Ärger, wenn sie an die Begründung ihrer Kündigung denkt. Nachdem sie kurz nach den Flitterwochen ihren Wunsch nach einem Kind erwähnt hatte, wurde ihr gekündet. Begründung: Das Risiko eines Mutterschaftsausfalls in der Hochsaison könne sich der Betrieb nicht leisten.
Beat Beat hingegen war dafür abgestraft worden, dass er sich als Einziger der Betroffenen gegen ein Zuviel an Überstunden gewehrt hatte. Woche für Woche mussten er und seine Kollegen zahlreiche Überstunden leisten. Selbst an Samstagen waren die Lagermitarbeiter kurzfristig vom Arbeitgeber aufgeboten worden. Unter dieser Belastung litten sein Familienleben und seine Gesundheit. Nachdem er eine bessere Arbeitsplanung gefordert hatte, wurde er als Einziger im Rahmen einer Umstrukturierung entlassen.
Anna Insgeheim fand die 57-jährige Anna die Kündigungen der drei anderen verständlich. Da war ihre Situation doch eine ganz andere: Kinderlos, hatte sie nur für ihren Betrieb gelebt und oft am Abend länger gearbeitet. Nach 20 Jahren überdurchschnittlichen
Einsatzes und konstanter Bestleistungen war sie von den jungen Dingern im Sekretariat rausgemobbt worden. Dabei war sie es doch, die bei Bedarf auch am Samstag klaglos einsprang! Einen derartigen Einsatz für das Unternehmen hatte sie auch von den jungen Mitarbeiterinnen erwartet, aber die machten ja um 17 Uhr Feierabend. Und nun war sie als Dank für ihre Arbeitshaltung als teamunfähig ausgemustert worden.
Egon Auch Egon, dem zwei Jahre vor der Pensionierung wegen mangelnder Leistung gekündigt wurde, fand seine Kündigung missbräuchlich und unfair. Er war zwar nicht mehr motiviert gewesen, aber seine Arbeitsleistung erfüllte grundsätzlich noch die Erwartungen seines Arbeitgebers. Dennoch wurde ihm nach über zwanzig Jahren wegen mangelnder Leistungen gekündigt.
Alle Kündigungen sind gültig In einem waren sich die aufgebrachten Leidensgenossen einig: Ihre Entlassungen waren dermassen unfair, dass sie einfach missbräuchlich und darum ungültig sein mussten. Gegen solche Machenschaften würde ihnen der Staat helfen müssen. Doch genau in diesem Punkt irrten sie: Ihre Kündigungen, selbst wenn sie sich als missbräuchlich erweisen sollten (s.u.), waren in jedem Fall gültig. Der Kündigungsschutz besteht einzig darin, dass ungerechtfertigt Entlassene vor Gericht eine Entschädigung in maximaler Höhe von sechs Monatslöhnen einfordern können. Im Schweizer Arbeitsvertragsrecht gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Das Bundesgericht betont bei jeder Gelegenheit, dass ein Arbeitsverhältnis von beiden Seiten jederzeit ohne Vorliegen von Gründen gekündigt werden kann. Eine gültige Kündigung setzt also weder einen triftigen Grund noch eine Vorwarnung voraus. 31
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Wie man jemanden anstellt, kann man ihm auch wieder künden. Somit sind auch Kündigungen aus heiterem Himmel zulässig. Kündigungen, die zwar für die Betroffenen schwer verständlich sind, aber nicht gegen ein Mindestmass an Anstand und Respekt verstossen, sind nicht missbräuchlich. So auch nicht die Kündigung von Urs.
Wann liegt ein Missbrauch vor? Nur wenn eine ordentliche Kündigung gegen Treu und Glauben verstösst (Art. 2 ZGB), droht dem Arbeitgeber eine Strafzahlung an den Entlassenen. Als vor bald drei Jahrzehnten ein Schutz gegen missbräuchliche Kündigungen ins Arbeitsrecht aufgenom32
men wurde, zählte der Gesetzgeber exemplarisch Fallgruppen auf. Er gab damit die vorausgesetzte Schwere der Verletzung vor.
Kündigung wegen einer Eigenschaft, die einer Person kraft ihrer Persönlichkeit zusteht: Der uneingeschränkte Einsatz von Anna für ihren Betrieb ist Teil ihrer Persönlichkeit. Eine damit begründete Entlassung wäre an sich missbräuchlich. Wenn diese Eigenschaft jedoch in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht oder die Zusammenarbeit beeinträchtigt, ist die Kündigung trotz des an sich verpönten Motivs nicht missbräuchlich. Anna erbrachte hervorragende Leistungen
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und lebte für den Betrieb. Aber ihre Erwartungen, dass andere diesen Einsatz auch bringen müssten, beeinträchtigte die Zusammenarbeit mit den übrigen Mitarbeiterinnen erheblich. Daher ist ihre Kündigung nicht missbräuchlich.
Kündigung wegen Ausübung eines verfassungsmässigen Rechts: Demgegenüber war die Kündigung von Lisa gleich aus mehreren Gründen missbräuchlich. Die Ehe ist ein geschütztes Grundrecht und der Kinderwunsch liegt in der Persönlichkeit ihrer Person. Eine auf diese Gründe gestützte Kündigung ist missbräuchlich.
Kündigung zur Vereitelung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis: Ausserdem wurden Lisa durch die Kündigung die Ansprüche vereitelt, die sie im Fall einer Schwangerschaft von Gesetzes wegen gehabt hätte.
Kündigung, weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht: Beat hingegen wurde nicht wegen Ansprüchen gekündet, die in naher Zukunft entstehen würden, sondern weil er sich wegen berechtigter Ansprüche aus dem Arbeitsrecht – nämlich gegen übermässige Überstunden – gewehrt hatte. Diese sogenannte Rachekündigung ist ein klassischer Fall von missbräuchlicher Kündigung. Ebenfalls missbräuchlich sind Kündigungen wegen Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Gewerkschaftszugehörigkeit. Sie sind in der Praxis selten, denn die Verantwortlichen haben schnell gelernt, Entlassungen zu planen und die verpönten Kündigungsmotive zu umgehen. Darum war die missbräuchliche Kündigung bestenfalls ein Trostpflaster, aber nie ein griffiger Schutz gegen unfaire Kündigungen.
Der Berg gebar eine Maus – oder doch mehr? In den letzten Jahren entwickelte das Bundesgericht einen Trend zum Schutz älterer, langjähriger Mitarbeiter über die missbräuchliche Kündigung. Der Missbrauch einer Kündigung kann sich nicht ausschliesslich aus den Kündigungsmotiven, sondern auch aus der Art ergeben, wie die kündigende Partei ihr Recht ausübt. Selbst wenn eine Partei die Kündigung rechtmässig erklärt, muss das Gebot schonender Rechtsausübung beachtet werden. Die Partei darf insbesondere kein falsches und verdecktes Spiel treiben, das Treu und Glauben krass widerspricht.
ionierung wegen mangelnder Leistungen entlassen worden ist, ein kantonales Urteil geschützt. Dieses befand die Kündigung als missbräuchlich. Obwohl Egon ungenügend motiviert war und seine Arbeitsleistung ungefähr ein Fünftel unter derjenigen seiner Arbeitskollegen lag, war sein Arbeitgeber in den Augen des Gerichts zu wenig schonend vorgegangen. Man hatte ihn zwar im Qualifikationsgespräch aufgefordert, in seiner Leistung nicht weiter nachzulassen. Jedoch versicherte man ihm, dass man noch auf ihn angewiesen sei. Daraus konnte der Mitarbeiter ableiten, nicht mit einer Entlassung rechnen zu müssen. Als man ihm dann doch kündigte, war dieses Vorgehen missbräuchlich. Auch ein Arbeitgeber, der alle Möglichkeiten wie Aussprache, Coaching und fachliche Unterstützung ausgeschöpft hatte, musste eine Entschädigung von zwei Monatslöhnen bezahlen, weil er zu wenig darauf aufmerksam gemacht hatte, dass bei unveränderten Verhältnissen eine Kündigung drohte.
Verletzung der Fürsorgepflicht im Fall einer Konfliktkündigung ist missbräuchlich: Eine Verletzung der Fürsorgepflicht ist auch gegeben, wenn der Arbeitgeber im Fall einer Störung des Betriebsklimas bzw. eines Arbeitsplatzkonfliktes nicht sämtliche zumutbaren Massnahmen ergriffen hat, um die Lage zu entspannen. Der Arbeitgeber, der beispielsweise Mobbing nicht verhindert, verletzt seine Fürsorgepflicht. Gegenüber Anna hatte der Arbeitgeber die Fürsorgepflicht gewahrt, denn die Kündigung erfolgte erst nach diversen Aussprachen und einer externen Mediation, die keine Ergebnisse gebracht hatten.
Kommunikation ist das A und O Arbeitnehmer, die eine Entschädigung beanspruchen, müssen beweisen können, dass eine Kündigung missbräuchlich ist. Wichtig ist deshalb, die Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber schriftlich festzuhalten. Gleiches gilt auch für den Arbeitgeber, der all seine Bemühungen um eine Konfliktlösung oder schonendes Vorgehen dokumentieren muss, damit er diese Schritte in einem Verfahren belegen kann. Als letzte Chance für ein Gespräch muss der Arbeitnehmer noch während der Kündigungsfrist schriftlich beim Arbeitgeber gegen die in seinen Augen missbräuchliche Kündigung protestieren. Ist keine Einigung möglich, muss innert 180 Tagen seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses Klage beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Verpasst man die Einsprache beim Arbeitgeber oder die kurze Klagefrist, ist keine Entschädigung geschuldet.
Zu wenig schonendes Vorgehen bei der Kündigung ist missbräuchlich: Das Bundesgericht hat im Fall von Egon, der kurz vor der Pens–
PROF. URSULA GUGGENBÜHL
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DER UMGANG MIT REFERENZAUSKÜNFTEN
Die meisten benötigen mindestens einmal im Leben eine Referenzauskunft. Solche Referenzauskünfte braucht man z.B. im Rahmen einer Stellenbewerbung, bei der Wohnungssuche, für neue Geschäftsbeziehungen oder Mitgliedschaften. Was muss, was kann beziehungsweise was darf eine solche Auskunft beinhalten? Unter welchen Voraussetzungen können Referenzauskünfte verlangt werden? Solche Fragen helfen, mit Referenzen korrekt umzugehen.
Eine Referenzauskunft dient dazu, Eigenschaften bzw. Fakten einer Person, die in einem bestimmten Bereich von besonderem Interesse sind, zu bestätigen. Anders ausgedrückt: Es geht um eine meist schriftliche Bestätigung mit Informationen über eine bestimmte Person an eine andere, interessierte Person. Es handelt sich um vertrauensvolle Informationen, die nicht der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich sind, sondern einem eingegrenzten Personenkreis und nur auf Anfrage hin.
Inhalt eines Referenzschreibens Referenzen müssen nicht zwingend schriftlich erfolgen, sondern können auch mündlich übermittelt werden – durch ein Telefonat oder ein persönliches Gespräch. Meistens werden Referenzen aber schriftlich übermittelt, wobei eine nachträgliche telefoni34
sche Kontaktnahme auf das Schreiben hin möglich ist – für zusätzliche Auskünfte bzw. Präzisierungen. Was beinhaltet ein Referenzschreiben? Zwingend sind folgende Angaben zur infrage stehenden Person, die eine Identifikation ermöglichen: Name, Vorname, Geburtsdatum, Heimatort/Nationalität und Adresse. Die Offenlegung dieser Angaben ist notwendig und sollte kein Problem darstellen. Von grossem Interesse ist der weitere wesentliche, materielle Inhalt des Referenzschreibens. Dabei sind folgende Punkte wichtig: – Adressat des Referenzschreibens (= Informationsempfänger) – Grund für die Ausstellung des Referenzschreibens
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– Ursprung/Anlass der Beziehung zwischen Referenzgeber und Referenznehmer (= Person, über die informiert wird) – Dauer der Beziehung zwischen Referenzgeber und Referenznehmer – Zufriedenheitsgrad in der Beziehung zwischen Referenzgeber und Referenznehmer – Empfehlung zur Aufnahme einer Beziehung zum Referenznehmer
Referenzschreiben einer Bank Im Referenzschreiben einer Bank findet man oben Namen und Adresse des Empfängers der Referenz. Nach einer Einleitung mit den Personalien des Referenznehmers folgt das Datum des Beginns der Geschäftsbeziehung, woraus deren Dauer ersichtlich ist. Die Bank bestätigt in der Regel lediglich, dass die Geschäftsbeziehung zur vollen Zufriedenheit geführt wurde und nichts Nachteiliges bekannt ist. Eine Weiterempfehlung des Referenznehmers erfolgt nicht explizit. Im Gegenteil: Die Bank weist jegliche Haftung für die im Referenzschreiben enthaltenen Angaben und für deren Angestellte vollumfänglich ab. Ein solcher Schlusssatz ist regelmässig anzutreffen. Zu beachten ist, dass mit der Ausstellung der Referenz die Bank (durch den Referenznehmer) vom Bankgeheimnis entbunden wird und dieser als Kunde offengelegt wird.
Referenz vom ehemaligen Arbeitgeber Das Referenzschreiben eines ehemaligen Arbeitgebers geht in der Regel weiter. Der Aufbau ist ähnlich und beginnt mit Empfängeradresse und Personalien des ehemaligen Arbeitnehmers. Es wird über die Dauer der Anstellung, die Funktion und die Aufgaben des Arbeitnehmers berichtet. Besondere Ereignisse, Erfahrungen oder Fähigkeiten können erwähnt und hervorgehoben werden. Dazu gehören z.B. Beförderungen im Lauf der Anstellungsdauer, Auslandaufenthalte, die Realisierung von (speziellen) Projekten oder Sprachfähigkeiten. Zu unterscheiden ist ein solches Referenzschreiben vom eigentlichen Arbeitszeugnis. Das Referenzschreiben ist eine vom Aussteller persönlich und auf freundschaftlicher Basis abgegebene Aussage, während beim Arbeitszeugnis der Arbeitgeber als solcher auf rein sachlicher Basis zur Arbeitsleistung ein Zeugnis abgibt. Darüber hinaus besteht kein Rechtsanspruch auf die Ausstellung einer Referenz, während es einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis gibt.
Nur mit Einwilligung Das Einholen einer Referenz setzt die Einwilligung des Referenznehmers voraus, unabhängig davon, ob es sich um eine schriftliche oder mündliche Referenz handelt. Die Einwilligung kann ausdrücklich oder auch stillschweigend sein. Die Einholung einer schriftlichen Einwilligung zur Absicherung – etwa in der Form eines E-Mails – ist zu empfehlen. Häufig wird der Referenznehmer selbst aktiv, informiert den Referenzgeber und holt die Referenzen
selber ein. Oft besteht auch eine persönliche Beziehung mit dem Referenznehmer. Die Referenz wird dementsprechend eher wunschgemäss und ausführlicher ausgestellt werden können. Es kann dabei um Bewerbungen im Rahmen einer Stellen- oder Wohnungssuche gehen, wo nach Zustellung und Besprechung des Bewerbungsdossiers weitergehende Referenzen gewünscht werden und dies gemeinsam vereinbart wird. Die Einholung von Referenzen ohne vorgängige Einwilligung des Referenznehmers ist untersagt. So ist es verpönt, wenn der potenzielle neue Arbeitgeber von sich aus ehemalige Arbeitgeber kontaktiert, selbst wenn eine persönliche Bekanntschaft zu ihnen besteht. Es geht in diesem Fall um datenschutzrechtliche Aspekte bzw. die Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Beispiel: Anlässlich einer Stellenbewerbung erfährt Georg Lauber,* Mitglied der Geschäftsleitung, dass die Stellenbewerberin im selben Haus wie eine Mitarbeiterin wohnt. Es ist demnach davon auszugehen, dass sich diese beiden Frauen persönlich kennen. Trotzdem muss Georg Lauber diesen Umstand verschweigen und von der Einholung einer Referenz bei der Mitarbeiterin tunlichst absehen.
Haftung für falsche Auskünfte? Eine Referenzauskunft wird auf freiwilliger, oft freundschaftlicher Basis erteilt – ohne jegliche Verpflichtung des Referenzgebers. Es geht um eine persönliche, subjektive Aussage eines Einzelnen. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Meinung einer anderen Person davon abweichen kann. Hingegen kann jemand für eine bewusste Falschaussage, etwa in Bezug auf fachliche Kenntnisse oder einschlägige Erfahrungen, haftbar gemacht werden. Dasselbe gilt dementsprechend auch bei Arbeitszeugnissen. Bei Unkenntnis ist eine zurückhaltende, knappe Formulierung angebracht, um Komplikationen zu vermeiden.
Fazit Referenzen sind ein hervorragendes Instrument, um Vertrauen und Vergewisserung zu schaffen. Sie dienen sowohl dem Adressaten als auch dem Referenznehmer, wofür beide Seiten dankbar sind. Der Referenzgeber hat kaum Nachteile zu befürchten. Die Risiken gehen viel weniger weit als etwa bei Zeugnissen, sofern die oben stehenden Ausführungen in Bezug auf bewusste Falschauskünfte beachtet werden. MIRCO LOMBARDI WWW.LOMBARDIPARTNERS.COM * Name erfunden
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AUCH KMU BENÖTIGEN GUTE INFRASTRUKTUREN
Die Schweizer Wirtschaft muss in den nächsten Monaten und Jahren wettbewerbsfähiger werden, damit sie ihre momentanen Schwierigkeiten meistern kann. Eine Hauptaufgabe des Staates besteht darin, die Infrastrukturen für die Wirtschaft auf einem Stand zu halten, der über mehr Wettbewerb das Wachstum wieder anregt, bzw. einen noch höheren Stand herbeiführt. 36
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Ein hoher Stand der Infrastrukturen ist der Grundtenor des neuen Infrastrukturberichts, in dem der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse seine Forderungen an die Politik für die nächsten vier Jahre konkretisiert hat. Ein Grossteil dieser Forderungen ist auch für die KMUs von grosser Bedeutung.
KMUs werden wichtiger – und empfindlicher Stellenabbau und Produktionsverlagerungen in den Schweizer Exportindustrien haben ein Jahr nach dem Frankenschock auch auf die KMUs nachhaltige Auswirkungen. Die kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Land sind nicht nur für die Erhaltung der Arbeitsplätze wichtiger geworden. Sie müssen auch ihre gegenüber den Grossen höhere Beweglichkeit ständig unter Beweis stellen. Dafür sollten sie vom Staat gefördert und nicht behindert werden. Leider ist das einfacher gesagt als getan. Entscheidend ist, dass sie nicht in den Abwärtsstrudel gerissen werden, wie etwa die Maschinenindustrie und der Tourismus.
Schwerpunkt Verkehr Die KMUs, die zu ihren Kunden müssen oder darauf angewiesen sind, dass die Kunden zu ihnen kommen, sind von der abnehmenden Qualität unseres Strassensystems, die der Bericht feststellt, wohl noch mehr betroffen als die Industrie oder die Finanzwirtschaft. Die Ursache ist bekannt: Der Verkehr wächst schneller als Bevölkerung und Wirtschaft, und zwar nicht nur auf dem Nationalstrassennetz, wo der Verkehr seit dem Jahr 2000 um 50% zugenommen hat. Nach den letzten Zahlen sind Herr und Frau Schweizer jeden Tag 36,7 Kilometer unterwegs. Davon entfallen 14,7 Kilometer auf Fahrten in der Freizeit, 10,9 Kilometer auf Fahrten zum Arbeitsplatz, 4,7 Kilometer auf Einkäufe und nur 2,5 Kilometer (umgerechnet pro Kopf) auf Geschäftsfahrten. Die zunehmende Überlastung unserer Verkehrswege kommt also überwiegend von der Konsumseite und nicht von der Produktionsseite her. Man darf annehmen, dass der Grossteil der Geschäftsfahrten auf Detailhandel und KMUs entfällt. Bei den KMUs entfallen die meisten gefahrenen Kilometer auf Serviceleistungen für die Kunden. – Und da sieht es bös aus. Seit 2008 hat sich die Zahl der Staustunden auf unseren Strassen verdoppelt. 2014 waren es bereits über 21 000 Staustunden. Wenn die Nationalstrassen den Verkehr nicht mehr schlucken, breiten sich die Staus immer mehr auf das übrige Strassennetz aus, innerund ausserorts. Die Staus bewirken für Wirtschaft und Gesellschaft jährliche Schäden in Milliardenhöhe. Sie beeinträchtigen
die Pünktlichkeit der Lieferungen und Dienstleistungen beim Kunden massiv und schaden dadurch der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz bzw. unserer Wettbewerbsfähigkeit. Wie weit dies schon geschehen ist, zeigt eine internationale Wettbewerbsfähigkeitsstudie des World Economic Forum, die alle Jahre durchgeführt wird. Noch 2009 wies die Schweiz weltweit die zweitbeste Strasseninfrastruktur auf, jetzt (2015) ist sie auf den neunten Rang abgerutscht. Was ist zu tun? Die Funktionalität unseres Strassennetzes muss rasch wieder auf internationales Spitzenniveau gehoben werden, und das geht nur über höhere Investitionen. Das Nationalstrassennetz muss dort ausgebaut werden, wo die Überlastung am grössten ist, also im Mittelland. Der ebenfalls notwendige Ausbau der Kantons- und Gemeindestrassen muss mit dem Ausbau des Nationalstrassennetzes besser koordiniert werden. Ferner muss die Verkehrsnachfrage besser über den Tag verteilt werden. Dafür sollten die Arbeits-, Ausbildungs- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten flexibler gestaltet werden können. Ob die vorgeschlagene Verlagerung des Lastwagentransits auf die Nachtstunden viel bringen würde, ist allerdings fraglich. Das Gewerbe hätte davon kaum Vorteile. Viel wichtiger, aber im Bericht nicht erwähnt, wäre der Kampf gegen die zunehmenden Verkehrs- und Parkbeschränkungen in den grösseren Ortschaften, die den Kundendienst der KMUs zum bussenträchtigen Spiessrutenlaufen machen. Da zeigt sich, dass die Bekämpfung der Verkehrskalamität ebenso Sache der Gemeindepolitik ist. Budgets dürfen nicht einfach über Beschränkungen der Strassenbauinvestitionen «gesundgestossen» werden – dies führt nur zu einer verdeckten Kostenüberwälzung auf die Wirtschaft, insbesondere die KMUs.
Wo der Wurm sonst drin ist Der Bericht hält fest, dass die Raumplanung den Infrastrukturausbau erheblich behindert, etwa mit dem fehlenden Einbezug der «dritten Dimension». Nicht nur die Fläche, die in unserem Land nun einmal beschränkt ist, auch die Höhe muss im Interesse der Wirtschaft besser geplant werden. Dies erfordert Liberalisierungen von Bauordnungen. Leider geht der Bericht nicht so weit, dass er offen sagen würde, die zersplitterten und vielfach veralteten oder unkoordinierten Bauordnungen seien eine Hauptursache infrastruktureller Versäumnisse. 37
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Economiesuisse lässt sich dafür auf Nebenschauplätze ein, die wenig Erfolg versprechen, wie etwa die geforderte Aufhebung des Briefpostmonopols der Schweizer Post nach dem Vorbild der Swisscom-Liberalisierung von 1998. Das bringt den KMUs im besten Fall ein paar Hundert Franken im Jahr – viel weniger als beispielsweise einer Bank oder Versicherung mit ihrem Massengeschäft. Die Liberalisierung könnte danebengehen, nämlich dann, wenn die heute von der Post landesweit angebotene Grundversorgung nur noch über Subventionen aufrechterhalten werden könnte. Recht haben die Verfasser des Berichts hingegen mit ihren energiepolitischen Forderungen, mit denen sie vor einer teuren und wenig nutzbringenden Subventionierung von Wind- und Sonnenstrom warnen. Daran haben unter den KMUs nur ganz wenige Lieferanten entsprechender Anlagen an Private ein Interesse. Kommentar
Auf der schiefen Ebene? Jetzt schreibt sogar die AHV, die für ihre hervorragende Anlagepolitik immer gelobt wurde, rote Zahlen. 15 Kantone stecken im Defizit und das Einnahmenwunder beim Bund – unerwartete 2,3 Milliarden Überschuss – ist befristet, ab 2017 drohen auch hier wieder Ausgabenüberschüsse. Immerhin besteht für Investitionsfinanzierungen jetzt noch eine Verschnaufpause. Zurzeit leidet die Bundeskasse viel weniger als erwartet unter Steuerausfällen im Finanzsektor als unter dem tiefen Erdölpreis, der die Erträge der Mehrwert- und der Mineralölsteuer schmälert.
in der Schweiz im Interesse unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit modernisiert werden muss. Aber es wird schwerfallen, dem Volk die damit eintretenden Einnahmenausfälle aus der Wirtschaft schmackhaft zu machen. Dass Arbeitnehmer und Konsumenten in die Lücke sinkender Unternehmenssteuern springen würden, ist nicht zu erwarten. Dass das Volk kein steuerpolitisches Harakiri will, hat es mit den grossen Mehrheiten bewiesen, mit denen die Erbschafts- und die Energie-stattMehrwertsteuer-Initiativen abgelehnt wurden. Die Unternehmenssteuerreform III hat die Wirtschaft trotz ihrer Notwendigkeit dem Volk noch nicht verkaufen können. Schlecht steht es übrigens auch mit der vorgesehenen Mehrwertsteuererhöhung für die Berset-Reform der AHV. Dass in der Ausgabenpolitik die Prioritäten zum Teil neu gesetzt werden müssen, ist unter diesen Umständen eine Notwendigkeit. Staatsausgaben werden in den Sparprogrammen auf ihre Notwendigkeit überprüft, was Grosszügigkeit für einzelne Subventionsempfänger – zum Beispiel die Landwirtschaft – nicht ausschliesst. Unbedingt zu verhindern ist aber, dass Zukunfts- und Investitionsausgaben mit dem Rasenmäher gestutzt werden. Die Staus auf den Autobahnen kosten uns mehr als die Finanzierung der Nationalstrassenbauten und der SBB.
Im Gegensatz zu mehreren EU-Staaten, die finanziell am Tropf der Europäischen Zentralbank hängen und nur von dieser vor dem Bankrott bewahrt werden, sind unsere Staatswesen finanziell noch in einer guten Verfassung. Die überall laufenden oder noch beginnenden Sparprogramme sorgen dafür, dass immer noch Geld für notwendige öffentliche Investitionen vorhanden ist und diese nicht auf Pump via Kapitalmarkt finanziert werden müssen.
Es gibt konkrete Vorlagen im Bund, welche die Belastung der Wirtschaft erhöhen, wie beispielsweise die Lenkungsabgaben der neuen Energiepolitik. Grossgeschrieben wird überall der rationelle Mitteleinsatz. Dabei hilft der Wettbewerb, der Kosten senkt. Dies gilt auch für die Infrastrukturinvestitionen. Der Grundsatz ist, dass der Staat dort mit seinem Geld einspringen soll, wo der Wettbewerb die – politisch gewollte – Grundversorgung nicht zustande bringt, wie etwa im öffentlichen Verkehr. Wo die Grundversorgung ohne Staat funktioniert, wie beispielsweise in der Energiewirtschaft, soll der Wettbewerb zwischen privaten Anbietern die Versorgung und den weiteren Ausbau der Infrastruktur sichern. «Eine Herkulesaufgabe», sagte Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer bei der Vorstellung des neuen Infrastrukturberichts. Mut zu Reformen ist allerdings vorab eine Aufgabe der Politiker. Wichtig ist dabei, dass die Anliegen der KMUs nicht unter die Räder geraten.
Allerdings haben es Steuerreformen unter diesen Bedingungen schwerer. Es ist unbestritten, dass die Unternehmensbesteuerung
DR. RICHARD SCHWERTFEGER
Im laufenden Jahr wird der Bund die Konjunkturabschwächung bei der Mehrwertsteuer spüren. Ausfälle bei den direkten Steuern wegen der rückläufigen Beschäftigung und verminderter Unternehmensgewinne dürfte es hingegen erst 2017 geben.
«Eine gesunde und wettbewerbsfähige Wirtschaft erfordert, dass die staatlichen Gelder sinnvoll eingesetzt werden.» 38
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WO FRAUEN HERUMHÄNGEN DÜRFEN «So what», hat meine Frau gesagt. «So what.» Ohne Fragezeichen. Staubtrocken hat sie die Geschichte kommentiert, die ich ihr erzählt habe von einem Buurebueb, der zum Dinner eingeladen war im Garrick Club im Londoner Covent Garden. Der Garrick Club, muss man wissen, ist einer dieser britischen Gentlemen’s Clubs mit dicken Ledersesseln, dicken Teppichen, dicken Skulpturen tapferer Ehrenmänner, dicken Bibliotheken, die nach Geschichte riechen, und mit drahtigen Kellnern, die 150 Jahre alt sind und sich jeden Morgen einen Gehstock in den Hals stecken. Gegründet wurde der Garrick Club 1831, aufgenommen wird man nach sieben Jahren Wartezeit, gnädiger Empfehlung und geheimer Abstimmung. Members erkennen ihresgleichen an den Krawatten, Fliegen oder Schnupftüchern in den Clubfarben Lachs und Gurkengrün. An der Pforte wacht ein sehr grosser, sehr ernster Gentleman im Frack, und wenn einer draussen steht, der ihn anstaunt und sich den Mund von Hand schliessen muss, weil er ihn sonst nicht mehr zubekommt, dann erkennt sein Adlerauge auf einen Blick: Aha, Anzug aus den 70er-Jahren, Krawattenknopf erst im 39. Versuch hinbekommen, dem wird nur Einlass gewährt in Begleitung eines honorablen Member. Zum Beispiel eines Officer of the Order of the British Empire.
mit den Schultern und sagte: «So what. Ich bekomme an keiner Talstation ein Seniorenbillett. Soll ich mich jetzt wegen meiner Jugend diskriminiert fühlen? Und Frauen sind ja nicht die einzigen, die nicht Member werden können. Dich armen Schlucker nähmen sie wohl kaum. Frauen können ja auch Clubs gründen. So what?» Nun habe ich als Appenzeller punkto Gleichberechtigung eine historische Schuld und wollte darum etwas erwidern wie: «Aber wir müssen uns doch öffnen, Herrenclubs sollen Frauen aufnehmen, Damenturnvereine Männer, Kirchenchöre Moslems und Appenzellervereine Zürcher.» Woraufhin meine Frau mich sehr viktorianisch anblickte und brummte: «Ich leite in meinem Job 47 Mitarbeitende und brauche meine Empörung weiss Gott für Wichtigeres als für Herrenclubs.» Meine Frau würde sich gut machen mit strengem Blick in Öl. Aber in echt ist sie noch besser.
Und also geschah es. Es folgten vier inspirierende Stunden mit drei Flaschen, vier Tischgenossen und vier Gängen ohne Hörnli und Ghackets. Nach der Vorspeise setzte der Officer ein Lächeln auf und sprach: «Erst grad stimmten wir ab, ob wir Frauen als Member aufnehmen wollen. Ich war dafür. Aber es wurde abgelehnt.» Dem Buurebueb wurde grad heimelig im Herzen, denn beim Ausschluss von Frauen kannte er sich als Appenzeller aus. Er kannte sich aber auch aus bei den stets folgenden Wellen der Empörung in Funk und Fernsehen, Blättern und Blogs. Indes fielen ihm durchaus auch Frauen auf, die im Treppenhaus des noblen Clubs herumhingen. In Öl. Und die blickten nicht empört. Sie blickten streng und viktorianisch auf den braven Gast hinunter. WILLI NÄF
«2016», sagte ich also zu meiner Frau, nachdem ich ihr die eigenartige Geschichte erzählt hatte, «2016 und die nehmen keine Frauen auf, verrückt, was?» Und was tat meine Frau? Sie zuckte
WILLI NÄF IST FREIER AUTOR, TEXTER UND KABARETTIST UND LEBHAFT IM BASELBIET UND IM APPENZELLERLAND. WWW.WILLINÄF.CH
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