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Express-Digitalisierung in Zeiten von Corona Dr. Markus Schmitz

Express-Digitalisierung in Zeiten von Corona

Im Februar 2020 verzeichnete der stabile deutsche Arbeitsmarkt immer neue Beschäftigungsrekorde. Nur wenige Wochen später war Deutschland in Reaktion auf die Coronakrise im Lock Down. Über 800.000 Unternehmen stellten bis Mai Antrag auf Kurzarbeitergeld. „Der Spiegel“ schrieb dazu, die Bundesagentur für Arbeit werde zu „eine[r] der wichtigsten Intensivstationen Deutschlands“.

Bereits Anfang März war man 2. März auf einen Task-Force-Modus, sich in der Bundesagentur der darauf ausgerichtet war, schnelle für Arbeit (BA) bewusst, dass Entscheidungen zu treffen, die besich die entwickelnde Panstehenden IT-Plattformen zu stabilidemie mit hoher Wahrscheinlichkeit sieren und aufzurüsten. zu einer unvergleichbaren internen Die Homeoffice-Plattform der BA wie externen Herausforderung für die wurde vor Corona von durchschnittBA mit ihren 100.000 Mitarbeitenlich 2.500 regelmäßigen gleichzeitigen den entwickeln könnte. Ein massiver Nutzern verwendet. Seit Anfang März Anstieg von Kurzarbeit, Arbeitslosigwurde sie sukzessive so aufgebaut, keit, Hartz-IV-Bezug und Kinderzudass sie Ende Mai 47.500 gleichzeitischlag war zu erwarten, eine deutligen Nutzern die Arbeit von zuhause che Zunahme der Plattform-Nutzung ermöglicht. Aktuell arbeiten täglich von Online- & Telefonie-Kanälen und 25.000 Mitarbeitende der BA, ein nicht geahnte Anforderungen an die Viertel des Personals, im Homeoffice Homeoffice-Infrastruktur. Die ITauf dieser Plattform. Für den Erwerb Organisation der BA schwenkte am der zusätzlichen Server aus Tschechien zur Skalierung der Express-Skalierung in Corona-Zeiten Express-Skalierung in Corona-Zeiten Plattform schaltete sich BundesarbeitsVergleich jeweils Januar 2020 zu Mai 2020 minister Heil selbst ein und angesichts der zeitweise geSkalierung der Telefonie-Plattform 4.000 MA >18.000 MA in Hotlines und Servicecenter schlossenen Grenze war sogar ein Transport der dringend benötigten Server per Skalierung der Fachverfahren 600 Nutzer >13.000 Nutzer der Anwendung für Kurzarbeit Helikopter der Bun deswehr in Planung. Parallel wurden

Quelle: Bundesagentur für Arbeit Homeoffice-Nutzende (tatsächliche Zahl pro Tag) Techn. Kapazitäten für Homeoffice 2.500 6.500 MA 25.000 47.500 MA Anzahl Server für Homeoffice: 138 467 die IT-Plattformen für die Bearbeitung von Kurzarbeitergeld umgehend so skaliert, dass statt der ansonsten 600 nun über 13.000 Mitarbeiter auf den Syste

men zeitgleich arbeiten können. Der Dialogbetrieb wurde auf 6 bis 22 Uhr sowie Wochenend- und Feiertagsbetrieb ausgeweitet. Nachts erfolgen Software-Versorgungen und Hotfixes. Anzeigen und Bewilligungen auf Kurzarbeit können so binnen weniger Tage bearbeitet und zur Auszahlung gebracht werden.

Mit dem kontrollierten Zurückfahren des operativen Kundenverkehrs nahm Zug um Zug die Bedeutung der Telefonie-Plattform zu. Sie wurde hochgerüstet, um einen Ersatz für den direkten Kundenverkehr zu ermöglichen. Statt 4.000 Mitarbeitende arbeiten derzeit 18.000 am Telefon.

Doch es ging nicht nur darum, die Kriseninterventionsfähigkeit der BA-IT unter Beweis zu stellen. In gleicher Weise galt es, auf Basis der durch die Corona-Krise veränderten

Express-Digitalisierung in Zeiten von Corona

Kundenerwartungen einen Prozess der agilen Express-Digitalisierung zu starten: In eigens eingerichteten virtuellen Barcamps wurden gemeinsam von Technikern, Fachleuten und Praktikern die drängendsten Kundenanforderungen erhoben, innovative Lösungen für das Online-Portal und die Fachanwendungen entwickelt und diese innerhalb weniger Wochen produktiv gesetzt. Mit den Barcamps konnten gerade in Zeiten des Krisenmanagements Denkräume ermöglicht werden und die Investition der letzten Jahre in agile Arbeitsweisen Früchte tragen:

Komplett neue Ausrichtung des lebenslagenbasierten Portals der BA rund um das Thema Corona mit täglichen Aktualisierungen und neuen Landing Pages

Foto: Jens Schicke

Chat Bots rund um die Anzeigen und Anträge zu Kurzarbeit und zur Grundsicherung, darunter auch Implementierung eines der TOP 20 Ergebnisse des von Kanzleramtsminister Helge Braun initiierten Hackathons „WirVsVirus“" Implementierung einer App „Kurzarbeit Dokumente senden“ zum Hochladen und Versenden von Dokumenten rund um die Kurzarbeit Implementierung neuer E-Services, wie etwa eines neuen Antrags auf vereinfachten Grundsicherungsbezug sowie Notfall-Kinderzuschlag inklusive Upload-Funktion In Vorbereitung befinden sich eine Selfie-Ident Lösung zur Authentifizierung

Bei aller Kombination von systematischem Vorgehen und spontaner Ideenfindung gehören zum wahrhaftigen Bild des Krisen-Alltags all die kleinen und großen Rückschläge bei der täglichen Steuerung einer großen IT-Installation in Krisen-Zeiten dazu: Gutgemeinte Hotfixes, die nach dem Go Live wieder zurückgerollt werden müssen. Ausgerollte Chatbots, die zum Feintuning wieder „in die Garage“ geholt werden müssen. Und viele kreative Ideen, bei denen man nicht hundertprozentig sicher sein kann, ob sie den Nerv der Bürger und der Arbeitgeber treffen.

Kriseninterventionsfähigkeit und Innovation sind die beiden wesentlichen Beiträge, die das Ressort für Digitalisierung und Informationstechnologie der BA in dieser Zeit leistet, damit Millionen Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bür

Dr. Markus Schmitz

CIO der Bundesagentur für Arbeit (BA)

„Corona hat eine Express-Digitalisierung ermöglicht, die unter normalen Umständen in dieser Form und zeitlichen Dichte nicht möglich gewesen wäre.“

ger zeitnah die gerade in dieser Zeit so elementaren Service- und Geldleistungen erhalten. Dabei kommt der BA-IT zugute, dass sie mit ihrer digitalen Transformation in den vergangenen Jahren wichtige IT-architekturelle Grundlagen gelegt hat, die es ihr jetzt ermöglicht haben, seit Beginn der Corona-Krise ihre IT-Kapazitäten so zu skalieren, dass ihre Mitarbeiter in wechselnden Aufgabengebieten Anträge und Kundenanliegen zeitnah bearbeiten können. l

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