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Finanzmarktregulierung harmonisieren Frank Niehage
Finanzmarktregulierung harmonisieren
Eine fehlende EU-Harmonisierung sowie nationale Alleingänge werden die Anlegerkultur schwächen und die Effizienz von Kreditinstituten beeinträchtigen.
Kreditinstitute sind seit jeher sich stetig ändernden rechtlichen und regulatorischen Herausforderungen ausgesetzt.
Innerhalb der EU zeichnen sich jedoch vermehrt nationale Alleingänge in der Umsetzung neuer Verordnungen ab. 2021 soll die Finanztransaktionssteuer nach „nur“ neunjähriger Entwicklung europaweit in Kraft treten.
Konterkariert wird dieser Harmonisierungsansatz dabei von einem deutschen Gesetzesentwurf. Denn dieser
Frank Niehage LL.M.
CEO und Gesellschafter der flatex AG könnte auch die Verlustverrechnung bei Einkünften aus Derivategeschäften auf nationaler Ebene beschränken. So sollen ab dem 01. Januar 2021 Verluste aus Geschäften mit Derivaten (u.a. Zertifikate, Optionsscheine, Mini-Futures und CFDs) nur noch mit Gewinnen aus der gleichen Art von Geschäften verrechnet werden. Hierbei wird eine Verlustverrechnung zukünftig auf 10.000 EUR beschränkt, was zur Folge hat, dass Anleger Verluste über diesem Betrag nicht mehr steuerlich geltend machen können. Im Gegenzug werden jedoch Gewinne in voller Höhe besteuert. Ausgerechnet in Zeiten der Niedrigzinspolitik, in denen der Vermögensaufbau mit Wertpapieren für viele Kleinanleger einen immer größeren Stellenwert einnimmt, werden seitens des Bundesfinanzministers weitere Hürden für die Vermögensbildung und die Altersvorsorge in Aussicht gestellt. Solange keine europaweite Regelung existiert, werden Anreize geschaffen, Derivategeschäfte außerhalb Deutschlands durchzuführen, womit etwaige Steuerstundungsstrategien entstehen und die Ertragskraft deutscher Institute geschwächt werden wird.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der „Markets in Financial Inst ruments Directive 2“ (MiFID 2) ab, welche seit Anfang 2018 Anwen dung findet, jedoch auf nationaler Ebene weitgehende Spielräume bei der Umsetzung eingeräumt hat. Hin sichtlich der Umsetzung der „MiFID 2“-Zuwendungsregelungen kann der nationale Gesetzgeber im beratungs freien Geschäft zwischen dem generellen Verbot bis hin zur Erlaubnis der Annahme von Zuwendungen frei entscheiden. Während zwei EU-Mit gliedsstaaten die Annahme von Zu
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wendungen generell verboten haben (die Niederlande und Großbritanni en), ist dies in den restlichen Mitgliedsstaaten unter bestimmten Voraussetzungen (Transparenz, Dokumentation und Qualitätsverbesserung) weiter hin erlaubt. Dieser Zustand kann zu unerwünschter „Aufsichtsarbitrage“ und Wettbewerbsnachteilen für Ins titute führen, die ihren Sitz in einem EU-Land mit vollständigem Zuwen dungsverbot haben. Wünschenswerte, einheitliche Regelungen für einen einheitlichen Markt wären wohl nur durch eine Vorgabe der European Banking Authority möglich. Exemp larisch ist ebenso die Wertpapierleihe zu nennen, welche hauptsächlich zur Deckung der Marktnachfrage nach Wertpapieren, z. B. für Leerverkaufsoder Abwicklungszwecke dient. Während sich innerhalb der EU vie le Banken und Broker eine allgemeine Zustimmung innerhalb der AGBs oder im Kontoeröffnungsprozess er teilen lassen, geht der deutsche Gesetzgeber einen anderen Weg. Gemäß Depotgesetz wird für jedes einzelne Geschäft eine Zustimmung des Kun den in Schriftform gefordert, was für deutsche Banken und Broker und de ren Kunden erheblichen Aufwand mit sich bringt und damit einen erhebli chen Wettbewerbsnachteil nach sich zieht.
Die BaFin hat jüngst ihre Aufsichtsschwerpunkte für das Jahr 2020 bekanntgegeben und will sich zukünftig mit der Digitalisierung in Kreditinstituten auseinandersetzen. Mit Blick auf die Umsetzung der Vorgaben zur 5. EU-Geldwäscherichtlinie zeigt sich, dass deutsche Regulierungsbehörden nur mit „angezogener Handbremse“ Innovationen voranbringen.
In anderen EU-Staaten ist eine Identifikation mittels innovativer Verfahren (1-cent Überweisung, Selfie-Ident) zulässig und damit eine Kontoeröffnung in wenigen Minuten erledigt. In Deutschland und Österreich besteht man dagegen unverändert auf eine physische Anwesenheit (PostIdent, VideoIdent). Das ist zeitund kostenintensiv und bringt wieder einen Wettbewerbsnachteil mit sich.
Abschließend lässt sich festhalten, dass eine Kapitalmarktunion nur erfolgsversprechend sein wird, wenn eine Harmonisierung zwischen nationaler Rechtsprechung und EU-Gesetzgebung sowie eine einheitliche Aufsicht erfolgt und steuerliche Hürden abgebaut werden. In einem geeinten Europa gilt es Wettbewerbsnachteile zwischen den Mitgliedsländern zu reduzieren und effiziente Wertpapiermärkte zu schaffen.
Deutschlands Aktionärsquote ist verhältnismäßig niedrig – ein guter Grund die Finanztransaktionssteuer zu überdenken, um Privatanlegern keine zusätzlichen Belastungen zuzu muten und die Attraktivität der privaten Altersvorsorge zu steigern. Schweden ist da vorbildlich unterwegs und ermöglicht Wertpapiergeschäfte mit steuerlichen Vorteilen im Rahmen der Altersvorsorge. Weshalb es nicht über rascht, dass das verhältnismäßig kleine Land (10 Millionen Einwohner) fast genauso viele online Wertpapiertrans aktionen wie Deutschland (80 Millionen Einwohner) aufzuweisen hat. l