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Der Weg aus der Krise kann zum Aufbruch werden Volker Bouffier
Der Weg aus der Krise kann zum Aufbruch werden
Mit einer globalen Pandemie, einem zeitweisen Lockdown weiter Teile der Wirtschaft und einem noch immer infektiösen Virus stehen Unternehmen wie Politik in diesem Jahr vor völlig neuen Herausforderungen. Deutschland und Hessen sind bislang eher glimpflich durch diese beispiellose Zeit gekommen.
Wir stehen vor der Aufgabe, die schwierige Balance zwischen dem Schutz der öffentlichen Gesundheit und dem Wirtschaftsleben zu finden, denn beides ist erforderlich: Ohne weitere Vorsicht riskieren wir ein erneutes Ansteigen der Infektionen, wir wir gerade erleben müssen. Und ohne eine Belebung der Wirtschaft riskieren wir Arbeitsplätze. Beides muss zusammengehen. Wie kann also unter diesen Bedingungen der Weg aus der Krise zum Aufbruch in eine gute Zukunft werden?
Fünf Herausforderungen erscheinen mir dabei besonders wichtig:
Wirtschaft und Unternehmen müssen weiter stabilisiert werden, damit Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer auch in Zukunft sichere Arbeitsplätze finden; die staatliche Infrastruktur muss erhalten und ausgebaut werden, um die Voraussetzungen für einen
dauerhaften Aufschwung zu schaffen und etwa auch die Kommunen in der Krise zu entlasten; die Gesundheit der Bevölkerung muss geschützt werden, indem wir von Krankenhäusern über Schutzmasken bis hin zu Pflegekräften unser Gesundheitssystem krisenresilient aufstellen; die soziale und kulturelle Infrastruktur Deutschlands muss gesichert werden, damit die Corona-
Krise unsere Gesellschaft nicht spaltet, und um Deutschland auf Jahre hinaus zu modernisieren, kann all dies in den anbrechenden Zwanzigerjahren des 21. Jahrhunderts natürlich nur ökologisch nachhaltig, ressourcenschonend und mit konsequent digitalem Fokus geschehen.
In Hessen haben wir uns vorgenommen, diese Punkte zu beherzigen und dazu ein umfassendes Investitionsprogramm aufgelegt: Mit dem Sondervermögen „Hessens gute Zukunft sichern“ bewältigen wir die krisenbedingten Ausgaben mit einem Volumen von bis zu zwölf Milliarden Euro über die nächsten vier Jahre.
Um die hessische Wirtschaft zu stabilisieren, stellen wir beispielsweise für Unternehmensbeteiligungen, Überbrückungskredite oder für die besonders schwer getroffenen Gaststätten bis zu 1,5 Milliarden Euro bereit. Hiervon sollen gesunde Unternehmen, die unverschuldet in Not geraten sind, so gestützt werden, dass sie ihre Beschäftigten halten und bei einer sich normalisierenden Lage ihre Produktion wieder hochfahren können.
Wir gehen noch einen Schritt weiter: Um die Kommunen zu entlasten und gleichzeitig eigene konjunkturelle Impulse zu setzen, nehmen wir mehr als drei Milliarden Euro für den Erhalt der staatlichen Infrastruktur und die Partnerschaft mit den Kommunen in die Hand. Hierbei kompensieren wir
zu erwartende Gewerbesteuerausfälle und investieren gleichzeitig in die Ausstattung von Justiz, Polizei und Finanzbehörden. Denn eine hervorragende staatliche Infrastruktur verschafft Unternehmen die Rahmenbedingungen für einen langanhaltenden Aufschwung.
Wir haben es unserem Gesundheitssystem zu verdanken, dass wir im internationalen Vergleich bislang verhältnismäßig glimpflich durch die Pandemie gekommen sind. Nun müssen wir aus den Erfahrungen lernen: Wie können wir unser Pflege- und Krankenhauspersonal so ausstatten, dass wir bei einer erneuten Welle krisenresilienter wären? In Hessen stellen wir für den Gesundheitsschutz rund eine Milliarde Euro bereit, um neue Schutzausrüstung anzuschaffen und einen Pflegebonus an unsere Pflegekräfte auszuzahlen. Krisenresilienz wird aber auch durch eine starke soziale und kulturelle Infrastruktur aufgebaut. Deshalb darf auch der
Foto: AdobeStock©evelinphoto
Schutz besonders gefährdeter Gruppen oder die kulturelle Landschaft der Pandemie nicht zum Opfer fallen, da alles andere unsere Gesellschaft spalten würde.
Ja, wir befinden uns in der tiefsten Rezession seit der Gründung der Bundesrepublik. In dieser Krise liegt aber für Deutschland die Chance zum Aufbruch in eine gute Zukunft – und genau deshalb setzt unser Investitionsprogramm „Hessens gute Zukunft sichern“ auf eine breite Modernisierung durch digitale Transformation, nachhaltiges Wachstum und Klimaschutz. Indem wir heute mit über 300 Millionen Euro in die IT-Infrastruktur von Schulen, Künstliche Intelligenz und nachhaltiges Wachstum investieren, erhöhen wir nicht nur unsere Widerstandsfähigkeit für Ausnahmesituationen, sondern arbeiten auch an der ressourcenschonenden Wirtschaft von morgen.
Für diese fünf Zukunftsfelder nehmen wir bewusst viel Geld in die Hand in dem Wissen, dass es weitaus teurer wäre, bei großen Krisen klein zu denken. Jetzt ist es notwendig, auch mit dem Mittel der Schuldenaufnahme noch weitaus schwerere Konsequenzen aufzufangen. Das ist die eine Seite der Medaille, auf deren Kehrseite dann aber die Verpflichtung eingraviert steht, im Sinne der Generationengerechtigkeit wieder zu den Auflagen der Schuldenbremse zurückzukehren, sobald es vertretbar ist.
Antizyklische Investitionsprogramme auf dem Höhepunkt einer Rezession sind das richtige Mittel, um Arbeitsplätze zu schützen und die Weichen für eine gute Zukunft zu stellen. Dennoch: diese Pandemie ist noch längst nicht überwunden. Sie ist vorerst eingedämmt – aber besiegt ist sie erst, wenn es einen wirksamen Impfstoff gibt, was realistischer Weise bei allen vorsichtigen Signalen aus der Forschung zumindest in der näheren Zukunft noch nicht der Fall sein wird. Wir werden also einen Weg finden müssen, dauerhaft mit der Gefahr des Virus zu leben.
Dennoch bin ich zuversichtlich: mit beherzten, zukunftsweisenden Investitionen zur Stabilisierung der Wirtschaft und einem besonnenen
Volker Bouffier Ministerpräsident des Landes Hessen
Krisenmanagement werden wir die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Verwerfungen bewältigen. So wird es Deutschland und Hessen gelingen, den Weg aus der Krise zum Aufbruch in eine gute Zukunft zu machen. l