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TRENNUNG
Neustart statt Rosenkrieg 1000 Glückshormone beim feierlichen Ja-Wort sind kein Garant für ewiges Eheglück: Im Jahr 2020 wurden in NRW 32 554 Ehen geschieden. Gefühle wie Wut, Unsicherheit und Ängste prägen die Trennungszeit. Viele Erwachsene scheuen sich davor, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei sind Experten an der Seite der Eltern gerade auch für die betroffenen Kinder wichtig. 36
Kommt es zu einer Trennung, erleben die Beteiligten ein Wechselbad von meist nicht gerade positiven Gefühlen: Sie müssen Schmerz, Ängste und Wut verarbeiten. Diana Goldermann-Wolf, stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbunds in Düsseldorf, beschreibt, wie sich diese Situation auf die betroffenen Kinder auswirken kann: „Ich bin ja nicht nur Ehemann oder Ehefrau, sondern auch Elternteil: Die Mutter beispielsweise hat Wut und möchte den Kontakt zum Ehemann am liebsten sofort abbrechen. Das Kind versteht aber gar nicht, warum er weg ist und möchte den Kontakt zum Papa. Es hat seinen Vater ja nach wie vor lieb, egal, wie schlecht die Mutter über ihn redet. So gerät das Kind in einen Konflikt: Mit wem soll ich mich solidarisieren?“ Gleichzeitig suchen Kinder die Schuld für die Trennungssituation oft bei sich – weil es zum Beispiel ständig Streit um die Hausaufgaben gab, trennen sich jetzt die Mama und der Papa. Um diese zusätzlichen emotionalen Klippen erfolgreich zu umschiffen, bietet der Deutsche Kinderschutzbund Familien in der Trennungsphase vielfältige Unterstützung an: „Kinder im Blick“ heißt beispielsweise ein Kurs, in dem es darum geht, wie Eltern ihren Kindern die Trennung erleichtern können.
Wichtiger Austausch Ganz wichtig in der Trennungsphase oder danach ist es, das Selbstwertgefühl des Kindes zu stärken. In der sogenannten „TuSCH (Trennungs- und Scheidungs)-Kindergruppe“ des Kinderschutzbunds können sich Sohn oder Tochter unbelastet mit anderen betroffenen Kindern austauschen. Von Traurigkeit, Wut oder Schmerz erzählen. Gleichzeitig werden zwei Elternkurse angeboten; hier nehmen Vater und Mutter in unterschiedlichen Gruppen teil und lernen im Gespräch mit anderen Elternteilen die Scheidungssituation auch mal aus einer anderen Perspektive kennen. „Die Situation kostet die ganze Familie Kraft“, weiß Diana Goldermann-Wolf. „Es treten so viele Fragen auf – wie kann ich Energie für mein Kind aufbringen, was mache ich, wenn es Probleme hat, wie kann ich unsere Beziehung stärken?“ Die Erfahrung zeige, dass sich nach der Kursteilnahme die Haltung der LIBELLE | Mai/Juni 2022