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Eine neue internationale Wirtschaftsordnung ist machbar

Im Januar stellte Yanis Varoufakis, der ehemalige Finanzminister Griechenlands, eine neue Internationale Wirtschaftsordnung und eine neue blockfreie Bewegung vor. Ein Auszug seiner Rede. Von Yanis Varoufakis

Der neue, dreiste Imperialismus wurde geboren, als Bretton Woods 1971 starb und der US-Dollar nicht mehr in US-Gold konvertierbar war. Als das US-Handelsdefizit in die Höhe schoss, wurde die Welt mit Dollars überschwemmt. Die Zentralbanken ausserhalb der USA hatten keine andere Wahl, als sie (anstelle von Gold) als Reserven zu verwenden, um den Wert ihrer Währung zu sichern. Der Dollar wurde so zu einem Schuldschein. So wurde das globale Finanzsystem durch Schuldscheine des US-Hegemons gestützt, der entscheiden konnte, was die ausländischen Inhaber mit ihrem Dollar-Guthaben tun konnten – und was nicht.

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Die USA waren nun ein Defizitland. Aber im Gegensatz zu anderen Defizitländern mussten die USA keine Dollars leihen, um ihre Währung zu stützen. Kapitalisten in Überschussländern wie Japan, Deutschland und später China sahen das US-Handelsdefizit als Rettung an – als einen riesigen Staubsauger, der ihre Nettoexporte in die Vereinigten Staaten saugte. Und was taten die japanischen, deutschen und später chinesischen Kapitalisten mit ihren Dollars? Sie schickten sie zurück in die Vereinigten Staaten, um Eigentum zu kaufen, das ihnen Rendite einbrachte: Immobilien, US-Staatsanleihen und die wenigen Unternehmen, die Washington ihnen erlaubte zu besitzen.

Washington hatte die Zauberformel gefunden, von der alle früheren Imperien nur geträumt hatten: Wie man wohlhabende Ausländer sowie jede ausländische Zentralbank dazu bringt, freiwillig die Regierung des Imperiums und seine Importe zu finanzieren! …

Stellen Sie sich vor, Sie könnten die Hegemonie der USA mit einem Knopfdruck beenden. Wer würde Sie daran hindern? Neben den USBehörden, dem US-Militär, der Wall Street, den amerikanischen Kapitalisten usw. würde sich eine Schar von Nicht-Amerikanern auf Sie stürzen: Deutsche Industrielle, saudische Scheichs, europäische Bankiers und chinesische Kapitalisten.

Denn ohne die globale Vorherrschaft des Dollars wären chinesische, japanische, koreanische oder deutsche Kapitalisten nicht in der Lage, aus ihren Arbeitern den kolossalen Mehrwert zu pressen. Und argentinische, griechische, russische, ukrainische und indische Oligarchen wären nicht in der Lage, den öffentlichen Kapitalstock ihrer Länder zu plündern und die Beute ins Ausland zu bringen, um sie in irgendwelchen Fonds in Delaware oder auf den Cayman-Inseln zu bunkern.

Die Lektion für uns ist einfach: Wir müssen uns nicht nur vor den Funktionären in Washington, London oder Brüssel in Acht nehmen, die unermüdlich daran arbeiten, dass sich nichts ändert. Sondern auch vor Regierungsbeamten im globalen Süden, einschliesslich China – sie nutzen das Handelsdefizit der USA, um ihr Land auszubeuten und den abgezweigten Mehrwert in der Wall Street und der City of London zu verstecken.

Heute wird dieselbe Globalisierung durch einen Neuen Kalten Krieg zwischen den USA und China ersetzt. Was steckt hinter diesem Neuen Kalten Krieg? Chinas rasende Industrialisierung war für Washington kein Problem, solange das «dunkle Geschäft» funktionierte – solange die chinesischen Kapitalisten den Dollar brauchten.

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