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Bekenntnisse einer Unmutigen

Von Samia Guemei

Viele, eigentlich alle, erzählen, wie viele Freunde sie im «Widerstand» gefunden haben. Und dass sie so über den Verlust von letztlich-doch-nicht-so-guten-Freunden hinweggekommen sind. Ich gehöre nicht dazu. Ich bekenne: Ich habe keine neuen Freunde im Widerstand gefunden. Höchstens einen neuen Bekannten. Er ist aber genauso wie ich eher am Rande des Geschehens. Wie ich ist er misstrauisch und wissenschaftlich anspruchsvoll.

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Ich frage mich, woran es liegt, dass ich mich ganz und gar dem «Widerstand» gegen die Coronamassnahmen zugehörig fühle – aber nur in der Theorie, in der Praxis nicht. Liegt es an meiner Unfähigkeit, Widersprüche in vereinsähnlichen Gebilden auszuhalten? Oder ist mein Abseitsstehen in fehlendem Mut begründet?

Unter den Bewegten habe ich immer wieder Menschen angetroffen, deren Weltbilder weit von meinen entfernt sind. Aussagen, dass der Mensch seit Tausenden von Jahren in Sünde lebt und nun durch drakonische Coronamassnahmen das reinigende Fegefeuer gekommen ist, lassen mich erstarren.

Andere gebieten, weniger über die Masken, den Lockdown, die Impfpflicht oder den Ukrainekonflikt zu sprechen, um ihre Energien rein zuhalten. Denn nur mit reiner Energie würde der Totalitarismus weichen.

Am sperrigsten finde ich die Prepper. Sie machen sich nicht nur mit Funktelefonen, Generatoren und Permakultur von der Gesellschaft täten und Fachhochschulen hat mich persönlich fast umgehauen. Das Recht auf Bildung so mit Füssen getreten zu sehen. Die Universitäten, die ich für den hehren Hort des Wissens hielt, so klein beigeben zu sehen. Nichts dagegen unternommen zu haben. Dafür schäme ich mich noch heute.

Und ist es nicht wohlfeil, mich jetzt öffentlich zu äussern? Jetzt, da viele merken, was gespielt wurde? Jetzt, da die Propaganda für den Impfstoff aufgehört hat? Wieso wage ich mich jetzt hervor? Ich glaube, mein Wertesystem hat sich gewandelt. Lehrerin zu sein, ist mir nicht mehr so wichtig. Das Schreiben, das ich fast 20 Jahre vom Platz gewiesen hatte, bricht sich nun wieder Bahn. Und mit ihm meine Wahrheit.

Ich spreche allerdings nur zu bereits Aufgeklärten. Auch bei den eigenen Freunden kann ich weder mit Statistiken noch mit Hinweisen auf die massive Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäusserung etwas bewirken.

Ich selbst bin ja erst beim Thema Corona aufgewacht. Lud man mich noch vor ein paar Jahren dazu ein, z. B. Daniele Ganser zu hören, winkte ich ab. Ich hielt ihn für einen Verschwörungstheoretiker.

Die Erkenntnis, die viele, die ans Narrativ glauben, verdrängen, ist: Rechtschaffenheit schützt nicht vor Staatswillkür. Erst wer den Glauben an den guten Staat aufgibt, öffnet den Raum der Erkenntnis. Es ist ein schmerzhafter Vorgang. Der Mainstream versteht sich immer noch als PR-Büro des Staates.

Wir Erwachten stehen auf einer dünnen Decke. Ich sehe meine Aufgabe darin, an dieser Decke weiter zu weben. Und kann nur von dem schreiben, was ich mit Zahlen oder Methoden der anerkannten Wissenschaften belegen kann. Das allein ist erschreckend genug.

«Hört auf, uns zuzuhören, macht endlich etwas.» Dieser Aufruf von Kayvan Soufi Siavash löste bei der Lehrerin Samia Guemei einige Veränderungen aus. Sie wandte sich wieder ihrem langjährigen Beruf als Journalistin zu. Und so können wir sie auf der Zeitpunkt-Redaktion willkommen heissen.

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