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Die Sehnsucht nach Frieden wächst

Ein sozialdemokratischer Friedensappell unter Federführung von Peter Brandt erweitert den Kreis der Friedenskräfte. Der Zeitpunkt im Gespräch mit dem Initianten

Der Historiker Prof. em. Peter Brandt (SPD), Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt veröffentlichte zusammen mit weiteren Initiatoren am 1. April 2023 den Friedensappell «Frieden schaffen!», der von vielen prominenten Sozialdemokraten und Gewerkschaftsfunktionäre wurde. Die Kontroversen im Mainstream blieben allerdings nicht aus.

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Zeitpunkt: Wie kamen Sie dazu, den Friedensappell zu veröffentlichen?

Dr. Peter Brandt: Eine grosse Gruppe von politisch aktiven Menschen aus dem gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Spektrum fand sich in den öffentlichen Stellungnahmen zum Ukrainekrieg einfach nicht wieder. Unser Ziel ist es, die Position dieser Gruppierung an die Öffentlichkeit zu bringen. Der veröffentlichte Text ist das Ergebnis eines dynamischen internen Abstimmungsprozesses eines Teils der Unterzeichner.

Wie waren die Reaktionen auf Ihren Aufruf?

Der Vorsitzende der SPD, Rolf Mützenich, unterstützte unseren Aufruf, was uns sehr freute. Er meinte, der Aufruf käme zur rechten Zeit. Und schrieb unter anderem: «Wir dürfen dem Krieg nach einem Jahr weder achselzuckend begegnen, noch die Diplomatie zur Seite legen. Wenn der Aufruf in den kommenden Wochen zu einer sachlichen Diskussion beitragen würde, dann wäre nach Monaten einseitiger, polternder Debatten schon viel erreicht.»

Der heutige Vize-Aussenminister der Ukraine Andrij Melnyk hingegen sprach abwertend von einer «senilen Idee» und riet uns, wir sollten uns zum Teufel scheren. Sicher, viele in der Unterzeichnergruppe sind schon älter, aber genau das ermöglicht einen bestimmten Zugang. Wir haben als Nachkriegsgeneration die Folgen des Zweiten Weltkriegs noch beobachtet und in ständigem Kontakt mit Kriegsopfern und Kriegsteilnehmern gestanden. Wir können von daher realistisch einschätzen, welche verheerenden Auswirkungen militärische Konflikte haben. Bei den Unterzeichnern handelt es sich grossenteils um die damaligen Unterstützer und Träger der klassischen Entspannungspolitik, wie sie von der sozial-liberalen Regierung Brandt/Scheel erfolgreich verwirklicht wurde.

Die Reaktionen auf unseren Friedensappell waren, wie nicht anders zu erwarten, geteilt, doch scheint unser Appell im sozialdemokratischgewerkschaftlichen Spektrum einen Nerv getroffen zu haben.

Gab es spezielle Kritik am Text?

Unser Aufruf wurde teilweise missverstanden. Es handelt sich nicht um einen offenen Brief. Auch wollten wir den Bundeskanzler nicht zu etwas auffordern oder gar der Ukraine zur Kapitulation raten. Es geht uns vor allem um eine öffentliche Stellungnahme, die andere Personen aus dem politischen Feld und aus der Bevölkerung ermutigen soll, sich ebenfalls für den Frieden und für Verhandlungen einzusetzen.

Wie stellen Sie sich eine Deeskalation des Ukraine-Konflikts vor?

In erster Linie geht es darum, die beiderseitige Interessenlage nüchtern einzubeziehen und nicht immer nur starr in eine Richtung zu bli-

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