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Kraftwerksprojekt erreicht nächsten Meilenstein

BEREIT FÜR DIE MONTAGE – KRAFTWERK ROTGÜLDEN ERREICHT NÄCHSTEN MEILENSTEIN

Der Ersatzneubau des Kraftwerks Rotgülden im Salzburger Hintermuhr schreitet zügig voran. Mit Ende Januar ist das Gros der baulichen Arbeiten abgeschlossen, alles ist vorbereitet für die nun folgende Montage des maschinen- und elektro- bzw. leittechnischen Equipments der Anlage. Bei der Betreiberin des Kraftwerks am Ursprung der Mur, der Salzburg AG, zeigt man sich mit dem bisherigen Verlauf hoch zufrieden. Bereits im Sommer dieses Jahres soll das neue und erweiterte Kraftwerk Rotgülden ans Netz gehen. Mit unveränderter Wassermenge wird es zukünftig im Regeljahr rund 10 GWh sauberen Strom erzeugen. Zudem wird es durch eine Beseitigung der bisherigen Schwall-Sunk-Belastung einen Mehrwert für die Gewässerökologie bieten.

Mit Ende Januar ist der Großteil der Bauarbeiten am neuen Kraftwerk Rotgülden abgeschlossen. Die Montagearbeiten können beginnen. Anfang Februar wurde der neue Generator angeliefert und montiert.

Für die Salzburg AG hat die Stromerzeugung im Murtal eine lange Tradition. Bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Kraftwerk Murfall errichtet, das zur Keimzelle und Ausgangsbasis für eine flächendeckende Stromversorgung im südlichsten Salzburger Bundesland, dem Lungau, werden sollte. Mitte der 1950er Jahre folgte das Kraftwerk Rotgülden, das ursprünglich über den Stausee Rotgülden angespeist wurde. Der steigende Strombedarf in den 1960er Jahren machte eine Erweiterung des Kraftwerks erforderlich, diese wurde durch den zusätzlichen Bezug des Wassers aus dem Plölitzenspeicher ermöglicht. „Durch den Umbau des 1991 errichteten Kraftwerks Hintermuhr zu einem Pumpspeicher-Kraftwerk zwischen 2006 und 2008, das seither den Stausee Rotgülden als oberes Speicherbecken nutzt, versiegte für das Kraftwerk Rotgülden die Wasserzufuhr aus dem gleichnamigen Stausee. Erhalten blieb nur die Wasserzufuhr aus dem Plölitzenspeicher, einem klassischen Tagesspeicher. Im Grunde wurde eine der zwei installierten Turbinen im alten Kraftwerk dadurch überflüssig“, erklärt der Projektleiter für die Elektrotechnik des neuen Kraftwerks Rotgülden, DI Simon Schernthanner. Er verweist darauf, dass diese suboptimale Auslastung nicht der einzige Grund für die Erneuerung des Kraftwerks darstellte: „Zum einen war das Thema Schwall-Sunk hier ein zentrales, da durch den bedarfsgeregelten Betrieb mit dem Tagesspeicher häufig ökologisch bedenkliche Durchflussschwankungen im Bachbett entstanden waren. Neben diesem wasserökologischen Aspekt war es auch die alte Leittechnik, für die Handlungsbedarf bestand.“

ZWEI FLIEGEN MIT EINER KLAPPE Zwischen 2017 und 2018 entwickelten die Experten der Salzburg AG die Idee einer kompletten Erneuerung des Kraftwerks, die mit einer deutlichen Kapazitätserweiterung einhergeht. „Der Kern des Konzepts bestand darin, den alten Kraftwerksstandort stillzulegen und das neue Maschinenhaus rund 2,2 Kilometer weiter flussab, kurz oberhalb des Öllschützenspeichers neu zu errichten. Damit können zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Zum einen wird eine massive Leistungssteigerung durch einen Fallhöhenzugewinn von rund 80 m – und dazu noch die Beseitigung des Schwall-Sunk-Problems in der Ausleitungsstrecke erreicht“, umreißt Simon Schernthanner das Konzept. Kurz nach Ostern 2021 fiel der Startschuss für die Bauarbeiten. Das alte Krafthaus sowie

Foto: Salzburg AG

Foto: zek

Winterliche Aussicht auf den Öllschützenspeicher. Das Triebwasser des neuen Kraftwerks Rotgülden gelangt nun direkt in den Speichersee.

das Betriebswärterhaus wurden abgerissen, und die Verlegung der neuen Druckrohrleitung konnte beginnen. Am bestehenden Horizontalstollen mit Schrägschacht und dem anschließenden, rund 100 m langem Stahlrohr wurde – abgesehen von einer Erneuerung des Korrosionsschutzes – nichts geändert. Wo das Stahlrohr endet, setzt die neue Rohrleitung aus GFK-Druckrohren DN1100 vom Fabrikat Amiblu an. Im Wesentlichen wurden die neuen Druckrohre entlang der Gemeindestraße ohne Hoch- und Tiefpunkt unterirdisch verlegt. Zeitgleich wurde das neue Maschinenhaus oberhalb des Öllschützenspeichers aufgezogen. „Die Arbeiten verliefen bislang sehr zügig und ohne nennenswerte Probleme“, zeigt sich Simon Schernthanner zufrieden. Während sich die Bauarbeiten im Wesentlichen ihrem Abschluss zuneigen, können nun die umfangreichen Montagearbeiten beginnen.

Foto: Rittmeyer INSELBETRIEBSFÄHIGKEIT UNVERZICHTBAR Als erfahrener Kraftwerksbetreiber bringt die Salzburg AG mit ihrem Kraftwerksteam selbst viel Know-how in die Projektumsetzung mit ein. Die gesamten Planungen sowie die Auslegung der neuen Anlage wurde vom Kraftwerksteam der Salzburg AG gemanagt. Dabei galt es einige Besonderheiten zu berücksichtigen. „Ein wichtiger Punkt war, dass wir in der Grundauslegung bereits die Druckstoßproblematik miteinkalkulieren. Angesichts der sehr langen Druckrohrleitung mussten wir dafür die nötigen Sicherheitsreserven schaffen. Gelungen ist das über kurze Düsenstellzeiten und einen schnellen Strahlablenker bei der neuen 6-düsigen Peltonturbine“, erklärt der Projektleiter. Mit seinem Team wurden im Vorfeld dazu numerische Simulationen angestellt. „In diesen Bereich spielt eine weitere Besonderheit der Anlage hinein – die unbedingt erforderliche Inselbetriebsfähigkeit. Das heißt, dass die Düsenstellzeiten so abgestimmt werden mussten, dass die Voraussetzungen für die Inselbetriebsfähigkeit erhalten bleiben.“ Er verweist darauf, dass bereits die alte Anlage voll inselbetriebs- und schwarzstartfähig war. Eine unerlässliche Qualität des Kraftwerks, da der Ort Hintermuhr nur über eine 30 kV-Stichleitung versorgt wird, und Unwetter im Jahr zwei bis dreimal ungewollte Unterbrechungen in der Freileitung verursachten. Die Schwarzstartfähigkeit wird über einen Notstrom-Dieselgenerator sichergestellt.

Foto: Rittmeyer Foto:Wien Energie FERTIGTEIL-TRAFO ALS ERSATZLÖSUNG Eine besondere Eigenschaft des alten Kraftwerks Rotgülden lag darin, dass es sich um einen zentralen energie- und übertragungstechnischen Knoten gehandelt hat. Die Verantwortlichen sahen sich daher mit der Herausforderung konfrontiert, nach dem Abriss des alten Maschinenhauses eine entsprechende Lösung innerhalb kürzester Zeit zu finden. „Das ist uns gelungen. In nur einer Woche wurde eine ausgegliederte Fertigteil-Trafostation errichtet und erfolgreich in Betrieb genommen. Gleiches gilt für den neuen Freiluftverteiler“, erklärt Simon Schernthanner. Die Zusammenarbeit mit den beauftragten Unternehmen funktionierte dabei ausgezeichnet, so der Projektverantwortliche. Verantwortlich für die komplette Leittechnik zeichnet dabei der Branchenspezialist Ritt-

Im Vorjahr wurde die Steuerungstechnik vom Speicher Plöllitzen von Rittmeyer bereits modernisiert. Anfang Februar wurden die neuen Schaltschränke im Kraftwerk angeliefert. Sie wurden von der Fa. Rittmeyer geplant und weitgehend vorgefertigt.

Foto: zek Foto: zek

Das neue Maschinenhaus – es wurde im Vergleich zum alten Krafthaus um rund 2,2 km weiter flussabwärts verlegt.

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meyer Österreich, in dessen Lieferumfang die Leittechnik-Schaltschränke, die Eigenbedarfs- und Hilfsbetriebsverteiler sowie die Gleich- und Wechselrichteranlage fallen. Hinzu kommen noch die Verkabelung und die Montagearbeiten. Die Zusammenarbeit zwischen Rittmeyer und Salzburg AG auf elektrotechnischer Ebene ist ein Novum – das nach einer intensiven Kennenlernphase nun sehr gut funktioniert. „Im vergangenen Jahr haben wir bereits die elektrische Ausrüstung für den bestehenden Speicher Plölitzen komplett erneuert, neue Pegelmessungen installiert und die Trockentests soweit als möglich durchgeführt. Im Bereich der neuen Trafostation haben wir den ebenfalls neuen Freiluftverteiler geliefert und bespannt. Er hat der Salzburg AG beim Abbruch des alten Krafthauses als ‚Baustromverteiler‘ auch sehr gute Dienste erwiesen“, erzählt Bernhard Falkensteiner, Projektleiter der Firma Rittmeyer Österreich.

MODERNSTE LEITTECHNIK Eine technische Besonderheit des neuen Kraftwerks stellt der geplante Sicherheitskreis dar. „Der Sicherheitskreis ist nicht nur auf das Krafthaus beschränkt, wo ein Sicherheitsrelais für Not-Aus und andere sicherheitsrelevante Funktionen sorgt, sondern auch die Außenanlagen sind Teil davon. Das bedeutet in weiterer Konsequenz, dass der hydraulische Schutz der Druckrohrleitung und somit auch die Auslösung des Einlaufschützes beim Speicher Plölitzen nicht wie sonst üblich über die Leittechnik realisiert werden, sondern getrennt davon in eigenen Sicherheitsgeräten. Diese werden von der Firma Phoenix Contact geliefert“, führt Bernhard Falkensteiner weiter aus. Die offene PLCnext Steuerung fungiert in Kombination mit dem digitalen I/O System Axioline Smart Elements als Schnittstelle zum Leitsystem. Für die eigentliche Überwachung der Sensoren sorgt die Safety-Bridge Technologie. Die sehr schmalen Überspannungsschutzgeräte TERMITRAB complete mit einer Baubreite von nur 3,5 mm stellen

Foto: Salzburg AG

Mit viel Fingerspitzengefühl wird der neue Synchrongenerator durch die Dachöffnung des neuen Maschinenhauses eingehoben und an seinen Bestimmungsort gebracht.

Mit der Situierung des neuen Krafthauses unmittelbar vor dem Öllschützenspeicher fällt das zuvor bemängelte Schwank-Sunk-Problem weg.

Foto: zek

zudem den optimalen Schutz der Applikation sicher. Insgesamt bieten die Phoenix Contact-Komponenten maximale Effizienz durch hohe Funktionalität in kleinster Bauweise. Im Hinblick auf den hydraulischen Schutz der Rohrleitung wird am Standort des alten Maschinenhauses, wo die neue Druckrohrleitung an das letzte Stück der bestehenden Stahlrohrleitung anschließt, ein eigener neuer Messschacht errichtet. Hier wird die vielfach bewährte RISONIC Durchflussmessung, ein Produkt aus dem Hause Rittmeyer, installiert. Als zweite Messeinheit wird am neuen Krafthausstandort die neue RISONIC Compact eingebaut. Sie ermöglicht mit einfachen ClampOn Sensoren eine nicht-intrusive Durchflussmessung ohne jegliche Betriebsunterbrechung.

AUFTAKT FÜR MONTAGEARBEITEN

Foto: zek

Foto: Stockinger Im Januar dieses Jahres wurde bereits der erste Teil der Schaltschränke für das Kraftwerk in Linz abgenommen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Schränke für die Energieverteilung sowie die Leittechnik der Schaltanlage. Bernhard Falkensteiner: „Mit der Anlieferung der Schaltschränke in der ersten Februar-Woche kann die Montage richtig durchstarten. Ende Februar werden die Leittechnikschränke und Hilfsbetriebsverteiler nach Hintermuhr geliefert. Wenn alles klappt, können wir Ende März oder Anfang April mit den Trockentests beginnen.“ Simon Schernthanner bestätigt, dass das Projekt an einem Meilenstein angelangt ist. Nach Monaten intensiver Bauarbeiten folgen nun nicht weniger spannende Montage- und Inbetriebsetzungsarbeiten. Parallel zur elektro- und leittechnischen Ausrüstung wird in den kommenden Wochen auch das elektromaschinelle Equipment, also Turbine und Generator, angeliefert und an ihrem Bestimmungsort montiert. Trotz des straffen Zeitplans ist das Projektteam zuversichtlich, dass die neue Anlage schon im Sommer dieses Jahres den Betrieb aufnehmen wird.

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