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ZITTAU
©Anja Nixdorf-Munkwitz
ZITTAU SIEHT GRÜN
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DER „GRÜNE RING“ WAR NUR DER ANFANG: JETZT WILL
ZITTAU AN ALLEN ECKEN UND ENDEN GRÜNER WERDEN, UND VIELE DÜRFEN MITGÄRTNERN.
SOGAR EINE FAST VERGESSENE ZWIEBELSORTE SOLL
AUS DEM „DORNRÖSCHENSCHLAF“ GEHOLT WERDEN.
©mije shots
Dass es die Zittauer gern etwas grüner mögen, ist keine Neuigkeit. Schon zwischen 1820 und 1869 scheuten sie keine Mühe, einen „grünen Ring“ um ihre Stadt zu legen. Dafür nutzten sie das Gelände der längst nutzlos gewordenen Stadtmauer, deren letzte Reste damals abgetragen wurden. Besondere Bäume wie die schönste Platane der Stadt blieben stehen – und natürlich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten außerhalb des Stadtzentrums. So kam es, dass Zittau heute von einem rund drei Kilometer langen Park umschlossen wird. Seine Besucher passieren beim Bummel die Fleischerbastei samt Blumenuhr, können einen Blick auf das berühmte „Große Fastentuch“ in der Kirche zum Heiligen Kreuz werfen oder zur Erfrischung kurz im klassizistischen Stadtbad eintauchen. Und wer sich noch etwas schlauer machen möchte, kann den Ring zwischen Mai und Oktober bei einer geführten Tour erkunden. Damit der regionale, frische Geschmack leichter auf die Zittauer Teller kommt, bietet der Frischemarkt jeden Samstag am Rathaus das Beste aus der Gegend rund um Zittau. „Erfreulich viele junge Leute und Familien nutzen dieses Angebot“, sagt der Stadtmarketing-Verantwortliche Kai Grebasch. Er will solche Angebote weiter ausbauen und lädt Ende Septemper zu den „Zwiebelwochen“ ein, die am 5. Oktober zum Erntedankwochenende beim ersten „Zittauer Zwiebelmarkt“ ihren Abschluss finden sollen. Gärtnereien, Gastronomen und Bäckereien aus Zittau und den nahen Partnerstädten werden da sein und die Zittauer mitsamt ihren Gästen auf den Geschmack bringen. Auch die „Zittauer Gelbe“ soll dann mit von der Partie sein, eine hiesige Zwiebelsorte, die 1830 registriert und europaweit populär wurde.
FRISCHES IN DIE STADT
So grün, so gut, dachte man in Zittau – aber da geht noch mehr. Unter dem Motto „Zittau gärtnert“ sprießen deshalb in der Stadt seit einiger Zeit neue Ideen, von denen manche schon sichtbar sind, andere bis zur Blüte noch ein wenig reifen müssen. Was sie verbindet, ist die Rückbesinnung auf die reiche Gartenbautradition der Stadt. Die reicht bis ins späte Mittelalter zurück, als böhmische Exilanten das fruchtbare Land vor dem Zittauer Gebirge erstmals für den Obst- und Gemüseanbau nutzten. Davon profitierte nicht nur der Speiseplan von Kleinbauern und Webern in der Region, sondern auch die Wirtschaft. Bald prägten Gemüsegärten das Zittauer Stadtbild und größere Ackerflächen das Umland, von denen übrigens viele mit Zwiebeln besetzt waren. Mehr als 200 kleine und mittlere Gartenbaubetriebe zählte man in der Mitte des 19. Jahrhunderts rund um die Stadt. Heute finden sich hier noch zwei Dutzend Gärtnereien, so wie die kleine Landwirtschaft von Klaus Möse. Auf dem Acker seiner Eltern hat er sich in den frühen 1990er-Jahren auf Erdbeeren und Beerenobst spezialisiert und ist seitdem auf den Wochenmärkten in und um Zittau mit seinem Verkaufsstand unterwegs. „Wir können mit unterschiedlichen Sorten und Folientunnel-Anbau oft von April bis Oktober frische Erdbeeren aus der Region anbieten“, sagt Klaus Möse. Viele Kunden kämen in der Hochsaison ab Juni sogar direkt bei ihm vorbei, an der Landstraße nach Lückendorf. Manche pflücken gern auch selbst – denn „so frisch bekommt man die Früchte im Supermarkt kaum.“
SELBST GRÜNER MACHEN
Weil neben den Obst- und Gemüseprofis auch vielen Zittauer Freizeitgärtnern der „grüne Daumen juckt“, entstehen derzeit etliche bunt bepflanzte Ecken mitten in der Stadt. Bestes Beispiel: der Amaliengarten. Unter dem Trendbegriff „Urban Gardening“ haben Stadt und Hochschule am früheren Standort eines Mehrfamilienhauses einen lebendigen Ort für Gartenfans geschaffen. In der Amalienstraße „gärteln“ nun Studenten, Bürger, Kinder und ganze Familien und tauschen ihre Erfahrungen aus. So entsteht gemeinsam ein neues, lebenswertes Stück Zittau.
Ähnlich könnte es einer Baubrache in der Breiten Straße ergehen, die bald auf knapp 2.000 Quadratmetern zu einer bunten Sommerwiese und Heimstatt für Insekten werden soll. Und wer Ideen hat, kann sich an einer weiteren Baulücke versuchen, nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt in der Böhmischen Straße. „Solche Chancen haben wir viele in Zittau, denn nicht überall können wir die alte Bausubstanz erhalten oder zeitnah restaurieren“, weiß Kai Grebasch (Foto). Deshalb stehen „grüne Ideen“ gerade hoch im Kurs, selbst wenn es dabei nur um die temporäre Begrünung maroder Fassaden geht. Neue Impulse erhofft er sich auch über das Projekt „Ab in die Mitte“: Als Preisträger des Landeswettbewerbs hat sich Zittau gerade die wissenschaftliche Unterstützung für die Weiterentwicklung solcher Vorhaben gesichert.