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GRIMMA

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TORGAU

TORGAU

STADT PLUS FLUSS

DIE DRAMATISCHEN MULDE-HOCHWASSER VON 2002 UND 2013 HABEN GRIMMA VERÄNDERT. 2019 ZEIGT SICH, WIE AUS DIESEM SCHICKSAL EINE CHANCE WURDE UND SICH DIE STADT MIT DEM FLUSS VERSÖHNTE.

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Es ist ein perfekter Zufall: Genau 300 Jahre nach Vollendung der Pöppelmannbrücke findet in Grimma ein Projekt seinen Abschluss, das ebenso eng mit dem Fluss verknüpft ist wie die Geschichte dieser Brücke. Die nahm ihren Anfang um das Jahr 1716, als Kurfürst August der Starke seinen Oberlandesbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann beauftragte, eine neue Brücke über die Mulde zu entwerfen. Der Architekt hatte ihm bereits die Pläne für den prachtvollen Dresdner Zwinger geliefert und machte sich rasch an die Arbeit. Pöppelmann zeichnete eine schlanke Steinbrücke mit sechs Bögen, als Material wählte er roten Porphyrtuff aus dem nahen Rochlitz. Drei Jahre später war die Brücke fertig und schloss eine Lücke in der Eilpostlinie zwischen Dresden und Leipzig. Die Investition von 20.000 Talern hatte sich gelohnt.

DER KAMPF GEGEN DAS WASSER

Für viele Grimmaer grenzt es an ein Wunder, dass die Brücke heute noch steht. Auch wenn das nicht so ganz stimmt: Genaue Beobachter bemerken, dass von Pöppelmanns sechs Brückenbögen nur mehr vier vorhanden sind. Und das wiederum hat mit der zweiten Geschichte zu tun, die Millionen Menschen im ganzen Land vor den Fernsehgeräten fesselte. Manche sprachen damals von einem „Jahrtausendhochwasser“, andere von einer „Jahrhundertflut“, was freilich für die Menschen in Grimma keinen Unterschied machte, deren historische Altstadt gerade dreieinhalb Meter unter Wasser stand. Wochenlange Regenfälle im Erzgebirge hatten die Zwickauer und die Freiberger Mulde anschwellen lassen. Kurz vor Grimma vereinigen sich die beiden Flüsse und überspülten die Stadt mit nie gekannten Wassermassen. Wo im schnellstfließenden Fluss Europas normalerweise 50 Kubikmeter Wasser pro Sekunde vorbeifließen, rauschten nun 3.000 Kubikmeter heran. „Das war unvorstellbar“, erinnert sich Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger heute an jene Tage, in denen auch drei Pfeiler der Pöppelmannbrücke fortgespült wurden.

EIN NEUER BLICK AUF DEN FLUSS

Grimmaer Flutmauer ©Stadt Grimma

Das Auffälligste an der Anlage ist allerdings ihre Unauffälligkeit. Denn obwohl die gesamte Grimmaer Altstadt von einer Flutmauer und einem gewaltigen unterirdischen Kanalsystem geschützt wird, fällt das bemerkenswerte Bauwerk im Stadtbild kaum auf. Für den Gästeführer Rudolf Brendel gibt es darum genug Gelegenheit, auf viele technische Details hinzuweisen, die Spaziergänger leicht übersehen. Bei seiner Führung stellt er das Thema Hochwasser ins Zentrum, denn „das ist oft das einzige, was viele Gäste über Grimma wissen“. Natürlich führt die Strecke über die Brücke, deren vier Bögen seit 2012 wieder durch eine Stahlkonstruktion komplettiert werden. Der Spazierweg am anderen Ufer der Mulde erlaubt dann den Blick auf die Flutmauer mit ihren 79 Durchlässen, die in kürzester Zeit verschlossen werden können. „Einmal im Jahr wird das geprobt“, erklärt der Stadtführer. Dann zeigt er auf die historische Stadtmauer, die nun dank Betonverstärkung auch gegen die Fluten der Mulde schützt. Wo die Mauer fehlt, übernehmen bestehende Gebäude den Hochwasserschutz. „Etliche Gebäude wurden umgebaut, Mauern wurden verstärkt und alle Fenster

Damals war er gerade ein Jahr im Amt und die Mulde wurde zu seinem Thema. Sie blieb es über die Jahre und über das nächste Hochwasser 2013 hinaus, das nur wenig niedriger ausfiel und die Flutschäden auf insgesamt rund 400 Millionen Euro anwachsen ließ. Bis heute hat Berger ständig Niederschlagsmengen und Pegelstände auf seinem Smartphone im Blick, auch wenn er solche Wassermassen wie in der Vergangenheit nicht mehr fürchten muss. Denn beim Stadtbummel kann er auf dutzende Fluttore weisen, schaut am neuen Pumpenhaus vorbei und referiert über technische Details der „derzeit wohl modernsten Hochwasserschutzanlage“, die nun im Jahr des Brückenjubiläums fertiggestellt wird. und Türen lassen sich bis zu einer gewissen Höhe mit passgenauen Metallsperren abdichten.“

Das Überraschende am Flutschutz in Grimma ist allerdings nicht die technische Finesse oder das große Engagement, mit dem sich die Stadt und ihr Bürgermeister dabei eingebracht haben. Erstaunlich ist, dass sich die Stadt dadurch zum Fluss geöffnet hat und die Mulde gleichsam in die Stadt holt –auf eine positive Weise. Rauschte der Fluss bisher an Grimma vorbei, ist er nun Teil der Stadt. Erstmals gibt es einen Uferweg auf der Stadtseite. Am historischen Kloster ist eine moderne Pergola entstanden, die als Flutschutz dienen kann, aber im geöffneten Zustand einen bezaubernden Mini-Park erschließt, in dem nun die ersten Veranstaltungen stattfinden. Bald wird ein neuer Rundweg an beiden Ufern komplett begehbar sein und dann – auch wenn das noch etwas dauern mag – die Stadt und ihre Menschen mit der Mulde versöhnen.

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