3 minute read

PIRNA

Next Article
BAUTZEN

BAUTZEN

ELBSCHLOSS MIT AUSBLICK

HOCH OBEN RAGT DER SONNENSTEIN SEIT JAHRHUNDERTEN IN DEN HIMMEL ÜBER PIRNA. SO RICHTIG NAHE KAM ER DER STADT UND IHREN MENSCHEN NIE, DOCH DAS KÖNNTE SICH BALD ÄNDERN.

Advertisement

Pirna und Schloss Sonnenstein um 1750, Bernardo Bellotto (Canaletto) ©Eremitage Museum St. Petersburg

Am Anfang war die Burg. Noch bevor die Stadt Pirna 1233 erstmals urkundlich erwähnt wurde, stand auf dem Sonnenstein ein wehrhafter Bau. Historiker gehen davon aus, dass schon die Slawen im 10. Jahrhundert die prominente Position hoch über dem Elbtal als militärisch wichtigen Stützpunkt nutzten. Und so ist die Pirnaer Stadtsilhouette seit jeher vom Sonnenstein samt Schloss oder Burg geprägt. Canaletto verewigte ihn mehrfach in seinen ikonischen Stadtansichten und auch heute dominiert die Anhöhe das Bild. Trotzdem war der Sonnenstein in all den Jahren nie so richtig Teil der Stadt, was mit seiner erhöhten Lage, aber auch mit seiner wechselvollen Geschichte zu tun hat. Aber das wollen die Pirnaer nun ändern und es passt gut, dass sich 2019 die erste schriftliche Erwähnung der Burg anno 1269 zum 750. Mal jährt. Das Jubiläum gibt den Anlass für ein buntes Veranstaltungsprogramm rund um den Sonnenstein.

Wandelkonzert mit der Künstlerin Annette Jahns ©Frank Creutz

Kunstraum hinter wuchtigen Mauern ©Frank Creutz

DER BLICK ZURÜCK

Das Stadtmuseum im einstigen Dominikanerkloster wird im Festjahr eine Ausstellung präsentieren, die ab Ende April für sechs Monate in die Burggeschichte von den Anfängen bis ins frühe 19. Jahrhundert schaut. Wie genau die Burg in ihren ersten Jahrhunderten aussah, wird man auch dort nicht erfahren – darüber ist zu wenig bekannt. Allerdings weiß man, dass sie schon in den ersten Jahrhunderten mehrfach die Besitzer wechselte: Die Wettiner mussten sie nach 1288 an den Meißner Bischof abtreten, dann waren Böhmenkönige für ein Jahrhundert die Hausherren und danach wieder die Wettiner. In deren Ägide wurde die Burg um 1470 massiv umgebaut. Der berühmte Baumeister Arnold von Westfalen soll beteiligt gewesen sein, die alten Gemäuer zu einem moderneren und repräsentativen Schloss umzubauen. Von hier aus verwalteten vom Landesherren eingesetzte Vögte 200 Jahre lang das wichtige Amt Pirna, danach trat die militärische Nutzung des Sonnensteins in den Vordergund. Mächtige Außenwerke entstanden, von denen die Kanonen freies Schussfeld auf die Elbe hatten. In der Regel lebten etwa 100 bis 150 Soldaten in der Garnison, die bis 1759 Bestand hatte und vier Jahre später als Landesfestung aufgegeben wurde. Einige Jahrzehnte lang lebten noch Soldatenfamilien auf dem Sonnenstein, bis 1811 ein neues Kapitel begann. Als erste deutsche Heilanstalt für psychisch kranke Menschen setzte die großzügige Anlage ein neues Denken in der Psychiatrie um, das ein menschenwürdiges Leben der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt stellte. Mehr als 125 Jahre währte diese Ära, bis sie im Nationalsozialismus ein brutales Ende fand: Von 1940 bis 1941 wurde der Sonnenstein Schauplatz der „Aktion T4“. Dabei wurden fast 14.000 meist psychisch kranke und geistig behinderte Menschen ermordet.

Mittleres Werk der Festung Sonnenstein ©Stadt Pirna

VIELFALT IM HEUTE

Das und vieles mehr in der Geschichte mag die Distanz der Stadt zum Sonnenstein erklären. Doch seit einigen Jahren kommt man sich wieder näher. In den Gebäuden auf dem Sonnenstein ist heute das Landratsamt untergebracht und einen kurzen Spaziergang entfernt lohnt eine sehenswerte Gedenkstätte zur „Aktion T4“ und der Geschichte der Heilanstalt den Besuch. Die „Bastionen“ öffnen seit Jahren zum „Skulpturensommer“ ihre Tore für die Kunst – 2019 unter dem Motto „Das Tier - Sinnbild des Göttlichen“.

Der Schlosshang selbst wird im Rahmen des Stadtfestes am 16. Juni zum Schauplatz eines Familienspektakels für alle Generationen. Zu den zahlreichen Angeboten gehören unter anderem Fledermausführungen, Musik und Mitmachaktionen. Für Kinder ist hier und im angrenzenden Terrassengarten eine Schatzsuche angelegt, die das ganze Jahr über lohnt, und die Erwachsenen können sich bei Führungen in die Historie von Schloss, Kunst und Architektur auf dem Sonnenstein mitnehmen lassen.

Im Übrigen ist das Areal rund um den Sonnenstein auch eine perfekte Fluchtmöglichkeit aus dem Trubel der Innenstadt. Wem das bunte Treiben rund um den Marktplatz zu viel wird, der ist in wenigen Minuten im Grünen. Man flaniert am Hausberg über die Spazierwege, genießt die Terrassengärten oder den Blick auf die Elbe bis nach Dresden. Dieser ist vom Canalettoweg unterhalb der Burganlagen besonders schön, der dann direkt in den Malerweg in Richtung Sächsische Schweiz übergeht.

• www.pirna.de

This article is from: