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Titelgeschichte: Die Landshuter Europahütte

Ein echter Grenzfall

Landshuter Europahütte wird abgerissen und wieder aufgebaut

Von Barbara Felizetti Sorg

Die Tage der Landshuter Europahütte sind gezählt: Sie soll abgerissen und leicht versetzt wieder aufgebaut werden.

1899 errichtet, hat der Zahn der Zeit und der Naturgewalten an ihr genagt. Nun soll die Landshuter Europahütte, die auf 2.693 m genau auf der Grenze zwischen dem Pfitsch- und dem Vennertal steht, abgetragen und wieder aufgebaut werden.

121 Jahre hat sie mittlerweile auf dem Buckel, und das hohe Alter sieht man ihr – mit Verlaub – auch an: Tiefe Risse durchziehen die alten Steinmauern, auch die Fundamente sind zunehmend instabil. Die Tage der Landshuter Europahütte am Kamm der Tuxer Kette sind gezählt. Höchste Zeit also, etwas zu unternehmen. Aber was? Ein Blick zurück Der Alpintourismus blühte, als einige begeisterte Bergsteiger der Sektion Landshut des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DÖAV) 1899 im fernen Tirol die „Landshuter Hütte“ errichtete, die sich südlich des Kraxentragers (2.999 m) am Scheitelpunkt der Wasserscheide erhob. Freilich konnten sie damals noch nicht erahnen, welches Schicksal das Bauwerk ereilen sollte. Als Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1919 zu Italien geschlagen wurde, wurde die Hütte regelrecht entzweit: Die Grenze verlief nun quer durch das Gebäude. Während der östliche Teil – etwa ein Drittel – auf österreichischer Seite im Besitz des DAV Landshut verblieb, fiel der italienische Teil in der Folge als Kriegsbeute in den Besitz des italienischen Kriegsministeriums, später ging er in den Besitz der Fraktion Innerpfitsch über; 2021 hat schließlich die Südtiroler Landesregierung beschlossen, die Hütte anzukaufen. Diese komplexe rechtliche Situation ließ eine erfolgreiche Bewirtschaftung der Landshuter Hütte kaum zu, der Zweite Weltkrieg und die militärische Besetzung des Schutzhauses in den 1960er Jahren erschwerten das Unterfangen zusätzlich. Sturmschäden setzten dem Gebäude außerdem zu. 1961 wurde der österreichische Teil saniert und mit Unterbrechungen auch bewirtschaftet. In den 1980er Jahren begann der CAI Sterzing mit der Sanierung des italienischen Teils der Hütte, die in Zusammenarbeit mit dem DAV Landshut erfolgte. 1989 – gerade rechtzeitig zum 100-Jahr-Jubiläum – wurden die Arbeiten abgeschlossen, die Führung übernahm Familie Holzer aus Pfitsch. Die Hütte bekam damals als Symbol für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auch einen neuen Namen. „Die Landshuter Europahütte trägt dazu bei, Menschen zu verbinden, die jenseits der territorialen Grenzziehungen gemein-

sam europäische Werte teilen“, unterstreicht auch Massimo Bessone, Landesrat für Hochbau und Vermögen, die Bedeutung des Schutzhauses.

Zukunftsgespräche Die Aufbruchstimmung konnte jedoch nicht über den schlechten baulichen Zustand der Hütte hinwegtäuschen. In den vergangenen 20 Jahren hatte der CAI Sterzing rund 230.000 Euro investiert, um zumindest die Bewirtschaftung der Hütte zu ermöglichen, davon in den Jahren 2005 und 2011 etwa 100.000 Euro für die statische Konsolidierung der Hütte und 2008 rund 20.000 Euro für die Sanierung des Winterraumes. 2017/18 waren weitere 70.000 Euro für die Konsolidierung vorgesehen. Dazu kam es allerdings nicht mehr – die Bauschäden waren so gravierend, dass eine neue Lösung gefunden werden musste. In den Jahren 2019 und 2020 wurden nach ersten Begehungen vom Landesamt für Geologie und Baustoffprüfung in Zusammenarbeit mit der Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt der Technischen Universität München ein geologisches Gutachten erstellt und die Bodenbewegungen untersucht, um Aufschluss über die Ursache der Bauschäden am Schutzhaus zu erhalten. Finanziert wurden diese Erhebungen im Rahmen eines Interreg-Kleinprojektes des Interreg-Rates Wipptal. „Eine detaillierte Erhebung betraf das Rissbild und die Bewegungsvektoren der statischen Strukturen des Bauwerks, dabei wurde auch ein Laserscan des Bauwerks von allen Seiten gemacht“, so Volkmar Mair, Direktor des Landesamtes für Geologie und Baustoffprüfung. „Zudem wurden Bewegungsmessungen des Bauwerks sowie der Nebengebäude und der Felsblöcke in unmittelbarer Umgebung durchgeführt, ebenso wie eine geologische, strukturelle und geotechnische Kartierung des gesamten Felsgrates und nicht zuletzt geoelektrische sowie seismische Untersuchungen des Untergrundes.“ Das Ergebnis: Die Schäden sind vor allem auf starke Fließbewegungen an der Nord- und der Südkante zurückzuführen. Und diese sind beträchtlich: An der Stelle, wo sich etwa der Winterraum befindet, betragen diese rund 2 cm in drei Monaten. Zudem befinden sich unter der Hütte Hohlräume, in die Wasser eindringt, was ebenfalls Bewegungen und eine Schwächung der Fundamente zur Folge hat. Am 15. November 2019 fanden im Rahmen des Interreg-Projekts Fit4Co

Stützpunkt für italienische Vereine

Seit 1988 hat sich der CAI Sterzing ehrenamtlich um die Landshuter Europahütte gekümmert. 2021 hat das Land Südtirol beschlossen, die Hütte käuflich zu erwerben. Im Ge-

genzug geht nun der Sitz des CAI Sterzing, der sich bisher im Besitz des Staates befand, in das Eigentum des CAI über. Dort soll in Zukunft ein Stützpunkt für die italienischen Vereine im Wipptal entstehen.

(Fit for Cooperation), für das der Interreg-Rat Wipptal die Initiative ergriffen hatte, erste Gespräche statt, um über die Zukunft der Hütte zu diskutieren. Um auch künftig einen nachhaltigen und wirtschaftlich sinnvollen Hüttenbetrieb zu gewährleisten, wurden in der Folge von einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe mehrere Varianten erarbeitet. Sanierung oder Neuerrichtung an einem anderen Standort? Eine Grundsatzentscheidung war notwendig. „Wir haben sehr lange darüber diskutiert, wie wir vorgehen“, so Adriano Zanella, Vize-Präsident des CAI Sterzing. „Eine Erhaltung der alten Schutzhütte wäre natürlich unser prioritäres Ziel gewesen, nicht nur aus historischen, sondern auch aus moralischen Gründen, aus Respekt vor den Gründervätern und vor den zahlreichen

Buchtipp „Die Landshuter Europahütte“

Alberto Perini hat im Jahr 1989 anlässlich der Eröffnung der Europahütte unter dem

Titel „Die Landshuter Europahütte“ eine zweisprachige

Broschüre verfasst, die – mit zahlreichen Abbildungen versehen – neben geologischen Anmerkungen die Geschichte der Hütte und vor allem deren Wiederaufbau in der 1980er Jahren aufgreift.

Damit hat sich „der Traum in überzeugende Realität verwandelt, sodass wir mit gutem

Recht weiterträumen dürfen von dem Bau eines noch größeren gemeinsamen Hauses: 30 Erker 08/21 Europa!“, so Perini. Adriano Zanella: „Eine Erhaltung der Hütte wäre das prioritäre Ziel des CAI Sterzing gewesen.“

Mitgliedern des CAI Sterzing, die jahrzehntelang ehrenamtlich viel Zeit und Energie geopfert haben, um das Gebäude auf Vordermann zu bringen.“ Allerdings habe sich bald herausgestellt, dass eine nachhaltige Sanierung der bestehenden Hütte wegen der komplexen Struktur des Untergrundes aus baulicher und statischer Sicht, aber auch aus Kostengründen nicht in Frage komme. Einen Neubau nach dem Stand der Technik und unter Berücksichtigung der Richtlinien zum Bau im Permafrostbereich halten die Experten jedoch für möglich. Deshalb wurde beschlossen, das Gebäude abzureißen und wieder aufzubauen. Am 1. Oktober 2020 wurde ein Einvernehmensprotokoll zur Zukunft der Europahütte unterzeichnet, das die Richtschnur für das künftige Handeln bildet. Um das verwaltungstechnische Procedere wird sich die Stiftung „Landshuter Europahütte“ mit Sitz in der Gemeinde Pfitsch kümmern, deren Gründung im Frühjahr 2021 beschlossen wurde. Im Stiftungsrat werden Peter Trenkwalder (Land Südtirol/CAI Sterzing), Martin Knapp (Alpenverein Südtirol), Georg Grösch und Bernhard Tschochner (DAV Landshut) sowie Doris Hallama (Land Tirol) sitzen. Die Stiftung wird in Zukunft auch die Führung der Hütte vergeben.

Neuer Standort Der neue Standort der Europahütte wird sich wahrscheinlich in unmittelbarer Nähe zum derzeitigen Bau, leicht nach Südwesten verschoben, befinden, weshalb auch die Grenzschutzkommission der Außenministerien in Rom und in Wien miteinbezogen werden muss. Das Gelände ist dort flacher, die Rutschgefahr dadurch geringer. Geometer Franco Dal Molin hat die Vermessung des Areals vorgenommen. Konkrete Pläne für den Bau gibt es noch nicht. Über einen Wettbewerb soll ein funktionelles Projekt entstehen. Um die Bauzeit möglichst kurz zu halten, wird es sich voraussichtlich um einen vorgefertigten Holzbau handeln. Wie lange die Arbeiten dauern werden, ist derzeit noch nicht abzuschätzen, mit einer bis zwei Sommersaisonen ist mit Sicherheit zu rechnen. Technische und juristische Fragen wie etwa die Lagerung des Aushubmaterials sind derzeit noch zu klären. „Von elementarer Wichtigkeit ist das Fundament der Hütte“, so Adriano Zanella. „Genauso wichtig ist die Technik, wie etwa die Speicherung von Regenwasser und die Logistik. Außerdem soll das Gebäude energetisch autark sein.“ In Bezug auf die Trinkwasserversorgung muss ein Projekt gestartet werden, damit die Forderungen der Gesundheitsbehörde bzw. des Sanitätsbetriebes erfüllt würden. „Das Quellwasser ist zwar in Ordnung, ein Problem stellen allerdings die Quellfassung und die Wassertanks dar“, so Zanella. Letztere stammen noch aus den 1970er Jahren und sind für die Lagerung von Trinkwasser nicht geeignet. Wie bei einem Fit4Co-Treffen im Juli festgehalten wurde, liegt das Alleinstellungsmerkmal der Hütte weiterhin darin, dass die italienisch-österreichische Grenze quer durch das Bauwerk verläuft. Deshalb sei es wichtig, dass „im zukünftigen Ersatzbau die Grenze in jedem Raum sichtbar gemacht“ werde, wie Hans Peter Santer vom Landesamt für Hochbau Ost anmerkte. Außerdem sollten auf Vorschlag von Matthias Fink vom Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) lokale Elemente, wie etwa der Pfitscher Silberquarzit, in der neuen Hütte Beachtung finden. Und laut Andrea Barbari, Präsident des CAI Sterzing, sollten auch die zahlreichen Publikationen des CAI, in denen auf die Geschichte der Europahütte eingegangen wird, Berücksichtigung finden. Die derzeitige Hütte besteht aus dem Erdgeschoss und zwei Obergeschossen und umfasst ein Volumen von rund 1.800 m3. Im italienischen Teil sind 56 Sitzplätze und 46 Schlafplätze untergebracht, im österreichischen Teil 16 Sitzplätze und 21 Schlafplätze. „In der neuen Hütte sollten maximal 80 Sitzplätze und 80 Schlafplätze vorhanden sein“, so Adriano Zanella. „Die Aufenthaltsräume und die Schlafräume sollten meines Erachtens Richtung Süden ausgerichtet werden, um die direkte Sonneneinstrahlung zu nutzen. Der Speisesaal sollte bei Bedarf abgetrennt werden können, um einen Teil

Eine Sanierung der bestehenden Hütte kommt wegen der komplexen Struktur des Untergrundes nicht in Frage.

Buchtipp „Zweitagestouren in Südtirol“

Einfach in den Bergen unterwegs sein, auf dem Gipfel stehen, den Blick schweifen lassen, den Sonnenuntergang auf der Schutzhütte erleben und die Ruhe genießen … Peter Righi hat in seinem Buch „Zweitagestouren in Südtirol. Die schönsten Bergwanderungen mit Übernachtung in Schutzhütten“, das im Februar 2021 erschienen ist, 30 attraktive Wochenendtouren vom Ortlergebiet über den Schlern bis in die Dolomiten mit den Drei Zinnen gesammelt. Stützpunkt ist jeweils ein Schutzhaus: Am ersten Tag steht der Aufstieg zur Hütte und wahlweise eine kürzere Tour an, am zweiten Tag eine längere Wanderung oder Gipfeltour mit Rückkehr ins Tal. Die meisten Routen sind technisch unschwierig und mit gängiger Wanderausrüstung sowie durchschnittlicher Kondition und Trittsicherheit machbar. Auch im Wipptal war der Autor unterwegs, vorgestellt werden Zweitagestouren zur Europahütte, zur Tribulaunhütte und auf den Schneeberg. Peter Righi, geboren 1965, lebt in Bozen und am Ritten. Er ist Touristiker, Publizist, Blogger und war viele Jahre als Tourenleiter im Südtiroler Alpenverein tätig. auch als Seminarraum zu nutzen.“ Die geschätzten Kosten für den Bau der Europahütte belaufen sich auf rund vier Millionen Euro, die je zur Hälfte von den Eigentümern – Land Südtirol und DAV Landshut – getragen werden. Ob während der Bauarbeiten für Bergsteiger eine provisorische Hütte zur Verfügung steht, ist noch nicht geklärt. Indes haben die betroffenen Gemeinden Pfitsch und Gries am Brenner sowie die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino ihre vollste Unterstützung in Bezug auf die Bauabwicklung zugesagt. Der Interreg-Rat Wipptal wird auch in Zukunft das Vorhaben unterstützen und tatkräftig bei der Realisierung mithelfen.

Materialseilbahn geplant Um die Arbeiten zu erleichtern, wird die Errichtung einer provisorischen Materialseilbahn in Erwägung gezogen. Dafür müsste zwar die bestehende Forststraße geringfügig verlängert werden, dafür wäre man während der Bauarbeiten vor allem wetterunabhängiger, der Transport wäre kostengünstiger und man hätte eine höhere Kapazität als etwa bei einer Anlieferung mittels Hubschrauber. Im Notfall könnte sie auch für den Abtransport von Verletzten genutzt werden. Auch für die Pächter würde eine Materialseilbahn von Vorteil sein, da sie kostengünstiger arbeiten könnten.

Wann ist es soweit? Es gibt also große Pläne für die symbolträchtige Europahütte. Verläuft alles nach Plan, wird noch innerhalb dieses Jahres ein Wettbewerb für die Projektierung ausgeschrieben. Bis allerdings die ersten Bergsteiger in der neuen Hütte Rast machen können, wird noch einige Zeit vergehen. „Natürlich wäre die 125-Jahr-Feier im Jahr 2024 eine schöne Gelegenheit für die Neueröffnung“, meint Adriano Zanella. „Wir gehen allerdings davon aus, dass wir in drei Jahren die Grundsteinlegung feiern können.“ Die Eröffnung der neuen Europahütte ist für 2025 geplant. Ein echter Grenzfall wird sie auch dann noch sein.

Die Schäden im Mauerwerk sind nicht zu übersehen: Die tiefen Risse sind vor allem auf starke Fließbewegungen an der Nord- und der Südkante zurückzuführen.

Becherhaus in neuem Glanz

Nach umfassenden Instandhaltungs- und Erneuerungsarbeiten am landeseigenen Becherhaus auf 3.195 m Höhe, die im vergangenen Sommer aufgenommen worden waren, konnte die Schutzhütte am 18. August offiziell eröffnet werden.

Allerdings zog das Wetter dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung: Erst musste die Feier um zwei Tage verschoben werden, dann konnte der Hubschrauber, der einen Teil der Festgäste zur Hütte fliegen sollte, erst mit Verspätung eingesetzt werden. Landeshauptmann Arno Kompatscher, der gemeinsam mit Landesrätin und Landeshauptmannstellvertreterin Waltraud Deeg, Bezirkspräsidentin Monika Reinthaler, Bürgermeister Sebastian Helfer und Mitgliedern des Bergrettungsdienstes Ridnaun-Ratschings zu Fuß aufgestiegen war, besichtigte das Becherhaus und bedankte sich bei den Hüttenwirten Lukas und Edeltraud Lantschner für ihren Einsatz. „Unsere Schutzhütten stehen für die Erschließung des Gebirges und sind ein Aushängeschild“, so der Landeshauptmann. „Für das Becherhaus, Südtirols höchstgelegene Schutzhütte, gilt das ganz besonders.“ Mit der Entwicklung des Bergtourismus habe die Becherhütte internationale Bekanntheit erlangt, sodass selbst Leitmedien wie die New York Times oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung über das Schutzhaus berichtet hätten. Landeshauptmann Kompatscher verwies auch darauf, dass bei der Instandsetzung auf Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit geachtet worden sei. „Wir haben 1,4 Millionen Euro investiert, um dieses Schutzhaus aufzuwerten“, so Landesrat Massimo Bessone. Der Landesrat verwies auf die Schwierigkeiten, die eine Baustelle im Hochgebirge kennzeichnen: „Das Hochgebirge ist eine technisch herausfordernde Baustelle, wo unter extremen Bedingungen in begrenzten Zeiträumen gearbeitet wird.“ Die allesamt heimischen Unternehmen, die am Becherhaus gearbeitet haben, hätten die Herausforderungen mit Einsatz und Innovationsgeist bestens gemeistert.

Im Zuge der Instandsetzung des Becherhauses wurden die Außenhülle erneuert und die Fassaden neu mit Lärchenschindeln verkleidet. Auch das Dach und die Fensterrahmen wurden ausgetauscht. Auf den neuesten Stand gebracht wurden die technischen Anlagen. Zudem wurde das Gebäude an die Brandschutzvorschriften angepasst. Im Gebäudeinneren wurden die ostseitige Stube und die Terrasse ausgebaut. Die gesamte Stromversorgung mit LED-Beleuchtung, Photovoltaikanlage und Batteriespeichersystem wurde

umweltfreundlich erneuert. Hand angelegt wurde auch an den Heizungs- und Sanitäranlagen und an der Wasseraufbereitungsanlage, die Gletscherwasser nutzt. Neu ist zudem das Abwasserreinigungssystem. Die Hüttenwirte Lukas und Edeltraud Lantschner aus Jenesien bewirtschaften das Becherhaus mit seinen hundert Schlafplätzen, das noch bis zum 12. September geöffnet hat.

Werden die Sammelstellen geschlossen?

Abfallwirtschaftszentrum Schabs: „Verunreinigter Bio-Müll wird nicht mehr angenommen!“

In einigen Wipptaler Gemeinderatsstuben war es bereits ein heißdiskutiertes Thema: der hohe Verschmutzungsgrad des Bio-Mülls. Kann das Problem nicht gelöst werden, so müssen unter Umständen mit Ende des Jahres die peripheren Sammelstellen im Wipptal geschlossen werden. Man möchte nicht meinen, wie schwer es einigen Mitbürgern anscheinend fällt, Biomüll in den dafür vorgesehenen Papiertüten – also nicht in Plastiktaschen – zu entsorgen. Offensichtlich sehr schwer, denn neben Plastik, Windeln und noch in Nylon eingeschweißten Lebensmitteln wird auch Restmüll in der Bio-Tonne entsorgt, wie Ronald Amort, Direktor des Umweltbereichs der Bezirksgemeinschaft Eisacktal, berichtet: „Die Trennmentalität hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend verschlechtert.“ Bei einer Führung durch das Abfallwirtschaftszentrum in Schabs wird deutlich, was gemeint ist: Der Bio-Müll, der in die Anlage gebracht wird, ist durchsetzt mit Plastikteilen und anderem Müll.

Im Abfallwirtschaftszentrum Schabs wird der Bio-Abfall in einer überdachten Halle zu Haufen geschichtet und mehrmals gewendet, um dem Substrat Sauerstoff zuzuführen. Grobfasrige Materialien wie die Papiertaschen, die eigens für die Biomüllsammlung ausgegeben werden, unterstützen den Abbauprozess, der nach rund drei Monaten abgeschlossen ist. Die Komposterde dient der Bodenverbesserung. Wer Bedarf dafür hat, kann sie zu den Öffnungszeiten abholen.

Das eigentliche Konzept, Bio-Müll zu kompostieren und in den Kreislauf der Natur zurückzuführen, wird dadurch zunichte gemacht. Laut Betriebsgenehmigung dürfe der angelieferte Bio-Müll nicht mehr als ein Volumenprozent an sogenannten Störstoffen aufweisen. Mehrere Kontrollen, die vom zuständigen Amt durchgeführt wurden, hätten gezeigt, dass der Verschmutzungsgrad höher als erlaubt ist, so Amort. „Wir riskieren, die Betriebsgenehmigung zu verlieren. Deshalb werden wir die Konsequenzen ziehen und verschmutzte Lieferungen zurückweisen.“ Als mögliche Alternative bliebe noch das händische Aussortieren oder die Fahrt in die Müllverbrennungsanlage nach Bozen – zu Lasten der Gemeinden bzw. schlussendlich der Bürger, welche die Kosten dafür zu tragen haben. Der Ball liegt nun bei den Gemeinden, die noch bis Ende des Jahres Zeit haben, um entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Besonders in städtischen Gemeinden und an Sammelstellen, wo der Müll ohne Aufsicht anonym abgegeben werden kann, sei ein hoher Verschmutzungsgrad feststellbar, so der Leiter der Umweltdienste. Offenbar bringen manche Bürger ihren Bio-Müll vorzugsweise in Plastiktaschen zur Sammelstelle; um sich die Hände nicht schmutzig zu machen, wird der Müll samt Tasche in die Tonne geworfen. Die Verwendung von biologisch abbaubaren Plastiktüten mag vielleicht gut gemeint sein, beruht allerdings auf einem Missverständnis, wie Massimiliano Grendele, Leiter des Umweltdienstes der Bezirksgemeinschaft Wipptal, erklärt. Nur unter bestimmten Bedingungen, nämlich der Vergärung unter Luftab-

Rote Karte!

Vor allem an den Sammelstellen, wo zu jeder Tages- und Nachtzeit Müll abgegeben werden kann, wird eine starke Verunreinigung des Bio-Mülls festgestellt. Auch private Haushalte bzw. Mehrparteienhaushalte trennen nicht immer ordnungsgemäß. Mittels Chip in der Tonne kann leicht festgestellt werden, wer der Verursacher ist. Einige Gemeinden sind bereits dazu übergegangen, mit einem Verwarn-System die Bürger zu einer besseren Mülltrennung zu erziehen: Eine gelbe Karte kommt einer Verwarnung gleich, klebt eine rote Karte auf der Tonne, wird sie nicht mehr abgeholt bzw. als Zusatzentleerung verrechnet, so Ronald Amort, Direktor des Umweltbereichs der Bezirksgemeinschaft Eisacktal.

Der WippTALER

Regionale Währung für das Wipptal

Ronald Amort: „Hochgradig verschmutzter Biomüll muss in der Müllverwertungsanlage in Bozen verbrannt werden.“

schluss, in deren Folge das Substrat hohen Temperaturen ausgesetzt ist, können sich diese Tüten zersetzen. Dieses Verfahren wird in der Anlage in Natz-Schabs jePapiertüten verwendet werden“, so Grendele. Sollte sich die Trennmentalität nicht bessern, müsste man als Konsequenz die peripheren Sammelstellen für Bio-Müll auflassen. Die Bürger wären dann gezwungen, ihren Bio-

Müll zu den vorgegebenen

Öffnungszeiten in den Recyclinghöfen abzugeben. „Ich befürchte allerdings, dass der Bio-Müll dann im Hausmüll landet“, so Grendele.

Dies sei allerdings nicht Sinn der Sache, denn gerade beim

Hausmüll wäre durchaus noch Einsparungspotential vorhanden. Wird nicht sauber getrennt, müssen die peripheren Sammelstellen geschlossen werden; werden die Sammelstellen geschlossen, nimmt der Hausmüll zu – und damit sind auch höhere Gebühren vorprogrammiert. „Somit hängt letztendlich alles zusammen und am Ende werden auch jene bestraft, die vorbildlich den Müll trennen“, so Grendele. at

Bezirkspräsidentin Monika Reinthaler beim Lokalaugenschein im Abfallwirtschaftszentrum Schabs Zu Sommerbeginn diskutierten die Ratsmitglieder der 18 Gemeinden des nördlichen und südlichen Wipptales bei einer Sitzung des Interreg-Rates in Sterzing und online gemäß dem Motto „…für ein Wipptal ohne Grenzen“ verschiedene grenzüberschreitende Themen und Projekte. Carmen Turin und Sabine Richter vom Interreg-Rat-Management berichteten über den aktuellen Stand der Umsetzung mehrerer Interreg-Klein- und Mittelprojekte. Auch neue Projektideen wurden präsentiert. Eine davon ist der „WippTALER“. Das Projekt sieht vor, eine regionale Währung zu entwickeln, die im Wipptal künftig als Komplementärwährung genutzt werden kann. Hierfür sind nun noch die Ergebnisse bereits durchgeführter Studien abzuwarten; dann soll das Projekt dem Interreg-Rat zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Beschlossen wurde das Kleinprojekt „Die Reise der Maria Fuchs durchs Wipptal“. Es sieht vor, die Geschichte zur Zeit des Tiroler Freiheitskampfes aus Sicht der Frauen aufzuarbeiten und die Ergebnisse in weiterer Folge musikalisch und künstlerisch darzulegen und aufzuführen.

Digitale Gemeindestube

Die Gemeinden Ratschings und Mühlbachl im Nordtiroler Wipptal haben im Rahmen des grenzüberschreitenden EU-Förderprogramms Interreg Italien – Österreich 20142020 das gemeinsame Pilotprojekt „Die digitale Gemeindestube“ auf den Weg gebracht. Das Hauptaugenmerk des Projektes liegt auf der Digitalisierung verschiedener Akten, vor allem aus den Bau- und Meldeämtern. Bürgermeister Sebastian Helfer merkte in diesem Zusammenhang an, dass die Digitalisierung heute für die Bürger nahezu den gleichen Stellenwert habe wie vor Jahrzehnten die flächendeckende Stromversorgung oder der Bau von Zufahrtswegen.

„Das Förderprojekt war für uns die Chance, ein wichtiges Vorhaben vorzuziehen, das wir ansonsten wohl um einiges später angegangen wären.“

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