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Parlamentswahlen: Nachgefragt
from ERKER 11 2022
by Der Erker
Vorwahlzeiten nach der Wahl
Am 25. September hat die italienische Bevölkerung ein neues Parlament gewählt. Beide Kammern mussten nach ihrer Auflösung im Juli 2022 vorzeitig neu bestellt werden. Bei den Neuwahlen ist das Mitte-rechts-Bündnis (44 %) zur stärksten Kraft in Kammer und Senat aufgestiegen, gefolgt vom Mitte-links-Bündnis (26 %) und der 5-Sterne-Bewegung (15,5 %). Neun Südtiroler lösten ihr Ticket nach Rom: Julia Unterberger, Meinhard Durnwalder, Renate Gebhard, Manfred Schullian, Dieter Steger (SVP-PATT) und Luigi Spagnolli (Mitte-links-Bündnis). Michaela Biancofiore, Alessandro Urzì und Giuseppe Tommaso Vincenzo (Mitte-rechts-Bündnis) sind über die Wahlkreise Rovereto, Vicenza und Kalabrien ins Parlament eingezogen.
Einen Monat nach den Wahlen ist Giorgia Meloni, Spitzenkandidatin von Fratelli d’Italia, Italiens neue Premierministerin. Während Italiens Verwaltung wieder Fahrt aufnimmt – bis Jahresende stehen u. a. die Genehmigung des Haushalts und die Verwendung der PNRR-Gelder an –, stellen die Parteien in den Regionen und Provinzen bereits die Weichen für die nächsten anstehenden Wahlen. Der Erker hat sich bei den meistgewählten Parteien im Wipptal umgehört, wie zufrieden sie mit dem Wahlausgang sind und wie sie sich im Bezirk auf die Landtagswahlen im Herbst 2023 vorbereiten.
SVP: Zentrales Wahlziel erreicht
Die Südtiroler Volkspartei (SVP) ist nach wie vor die meistgewählte Partei in Südtirol und vertritt das Land und dessen Bevölkerung seit 74 Jahren in Rom. Bei diesen Parlamentswahlen schafften fünf SVP-Mandatare den Einzug, einer weniger als 2018. „Natürlich gibt es immer Luft nach oben“, so SVP-Bezirksobmann Sebastian Helfer über das Wahlergebnis im Wipptal. Trotz Stimmenverlusten ist Helfer davon überzeugt, dass Südtirol auf Landesebene eine starke politische Kraft braucht, die „sagt, wo es langgeht, und Einigkeit im Parlament zeigt“. „Südtirol ist eine Autonomie in einem fremden Staat. Durch Geschlossenheit erreichen wir mehr als durch x aufgesplittete Parteien“, so Helfer. In den vergangenen 70 Jahren habe die SVP als Regierungspartei viel Gutes für Südtirol und seine Bürger bewirken können. Im Hinblick auf die Landtagswahlen strebt die Wipptaler SVP Synergien mit ähnlich aufgestellten Bezirken an, um die Chancen auf eine Vertretung im Landtag zu erhöhen.
Team K: „Sprachrohr für Wipptaler“
Von einem „großartigen Wahlergebnis“ mit überwältigenden 28 Prozent in Sterzing und starken rund 25 Prozent in Ratschings, Pfitsch und Freienfeld spricht Paul Köllensperger, Vorsitzender des Team K: „Dr. Franz Ploner hat über 20.000 Stimmen erhalten. Das Wipptal hat ihn wegen seines Einsatzes für das Krankenhaus in Sterzing liebgewonnen.“ Ploner werde sich weiterhin engagieren, da wieder Bestrebungen anlaufen würden, das Spital schleichend auszuhöhlen. Das Team K sei gerne Sprachrohr für die Wipptaler, tausche sich mit Menschen vor Ort aus, biete Bürgerlisten seine Hilfe an und setze sich für konkrete Anliegen ein, u. a. in Sachen Luegbrücke und Staus, die auf der Autobahn und anderen Straßen zu erwarten sind, wenn nichts unternommen wird. „Wir vertreten die Wipptaler im Landtag mit vollem Einsatz. Ich denke, die Leute merken das“, so Köllensperger. Da dem Team K der Netzwerkgedanke am Herzen liege, soll auch die Zusammenarbeit mit den Bürgerlisten intensiviert werden.
Grüne: „Mitgliederzuwachs im Wipptal“
Die Grünen sind nach 20 Jahren erstmals wieder im Parlament vertreten. Auf Landesebene schafften sie 7,7 Prozent, auf nationaler Ebene kam das Bündnis aus Europa Verde und Sinistra Italiana mit 3,6 Prozent knapp über die Wahlhürde. Die Fraktion der Grünen ist mit dem Ergebnis im Wipptal sehr zufrieden und konnte ihre Zustimmungswerte im Vergleich zu den Landtagswahlen 2018 erheblich steigern. „Wir sehen dies als klares Zeichen, dass grüne Themen im Herzen der Gesellschaft angekommen sind“, so der Co-Vorsitzende Felix von Wohlgemuth. Überrascht und gefreut hat die Grünen vor allem der Rückhalt in den Landgemeinden wie Freienfeld oder Pfitsch, wo es Zuwächse von über zehn Prozent gab. „Die Wipptaler schätzen die Ehrlichkeit und Verlässlichkeit grüner Politik. Wir sprechen die Probleme an, die den Menschen hier unter den Nägeln brennen. Auch die Mitgliederzahlen im Wipptal
nehmen zu - für uns ein Zeichen, dass wir gebraucht werden.“ Das Wahlergebnis motiviert die Fraktion, dranzubleiben. „Es gab bereits konstruktive Treffen mit den Menschen vor Ort. Mittelfristig ist es uns ein großes Anliegen, die ökosozialen Kräfte des Wipptales auch in einer eigenen Bezirksgruppe zu bündeln“, so von Wohlgemuth.
Fratelli d’Italia: „Lokale Vertreter haben gute Arbeit geleistet“
Bei den Parlamentswahlen wurde Fratelli d’Italia (FdI) mit 26 Prozent stärkste Einzelpartei des Mitte-rechts-Bündnisses. „Die Entscheidung, geschlossen und mit einem klaren Koalitionsprogramm anzutreten, hat sich zweifellos als die beste erwiesen“, so Senator Alessandro Urzì. „Die Früchte ernten konnten wir dank der guten Arbeit der lokalen Vertreter und Mitglieder auch im Wipptal, wo die italienische Sprachgruppe zahlenmäßig in der Minderheit ist.“ Von Brenner bis Franzensfeste drücke das Votum Vertrauen und Hoffnung in Giorgia Meloni und in das Programm der neuen Regierung aus. Möglicherweise haben FdI-Wähler in der Gemeinde Brenner (13 %) ihr Unbehagen ausdrücken wollen, da die ständige, unverständliche Zurückweisung von Migranten an der österreichischen Grenze sowohl die Bevölkerung als auch die diensthabenden Polizeibeamten sehr belaste, so Urzì. Bei den Gemeinderatswahlen 2020 in Sterzing den Einzug in den Gemeinderat knapp verpasst, holte FdI bei den Parlamentswahlen diesmal 14 Prozent, zweitbestes Ergebnis nach der SVP; in Franzensfeste kam FdI sogar auf 17 Prozent. Fratelli d‘Italia ist laut Urzì auch von deutschsprachigen Bürgern gewählt worden. „Die Bürger vertrauen auf unsere Beständigkeit. Wir halten, was wir versprechen.“ FdL sei vorurteilsfrei offen für Diskussionen und den Dialog mit allen und nehme sich lösungsorientiert der Probleme der Bevölkerung (Lebenshaltungskosten, Energie, Umweltschutz, Sicherheit …) an. Im Hinblick auf die Landtagswahlen arbeite FdI daran, auch in Südtirol die ihr und ihren Wählern zustehende Rolle in der Regierung einzunehmen.
Lega: „Zusammenarbeit verstärken“
Bündnispartner Lega kam bei den Parlamentswahlen nur noch auf neun Prozent (2018: 17,35 %). Besser schnitt die Partei im Wipptal ab. „Ich freue mich, dass das Mitte-rechts-Bündnis erfolgreich war“, so Landesrat Massimo Bessone, auch wenn er sich für die Lega selbst mehr Stimmen gewünscht hätte. Positiv überrascht haben ihn vor allem die Wahlergebnisse in Gemeinden mit großem Gefälle zwischen italienischer und deutscher Sprachgruppe. Bessone wertet dies als Bestätigung für seine Person, seine Arbeit und seinen Einsatz für alle drei Sprachgruppen. „Die Lega wird in Südtirol sehr geschätzt, weil sie für das Volk und unter dem Volk arbeitet und mit den Südtirolern grundlegende Werte wie Föderalismus und Autonomie teilt.“ Bessone hofft, dass die Lega in Südtirol wieder zu der Partei wird, der er 2018 als Koordinator vorstand. „Wir haben die Menschen begeistert und wie keine andere italienische Partei ihre Herzen erreicht.“ In Südtirol habe er sich sehr gut integriert, da er viele Jahre in Sterzing und Brixen gelebt habe, so Bessone. „Ich bin mit einer deutschsprachigen Frau verheiratet und habe einen Sohn, der perfekt Italienisch und Deutsch spricht. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass die drei Sprachgruppen noch stärker zusammenarbeiten. Und wer könnte sich auf nationaler Ebene besser für den Erhalt und die Stärkung der Autonomie einsetzen als die Lega?“, so Bessone, der mit Optimismus in die Zukunft blickt.
Noi moderati: drittstärkstes Ergebnis
Bei den Parlamentswahlen erzielte „Noi moderati“, Bündnispartner im Mitte-rechts-Block, nur knappe 0,9 Prozent. Im Kammerwahlkreis Nord reihte sich Paula Binetti in den Wipptaler Gemeinden nach Renate Gebhard (SVP) und Franz Ploner (Team K) dagegen als drittstärkste Kandidatin ein. Einen besonders hohen Zuspruch erhielt sie in Franzensfeste (27,60 %), Sterzing (20,81 %) und Brenner (17,56 %). Der Erker hat Binetti um eine Wahleinschätzung gebeten, das E-Mail blieb bis Drucklegung jedoch unbeantwortet.
Vita: Gekommen, um zu bleiben
Die Liste „Vita“, kurz vor den Wahlen gegründet, kam in den Kammer- und Senatswahlkreisen auf durchschnittlich sieben Prozent. In Südtirol schaffte die Bewegung um Renate Holzeisen sechs Prozent. Ein solches Ergebnis hätte Vita bei den Landtagswahlen auf Anhieb zwei Sitze gebracht. In den Gemeinden Freienfeld (8,85 %) und Ratschings
(7,28 %) erhielt „Vita“ bei der Kammerwahl großen Zuspruch. „Die Menschen wünschen sich eine politische Vertretung, die sie in ihrer Menschenwürde und ihrem Grundrecht auf ein frei bestimmtes Leben schützt“, so Holzeisen über das Wahlergebnis. Nach der Impf-Agenda, die ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen worden sei, und die diskriminierenden, gesellschaftsspaltenden verbreiteten Unwahrheiten würden Menschen zu Recht kritische Fragen stellen. Auch Italiens Beteiligung an einer kriegerischen Auseinandersetzung sowie die Machtübernahme global agierender privater Akteure in nationalen und internationalen Institutionen und Regierungen beunruhigen immer mehr Menschen. Nicht ausgeschlossen, dass Vita auch im Wipptal eine Bezirksgruppe aufbauen wird. „Eine politische Bewegung besteht aus engagierten Menschen. Jetzt gilt es, sämtliche Möglichkeiten zu sondieren, damit die Anliegen, für die wir angetreten sind, optimal, national und lokal, zunächst außerparlamentarisch, mit Außenwirkung vertreten werden können. Hierzu ist eine Zusammenarbeit (auch international) mit all jenen Kräften notwendig, die ernsthaft an denselben Zielen arbeiten“, so Holzeisen.
Freiheitliche: „Alternatives Angebot“
Sehr zufrieden mit dem Wahlergebnis sind auch die Freiheitlichen. 9,1 Prozent der Wipptaler haben ihnen das Vertrauen geschenkt. „Es war die richtige Entscheidung, den Menschen ein alternatives Angebot und eine echte Auswahlmöglichkeit zu bieten. Durch unsere Kandidatur haben wir mehr Menschen zu den Urnen bewegen können und dadurch die Demokratie gestärkt“, so Landtagsabgeordnete Ulli Mair. Positiv überrascht haben sie in erster Linie die Gemeinden Freienfeld (14,47 %), Ratschings (10,77 %) und Pfitsch (10,29 %), ehemalige freiheitliche „Hochburgen“ im Wipptal. „Die Wipptaler schätzen unsere Arbeit und die Themen, die wir konsequent bearbeiten und voranbringen. Für uns steht der einheimische Bürger, egal welcher sozialen Schicht er angehört, im Mittelpunkt“, so Mair. In jüngerer Vergangenheit habe es mit Wipptalern immer wieder einen regen Austausch über Bürgeranliegen gegeben. Es gebe auch Gespräche, eine Bezirksgruppe aufzubauen. „Das Wipptal bei den Freiheitlichen vertreten zu wissen, war uns immer ein Anliegen“, so Mair. Um vor Ort wieder verstärkt aufzutreten und vertreten zu sein, brauche es aber die Mitarbeit und den Willen der Wipptaler selbst, so Mair. „Wir unterstützen gerne und helfen beim Aufbau, zwingen können wir jedoch niemanden.“
„Jugendliche unter PD-Wählern“
Das Mitte-links-Lager erzielte im Parlament 26 Prozent der Stimmen. Damit ist der Partito Democratico (PD) zweitstärkste Einzelkraft im Parlament. Mit dem Wahlergebnis im Wipptal zeigt dieser sich sehr zufrieden. „Überraschend viele Wähler haben sich mit uns identifizieren können und haben wieder erkannt, dass die Demokratische Partei in Südtirol eine interethnische Partei ist, die ein Projekt verfolgt, das von allen Alters-, Sprach- und Bevölkerungsgruppen gewählt wird“, so Vorsitzende Renate Prader. Im Wipptal haben vor allem Gemeinden wie Sterzing, Brenner, Franzensfeste, Pfitsch und Freienfeld überrascht, in denen sie noch vor vier Jahren weniger Zustimmung erhalten hatten. „Aus den Feedbacks haben wir erkannt, dass uns nicht nur Stammwähler, sondern auch viele Jugendliche das Vertrauen geschenkt haben“, so Prader. Die Zahlen und Rückmeldungen bestärken den PD, im Wipptal verstärkt weiterzuarbeiten. „Die Wipptaler schätzen die Nähe der Parteimitglieder, die auf nationaler und lokaler Ebene agieren können.“ Die Aufbauarbeit im Bezirk soll weitergehen. „Es gibt mehrere Wipptaler Parteimitglieder, die weiterhin konstante und vertrauenswürdige Arbeit leisten und sich um die diversen Anliegen der Bevölkerung kümmern“, so Prader. Zudem sei es gelungen, einen regen Austausch zwischen den Parteimitgliedern aus Sterzing, Brixen und Klausen herzustellen. „Wir sind davon überzeugt, dass die Anliegen der Bevölkerung des Wipptales eingebunden in das gesamte Eisacktal betrachtet werden müssen.“
Dankbar zeigten sich bei der Erker-Umfrage alle Parteien für die Teilnahme an den Wahlen und das Vertrauen, das ihnen im Wipptal geschenkt worden ist. Auch die Tür, sich auf Bezirks- oder Landesebene politisch einzubringen, stehe den Wipptalern jederzeit offen. Seien wir gespannt, wer in den nächsten Monaten Interesse hat, durch diese Tür einzutreten.
„Großartig“ bis „zufriedenstellend“
Senator Meinhard Durnwalder (SVP-PATT) und der ehemalige Landtagsabgeordnete Hans Heiss (Grüne) haben bei den Parlamentswahlen im Senatswahlkreis Ost am meisten Stimmen erhalten. Im Kammerwahlkreis Nord hatte Kammerabgeordnete Renate Gebhard (SVP-PATT) den Großteil der Wähler hinter sich, zweitstärkster Kandidat war Landtagsabgeordneter Franz Ploner (Team K). Das Ticket nach Rom lösten – ein weiteres Mal – Durnwalder und Gebhard. Der Erker hat bei den vier stimmenstärksten Kandidaten nachgefragt, was sie von ihrem Wahlergebnis halten.
„Gegenkandidat hat Stimmen gekostet“
Renate Gebhard, seit 2013 SVP-Kammerabgeordnete, ist mit 59.839 Stimmen (57,41 %) ein weiteres Mal in die Abgeordnetenkammer in Rom eingezogen.
Erker: Frau Gebhard, sind Sie mit Ihrem persönlichen Wahlergebnis zufrieden?
Renate Gebhard: Ich bin mit meinem Wahlergebnis sehr zufrieden und ich bedanke mich bei allen Wählern für das Vertrauen. Es motiviert, auch wenn die Rahmenbedingungen nicht einfach sind. Die Energiekrise, die Wirtschaftskrise – wir stehen mit großer Wahrscheinlichkeit kurz vor einer Rezession – werden auch von uns Politikern, egal welcher Couleur, viel abverlangen. Die größte Herausforderung wird der Erhalt des sozialen Friedens sein.
Was sagen Sie zum Wahlergebnis der SVP?
Angesichts der Rahmenbedingungen können wir als Partei mit dem Gesamtergebnis zufrieden sein. Es gilt gleichzeitig aber auch anzuerkennen, dass weniger Menschen SVP gewählt haben. Dies gilt es im Detail zu analysieren und schnellstmöglich die Lehren daraus zu ziehen, dies auch im Hinblick auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr.
Wie interpretieren Sie die 3.975 Stimmen, die Sie im Wipptal erhalten haben? Gab es darunter Gemeinden, die Sie besonders überrascht haben?
Mit dem amtierenden Landtagsabgeordneten Franz Ploner, der mit dem Wipptal eng verbunden ist, hatte ich einen starken Gegenkandidaten. Das hat mir Stimmen gekostet, was auch der Vergleich zu den Wahlen im Jahr 2018 klar aufzeigt. Dieser Trend hat sich ohne merkliche Unterschiede durch alle Gemeinden im Wipptal gezogen.
Wofür werden Sie sich in dieser Legislatur besonders einsetzen?
Unser Hauptauftrag in Rom ist die Absicherung, die Festigung und, sofern möglich, der Ausbau unserer Autonomie. Dies, um auch bei schwierigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen das Beste für die Menschen in unserem Land zu erreichen. Meine
Schwerpunkte sind Gesellschaft und Familie im weitesten Sinne.
Wie viel Einfluss werden die Südtiroler Parlamentarier in Rom haben?
Unser Einfluss hängt zum einen davon ab, wie wir uns als Partei in Rom positionieren. Die Parteileitung muss entscheiden. In der Fundamentalopposition wird unser Einfluss sehr gering sein. Im Falle einer neutraleren Position – dies würde bedeuten, das Stimmverhalten von Fall zu Fall zu entscheiden – wäre er größer. Viel hängt auch von der politischen Stabilität der zukünftigen Regierungsmehrheit ab. Wie wir bei der Wahl des Senatspräsidenten bereits gesehen haben, reicht oft wenig aus, damit diese wackelt und Stimmen von außen notwendig sind.
Was könnte sich in Südtirol durch die neue Regierung verändern?
Fratelli d’Italia, die in der neuen Regierung sehr wahrscheinlich federführend sein werden, haben sich in der Vergangenheit immer wieder autonomiefeindlich gezeigt. Sie wollen unsere Geschichte und unsere Sondersituation teilweise nicht verstehen. Daher gilt es besonders auf der Hut zu sein. Wirtschaftspolitisch könnte u. a. die angekündigte Abschaffung des sogenannten Grundeinkommens („reddito di cittadinanza“) neue Anreize für den Arbeitsmarkt schaffen. Im Übrigen wird die neue Regierung alle Hände voll zu tun haben, die mit dem Ukrainekrieg zusammenhängenden Probleme – Preissteigerungen, Energiekrise – in den Griff zu kriegen. Auch in puncto Wiederaufbauplan gilt es, die begonnenen Reformen umzusetzen, damit die nächsten Tranchen von Europa freigegeben werden. Auch das betrifft uns hier in Südtirol, wo die Gemeinden zahlreiche Projekte realisieren wollen.
„Nehmen die Verluste sehr ernst“
Senator Meinhard Durnwalder (SVP) schaffte mit 39.024 Stimmen (46,11 %) im Senatswahlkreis Ost den Sprung in den Senat, verlor aber im Vergleich zu 2018 über 20 Prozentpunkte.
Erker: Herr Durnwalder, sind Sie mit Ihrem persönlichen Wahlergebnis zufrieden?
Meinhard Durnwalder: Zuallererst ist es mir ein großes Anliegen, mich bei allen Wählern, die mir das Vertrauen geschenkt haben, zu bedanken. Wir haben teilweise deutliche Verluste hinnehmen müssen, die wir sehr ernst nehmen. Dennoch muss festgehalten werden, dass im Gegensatz zur vorherigen Wahl im Jahr 2018 insgesamt sieben deutschsprachige Listen mit teilweise sehr namhaften Kandidaten kandidiert haben. Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis durchaus zufriedenstellend.
Was sagen Sie generell zum Wahlergebnis der SVP?
Die Partei hat landesweit Einbußen zu verzeichnen, deren Ursachen sich nicht immer auf die Rom-Politik beschränken, sondern zum Teil auch auf Landes- und Gemeindeebene zu finden sind. Im Hinblick auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr müssen die Gründe sehr genau analysiert und die notwendigen Schritte sowie Entscheidungen getroffen werden.
Wie interpretieren Sie die 3.491 Stimmen, die Sie im Wipptal erhalten haben?
Die Anliegen des Wipptales liegen mir sehr am Herzen, ob im Bereich der Sanität, des Transitverkehrs oder bei einfachen Bürgeranliegen. Ich bin beispielsweise derzeit im Kontakt mit dem österreichischen Botschafter in Rom Jan Kickert, um nach Lösungen für das Verkehrschaos durch die Sanierung der Luegbrücke zu suchen. Hinsichtlich des Ergebnisses hat mich ganz besonders die Wahlbeteiligung im Wipptal beunruhigt, die mit 58 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt des Wahlkreises liegt.
Gab es Gemeinden, die Sie besonders über-
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rascht haben?
Das Ergebnis in den Wipptaler Gemeinden liegt sowohl für die Kammer als auch für den Senat durchwegs etwas unter dem Schnitt des gesamten Wahlkreises. Ähnlich wie im Vinschgau ist dies auf die fehlende personelle Vertretung nicht nur auf Staats-, sondern auch auf Landesebene zurückzuführen. Wir müssen als Südtiroler Volkspartei insgesamt den Fokus noch stärker auf die Themen und Anliegen des Wipptales legen. Es wird aber gerade im Hinblick auf die Landtagswahlen äußerst wichtig sein, dass die Bevölkerung eine Ansprechperson vor Ort hat.
Wofür werden Sie sich in dieser Legislatur besonders einsetzen?
Mein Einsatz gilt nach wie vor dem Erhalt und dem Ausbau der Autonomie: Sie ist und bleibt das Herzstück für die Absicherung der deutschen und ladinischen Sprachgruppe in Südtirol. Mit dem Wahlsieg des Mitte-rechts-Lagers, allen voran Fratelli d’Italia, sind politische Kräfte ans Ruder gelangt, die sich bisher nicht besonders autonomiefreundlich gezeigt haben. Es gilt, auf der Hut zu sein.
Wie viel Einfluss werden die Südtiroler Parlamentarier in Rom haben?
Obwohl das Parlament um mehr als ein Drittel verkleinert wurde, sind wir als Südtiroler Volkspartei nur mit einem Parlamentarier weniger vertreten. Das stärkt unsere Position zumindest numerisch. Ich habe aber schon vor den Wahlen gesagt, dass wir als Vertreter der deutschen und ladinischen Minderheit den Kontakt zur Regierung in jedem Fall suchen müssen, um die sprichwörtlichen „Blumen am Wegesrand“ zum Wohl unseres Landes pflücken zu können.
Was könnte sich in Südtirol durch die neue Regierung verändern?
Es ist vielleicht noch zu früh, um eine definitive Prognose darüber abzugeben. Gewiss müssen wir uns aber als Vertreter der Provinzen und Regionen mit Sonderstatut auf politischen Gegenwind gefasst machen.
„Ein gutes Signal“
13.187 Wähler (15,58 %) schenkten dem Historiker und ehemaligen Landtagsabgeordneten der Grünen Hans Heiss ihr Vertrauen.
Erker: Herr Heiss, sind Sie mit Ihrem persönlichen Wahlergebnis zufrieden?
Hans Heiss: Ich bin recht angetan vom Resultat und danke allen Wählern. Ich hätte zwar noch zwei bis drei Prozent mehr gesehen, aber für einen „Altpolitiker“ und für die Grünen ist es ein gutes Signal.
Wie interpretieren Sie die 1.100 Stimmen, die Sie im Wipptal erhalten haben?
Im Wipptal sind die Stimmen etwas schwächer als im Pustertal und Eisacktal, da die Grünen im Wipptal weniger sichtbar sind und das Team K und die Rechtsparteien neben der SVP stets präsent sind. Bei verstärktem grünem Einsatz wäre das Wipptal ausbaufähig.
Gab es Gemeinden, die Sie besonders überrascht haben?
Im Wipptal eigentlich nicht, nur die starke Präsenz von „Rechtsparteien“ in den Gemeinden Brenner und Franzensfeste geben mir zu denken.
Welchen Rat geben Sie den gewählten Südtiroler Parlamentariern für diese Legislatur mit?
Bitte eine klare Abgrenzung von der Meloni-Regierung, da deren Europa-Aversion und Rechtslastigkeit abzulehnen sind. Bitte Einsatz auch für Klimagerechtigkeit und Soziales. Autonomiethemen werden sich auf die Bestandssicherung beschränken.
Werden Sie bei den Landtagswahlen wieder antreten?
Wohl kaum. Junge Kollegen haben Vorrang, auch im Hinblick auf Zukunftsthemen.
„Ehre und Auftrag zugleich“
Landtagsabgeordneter Dr. Franz Ploner (Team K), ehemaliger Primar und ärztlicher Leiter am Krankenhaus Sterzing, holte mit seiner Kandidatur für das Mitte-links-Bündnis 20.473 Stimmen (19,73 %).
Erker: Herr Ploner, sind Sie mit Ihrem Wahlergebnis zufrieden?
Franz Ploner: Ich freue mich natürlich sehr über das großartige Wahlergebnis und den großen Zuspruch, den ich quer durch den gesamten Wahlbezirk bekommen habe. Über 20.000 Stimmen im gesamten Wahlkreis sind mir Ehre und Auftrag gleichermaßen für meine Arbeit im Landtag.
Wie interpretieren Sie die 2.140 Stimmen, die Sie im Wipptal erhalten haben?
Ich freue mich über jede Stimme in jeder Gemeinde, insbesondere natürlich im Bezirk Wipptal, der mir zu meiner zweiten Heimat geworden ist. Schließlich habe ich hier fast mein gesamtes Berufsleben als Arzt verbracht. Das Ergebnis zeigt auch, dass die Bevölkerung sich für Rom jemanden wünscht, der mit diesem Territorium und den Anliegen der Menschen vertraut ist. Schließlich werden die Herausforderungen von Verkehr bis Aufrechterhaltung von Nahversorgungsdiensten, inklusive einer wohnortnahen Gesundheitsbetreuung mit den Bezirkskrankenhäusern, nicht kleiner. Ein ortserfahrenes Sprachrohr für Rom für diese Sorgen wäre daher umso wichtiger gewesen.
Gab es Gemeinden, die Sie besonders überrascht haben?
Es war natürlich besonders erfreulich und daher eine sehr positive Überraschung, über 28 Prozent der Wählerstimmen in Sterzing erhalten zu haben. Denn dort habe ich viele Jahre als Arzt, Abteilungsleiter der Anästhesie und Schmerztherapie und ärztlicher Leiter das Beste für das Krankenhaus, seine Patienten und Mitarbeiter zu geben versucht. Mich freut in diesem Zusammenhang der hohe Zuspruch in anderen Gemeinden mit Krankenhäusern. Ich interpretiere diesen als Bekenntnis der Südtiroler, dass die Politik an einer guten steuerfinanzierten öffentlichen und wohnortnahen Gesundheitsversorgung festhalten soll. Aber auch 25 Prozent in Ratschings, Pfitsch und Freienfeld sind Ergebnisse, die ich so nicht wirklich erwarten konnte, liegen die Ergebnisse in den Gemeinden des Wipptales doch weit über den rund 19 Prozent auf Wahlbezirksebene.
Welchen Rat geben Sie den gewählten Südtiroler Parlamentariern für diese Legislatur mit?
Seid’s ehrlich zu den Menschen hier vor Ort, denn wir als Gesellschaft sollten uns stets immer die ganze Wahrheit zumuten. Wir stehen vor gewaltigen Veränderungen und Umbrüchen. Dazu brauchen seriöse Politiker die Menschen, sonst stoßen populistische Heilsversprecher in diese Lücke. Es ist wichtig, dass die Menschen angehört werden, damit die Parlamentarier immer wissen, wo der Schuh drückt. Nur so können sie sich in Rom entsprechend für die Interessen unseres Landes einsetzen.
Werden Sie bei den Landtagswahlen wieder antreten?
Es ist kein Geheimnis: Eigentlich hatte ich seit meiner Pensionierung andere Pläne, denn Familie und persönliche Interessen kamen in meinem Leben oft zu kurz. Freilich, wenn durch solche Wahlgänge die Menschen mir signalisieren, dass sie meine Arbeit auch als Politiker schätzen, bedingt dies auch, in sich zu gehen, eine Entscheidung sorgsam abzuwägen und diese zu gegebener Zeit zu kommunizieren. Für mich steht aber erst einmal im Vordergrund, meine Arbeit als Landtagsabgeordneter in gewohnter Weise für die Dauer dieser Legislatur fort- und zu Ende zu führen. Wenn ich aber mit Blick auf das Jahr 2023 gebraucht werde und zudem den Eindruck habe, dass ich konkret einen Beitrag leisten kann, geht es nicht um mich, sondern um Südtirol. Die Menschen liegen mir am Herzen.
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Rohrdorfer Transportbeton GmbH übernimmt Betonsparte der Wipptaler Bau AG: Synergien und Wettbewerbsfähigkeit stärken
Mit 10. Oktober 2022 hat die Rohrdorfer Transportbeton GmbH die Wipptaler Beton GmbH übernommen. Die Standorte des Unternehmens in Südtirol bleiben aufrechterhalten und auch die dazugehörigen Arbeitsplätze. Für die beiden Unternehmen handelt es sich dabei um eine Win-win-Situation.
Die Wipptaler Beton GmbH war eine Tochtergesellschaft der Wipptaler Bau AG mit zwei Standorten: in Vahrn nahe der Autobahnausfahrt und in der Handwerkerzone in Gasteig in der Gemeinde Ratschings. Dort befindet sich jeweils ein Betonwerk samt Betonmischern und Betonpumpen.
Die Rohrdorfer Transportbeton GmbH ist ein Unternehmen des südbayerischen Portland-Zementwerks Gebrüder Wiesböck & Co. GmbH mit Sitz in Rohrdorf bei Rosenheim. Zum Unternehmen gehört auch die in Südtirol ansässige Firma Beton Lana GmbH, die drei Transportbetonwerke und zwei Schotterwerke betreibt. Geschäftsführer der Beton Lana GmbH ist Christian Grünfelder.
„Der Betonsektor ist eines der vielen Tätigkeitsfelder der Wipptaler Bau AG. Zukunftsfähigkeit, Existenzsicherung sowie sichere Arbeitsplätze für unsere Mitarbeiter waren mitausschlaggebende Faktoren, die bei der Entscheidung des Verkaufs der Sparte miteingeflossen sind. Ein kompetenter Partner, dem die Wipptaler Bau AG in Zukunft Sand und Schotter für die Betonproduktion liefert, wurde gefunden. Dies hat die Entscheidung für uns leicht gemacht. Somit können wir uns verstärkt auf unsere anderen Geschäftsfelder konzentrieren: Asphalt, Recycling von Baumaterialien, Tiefbau, Straßenbau, Infrastrukturarbeiten, Baggerarbeiten, Erdbewegungsarbeiten aller Art und Größe, Transporte sowie Produktion von Sand und Schotter“, unterstreicht Johannes Egartner, Geschäftsführer der Wipptaler Bau AG.
Für die Rohrdorfer Transportbeton GmbH ist die Wipptaler Bau AG ein solides Familienunternehmen mit ähnlichen Wertevorstellungen. Mit der Übernahme der Geschäftsanteile der Wipptaler Beton GmbH übernimmt Rohrdorfer die Transportbetonaktivitäten der Wipptaler Bau AG. Zusammen mit der Beton Lana, ebenfalls zu 100 Prozent im Besitz der Rohrdorfer, erweitert und ergänzt das Unternehmen somit seine derzeitige Marktpräsenz jetzt auch im nördlichen Südtirol. „Wir werden weiterhin beide Standorte der Wipptaler Beton GmbH betreiben, alle Mitarbeiter übernehmen und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Eine enorme Herausforderung der Zukunft ist es, insbesondere den CO2-Ausstoß bei der Herstellung von Zement – und damit auch von Beton – zu minimieren“, sagt Alexander Mangstl, Leiter der Sparte Transportbeton bei Rohrdorfer. „Wir haben diese große Aufgabe unternehmensweit bereits in Angriff genommen, da wir überzeugt sind, dass Beton weiterhin der Baustoff der Zukunft sein wird.“
Die Rohrdorfer Transportbeton GmbH und die Wipptaler Bau AG sind sicher, dass durch die zukünftige Zusammenarbeit, insbesondere in den Bereichen Logistik und Rohstoffe, für beide Seiten langfristige Synergien entstehen, die beide Unternehmen in ihren Kernbereichen und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit stärken.
ÜBER ROHRDORFER Mit Fokus auf Nachhaltigkeit, Qualität und Kundenorientierung produziert Rohrdorfer an über 140 Standorten in Deutschland, Österreich, Italien und Ungarn hochwertige Baustoffe für den regionalen Bedarf. Das Produktsortiment umfasst Zement, Transportbeton, Fertigteile und Betonwaren sowie Sand und Kies. Rohrdorfer ist sich seiner ökologischen und sozialen Verantwortung bewusst und strebt bei allen Entscheidungen den Einklang zwischen ökonomischen Zielen und ökologischen Werten an. Mit zahlreichen Initiativen zur Ressourcenschonung und Innovationen wie der ersten Anlage zur CO2-Rückgewinnung in einem deutschen Zementwerk oder Europas erstem Abwärmekraftwerk ist Rohrdorfer Vorreiter auf dem Weg zur CO2-neutralen Baustoffproduktion. Hauptsitz des Unternehmens ist das bayerische Rohrdorf.
Weitere Informationen unter www.rohrdorfer.eu
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