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Titelgeschichte: Das Kreuz mit dem Strom
from ERKER 11 2022
by Der Erker
Das Kreuz mit dem Strom
Explodierende Energiekosten stellen Privatpersonen genauso wie Unternehmen derzeit vor große Herausforderungen. Mittlerweile ist daraus schon ein täglicher Kampf ums Überleben geworden. Was jeder einzelne dagegen tun kann und welche Maßnahmen die Politik setzen muss, hat der Erker für seine Titelgeschichte recherchiert.
Von Barbara Felizetti Sorg
Es ist schon ein Kreuz! Die Strompreise sind in den letzten Monaten regelrecht explodiert, allein am 1. Oktober sind sie für Konsumenten auf dem geschützten Markt noch einmal um satte 59 Prozent für das vierte Quartal angestiegen. Und ein Ende ist so schnell nicht in Sicht. In Summe hat sich der Preis für elektrischen Strom in den vergangenen eineinhalb Jahren fast vervierfacht – mit verheerenden Folgen: Zahlreiche Familien können ihre Stromrechnung nicht mehr begleichen, vor allem energieintensive Unternehmen kämpfen tagtäglich ums Überleben. Strom sparen ist also das Gebot der Stunde. Die Energiespartipps der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) haben derzeit Hochkonjunktur (siehe S. 22). Doch die Konsumenten fragen sich zu Recht: Reicht es wirklich aus, energiesparende Geräte anzuschaffen, auf Standby zu verzichten und beim Bügeln auf geeignete Bügelfeuchte zu achten? Was bleibt mir unterm Strich in barer Münze, wenn ich meinen Energieverbrauch drossle? Und vielmehr noch: Welche Alternativen gibt es über das reine Energiesparen hinaus? Und gibt es solche überhaupt?
Geschützter versus freier Markt
Der Strommarkt wirkt auf den Laien wie ein undurchdringbarer Dschungel. Wie dieser funktioniert, erklärt Alexander Mühlsteiger in seinem Beitrag „Explodierende Strompreise“ auf Seite 24. Konsumenten können sich seit dem 1. Juli 2007 auf dem Strommarkt nach dem für sie günstigsten Tarif umsehen, mit bisweilen doch beträchtlichen Preisunterschieden. Der geschützte Markt muss dabei nicht immer am günstigsten sein, ganz im Gegenteil: Derzeit (Stand Oktober 2022) liegen die Preise aller lokalen und überregionalen Anbieter auf dem freien Markt deutlich unter dem Preisniveau im geschützten Grundversorgungsdienst. Laut ARERA beträgt im geschützten Markt der Referenzpreis für den typischen Kunden – Jahresverbrauch 2.700 Kilowattstunden (kWh), Anschluss 3 Kilowatt (kW) – 66,6 Cent pro kWh, einschließlich aller Steuern und Gebühren. Zudem wird der geschützte Markt nach und nach abgeschafft. So gibt es ihn für kleine bis mittlere Unternehmen ab Anfang 2023
nicht mehr. Für Privathaushalte soll er voraussichtlich ab Dezember 2023 abgeschafft werden. Wer bis dahin nicht auf den freien Markt wechselt, wird automatisch einem nationalen Anbieter zugewiesen, der die hierfür vorgesehene Ausschreibung gewonnen hat, und zum Tarif des Gesetzgebers mit Strom versorgt; es gelten Tag- und Nachtstromtarife. Dieses Tarifsystem sieht vor, dass für alle Haushalte mit digitalem, fernablesbarem Zähler an Werktagen zwischen 8.00 und 19.00 Uhr (Verbrauchsschicht F1 und F2) der Strom teurer ist, während er abends, an Wochenenden und an Feiertagen (Verbrauchsschicht F3) günstiger ist. Verbraucher ohne digitalen Zähler werden mit Strom zu einem einheitlichen Tarif versorgt.
„Mitglieder profitieren von stabilem Strompreis“
3 Fragen an Franz Schwitzer, Geschäftsführer der Elektrizitätsgenossenschaft Pflersch
Erker: Herr Schwitzer, Genossenschaften konnten bisher den reinen Energiepreis für ihre Mitglieder niedrig halten, da sie keine
Systemkosten zu entrichten hatten. Wie kann die Elektrizitätsgenossenschaft Pflersch weiterhin günstige Konditionen anbieten?
Franz Schwitzer: Tatsächlich machte die Skontierung der Systemkosten bisher etwa ein Drittel der Vergünstigung für die Mitglieder aus. Nach dem „Wegfall“ dieses Vorteils haben wir als Genossenschaft nach wie vor die günstige Situation, dass wir ein Vielfaches des Strombedarfs der Mitglieder auf Jahresbasis produzieren und demzufolge ein entsprechender Spielraum bei der Gestaltung des Energiepreises vorhanden ist. Aus diesem Grund profitieren die Mitglieder von einem stabilen Strompreis, der bereits seit 2011 unverändert ist.
Ihre Mitglieder bezahlen für einen monatlichen Verbrauch von rund 1.250 Kilowattstunden 0,031 Euro pro Kilowattstunde. Das animiert nicht gerade zum
Stromsparen.
Der Verbrauch der Mitglieder ist in Pflersch strukturell begründet – und mit der Genossenschaft gewachsen. Durch die Preisschwelle bei einem Verbrauch über 1.250 kWh pro Monat wurde ein Anreiz zur Anpassung des Stromverbrauchs gesetzt. Richtig ist, dass zumindest einfache Privathaushalte bisher nicht von Preissteigerungen betroffen waren. Anders die Situation bei Betrieben, die einen höheren Verbrauch als 1.250 Kilowattstunden pro Monat aufweisen. Sie leiden natürlich unter der zusätzlichen finanziellen Belastung. Insgesamt haben wir als Genossenschaft auch hier versucht, unseren Spielraum maximal auszunutzen, um allen Mitgliedern in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine Stütze zu sein. Derzeit scheint sich die Lage am Strommarkt zu beruhigen. Im Winter könnten die Strompreise noch einmal steigen, dann hängt die weitere Entwicklung von vielen Faktoren ab, die zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen sind.
Gibt es innerhalb der Genossenschaft Pläne, die Stromproduktion auszuweiten?
Wir bauen derzeit ein Wasserkraftwerk, das ein weiteres wichtiges Standbein unserer Jahresstromproduktion darstellt. In den Wintermonaten müssen wir Strom zukaufen, da die Produktion von Wasserkraftwerken im Winter bekanntlich nicht sehr ertragreich und deshalb nicht ausreichend für die Belieferung unserer Mitglieder ist. Unser Ziel wäre es natürlich, die Versorgungssicherheit das ganze Jahr über zu garantieren. Doch das ist ein schwieriges Thema. Der geplante Windpark wäre eine Möglichkeit gewesen. Dieser wurde jedoch vom Staatsrat abgelehnt. Bevor wir dieses Thema erneut angehen, müsste es unbedingt einer juristischen Prüfung unterzogen werden. Interview: bar
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