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Interview von Amrei Heyne mit Martin Spantig über die nichtstaatlichen Museen Bayern

Die nichtstaatlichen Museen in Bayern

Kunst, Kultur, Natur

Geheimnisvolle Funde aus der Antike im Gäubodenmuseum in Straubing, Foto: © erlebe.bayern – Florian Trykowski

Martin Spantig, Projektleiter Museen & Tourismus der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen

in Bayern, Foto: Goran Gajanin In wohl kaum einer anderen deutschen Region gibt es zu allen Jahreszeiten eine so vielfältige Landschaft zu entdecken: Bayern verfügt über 1.300 kunst und kulturhistorische Museen, Burgen und Schlösser, archäologische und naturkundliche Sammlungen, Museen der Technik und Industriegeschichte, Bauernhof und Freilichtmuseen. Amrei Heyne sprach mit Martin Spantig, Projektleiter Museen & Tourismus der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, über die bayerische Kulturlandschaft von Amberg bis Zwiesel.

ARTMAPP: Das Wandern hat gerade eine regelrechte Renaissance erfahren und ist in allen Altersgruppen angekommen. Wie schaffen Sie es, die Menschen für die bayerische Kulturlandschaft zu interessieren?

Martin Spantig: Es ist uns ein großes Anliegen, die Menschen, die zu uns kommen wollen, schon früh und immer besser auf allen uns zur Verfügung stehenden „Kanälen“ zu informieren. Etwa darüber, was es an Kunst und Kultur in Bayern zu sehen gibt und − ganz wichtig − was um ein Museum herum noch aufzuspüren ist, zum Beispiel andere kulturelle Sehenswürdigkeiten, und welche Radtouren oder Wanderwege dort hinführen. Wir bitten unsere Museumsbotschafter um ihre individuellen Wanderrouten oder ultimativen Campingtipps für den Familienurlaub. Wir verbinden in Zusammenarbeit mit Bayern Tourismus das, was die Natur bietet, mit dem, was es in Kunst, Kultur und Geschichte noch zu entdecken gibt.

Die Georgskapelle mit ihrem Kreuzrippengewölbe und den gotischen Fresken ist Teil des Rundgangs im Oberhausmuseum auf der Veste in Passau. Foto: © erlebe.bayern – Florian Trykowski

ARTMAPP: Zugegeben, die Münchner Pinakotheken sind ein Highlight für jeden Kunstfreund. Wer aber kennt das Luftmuseum in Amberg in der Oberpfalz? Was, glauben Sie, macht kleine Museen attraktiv?

MS: Kleinere Museen sind aus sich selbst heraus attraktiv. Es zeichnet sich ein Tourismustrend ab, dass die Menschen nicht nur die großen Häuser wie den Pariser Louvre, das Guggenheim in Bilbao oder das Museum of Modern Art in New York besuchen wollen, sondern auch das Unbekannte, Überraschende in ihrer näheren Umgebung suchen. Wie eben das Luftmuseum in Amberg, welches zum thematischen Netzwerk „Zeitgenössische Kunst in der Oberpfalz“ gehört. Das ist genauso attraktiv für alle, die zeitgenössische Kunst eher in den Metropolen vermuten. 80 der kleineren Museen haben sich zu zehn thematischen Netzwerken, zum Beispiel „MuSeenLandschaft Expressionismus“, „Kultur und Genuss“ oder „Mittelalter und Renaissance auf Burgen erleben“, zusammengeschlossen. Übrigens agieren wir auch über Bayern hinaus bis nach Tschechien und ins badenwürttembergische Allgäu mit den städtischen Museen in Wangen und Isny. Egal wo man in Bayern urlaubt, ein tolles Burgmuseum gibt’s auf jeden Fall. Oder ein Freilichtmuseum, selbst die Antike ist vertreten und natürlich die Glasmuseen ... Und im Hutmuseum in Lindenberg kann man erfahren, wie der Hai ins Allgäu kam! ARTMAPP: Wie wird der Sommer 2021? Ihre Prognose?

MS: Wir sind guter Dinge und hoffen sehr, dass der Tourismus wieder anspringen darf. Das Interesse der Menschen an Kunst und Kultur ist groß, der Wunsch nach Urlaub genauso. Weitere Themen sind das Radeln, etwa bei den ExpressionismusRadreisen, oder die Burgreisen von einem Burgmuseum zum anderen mit dem Wohnmobil. Barrierefreies Reisen ist ein ebenso wichtiges Thema, also Kulturreisen für Menschen mit Hör oder Sehbehinderungen.

ARTMAPP: Verraten Sie uns Ihr ganz persönliches Lieblingsmuseum?

MS: Das Museum SPUR in Cham in der Oberpfalz, schon aus ganz persönlichen Gründen. Ich durfte mich mit dieser Künstlergruppe schon während des Studiums in der Galerie Schübbe und später im Museum Ludwig in Köln beschäftigen. Und das Franz Marc Museum in Kochel am See ist ein echter Geheimtipp in der deutschen Museumslandschaft!

www.museen-in-bayern.de

Franz Marc Museum Kochel am See © Franz Marc Museum / Ursula Maier

„Avantgarde in Farbe. Blauer Reiter, Brücke, Expressionismus“ –

eine Ausstellungsreihe der MuSeenLandschaft Expressionismus in Oberbayern

Augen auf! Alles ist schön!

Iffeldorf-Osterseen, © Tourismusverband Pfaffenwinkel

BUCHHEIM MUSEUM Bernried am Starnberger See – An den Ufern der Phantasie www.buchheimmuseum.de

FRANZ MARC MUSEUM Zwischen Kochel- und Walchensee – Franz Marc und die Moderne erleben franz-marc-museum.de

LENBACHHAUS

München, die Stadt der Kunst und Kultur – Blauer Reiter www.lenbachhaus.de

SCHLOSSMUSEUM MURNAU

Murnau – das Künstlerstädtchen am Staffelsee – Auf den Spuren von Wassily Kandinsky und Gabriele Munter schlossmuseum-murnau.de

MUSEUM PENZBERG – SAMMLUNG CAMPENDONK Penzberg nahe den malerischen Osterseen – Die Motivwelt Heinrich Campendonks entdecken www.museum-penzberg.de

Gabriele Münter, „Bootsfahrt mit Kandinsky“, 1909, Privatsammlung, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

„Ich muss gestehen“, so sagte Fritz Schumacher einmal, „dass ich recht ratlos war, als sie mit den ersten Proben ihres Wollens hervortraten […] Aber in Wahrheit brach hier die Zukunft durch.“ So der einflussreiche Architekt über seine Zeichenschüler an der Technischen Hochschule in Dresden – die sich bald als „Expressionisten“ einen Namen machen würden. Heute ist der Expressionismus geradezu der Inbegriff der Avantgardekunst des 20. Jahrhunderts. In Oberbayern lädt die „MuSeenLandschaft Expressionismus“ zur Ausstellungsreihe „Avantgarde in Farbe. Blauer Reiter, Brücke, Expressionismus“ ein. Bis November 2021 sind zeitgleich im Lenbachhaus in München, im Buchheim Museum in Bernried, im Schloßmuseum Murnau, im Franz Marc Museum in Kochel am See und im Museum Penzberg – Sammlung Campendonk aufeinander abgestimmte Ausstellungen zu den Themen „Brücke“, „Blauer Reiter“ und Expressionismus zu sehen.

Schloßmuseum Murnau, Schloßhof, © Schloßmuseum Murnau Inmitten einer der schönsten Landschaften Deutschlands – zwischen München und dem Alpenrand – wird nicht nur Naturgenuss zum Erlebnis, sondern seit jeher auch die Kunst. Hier, wo einst Ludwig Thoma ausgerufen hat: „Mach nur die Augen auf; alles ist schön!“, sind nun jene Künstlerinnen und Künstler zu bewundern, die einen wirklich neuen Begriff von

Paul Klee, „Waldvogel“, 1920,81 Privatsammlung

Schönheit ins Leben riefen: Emil Nolde und Ernst Ludwig Kirchner waren hier, bevor sie Mitglieder der Dresdner Künstlergemeinschaft „Brücke“ wurden. Und natürlich die Künstlerinnen und Künstler des „Blauen Reiters“, die aus München kamen: Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Franz Marc, Alexej von Jawlensky oder Heinrich Campendonk. In der „MuSeenLandschaft Expressionismus“ kann man die Kunst dieser Avantgarde in jener Landschaft erleben, in der sie entstanden ist. Eine Fahrt in diese Kulturregion ist eine Reise zum Ursprung der expressionistischen Avantgarde, denn es war die Natur, welche die jungen Kunstschaffenden aus München anlockte. So, wie die Expressionistinnen und Expressionisten einst in die Landschaft blickten, schauen auch die Gäste von heute auf sie – etwa vom zwölf Meter hohen Aussichtssteg des Buchheim Museums der Phantasie über den Starnberger See. Die einzigartige Konzentration expressionistischer Kunst in dieser Region lädt zu Entdeckungsfahrten ein – die man dank eines perfekten Radwegenetzes auch auf zwei Rädern unternehmen kann. Kunstspaziergänge, etwa in Murnau, Kochel am See und Sindelsdorf, führen zu den Orten, an denen Wassily Kandinsky oder Franz Marc malten.

© Franz Marc Museum, Foto: Doris Leuschner

Franz Marc, „Blaues Pferd I“, 1911, Foto: Lenbachhaus © Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München

Inmitten einer Kultur und Naturlandschaft, die bis heute stark von der barocken Kunst geprägt ist, von Hügeln, Alpengipfeln, Seen, Biergärten, Lüftlmalerei und Zwiebeltürmen, genau hier, begann das Kapitel der expressionistischen Kunst. Im Jahr 1912 gaben Franz Marc und Wassily Kandinsky den Almanach „Der Blaue Reiter“ heraus – ein Künstlermanifest von enormem Einfluss. Die fünf Museen spüren diesem Einfluss nach – und setzen eigene Akzente, etwa das Schloßmuseum Murnau, welches bis zum 7. November 2021 die Schau „Punkt, Linie, Fläche. Die Kinderzeichnung und der Expressionismus“ zeigt. An Werken von Wassily Kandisky, Gabriele Münter und Paul Klee über Jean Dubuffet, Karel Appel bis hin zu Arnulf Rainer und weiteren sind die großartigen Impulse nachzuvollziehen, welche die naivkraftvollen Ausdrucksmittel von Kindern auf die Kunst der Avantgarde und die nachfolgenden Generationen ausübten. Im Franz Marc Museum in Kochel am See ist bis zum 3. Oktober 2021 die Ausstellung „Ich bin mein Stil“ zu erleben, die Künstlerbildnisse im Kreis von „Brücke“ und „Blauem Reiter“ vorstellt. Auch hier wird die revolutionäre Kraft dieser

Der Garten des Lenbachhauses, München © erlebe.bayern – Florian Trykowski

Alexej von Jawlensky, „Kopf in Blau“, 1912 © Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See

Kunst deutlich. Einer wirklich neuen, bis dato ungesehenen, originären Kunst, die mit Traditionen brach und die Betrachtenden der Zeit wie ein Faustschlag traf: Gerade in den Selbstporträts der Künstlerinnen und Künstler und in den Bildnissen, die sie gegenseitig von sich malten, wird dieses revolutionäre Selbstbewusstsein besonders deutlich. Das Lenbachhaus in München zeigt bis zum 5. März 2023 die Ausstellung „Gruppendynamik. Der Blaue Reiter“. Im Zentrum der Schau stehen die Idee des Kollektivs und der Gedanke einer Gleichwertigkeit aller Kunst, der die Avantgardekünstler angetrieben hat. „Die Farben der Avantgarde“ sind das Triebmittel der Moderne. Bis zum 7. November 2021 sind sie das Thema im Buchheim Museum. Ton für Ton erfahren wir hier etwas über Chemie, Komposition, sinnlichen Eindruck und gedanklichem Ausdruck der magischen Malpaste. Zu sehen sind Bilder von ModersohnBecker, Bleyl, Kirchner, Schmidt Rottluff, Heckel, Pechstein, Nolde, Jawlensky, Beckmann und anderen.

Buchheim Museum © Peter von Felbert, Tourismus Oberbayern München (TOM) e. V.

Die Ausstellung „Ringsum Schönheit. Campendonk, die Expressionisten und das Kunsthandwerk“ wird bis zum 1. November 2021 im Museum Penzberg – Sammlung Campendonk präsentiert. In dieser Schau wird deutlich, wie sehr die Kunst der Avantgarde auch von kunsthandwerklichen Arbeiten beeinflusst war. Im Mittelpunkt steht der Expressionist Heinrich Campendonk, dessen Werk bisher noch ein wenig im Schatten seiner berühmteren Künstlerfreunde des „Blauen Reiters“ steht. Ein Grund mehr, das expressionistische Oberbayern in diesem Sommer zu besuchen. Augen auf! Hier ist alles schön!

MARC PESCHKE

MUSEENKARTE EXPRESSIONISMUS

Kunstgenuss und Landschaftserlebnis – Zwischen München und dem Alpenrand finden Sie eine ungewöhnlich reichhaltige und reizvolle Kunst- und Naturlandschaft, die ein besonderes Erlebnis verspricht. In fünf Museen wird Ihnen ein zugleich intensiver und qualitätsvoller Einblick in den deutschen Expressionismus geboten. Gehen Sie mit der „MuSeenKarte Expressionismus“ auf Museen-Tour durch das Bayerische Alpenvorland. Im ersten Museum regulär zahlen, vier weitere Museen mit ermäßigtem Eintritt besuchen. Die MuSeenkarte erhalten Sie kostenlos bei den beteiligten Museen. Weitere Infos dazu unter:

www.museenlandschaft-expressionismus.de

Museum Penzberg, Außenansicht, Foto: © Stefan Geisbauer

Heinrich Campendonk, „Gems, Pferd und Kuh“, 1913, Stickereientwurf, Museum Penzberg – Sammlung Campendonk, Dauerleihgabe, Foto: Manfred Neubauer © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

Ein oberbayerischer Urlaubsklassiker mit viel Kunst, Kultur und Natur

Chiemsee und Chiemgau

Chiemsee mit Fraueninsel, Foto: © Chiemgau Tourismus e. V. / Anita Berger

Urlaub am Chiemsee und im Chiemgau − in einem der beliebtesten Erholungsgebiete Bayerns. Die oberbayerische Region mit ihren traditionellen Wintersportorten ist von opulentem landschaftlichem Reiz: Urlauberinnen und Urlauber kommen wegen des großartigen Nebeneinanders von Wasser, Radund Wandersport, von Kultur und Kulinarik. Der Chiemgau ist ein Klassiker, seit Dekaden schon: Jedes Jahr übernachten mehr als vier Millionen Gäste in den Hotels, Pensionen, auf Campingplätzen und Bauernhöfen der Region. Und viel Kunst und Kultur gibt es zu entdecken: die Fraueninsel mit der Abtei Frauenwörth und die Herreninsel mit dem weltberühmten Landschaftspark, dem Alten Schloss und dem Neuen Schloss Herrenchiemsee. Weitere kulturelle Höhepunkte einer ChiemgauReise sind etwa das 994 gegründete Kloster Seeon, Burg und Altstadt Tittmoning, die Felsenburg Stein an der Traun, das Kloster Baumburg, das Römermuseum in Seebruck oder die Burgen in Amerang, Hohenaschau, Marquartstein und Tittmoning. Unbedingt sehenswert sind auch die Salinenstädte Reichenhall, Traunstein und Rosenheim: Die Gewinnung und der Transport von Salz beeinflussten seit dem Mittelalter die Entwicklung der Chiemgauer Kulturlandschaft.

Kloster Frauenwörth auf der Fraueninsel, Foto: © Chiemgau Tourismus e. V. / Thomas Kujat

Die Fraueninsel mit dem weithin sichtbaren Kampanile, dem achteckigen Glockenturm, ist weit über die Region bekannt. Die kleine Fischerinsel mit dem 772 durch den Karolinger Tasso gegründeten Benediktinerkloster Frauenwörth entwickelte sich seit dem Bau der Eisenbahn vor rund 150 Jahren zu einem bedeutenden Ziel von Touristen und Pilgern. Sie besuchen das Idyll aus Verehrung für die Äbtissin Irmengard (um 833−866), die im Inselmünster begraben liegt. Sechs Fischerfamilien auf der Insel bestreiten ihr Leben seit Generationen von der Fischerei. Sie verkaufen den Fisch in ihren Fischhütten, beliefern die regionale Gastronomie, entwickeln neue Rezepte – etwa „RenkenMatjes“ – und vertreiben geräucherte Renken und Aale auch online. Neben dem Münster und der karolingischen Torhalle zählen noch die tausendjährigen Linden auf dem höchsten Punkt der Insel zu den Sehenswürdigkeiten. Die Säkularisation im Jahr 1803 bedeutete das vorläufige Ende des Klosters Frauenwörth. Einige Jahre danach entstand hier die Künstlerkolonie Frauenchiemsee, als deren Begründer der Münchner Maler Max Haushofer gilt. Als 17jähriger Schüler kam er 1828 erstmals auf die Fraueninsel. Nach Jahren der regelmäßigen Besuche heiratete er 1838 die Tochter des Gastwirts, Anna Dumbser, und brachte zahlreiche Künstlerkollegen auf die Insel. Die Gräber der Künstler Haushofer, Rubens und Roubaud im kleinen Klosterfriedhof zeugen noch heute davon, ebenso wie eine Malerpalette über ihrem Stammtisch im wundervollen Gasthof „Zur Linde“. Seit über 600 Jahren lädt das altehrwürdige Gasthaus mit seinem Charme und seiner schlichten Eleganz zur Einkehr: eines der ältesten Wirtshäuser Bayerns. Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie München− Salzburg im Jahr 1860 konnten Gäste erstmals bequem und schnell zur Sommerfrische in den Chiemgau reisen. Der Tourismus kam in Schwung, die Künstler zogen sich jedoch wieder zurück. Seit 1901 ist das Kloster wieder eine Abtei. Es ist neben dem Nonnberg in Salzburg das älteste bestehende deutschsprachige Frauenkloster nördlich der Alpen. Auf der benachbarten Insel im Chiemsee steht das Schloss Herrenchiemsee, das der „Märchenkönig“ Ludwig II. dort in der Zeit von 1878 bis 1886 als Kopie von Versailles erbauen ließ. Mehr als 400.000 Gäste aus aller Welt besuchen das Prunkschloss und den weitläufigen Schlosspark jährlich. Eine Visite wert ist auch das ehemalige AugustinerChorherrenstift, das „Alte Schloss“, mit dem Verfassungsmuseum, den restaurierten Barocksälen wie Kaiser und Gartensaal und dem Bibliothekszimmer. Schon im Jahr 1130 siedelten sich AugustinerChorherren auf der Herreninsel an. Der Spiegelsaal im Schloss, das Bibliothekszimmer und das Münster auf der Fraueninsel dienen im Rahmen von Konzertreihen ganzjährig als Kulisse

hochrangiger Kulturveranstaltungen. Das Inselticket kostet neun Euro pro Person und gilt für alle genannten Einrichtungen sowie das KönigLudwigMuseum. Das Schloss ist ganzjährig geöffnet und durch die ChiemseeSchifffahrt mit dem Festland verbunden. Acht Kilometer lang ist ein schattiger Weg, der einmal rund um die Insel führt. Noch bevor um 1870 auf dem Königsschloss Herrenchiemsee reger Fremdenverkehr einsetzte, kamen die ersten Maler aus den Münchner Kunstakademien in den Chiemgau. Unter dem Einfluss der französischen Meister von Barbizon und des Impressionismus rückte die Freilichtmalerei ins Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung. Die Chiemseemaler folgten dem französischen Beispiel, wandten sich vom klassizistischerhabenen, heroischen Stil des frühen 19. Jahrhunderts ab und interessierten sich fortan für das vitale Erfassen des atmosphärischen Gesamteindrucks der Landschaft. Künstler wie Eduard Schleich d. Ä., Karl Raupp, Josef Wopfner, Wilhelm Trübner, Leo Putz, Max Slevogt, Arnold Balwé oder auch Max Beckmann haben bedeutende Werke am Chiemsee und im Chiemgau geschaffen. Julius Exter (1863−1939) war einer der bekanntesten Chiemseemaler und Mitbegründer der „Münchener Secession“. Seine Werke werden im Exterhaus in Übersee präsentiert, einem alten Bauernhaus, das ihm als Atelier diente. Neben figürlichen Kompositionen und Porträts bilden Landschaften und Akte den Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens, das sich vom Symbolismus und Neoimpressionismus zum Expressionismus entwickelt hat. Im AugustinerChorherrenstift auf Herrenchiemsee lädt die Galerie Maler am Chiemsee ein, die Künstler des Chiemsees besser kennenzulernen: In sechs Räumen wird eine Auswahl von Meisterwerken der am Chiemsee tätigen Maler gezeigt, so von Karl Millner, Friedrich August Kessler, Friedrich Wilhelm Pfeiffer, Karl Raupp, Joseph Wopfner, Wilhelm Trübner, Julius Exter, Leo Putz, Walter Püttner, Paul Roloff und Erich Glette. Auch die Gemäldegalerie Julius Exter ist Teil des Museums im AugustinerChorherrenstift. Sie befindet sich im sogenannten Prälaturstock. In neun festlichen barocken Räumen wird das Werk des Künstlers aus allen Schaffensperioden im Überblick gezeigt, beginnend mit den mystischdunklen Themen seiner symbolistischen Phase bis hin zu den spontanen, farbenprächtigen Bildern der expressionistischen Zeit.

Julius Exter, „Frau mit Kahn“, 1920–1925, Inv. Ex. 984, Feldwies, Exter-Haus, Foto: © Bayerische Schlösserverwaltung, www.schloesser.bayern.de

Walter de Maria, „12-, 11- und 10-seitige offene Polygone“, 1984, Edelstahl, DASMAXIMUM, Traunreut, Foto: Franz Kimmel © Estate of Walter de Maria

Doch nun auf in die jüngste Geschichte der Kunst − auf in DASMAXIMUM! Seit Juli 2011 finden wir in der kleinen Stadt Traunreut im Landkreis Traunstein ein Museum mit echten Spitzenwerken der Kunst. Heiner Friedrich, Sohn des AlzmetallGründers Harald Friedrich und Kunstmäzen, gründete 2010 die Stiftung mit dem markantselbstbewussten Namen DASMAXIMUM, die in Traunreut große Werkgruppen von neun deutschen und USamerikanischen Künstlerinnen und Künstlern ausstellt. Sie gehören zu den engsten Weggefährten von Friedrich, der seit seinen Anfängen als Galerist in München, Köln und New York die Durchführung dauerhafter Präsentationen aktueller Kunst initiierte. International als Mittler zwischen Künstlern und Museen und als Mitbegründer so bedeutender Stiftungen wie der Dia Art Foundation aktiv, ermöglicht er auch in Traunreut die intensive Begegnung mit aktueller Kunst. Als einer der ersten Galeristen zeigte Friedrich Werke von Georg Baselitz, Joseph Beuys, Imi Knoebel, Uwe Lausen, Blinky Palermo, Sigmar Polke und Gerhard Richter. Aufgrund seiner frühen und engen Kontakte zur US amerikanischen Avantgarde stellte er Künstler wie John Chamberlain, Dan Flavin, Donald Judd, Walter De Maria, Barnett Newman, Cy Twombly und Andy Warhol teils zum ersten Mal in Europa aus. Für DASMAXIMUM wurde ein zuvor industriell genutzter Gebäudekomplex auf mehr als 4.300 Quadratmetern in ein Tageslichtmuseum umgewandelt. Besondere Beachtung verdient die hervorragende Museumsarchitektur: Historische Produktionshallen der NSRüstungsindustrie wurden nach Plänen des Büro Brüderl Architektur umgebaut und ihre Satteldächer mit Oberlichtern versehen. In den weiträumigen Hallen gewähren bei Georg Baselitz und Uwe Lausen Arbeiten aus verschiedenen Schaffensphasen einen Überblick über das Gesamtwerk, während bei Imi Knoebel und Maria Zerres großformatige Serien Orte der Konzentration schaffen. Einen besonderen Schwerpunkt setzt der reiche Bestand an Werken USamerikanischer Künstler. So gibt es mehr als 20 Bilder von Andy Warhol, jeweils eigene Hallen für die Skulpturen von John Chamberlain und Walter De Maria sowie die Lichtinstallation aller „European Couples“ von Dan Flavin, welche die intensive Verbindung der USamerikanischen und deutschen Kunst seit den 1960erJahren vor Augen führt. Seit dem Jahr 2015 ehrt die Stiftung DASMAXIMUM den Künstler Joseph Beuys und sein Werk mit dem Projekt der „EICHENPFLANZUNGEN ZU EHREN VON JOSEPH BEUYS“. Zu seinem 100. Geburtstag geht es nun weiter. 64 Basaltsteine – einer für jedes Lebensjahr des Künstlers – kommen insgesamt in Traunreut zum Einsatz.

MARC PESCHKE

www.chiemsee-chiemgau.info www.herrenchiemsee.de www.dasmaximum.com

WasserRadlwege Oberbayern Vom Farbspiel auf der „KunstSchleife“

Auf rund 350 Kilometern verläuft die südwestliche Schleife der WasserRadlwege zwischen München und Garmisch Partenkirchen in Oberbayern. Der Fernradweg führt direkt durch das Murnauer Moos, den Ursprung des „Blauen Reiters“, sowie die idyllische Fluss und Seenlandschaft rund um den Ammersee. Seit Herbst 2019 laden die neuen WasserRadlwege zum Radeln durch Oberbayern ein. Rund 1.200 Kilometer werden von dem Fernradweg abgedeckt, welcher sich über drei Hauptschleifen durch ganz Oberbayern erstreckt. Die drei Teilrouten machen sich dabei die regionalen Besonderheiten zu eigen: Im Norden ist der Radweg geprägt von Hopfen & Bier, im Südosten stehen das Salz und im Südwesten Kunst & Kultur im Fokus. Zentraler Dreh und Angelpunkt aller Touren ist die Landeshauptstadt München. Aber unabhängig davon, auf welcher Schleife man sich befindet: Das Wasser ist ein steter Begleiter. Auf keinen anderen Radwegen kann man Kunst, Kultur und aktiven Naturgenuss so gut verbinden, wie auf den WasserRadlwegen Oberbayern. Hier finden sich die Vorbilder zu zahlreichen Motiven der Kunstgeschichte, Wirkorte berühmter Künstlerinnen und Künstler sowie natürlich aktuelles Kunsthandwerk. Die „KunstSchleife“ der Wasser Radlwege startet und endet in München. Hier finden Kunstliebhaber im Bereich der Pinakotheken und des Lenbachhauses Kunstsammlungen, die ihresgleichen suchen.

Karwendel Berge bei Bad Tölz, Foto: shutterstock.com / FooTToo

Gabriele Münter, „Blick auf das Murnauer Moos“, um 1910, Öl auf Malkarton, 32,5 x 40,5 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

Radln rund um den Walchensee im Tölzer Land, Foto: @ Tourismus Oberbayern München e. V. / Christoph Jorda

Weitere Highlights befinden sich im ländlichen Raum. Hier gehen die künstlerischen Inspirationen und die Werke Hand in Hand. Wie an einer Perlenkette aufgereiht, finden sich rund um das Murnauer Moos – für sich genommen schon ein eindrucksvolles Naturhighlight – die Spuren des berühmten „Blauen Reiters“. Das MünterHaus in Murnau kann besichtigt werden und während man im und um das Haus herum flaniert, kommen einem verschiedenste Motive des „Blauen Reiters“ in den Sinn. Gerade die Farbspiele der Landschaften sind es, die Kunstschaffende und Kreative seit jeher inspirieren. Blaue Seen, das im Herbst gelb erstrahlende Murnauer Moos, die grünen Almwiesen, die im Verlauf des Sommers einen ganz spannenden Wechsel in der Sättigung durchlaufen und natürlich die Felsen der umliegenden Berge. Rund um Dachau finden Interessierte zahlreiche Spuren einer der bedeutendsten Künstlerkolonien Deutschlands, der Künstlerkolonie Dachau. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts siedelten sich zahlreiche bildende Künstlerinnen und Künstler, etwas später auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller rund um das Dachauer Moos an. Mit den beiden Weltkriegen verschwand die Kunsttätigkeit nach und nach. Vor allem aber verschwanden mit dem Trockenlegen der Moore die Landschaften. Im Bezirksmuseum und Schloss Dachau kann man noch heute zahlreiche Werke und damit die ursprüngliche Natur und den einst zeitgenössischen Blick darauf erfahren. Als Reminiszenz an die Kolonie wird in jedem Jahr im September in Dachau eine „Lange Nacht der offenen Türe“ von Ateliers, Galerien und Künstler und Künstlerinnenwerkstätten veranstaltet. Wer lieber hoch hinaus möchte, findet kunsthistorische Schätze auch auf der Alm, genauer gesagt auf der Staffelalm hoch über dem Kochelsee. Zwischen 1900 und 1914 erhielt die damalige Sennerin immer wieder Besuch von einem Maler aus dem Tal. Dieser hinterließ zwei Bilder auf einer Innenwand der Almhütte, einen Stierkopf und einen Hirsch mit Hirschkuh. Der Maler war niemand Geringeres als Franz Marc. Und die Motive wurden Ende des 20. Jahrhunderts aufwendig freigelegt, nachdem sie zuvor unter mehreren Schichten Wandfarbe verschwunden waren. Was sich wie eine farbenfrohe Perlenkette anhört, ist tatsächlich eine. Entlang der „KunstSchleife“ finden sich weitere kunsthistorisch bedeutsame Gebäude, etwa die Wieskirche sowie die Kloster Fürstenfeld und Tegernsee. Und das immer am Rande tiefblauer Seen, inmitten saftig grüner Wiesen oder eben auch nahe goldgelber Mooslandschaften. Ein besonderes Farbenspiel, welches man in der Geschwindigkeit des Rades perfekt aufnehmen kann.

www.oberbayern.de

„KunstKulinarische Reisen“

Schmackhafte Symbiose in Murnau am Staffelsee

Kunst und Genuss – zwei Passionen, die einfach gut zusammenpassen. Das finden auch die Murnauer Kunstwirte (www.kunstwirte.de), die alljährlich zu „KunstKulinarischen Reisen“ einladen. Sie finden dieses Jahr mit neu aufgelegtem CoronaKonzept unter dem Motto „Zamm kemma! (Zusammenkommen)“ zu regelmäßigen Terminen von Mai bis Oktober statt. Dabei verwandeln Murnauer Gastronome, die sich der authentischen, regionalen Küche verschrieben haben, ihre Lokale in ungewöhnliche Ausstellungsräume. Die Gäste können während ihres Besuchs die Kunst auf den Tellern und die, die an den Wänden hängt, goutieren. Einzigartig ist das Projekt schon deshalb, weil die Künstler allesamt aus Murnau und Umgebung kommen. Auf den „KunstKulinarischen Reisen“ besuchen Gäste nacheinander ausgewählte Restaurants, Gasthöfe oder SchlemmerWerkstätten und haben zusätzlich die Gelegenheit, die Erschaffer/innen der Werke persönlich kennenzulernen. In diesem Jahr gibt es übrigens zwei Varianten: Wer mag, tritt (wie in den Jahren zuvor) die „KunstKulinarische Reise“ mit dem Bus (maximale Teilnehmerzahl 15, abhängig von den aktuellen Covid19Vorgaben) an und lässt sich von Station zu Station bringen. Wer die neue OutdoorVariante wählt, spaziert zwischen Vorspeise und Dessert gemütlich durch Murnau. Die Kosten für die Gourmetreisen mit dem Bus liegen bei 130 Euro pro Person, Paare zahlen 250 Euro. Wer zu Fuß geht, zahlt 69 Euro pro Person bzw. 128 Euro pro Paar. Reserviert werden kann bei der Tourist Information Murnau, www.murnau.de.

Luftaufnahme Murnau, © Thomas Rychly

VERBLEIBENDE TERMINE

„KunstKulinarische Reise“ mit dem Bus: 03.09. / 01.10. „KunstKulinarische Reise“ zu Fuß: 14.08./11.09./09.10.

Bilder von Andy Fritsch, @ Sandra Bangerter

INFOS ZUR REGION

Tourist Information Murnau Untermarkt 13, 82418 Murnau a. Staffelsee T +49 (0) 8841 476-240, touristinfo@murnau.de www.murnau.de

Das Museumsnetzwerk „Zeitgenössische Kunst in der Oberpfalz“ in Ostbayern

Kultur verbindet eine Region

VON MARC PESCHKE

Der Osten Bayerns ist eine Urlaubslandschaft wie aus dem Bilderbuch. Hier befindet sich die größte Waldlandschaft Mitteleuropas, der Naturpark Oberpfälzer Wald mit seinem Seenland und der Bayerische Wald mit seinem Nationalpark und über 130 Berggipfeln. Neben Bergen, PremiumWanderwegen, Auen oder der Landschaft des Bayerischen Jura sowie den vielen historischen Altstädten gibt es auch wegweisende zeitgenössische Kunst zu entdecken. Das Museumsnetzwerk „Zeitgenössische Kunst in der Oberpfalz“ ist ein Zusammenschluss von fünf Häusern: Da gibt es das SPUR Museum in Cham, das in einem ehemaligen historischen Armenhaus untergebracht ist und Kunstwerke der 1957 gegründeten avantgardistischen Künstlergruppe SPUR zeigt. Weiterhin im kooperativen Verbund sind das Luftmuseum in der Amberger Engelsburg aus dem 14. Jahrhundert, das internationale Oberpfälzer Künstlerhaus in Schwandorf mit seinem ArtistinResidenceProgramm, seinen Kunstausstellungen und Veranstaltungsprogramm in der Gründerzeitvilla und dem Skulpturenpark. Ebenfalls im Netzwerk vertreten ist die Städtische Galerie Cordonhaus in Cham mit Ausstellungen renommierter zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler in einem Propsteigebäude aus dem 16. Jahrhundert – und schließlich das Museum Ludwig Gebhard in der „Alten Schule“ in Tiefenbach, zu dem auch ein Skulpturenweg gehört. Das Museum zeigt die Kunst des 2007 verstorbenen, international bekannten Druckgrafikers. Das von der Kulturreferentin des Landkreises Cham Bärbel KleindorferMarx geleitete Netzwerk verbindet all diese Orte miteinander. Ein weiterer Aspekt ist in der Oberpfalz immer wichtig: Der Blick geht hier auch über die Grenze. Vielfältig sind die traditionellen Kulturbeziehungen zu Tschechien. Ein weiteres Netzwerk, die Kulturkooperative Oberpfalz „KoOpf“, bündelt mit über 20 Partnern in Bayern und Tschechien Institutionen und Initiativen, die zeitgenössische Kunst, Architektur, Literatur und Musik in der Region vertreten, vermitteln und ermöglichen.

www.koopf.de

Morgenstimmung in der Tirschenreuther Teichpfanne, Foto: © Oberpfälzer Wald | Thomas Kujat

„Sonne“ von Iskender Yediler in der aktuellen Sonderausstellung des Luftmuseums

AMBERG LUFTMUSEUM

Zum Netzwerk „Zeitgenössische Kunst in der Oberpfalz“ zählt auch das 2006 gegründete Luftmuseum in Amberg. Die 40.000EinwohnerStadt östlich von Nürnberg zwischen Frankenalb und Oberpfälzer Wald verbindet schönstes Mittelalter mit zeitgenössischer Kunst. Früher war Amberg die Hauptstadt der Oberpfalz, heute ist es „Luftkunstort“ mit dem Luftmuseum, das gerade zum „Schönsten Museum der Oberpfalz“ gekürt wurde. Das Museum wartet nicht nur mit Sonderausstellungen auf, sondern auch mit Vorträgen, Konzerten und vielfältigen Veranstaltungen. Es verdankt sich einer Initiative des Amberger Künstlers Wilhelm Koch und befindet sich in einem der ältesten Gebäude der Stadt aus dem 14. Jahrhundert am Fluss Vils. Die Dauerausstellung thematisiert drei museumspädagogische Schwerpunkte: Lufterfahrungen, Lufttechnologien und Luftvariationen. Hier wird das Medium Luft sichtbar und hörbar, erlebbar und begreifbar. In den 15 Jahren seines Bestehens hat das Museum mit Spürsinn und Neugier bereits mehr als 100 Wechselausstellungen über Kunst, Design, Architektur und Technik im Kontext von Luft gezeigt. Luftkünstlerinnen und künstler aus vielen Ländern wurden vorgestellt. Die Bandbreite reicht von Luftaufnahmen aus extremer Höhe über bionische Flugobjekte bis zu aufblasbaren Messehallen, ephemeren Architekturen und skurrilen Skulpturen. Wie eine soziale Plastik interagieren der Verein und das Museum mit Bürgerinnen und Bürgern vor Ort und binden immer wieder Publikum in die künstlerische Gestaltung der Stadt mit ein. Träger des Luftmuseums ist ein Verein mit über 150 Mitgliedern, hinzukommen rund 30 Firmenspender. Gemeinsam mit den Eintrittsgeldern und einer Förderung der Kommune wird der laufende Betrieb ermöglicht. Aktuell zeigt das Luftmuseum neben der zwei Stockwerke umfassenden Dauerausstellung zwei Künstler: Der Berliner Iskender Yediler inszeniert klassische Naturphänomene in wenig realistischer Ausführung. In der gotischen Hauskapelle präsentiert der Amberger Künstler Stefan Stock neue Arbeiten, die an Kunstmaschinen erinnern. Beide Ausstellungen sind bis zum 24. Oktober zu sehen. Und noch eine Ausstellung lohnt derzeit nach Amberg: „Georges Braque – Wegbereiter der Avantgarde“ wird im Amberger Congress Centrum bis zum 16. September präsentiert. Gezeigt werden über 80 Radierungen, Farblithografien und Farbholzschnitte.

Gründer und Leiter Wilhelm Koch am Lüdecke Luftflipper, Luftmuseum Amberg, Foto: © erlebe.bayern – Florian Trykowski www.luftmuseum.de

CHAM STÄDTISCHE GALERIE CORDONHAUS

Unbedingt sehenswert ist das nordöstlich von Regensburg am Fluss Regen gelegene Cham. In der Stadt gibt es viel zeitgenössische Kunst zu bestaunen: Die Städtische Galerie Cordonhaus Cham lädt durch die Lage im ehemaligen Propsteigebäude des Klosters Reichenbach aus dem 16. Jahrhundert und seinem in der Stadt einmaligen Innenhof mit Arkadenund Laubengang zu einem Besuch und zum Verweilen ein. Seit beinahe 40 Jahren werden im ersten Obergeschoss – bei freiem Eintritt – Ausstellungen zeitgenössischer Kunst gezeigt, die weit über die Region hinaus Interesse wecken. Auch in diesem Jahr erwartet die Besucherinnen und Besucher ein vielfältiges Programm mit Malerei, Bildhauerei, Zeichnung, Konzept und Rauminstallationen. Im Sommer zeigen Carolin Leyck und Mary Kim aus München unter dem Titel „Die Farbe von Licht und Schatten“ bis 22. August Malereien und Skulpturen, die in den Ausstellungsräumen einen spannenden Dialog eingehen. Im Herbst präsentiert der aus Südtirol stammende Bildhauer Peter Senoner ab 4. September eine umfangreiche Einzelschau. Ab 13. November 2021 bis Frühjahr 2022 werden dann Peter Engel und Florian Topernpong aus Regensburg unter dem Titel „Olympia und Europa“ in der Städtischen Galerie Malereien, Zeichnungen und Rauminstallationen zeigen. Im Innenstadtbereich von Cham bespielen diesen Sommer zudem unter dem Motto „Schau nei“ an insgesamt sieben Stationen zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler einzelne Schaufenster. Im zweiten Obergeschoss des Cordonhauses befindet sich die prähistorische Sammlung, deren Besonderheit die Ausgrabungsfunde einer jungsteinzeitlichen Siedlung darstellt. Aufgrund der geografischen Lage des Fundortes nennt man sie „Chamer Gruppe“.

Peter Senoner, „ZYR“, 2019, Bronzeguss feuerpatiniert, Einzel-Ausstellung von Peter Senoner ab 4. September im Cordonhaus, Courtesy: Oechsner Galerie

www.cordonhaus-cham.de

Heimrad Prem, „Die Verrückten“, 1960, Öl auf Leinwand, 119 x 119 cm, unten rechts signiert: SPUR H. Prem, Foto: © erlebe.bayern – Florian Trykowski

CHAM MUSEUM SPUR

SPUR – diesen Namen fand im Januar 1958 eine Gruppe junger Künstler, Absolventen der Akademie der Bildenden Künste München, im Schnee für ihren Zusammenschluss. Bis 1965 arbeiteten Heimrad Prem, Helmut Sturm, Lothar Fischer und HP Zimmer als Gruppe SPUR zusammen, die einen wichtigen künstlerischen und mit ihrem Manifest auch theoretischen Beitrag zur Kunst nach 1945 leistete. Das historische Armenhaus in Cham, am Ufer des Regenflusses gelegen, beherbergt das von Stadt und Landkreis Cham gemeinsam getragene Museum SPUR. Es präsentiert – ebenfalls bei freiem Eintritt – in seinen alten Mauern Malerei, Plastik und Papierarbeiten der bis 1965 aktiven Gruppe SPUR im Stil des abstrakten Expressionismus und des Informel. In dem weltbekannten Antikriegsfilm „Die Brücke“ von Bernhard Wicki, 1959 in Cham gedreht, spielte das spätgotische Gebäude eine zentrale Rolle. Seit 1995 steht auf der Brücke die Eisenplastik „Großer geharnischter Sitzender“ von Lothar Fischer, einem Mitglied der Gruppe SPUR. Das Museum SPUR Cham stellt in wechselnden Ausstellungen Wirken und Arbeiten der Gruppe sowie ihren regionalen Bezug zur Oberpfalz und zu Cham vor. In diesem Jahr steht aus Anlass des 30jährigen Jubiläums des Museums ein Überblick mit Arbeiten der Gruppe SPUR im Mittelpunkt. Das Stadtarchiv Cham zeigt im Erdgeschoss des Armenhauses heimatgeschichtliche Ausstellungen. 2021 ist das Thema das Kriegsende in Cham 1945.

www.cham.de

Richard Vogl, „Nachklang“, 2016, Öl auf Leinwand, 130 x160 cm, Ausstellung „Richard Vogl: Malerei“, Oberpfälzer Künstlerhaus, Foto: Herbert Stolz

SCHWANDORF OBERPFÄLZER KÜNSTLERHAUS

Mit etwa 10.000 Besucherinnen und Besuchern jährlich ist das Oberpfälzer Künstlerhaus in Schwandorf im südlichen Oberpfälzer Wald eine Größe im Kulturleben der Region. Das Areal umfasst folgende Gebäude und Flächen: Museum und Kulturzentrum Kebbelvilla, internationales Künstlerhaus, Sperlstadel für städtische Kunst und Kulturveranstaltungen, Marionettentheater Schwandorf, Skulpturenpark und Spielplatz. Das Oberpfälzer Künstlerhaus fördert und präsentiert, bewahrt und vermittelt Kunst und Kultur in Ausstellungen, Veranstaltungen und durch seine Sammlungen. Das Programm ist abwechslungsreich: Kuratierte Ausstellungen zu wichtigen zeitgenössischen Themen, Strömungen und Fragestellungen, Kunst und Grafikkurse, Workshops, Konzerte von Klassik bis Jazz und Pop, Kabarett, Vorträge, Lesungen, Führungen und Künstlergespräche. Das internationale Künstlerhaus des Fördervereins Oberpfälzer Künstlerhaus e. V., ebenfalls auf dem KebbelvillaAreal, bietet im Rahmen eines Artistin ResidenceProgramms jährlich rund 20 internationalen Gästen aus den Bereichen bildende Kunst, Literatur und Komposition mehrwöchige Gastaufenthalte. Im Gegenzug entsendet das Haus ebenso viele Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Bayern zu Partnerhäusern im In und Ausland. Eines der Ziele des Oberpfälzer Künstlerhauses ist die Dokumentation und der Erhalt von zeitgenössischer Kunst und Kultur der Oberpfalz durch den Erwerb künstlerischer Exponate von Künstlerinnen und Künstlern der Region sowie von internationalen Kunstströmungen. Die Ausstellung „LebeWesen: Die Sammlungen des Bezirks Oberpfalz und ihre Neuerwerbungen“ ist noch bis 15. August zu sehen. Anschließend zeigt das Künstlerhaus in der Kebbelvilla bis zum 31. Oktober „Richard Vogl: Malerei“. Im September und Oktober als musikalische Highlights in der Kebbelvilla empfohlen, gastieren das Klassikfestival „Goldener Oktober“ und „Live Talk & Music“ mit dem Bassisten Sven Faller und der Schauspielerin und Sängerin Anna Maria Sturm. Weiterhin im Programm ist der österreichische Kabarettist und Pianist JörgMartin Willnauer.

www.oberpfaelzer-kuenstlerhaus.de www.kebbelvilla.de

Skulptur von Klaus Caspers „Der Tänzer“, Stahl, lackiert, 6 x 3 x 4 m, Oberpfälzer Künstlerhaus mit Skulpturenpark, Foto: Herbert Bürger

TIEFENBACH MUSEUM UND SKULPTURENWEG LUDWIG GEBHARD

In den Jahren des Wirkens der Gruppe SPUR in München studierte ein junger Mann aus dem kleinen Oberpfälzer Ort Tiefenbach nahe der Grenze zur damaligen Tschechoslowakei Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste München. Ludwig Gebhard (1933–2007) arbeitete nach Abschluss seines Studiums als freischaffender Künstler in München und Landsberg am Lech. Neben Zeichnung, Druckgrafik, Malerei sowie Schmuck und Textildesign befasste er sich intensiv mit plastischem Arbeiten. Emblematisch aber sind seine ausdrucksstarken farbigen Linolschnitte: Köpfe, Figuren und Raumstrukturen. In der um 1900 im Heimatstil erbauten „Alten Schule“ richtete die Gemeinde Tiefenbach ein Museum ein, das – bei freiem Eintritt – die Vielfalt des Werks von Ludwig Gebhard zeigt. Die aktuelle Sonderausstellung behandelt seine Zeichnungen: von der Skizze über die Feder, den Bleistift und den Buntstift zur Grafitlasur. Ein stets zugänglicher Skulpturenweg mit 13 Plastiken des Grafikers, Malers und Bildhauers führt von der Pfarrkirche hinauf zum Museum. Kunstbetrachtung an der frischen Luft ist das besondere Erlebnis hier im Dreieck Bayerischer, Böhmischer und Oberpfälzer Wald. Heute ist die „Alte Schule“ das Kulturzentrum Tiefenbachs, das Tiefenbacher Vereinen, unter anderem der Theatergruppe im „Spaßettl“, als Quartier für kulturelle Aktivitäten dient. Ein weiteres Museum in unmittelbarer Nähe zum Skulpturenweg skizziert die Geschichte der ehemaligen Klöppelschule Tiefenbach als wichtigen Teil regionaler Wirtschafts, Kultur und Sozialgeschichte des ostbayerischen Grenzraumes. Und: Ein fantastischer Blick aus dem Fenster des Museums lockt zum Bad im nahen Silbersee.

Skulpturenweg Tiefenbach, Foto: © erlebe.bayern – Florian Trykowski Ludwig Gebhard, Linolschnitt, Foto: Conradine Gebhard

www.tiefenbach-opf.de

Kunst und Stadterlebnis in Schweinfurt

Schweinfurt ist eine aufstrebende Kunst und Kulturstadt am Main, zwischen Bamberg und Würzburg gelegen. Mit dem Museum Georg Schäfer und der Kunsthalle sind hier zwei bedeutende Kunstsammlungen beheimatet.

MUSEUM GEORG SCHÄFER – VON CASPAR DAVID FRIEDRICH BIS MAX LIEBERMANN

Das Museum Georg Schäfer zeigt im Zentrum der Stadt eine der bedeutendsten Privatsammlungen zur Kunst des 19. Jahrhunderts aus dem deutschsprachigen Raum. Der Großindustrielle Georg Schäfer trug nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1970er Jahre Werke von Caspar David Friedrich, Wilhelm Leibl, Adolph von Menzel, Max Liebermann, Lovis Corinth und vielen anderen Künstlern dieser Epoche sowie die weltweit größte CarlSpitzweg Sammlung zusammen. Den Rahmen hierfür bildet die beeindruckende Architektur Volker Staabs. Aktuell findet ein „Rendezvous der Bilder“ statt, bei dem Meisterwerke aus der Neuen Pinakothek in München auf die Gemälde der Sammlung Georg Schäfer treffen, wodurch sich spannende Vergleichsmöglichkeiten und Beziehungen ergeben.

Der Impressionistensaal im Museum Georg Schäfer, Foto: Peter Leutsch

KUNSTHALLE SCHWEINFURT – ZEITGENÖSSISCH, POLITISCH, JUNG & WILD

Die Kunsthalle Schweinfurt lädt im ehemaligen ErnstSachsBad zum Kunstgenuss im architektonisch sehenswerten Baudenkmal. Zu sehen ist die hochkarätige Sammlung zur „Kunst nach 1945 in Deutschland“. Der Rundgang beginnt mit dem deutschen Informel. Die Sammlung ist in ihrer Qualität und Fülle in Deutschland fast einzigartig. Gegen dieses freie Kunstschaffen wendete sich die nachfolgende Generation „junger und wilder“ Künstler, die den Gegenstand wieder ins Bild brachten und bisweilen politisch aufluden. Gesellschaftspolitische Positionen setzen sich im Untergeschoss vom OstWestDialog bis ins heutige Kunstschaffen fort. Zeitgenössische Arbeiten unter dem Motto „Urbane Architekturen und visionäre Landschaften“ runden die Sammlung ab. In der imposanten, neun Meter hohen ehemaligen Schwimmhalle finden heute Sonderausstellungen statt – wie etwa noch bis zum 5. September die „5. Triennale Franken“ zum Thema „Wahrheit“.

SCHWEINFURT – STADT VOLLER ERLEBNISSE

Zu empfehlen ist auch ein Spaziergang durch das Zentrum von Schweinfurt. Herzstück ist der Marktplatz mit dem historischen Rathaus aus der Renaissance. Die Altstadt wurden in den letzten Jahrzehnten mit Liebe zum Detail wiederhergerichtet. Gassen mit Kopfsteinpflaster und kleinen Wohn und Handwerkshäusern erstrahlen in neuem Glanz. Eine Auszeit kann man sich in den Grünanlagen entlang der Stadtmauer oder am Main gönnen. Entspannt und genussvoll geht es in Schweinfurt zu, gepaart mit fränkischer Gastlichkeit bei Wein oder Bier.

Tourist-Information Schweinfurt 360° T 09721 / 513600 · tourismus@schweinfurt360.de www.tourismus.schweinfurt.de

Das Schwandorfer Felsenkeller-Labyrinth, Foto: Peter Hofmann, © Stadt Schwandorf

Bayerns größtes FelsenkellerLabyrinth Die Schwandorfer Unterwelt

KOMMUNBRAUWESEN UND FELSENKELLERBAU

Im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts gingen die Brauer dazu über, untergäriges Bier herzustellen, um damit ein süffigeres und länger lagerfähiges Gebräu zu erhalten. Da aber dieser Gärvorgang nur bei konstanten Temperaturen unter 10 °C funktioniert, legte man zu diesem Zweck Felsenkeller an. Mit ihrer über das ganze Jahr gleichbleibenden Kühle ca. 8 °C boten sie ideale Bedingungen für die Gärung und eine optimale Lagertemperatur des Gerstensafts. Das umfangreichste, komplexeste und wohl auch älteste Ensemble derartiger Anlagen in der Oberpfalz findet sich in Schwandorf. Über 130 Felsenkeller wurden vom Ende des 15. Jahrhunderts bis ins frühe 20. Jahrhundert angelegt. Sie bezeugen die einst rege Brautätigkeit in der Großen Kreisstadt.

KELLERDIEBE TREIBEN IHR UNWESEN

Nach dem 1. Weltkrieg kam das Kommunbrauwesen zum Erliegen. Jetzt wurden die Felsenkeller vermehrt zur Lagerung landwirtschaftlicher Produkte, aber auch von Wein, Spirituosen usw. genutzt. Dieses reichhaltige Angebot rief 1931/32 drei junge Burschen, die sogenannten „Kellerdiebe“ auf den Plan. Bei ihren „Raubzügen“, durchbrachen sie Abmauerungen und natürliche Felswände und verbanden dadurch verschiedene Felsenkellersysteme. Sie müssen somit als die eigentlichen Schöpfer des „Labyrinths“ mit seinen über 60 Räumen angesehen werden.

FELSENKELLER ALS LUFTSCHUTZBUNKER

Hatten die Felsenkeller in der Vergangenheit enormen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt, so sollten sie sich wenig später in einer anderen Funktion bewähren. Im Frühjahr 1945 wurden große Bereiche gerade noch rechtzeitig zu Luftschutzbunkern aufgerüstet. Denn bei der Bombardierung Schwandorfs am 17. April 1945 suchten über 6.000 Menschen Zuflucht in den Felsenkellern und harrten dort – aufgrund der großen Zerstörung an der Oberfläche – mehrere Tage aus.

DIE FELSENKELLER ALS SEHENSWÜRDIGKEIT

Obwohl die Felsenkeller viele tausend Menschen vor dem Tod bewahrt hatten, wurden sie nach dem Krieg dem Verfall preisgegeben und ihr Schicksal schien besiegelt. Ende der 1990erJahre erkannte man jedoch das Potential, das in ihnen als herausragende Sehenswürdigkeit der Stadt steckt und rückte sie wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung. Die Stadt Schwandorf machte es sich zur Aufgabe, zumindest einen Teil der imposanten unterirdischen Anlagen vor dem weiteren Untergang zu retten und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Heute werden regelmäßige Führungen in Bayerns größtem FelsenkellerLabyrinth mit seinen über 60 Räumen angeboten. In einem weiteren Felsenkeller, dem sogenannten Kulturkeller, finden außerdem kulturelle Veranstaltungen statt.

Weitere Infos und Anmeldung: Tourismusbüro Schwandorf, Kirchengasse 1, 92421 Schwandorf T 09431/45-550, felsenkeller@schwandorf.de www.felsenkeller-schwandorf.de

Faszinierende Regensburger Altstadt Museum „document Schnupftabakfabrik“

Foto: Stadt Regensburg, Bilddokumentation, Peter Ferstl

In der Regensburger Altstadt, denkmalgeschützt und als UNESCOWelterbe klassifiziert, gibt es an jeder Straßenecke faszinierende Einblicke in die Vergangenheit. Dementsprechend facetten und abwechslungsreich ist die lokale Museumslandschaft. Ein ganz besonderes Museum liegt sehr zentral, aber trotzdem ein bisschen versteckt: das „document Schnupftabakfabrik“. Von außen sieht man in der Gesandtenstraße, mustergültig saniert, ein stattliches mittelalterliches Wohnhaus, wie es viele in Regensburg gibt. Cafés laden zum Verweilen ein; in den Obergeschossen befinden sich Wohn und Geschäftseinheiten. Doch daneben gibt es hier auch ein kleines Museum. In drei Räumen kann man eine regelrechte Zeitreise antreten: Hier wurde bewusst nichts erneuert und herausgeputzt, sondern die Nutzung des Anwesens vor der Sanierung dokumentarisch festgehalten. Denn die war außergewöhnlich: Im 19. und 20. Jahrhundert befand sich im kompletten Haus eine Schnupftabakfabrik, die zu den ältesten und größten in ganz Deutschland gehörte. Durch glückliche Umstände blieben bis zur Einstellung der Produktion um das Jahr 2000 die Gerätschaften, die Einrichtung, die ganze Atmosphäre aus der Anfangsphase der Fabrik erhalten. So sind die Räume heute gleich in doppelter Weise denkmalwürdig: als Zeugnisse der Frühindustrialisierung und als Relikte mittelalterlicher Wohnkultur. Ein Widerspruch, der nur auf den ersten Blick einer ist. Denn die beiden Elemente passen überraschend gut zusammen. „Die Fabrik breitet sich in dem alten Gemäuer aus, ohne es zu ruinieren“, schrieb schon vor Jahren die Regensburger Autorin Eva Demski, die das Haus seit ihren Kindertagen gekannt und geliebt hat. Heute präsentiert das „document Schnupftabakfabrik“ vorsintflutliche Maschinen, die Patina der historischen Räume und einen unvergleichlichen Duft nach feinem Tabak, der die Räume durchzieht – ein Museum für alle Sinne.

document Schnupftabakfabrik Gesandtenstr. 3, 93047 Regensburg

Zugang nur im Rahmen einer Führung Tickets: Café Anna, Gesandtenstr. 5 Anmeldung von Gruppen: T +49 (0) 941 507-3442 museumsfuehrungen@regensburg.de

„BURG.MUSEEN.BAYERN“ – Mittelalter und Renaissance auf Burgen erleben

Herrliche Aussichten

VON MARC PESCHKE

Sie thronen hoch oben und faszinieren schon von Weitem: herrschaftliche Burgen und mächtige Festungsanlagen. An diesen ganz besonderen Orten treffen beeindruckende Landschaften und viele Jahrhunderte alte Geschichte, Kunst von Weltrang und traditionelle Lebensart zusammen. Das Netzwerk „BURG.MUSEEN.BAYERN“ möchte Reisende dazu inspirieren, sich auf eine Rundfahrt durch Bayern zu begeben, um Mittelalter und Renaissance hautnah zu erleben. Burghausen, Coburg, Landshut, Passau und Würzburg bieten eine faszinierende Verbindung von Erlebnis, Natur und Kunstgenuss. Vielfältige Landschaften und besondere kulturelle Höhepunkte warten hier auf Kunst und Kulturinteressierte. So streift man durch die Natur und entdeckt in alten Gemäuern Wertvolles und Wundersames, Glanzvolles und Geschichtsträchtiges, gekrönt von sagenhaften Ausblicken auf die schönsten Regionen Bayerns.

BURGHAUSEN DAS NEUE STADTMUSEUM AUF DER WELTLÄNGSTEN BURG

Auf einem Bergrücken zwischen dem Alpenfluss Salzach und der Naturoase Wöhrsee erstreckt sich über 1.051 Meter die weltlängste Burg. Das Stadtmuseum Burghausen befindet sich in der Hauptburg der mittelalterlichen Familienresidenz und Landesfestung der Reichen Herzöge von Bayern Landshut. Die Hauptburg markiert den architektonischen Höhepunkt der Burganlage, die zu den herausragenden spätmittelalterlichen Befestigungswerken zählt. Das jüngst vollständig neu gestaltete Stadtmuseum bietet einen eindrucksvollen Überblick über die Geschichte, Kunst und Kultur Burghausens und seiner Umgebung. Sein Markenzeichen sind seit der Wiedereröffnung die zahlreichen interaktiven Stationen, die die Besucherinnen und Besucher auf unterhaltsame Weise in die Welt des Spätmittelalters und in die Burghauser Stadt und Kunstgeschichte einführen. In stimmungsvollen Räumen gibt das Stadtmuseum interessante Einblicke in das Leben an einem Fürstenhof im Mittelalter. Herzogin Hedwig von BayernLandshut, deren glanzvolles Hochzeitsfest 1475 als „Landshuter Hochzeit“ in die Geschichte einging, residierte mit ihrem großen Hofstaat auf der Burghauser Burg. In der Ausstellung erfährt man, welch annehmliches Leben sie führte. Inszenierungen und Mitmachstationen vermitteln Wissenswertes zu Burgenbau, Wohnkomfort, Hygiene, Essen, Mode und Freizeitvergnügen im Spätmittelalter. Als Residenzstadt der Reichen Herzöge von Niederbayern und später als Regierungsstadt beherbergte Burghausen zahlungskräftige Auftraggeber: Landesherr, Klerus, Adel und Bürgertum ließen Bauwerke errichten, Kirchen ausstatten und Porträts von sich malen. Beeindruckende Gemälde und Skulpturen geben Einblick in die Kunst Burghausens vom Mittelalter über die Barockzeit bis in die Gegenwart. Der spannenden, mit Höhen und Tiefen durchsetzten Stadtgeschichte Burghausens ist ebenfalls eine große Abteilung gewidmet. Die Besucherinnen und Besucher können durch die Jahrhunderte spazieren: von der Blütezeit der Stadt im Mittelalter und dem Leben in der Haupt und Regierungsstadt über die Ansiedlung der Wacker Chemie, den Alltag der Burghauserinnen und Burghauser in der Zeit des Nationalsozialismus bis hin in die Gegenwart.

Stadtmuseum Burghausen, Hauptburg. Foto: Burghauser Touristik Stadtmuseum Burghausen, Darstellung eines historischen Baugerüsts, Foto: Gerhard Nixdorf

www.burghausen.de/stadtmuseum

Cranach-Gemälde in den Kunstsammlungen der Veste Coburg, Foto: Lutz Naumann

COBURG JUWELEN IN DER „FRÄNKISCHEN KRONE“: DIE KUNSTSAMMLUNGEN DER VESTE COBURG

Wohl wegen ihrer bezaubernden Silhouette trägt sie den Beinamen „Fränkische Krone“. Wer den kurzen Aufstieg gemeistert hat, den belohnt die Veste Coburg mit atemberaubenden Fernblicken in alle Himmelsrichtungen – und mit Kunstsammlungen von großem Wert. Besucherinnen und Besucher erleben die Faszination einer intakten Burganlage, die nur ein einziges Mal, mithilfe eines gefälschten Briefs, eingenommen worden ist. Im Innern haben sich prachtvolle historische Räume und die Reformatoren Zimmer erhalten, die an Martin Luthers halbjährigen Aufenthalt 1530 erinnern. Eindrücklich vermittelt sich beim Rundgang die Geschichte der Veste – ihre Entstehung als eine der größten mittelalterlichen Wehranlagen in Deutschland, ihre Blüte als kursächsisches Schloss im Zeitalter der Reformation, ihr Ausbau zur neuzeitlichen Landesfestung und nicht zuletzt ihre historistische Wiederbelebung als „Schatzkammer“ der Coburger Herzöge. Zu den Highlights der Sammlungen zählen das Coburger Hedwigsglas, ein reicher Bestand an Cranach Gemälden und der älteste Prunkwagen der Welt. Aus herzoglichem Nachlass stammt auch die erlesene Kollektion venezianischer Gläser, die den Weltruf der Coburger Glassammlung begründete. Die Coburger Waffensammlung ist bekannt für ihre ebenso vielfältigen wie kostbaren höfischen Turnier und Jagdwaffen. Die Rüstkammer der Veste bietet zudem einen Überblick über die Entwicklung der Kriegstechnik vom 15. bis zum 19. Jahrhundert, und die jüngst eingerichtete Artillerieausstellung „Gebt Feuer!“ führt die einstige Wehrhaftigkeit der Burganlage vor Augen. Übrigens: Der einst karge Burgberg hat sich im Lauf der Jahrhunderte in einen traumhaften Landschaftspark verwandelt.

Veste Coburg, Foto: Dr. Otmar Fugmann www.kunstsammlungen-coburg.de

Die Augsburger Figurenuhr in Gestalt eines Elefanten galt Anfang des 17. Jahrhunderts als Wunder der Technik. Hintergrund: Gemälde mit der Darstellung eines Löwen, Johann Melchior, Foto: © Bayerisches Nationalmuseum München

LANDSHUT KUNST- UND WUNDERKAMMER AUF DER BURG TRAUSNITZ

Weithin sichtbar thront hoch über der Stadt Landshut die Burg Trausnitz. Ein Spaziergang führt hinauf über die Fürstentreppe zum mächtigen Herrschaftssitz. Die Wittelsbacher Burg wurde 1204 gegründet und diente ein Vierteljahrtausend als Residenz der Herzöge von Niederbayern, dann als Hofhaltung der bayerischen Erbprinzen. Vom mittelalterlichen Leben auf der Burg zeugen die DürnitzSäle, in denen die Ritter speisten, und die gotische Burgkapelle mit wertvollen Altären und Skulpturen. Die weltberühmte Narrentreppe mit gemalten Szenen aus der „Commedia dell’arte“ und die mit Kachelöfen, Möbeln und Wandteppichen reich ausgestatteten Wohnräume vermitteln einen Eindruck von der Pracht des Herzogshofes unter Wilhelm V. zur Zeit der Renaissance. Ein besonderer Höhepunkt des Rundgangs durch die Burg ist die Aussicht vom Söller auf Landshut. Zum Staunen, Wundern und Bewundern lädt die „Kunst und Wunderkammer“ im Damenstock der Burg Trausnitz ein. Diese fürstlichen Kunst und Kuriositätensammlungen sind die Vorläufer der heutigen Museen, zugleich waren sie Statussymbole und Mittel herrschaftlicher Machtdemonstration. Eingerichtet nach dem Vorbild der Kunstkammer der bayerischen Herzöge Albrecht V. und Wilhelm V. lässt ein Rundgang durch die vier Räume des Museums den von Neugier und Wissensdurst geprägten Zeitgeist der Renaissance lebendig werden. Hier finden sich neben kostbaren und kuriosen Kunstwerken auch seltene Naturschätze, astronomische Instrumente oder anspruchsvolle Automaten. Ebenso begehrt war Exotisches aus fernen Ländern und fremden Welten: Feinste Porzellane aus China und Japan, berühmte Elfenbeinarbeiten aus Ceylon, mit Edelsteinen verzierte Jagdwaffen aus der Türkei, goldgefasste Kokosnüsse von den Molukken, seltenes Schildpatt und schimmerndes Perlmutt aus Indien reisten um die Welt, um schließlich Einzug in die wittelsbachische Sammlung zu halten.

www.burg-trausnitz.de

Burg Trausnitz, Hauptburg mit Wittelsbacher Turm, Foto: © Ambild Bildarchiv, Alfred Müller, Finsing

Brautkrone der Herzogin Hedwig, Oberhausmuseum, Foto: Dionys Asenkerschbaumer

PASSAU VESTE OBERHAUS: GESCHICHTE ERLEBEN IN EINER DER GRÖSSTEN ERHALTENEN BURGANLAGEN EUROPAS

Hoch über der barocken Altstadt Passaus liegt eine der größten und zugleich besterhaltenen Burganlagen Europas: die Veste Oberhaus. In den mehr als 800 Jahre alten Burgmauern wird Geschichte auf einzigartige Weise lebendig. Dort, wo einst die Passauer Fürstbischöfe lebten, lädt heute das Oberhausmuseum mit spannenden Ausstellungen vom Mittelalter bis in die jüngste Zeitgeschichte zu einer Reise in die Vergangenheit ein. Interaktive Stationen und Inszenierungen begeistern kleine und große Museumsbesucherinnen und besucher. Der Ausstellungsrundgang endet in der Georgskapelle, deren umfangreicher Freskenzyklus aus dem 14. Jahrhundert mit Darstellungen der Legende des Hl. Georg einzigartig ist. Im neu eröffneten Aussichtsturm erzählt eine multimediale Präsentation die facettenreiche Geschichte der Burgen und Schlösser im InnSalzachDonauRaum, berichtet vom Tauziehen um Machtverhältnisse und von regem Handel im deutschösterreichischen Grenzland. Auf der obersten Plattform erwartet die Besucherinnen und Besucher eine spektakuläre Panoramasicht auf Passau und das Umland. Mit der VesteOberhausApp wird der Burgrundgang zum Erlebnis! In vier Touren führt die kostenlose App durch die Burganlage. Dabei erwachen die einstige Zugbrücke und der Bergfried wieder zum Leben, eine Panoramatour führt zu den schönsten Aussichtspunkten und die Schatzsuche lädt dazu ein, an authentischen Fundorten Gegenstände aus alten Zeiten zu entdecken. Zum Abschluss empfiehlt sich ein Besuch des Aussichtspunkts „Batterie Linde“, von dem man den schönsten Blick auf die malerische Altstadt und den berühmten Zusammenfluss von Donau, Inn und Ilz genießt.

www.oberhausmuseum.de

Ob Holz oder Stein, Tilman Riemenschneider

war ein Meister seiner Kunst, Foto: Museum für Franken – Katja Krause

WÜRZBURG FESTUNGSBLICK UND KUNSTGENUSS: REISE DURCH DIE ZEIT IM MUSEUM FÜR FRANKEN

Die Festung Marienberg erhebt sich als Wahrzeichen über Würzburg und liegt nur eine Shuttlebusfahrt von der Residenz oder einen Spaziergang von der alten Mainbrücke den Hügel hinauf entfernt. In dem großzügigen Gebäudekomplex befindet sich mit dem Museum für Franken eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Bayerns. Zwischen Weinbergen, alten Mauern und barocken Gärten lädt das Museum zu einer Entdeckungsreise in vergangene Zeiten ein. Hier kann man besondere Schätze entdecken: die weltbekannte RiemenschneiderSammlung mit über 80 Werken des mittelalterlichen Bildhauers, den bronzenen Kultwagen aus Acholshausen oder auch die Gemälde von Lucas Cranach d. Ä. und Giovanni Battista Tiepolo. Begeben Sie sich auf Entdeckungstour von der Vorgeschichte bis ins 19. Jahrhundert, von der Malerei bis hin zu meisterhaftem Kunsthandwerk! Die Festung selbst lockt mit barockem Fürstengarten und einem der herrlichsten Blicke über die Stadt. Jeden Sonntag, wenn der Eintritt ohnehin nur einen Euro kostet, findet um 14.30 Uhr der Sonntagsspaziergang durch das Museum statt. Diese öffentlichen Führungen begeistern mit immer wieder neuen Themen große und kleine Gäste aus nah und fern. Buchbare Führungen, Workshops, Ferienprogramme und Kindergeburtstage runden das Programm ab und machen den Museumsbesuch zum besonderen Erlebnis. Nach dem Genuss von Kunst und Kultur empfiehlt sich unweit auf der alten Mainbrücke der traditionelle „Brückenschoppen“, um das Genusserlebnis bei feinem Wein abzurunden.

Die Festung Marienberg über Würzburg ist Sitz des Museums für Franken. Foto: © erlebe.bayern – Florian Trykowski www.museum-franken.de

Das Netzwerk „Antike in Bayern“ lädt ein:

Reise in die mediterrane Antike

VON MARC PESCHKE

Um antike Kunst zu erleben, um auf den Spuren der Römer, Kelten, Griechen und Etrusker zu wandeln, muss man nicht nach Griechenland oder Italien reisen. Das kann man auch auf schönste Weise in sieben bayerischen Museen und archäologischen Parks, die sich 2019 zum Netzwerk „Antike in Bayern“ zusammengeschlossen haben. Ausgrabungen, monumentale Bauwerke, archäologische Funde, Münzen, bemalte Tongefäße, Goldschmuck, Marmorskulpturen, Friese und sogar ganze Schiffe erzählen die antike Geschichte Bayerns. In Kempten, der ältesten schriftlich erwähnten Stadt Deutschlands, lädt der Archäologische Park Cambodunum ein. Die Archäologische Staatssammlung München am Englischen Garten wird nach ihrer Sanierung im Jahr 2023 wieder eröffnet. Das kelten römer museum manching zeigt mit den römischen Bootswracks von Oberstimm die besterhaltenen antiken Kriegsschiffe nördlich der Alpen. Das mediterran anmutende Pompejanum in Aschaffenburg, hoch über dem

„Hercules“ (Ausschnitt), Foto: © Archaeologische Staatssammlung Muenchen / M. Eberlein

Main gelegen, ist der idealtypische Nachbau eines römischen Wohnhauses. Das RömerMuseum Weißenburg präsentiert den berühmten Weißenburger Schatzfund mit seinen Bronzestatuetten. Hier kann man erleben, wie die Römer am Limes lebten. In Augsburg im Römischen Museum/Römerlager im Zeughaus, sind beeindruckende Funde des römischen Augusta Vindelicum ausgestellt – Zeugnisse einer der ältesten Städte Deutschlands. Die Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek in München versammeln Glanzlichter griechischer, römischer und etruskischer Kunst und Kultur in den Museen am Königsplatz – darunter auch die weltbekannte Marmorskulptur des Barberinischen Fauns. Antike Geschichte in den schönsten Urlaubsregionen Bayerns erleben, von Augsburg bis Aschaffenburg, das ist die Idee des neuen Museumsnetzwerks, das seine Aktivitäten auch digital bündelt. Wir laden Sie nun ein zu einer Tour durch das antike Bayern …

www.antike-bayern.byseum.de

RÖMERMUSEUM WEISSENBURG

Beginnen wir in Weißenburg. Zuerst war nur eine kleine Venus zu sehen – doch schnell war klar, dass es sich bei dem Schatzfund von 1979 um eine Sensation handelte. Als Zweigmuseum der Archäologischen Staatssammlung München begann so das neueste Kapitel des RömerMuseums Weißenburg – gegründet in den 1920erJahren als Heimatmuseum für die Funde der Grabungen auf dem Kastellareal. Die bronzenen Götterstatuetten und Silbervotive sind aber nicht die einzigen faszinierenden Objekte der Ausstellung. Die Funde aus den Grabungen des Reiterkastells, des Lagerdorfs und der Römischen Thermen erwecken das antike Biriciana zum Leben. Reitermasken und Paraderüstungen, Feinkeramik und Glasgefäße, Schmuck und Schminkutensilien lassen vom römischen Luxus träumen. Genauso wichtig sind die vielen alltäglichen Gebrauchsgegenstände. Römer und Germanen, Soldaten und Zivilisten, Frauen und Kinder – sie alle spielten ihre Rolle am Rande des Römischen Reichs. Dem Limes als Reichsgrenze widmet sich das Bayerische LimesInformationszentrum im Erdgeschoss des Museums. Auch das Kastellareal, die Großen Thermen und der vicus Biricianis sind heute zugänglich und runden das Bild der Römerstadt Weißenburg ab.

www.museen-weissenburg.de

Ausstellungsansicht RömerMuseum Weißenburg, Foto: Museen Weißenburg / R. Renner

STAATLICHE ANTIKENSAMMLUNGEN UND GLYPTOTHEK MÜNCHEN

Entdecken Sie die Höhepunkte griechischer, römischer und etruskischer Kunst und Kultur in den Museen am Königsplatz direkt in München! Weltbekannte Marmorskulpturen, kostbarer Goldschmuck, bemalte Feinkeramik und wertvolle Gläser gewähren einen spannenden Blick auf längst vergangene Welten der klassischen Antike. Die Glyptothek ist Münchens ältestes öffentliches Museum. 1830 eröffnet, beherbergt sie eine der bedeutendsten Sammlungen griechischer und römischer Skulpturen. Highlights sind die Medusa Rondanini, der Barberinische Faun und die Ägineten. Diese wertvollen Giebelfiguren vom AphaiaTempel in Ägina konnte der Gründer der Sammlung, König Ludwig I., 1813 ersteigern. Auf der Südseite des Königsplatzes befinden sich die Staatlichen Antikensammlungen. Sie beheimaten eine der wichtigsten Sammlungen griechischer, etruskischer und römischer Kleinkunst: Vasen, Bronzen, Terrakotten, Glas und Goldschmuck vom 3. Jahrtausend v. Chr. bis etwa 400 n. Chr. Reich dekorierte und aufwendig bemalte Tongefäße führen die vielgestaltige Bilderwelt des griechischen Mythos und Alltags vor Augen. Sonderausstellungen, Mediaguides sowie ein vielfältiges kulturelles Programm für Kinder und Erwachsene runden den Museumsbesuch ab.

www.antike-am-koenigsplatz.mwn.de

Erotisch-lasziv: der Barberinische Faun in der Glyptothek, Foto: © Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München / Renate Kühling

Pompejanum, Foto: Renate Kühling

Sommertriclinium, Pompejanum, Foto: Renate Kühling

POMPEJANUM ASCHAFFENBURG

Am Hochufer des Mains in Aschaffenburg steht ein Gebäude, das mit seiner mediterran anmutenden und auffälligen Architektur aus der Umgebung heraussticht: Das Pompejanum ist der idealtypische Nachbau eines römischen Wohnhauses, wie wir es aus den antiken VesuvStädten Pompeji und Herculaneum kennen. Es wurde zwischen 1840 und 1851 nach dem Vorbild der Casa dei Dioscuri in Pompeji im Auftrag König Ludwigs I. erbaut. Nach Zerstörungen im 2. Weltkrieg wurde es wiederhergestellt und 1994 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die ausgestellten antiken Kunstwerke illustrieren das Leben in einem römischen Haus. Sie stammen zum größten Teil aus den Staatlichen Antikensammlungen und der Glyptothek in München. Versetzen Sie sich also zurück in die Zeit um Christi Geburt und durchwandern Sie die Räume des rekonstruierten pompejanischen Stadthauses! Vom zentral gelegenen Innenhof, dem Atrium, gelangen Sie in die Schlaf und Speisezimmer sowie den repräsentativen Empfangssaal. Im hinteren Bereich des Hauses finden Sie den Hausgarten, die Küche und das WC. Im Obergeschoss schließen sich weitere Wohn und Schlafräume an.

www.antike-am-koenigsplatz.mwn.de www.schloesser.bayern.de

Ausstellungsansicht „Römerlager“, Foto: Sarah Rubensdörffer

RÖMISCHES MUSEUM AUGSBURG

In der zentral gelegenen Toskanischen Säulenhalle zeigt die Ausstellung „Römerlager“ ausgewählte Objekte aus der frühen Geschichte Augsburgs. Mit dem ältesten Militärstützpunkt Bayerns und den Hinterlassenschaften der Provinzhauptstadt Raetiens verfügen die Sammlungen über eine immense Fülle archäologischer Funde. Augusta Vindelicum war vor 2000 Jahren für Jahrhunderte ein bedeutendes Verkehrszentrum und der wichtigste Handelsplatz im Alpenvorland. Der römische Pinienzapfen diente als Vorlage für das heutige Stadtwappen – massive, 1800 Jahre alte Holzbalken einer Schiffsanlegestelle belegen die Versorgung der Stadt auf dem Flussweg. Über die Alpen verband die via Claudia Augusta Augsburg mit Italien, wie Glasgefäße und keramisches Tafelgeschirr zeigen. Der entstandene Wohlstand spiegelt sich in einem Hort von Goldmünzen. Eine Glasschale mit einer Adam und Eva Darstellung repräsentiert das älteste Beispiel mit christlicher Motivik in Bayern. Diese und weitere Funde ergeben ein facettenreiches Bild der Römerstadt Augsburg. Die Deckel der Ausstellungskisten kann der Besucher selbst öffnen – oder durch das Vermittlungsteam vielleicht noch mehr Überraschendes über diese Zeit erfahren.

www.kunstsammlungen-museen.augsburg.de

Römische Reitermaske © Arch. Staatssammlung, S. Friedrich

ARCHÄOLOGISCHE STAATSSAMMLUNG MÜNCHEN

Die Archäologische Staatssammlung am Englischen Garten wird nach ihrer energetischen Sanierung im Jahr 2023 wieder eröffnet. Die neue, barrierefreie Dauerausstellung ist dann in zwei Ebenen „Abenteuer Archäologie“ und „ Das begehbare Archiv“ zu erschließen. Die museale Präsentation der frühen Menschheitsgeschichte, von der Altsteinzeit bis zu Beginn des Mittelalters, ist zukünftig mit moderner Medientechnik lebendig erlebbar. Das neue architektonische Konzept des spanischen Büros Nieto Sobejano Arquitectos sieht eine unterirdische, stützenfreien Ausstellungshalle vor, in der Wechselausstellungen gezeigt werden, die aber auch für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden kann. Ein großzügig akzentuierter Haupteingang, ein lichtdurchflutetes Foyer mit Museumsbar und Shop entstehen ebenso wie ein neuer Treppenhauskubus, der alle Museumsebenen barrierefrei erschließt. Auf den begrünten Dachflächen wird eine zum Englischen Garten hin ausgerichtete öffentliche Gastronomie entstehen.

www.archaeologie-bayern.de

ARCHÄOLOGISCHER PARK CAMBODUNUM (APC)

Auf dem östlichen Hochufer der Iller, oberhalb des heutigen Kempten im Allgäu, wurde Cambodunum unter Kaiser Augustus um Christi Geburt gegründet. Im 1. Jahrhundert nach Christus erlebte die Römerstadt ihre größte Blütezeit. Sie war zeitweise Statthaltersitz und vermutlich sogar die erste Hauptstadt der römischen Provinz Raetien. Der Archäologische Park Cambodunum (APC) schützt und präsentiert heute das unüberbaut gebliebene Zentrum der einstigen Römerstadt. Die begleitende Ausstellung im Gallorömischen Tempelbezirk und den Kleinen Thermen gibt spannende Einblicke in den Lebensalltag der Menschen vor zwei Jahrtausenden: Welche Gottheiten wurden hier verehrt? Wie funktionierte Wellness in der Antike? Und warum war das stille Örtchen nicht unbedingt leise? Das weitläufige Parkgelände des Archäologischen Parks Cambodunum lässt sich mit der interaktiven CambodunumApp in Eigenregie oder auch über eine Führung erkunden.

www.apc-kempten.de

Haupteingang, Archäologische Staatssammlung München © Nieto Sobejano Arquitectos, Berlin-Madrid

Der Gallorömische Tempelbezirk im Archäologischen Park Cambodunum (APC), Foto: © K. Jena

Hypokaustanlage in den Kleinen Thermen von Cambodunum, Foto: Xocolatl

Das kelten römer museum manching in der Abenddämmerung, Foto: © Michael Heinrich Das vergoldete Kultbäumchen aus der Keltenstadt von Manching (links: Original; rechts: Rekonstruktion), Foto: © Archäologische Staatssammlung München

KELTEN RÖMER MUSEUM MANCHING

Das kelten römer museum, die letzte Station unserer Reise in die bayerische Antike, ist das Schaufenster für die spektakulären Ausgrabungen in der Keltenstadt von Manching und im römischen Militärkastell von Oberstimm. Das Museum von 2006 liegt direkt am historischen Originalort, den man auf einem archäologischen Lehrpfad erkunden kann. In der rollstuhlgerechten Dauerausstellung ist vieles zu entdecken: Ein kostbarer Schatz mit Hunderten von Goldmünzen, ein geheimnisvolles Kultbäumchen und bunter Glasschmuck zeugen von der kulturellen Blüte des keltischen Manching. Aus dem nahen Oberstimm stammen die beeindruckendsten Funde im Museum: Ganze 15 Meter messen die Wracks zweier Römerschiffe, die um 100 n. Chr. auf der Donau patrouillierten. Neben den Originalfunden geben Teilrekonstruktionen, Modelle, digitale Medien und ein Audioguide anschauliche Einblicke in das Leben der Kelten und Römer. Das Museum bietet auch spannende Führungen und interaktive Workshops für alle Altersgruppen an. Bis 6. Februar 2022 zeigt das kelten römer museum die Sonderausstellung „Kunst in Miniatur“. Sie präsentiert griechischrömische Gemmen aus Bayern, also farbig schillernde Schmucksteine, in die faszinierende Miniaturbilder eingraviert sind.

www.museum-manching.de

Schloss Johannisburg © Kongress- u. Touristikbetriebe Aschaffenburg / T. Benzin

Aschaffenburg – Kunst und Kultur erleben

Es ist die Mischung aus südlichem Flair, der lebensfrohen Mentalität der Menschen und dem reichen Kulturangebot, die man so wohl nur in Aschaffenburg antrifft. Ganz oben im Nordwesten Bayerns gelegen, gilt Aschaffenburg als eine Stadt der Schlösser, Parks und Museen. Neben der Stiftsbasilika beherrscht vor allem das imposante Schloss Johannisburg das Stadtbild Aschaffenburgs bis heute. Das majestätische Wahrzeichen ist ein Meisterwerk der Baukunst des 17. Jahrhunderts. Eine besondere Sehenswürdigkeit im klassizistischen Interieur des Schlosses ist vor allem die weltweit größte Sammlung von aus Kork angefertigten Architekturmodellen römischer Bauwerke, die zu einem Spaziergang durch die Antike einlädt. Außerdem beherbergt das Schloss eine der größten und bedeutendsten Sammlungen von Gemälden von Lucas Cranach d. Ä. und seiner Werkstatt. Das milde und fast schon mediterrane Klima verleiht Aschaffenburg südliches Ambiente. Der antikenbegeisterte König Ludwig I. ließ sich von diesem Flair inspirieren und das Pompejanum als Ideal einer römischen Villa bauen. Im wunderbar ausgestatteten Inneren sind hochklassige Kunstwerke aus römischer Zeit zu bewundern. Die Aschaffenburger Museumslandschaft lädt zu einer Zeitreise durch die Geschichte und Kultur der Stadt ein. Die archäologische Sammlung im Stiftsmuseum glänzt mit Funden aus vorgeschichtlicher und römischer Zeit. Aber auch „Pracht und Glaube des Mittelalters“ werden dort mit herausragenden Kunstwerken aus Silber, Bergkristall und Gold erlebbar. Besonders sehenswert sind international bedeutende Kunstschätze wie Matthias Grünewalds „Beweinung Christi“ oder der mächtige Magdalenenaltar aus der Cranach Werkstatt. Die städtischen Sammlungen im Schlossmuseum zeichnen mit „Museumsgeschichte(n) – von den Wegen der Dinge in die Museen“ die Abenteuer so mancher Museumsobjekte nach. Die Kunst der Gegenwart genießt in Aschaffenburg ebenfalls einen hohen Stellenwert. Die Kunsthalle Jesuitenkirche bietet wechselnde Ausstellungen bedeutender Künstler der Moderne und der Gegenwart wie Man Ray mit der Ausstellung „Man Ray. Magier auf Papier … und der Zauber der Dinge“.

„MAN RAY. MAGIER AUF PAPIER … UND DER ZAUBER DER DINGE“

Man Ray war überzeugt, dass es nicht das „Werk“ ist, das zählt, sondern immer die „Idee“ dahinter, für die es gilt, einen passenden künstlerischen Ausdruck zu finden. Und so zeichnen das künstlerische Œuvre Man Rays gerade der hierarchielose Umgang mit Kunstgattungen aller Art, die Transmedialität und der Faktor „Zufall“ aus – genau das also, was die Surrealisten als „hasard objectif“ bezeichneten. Man Ray hat mit seiner eklektischen Herangehensweise vorbereitet, was uns heute als „modern“ und „zeitgenössisch“ geläufig ist. Den größten Bekanntheitsgrad erzielte Man Ray durch seine zahlreichen inszenierten Porträtfotografien zeitgenössischer Künstler. Schon früh versuchte er sich in unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen, verweigerte bewusst eine „Handschrift“. Futuristischkubistische Ölbilder in lebhaften Farben gehören genauso zu seinem Portfolio wie filigrane Zeichnungen oder das Experimentieren mit Objekten. Indem er die Ästhetik des Mediums Fotografie mittels Fotogrammen („Rayographien“), Solarisationen und Mehrfachbelichtungen ausweitete, erhob er sie zur Kunst und integrierte die resultierenden neuen Inspirationen später in seine wieder aufgenommene Malerei. Vermutlich war es Tristan Tzara, der Man Ray 1921 mit den Fotogrammen von Christian Schad, der über 40 Jahre in Aschaffenburg lebte, vertraut gemacht hatte, den sogenannten „Schadographien“; die ersten stammen bereits aus dem Jahr 1919. Für Man Ray stellte die Technik des Fotogramms einen Wendepunkt in seinem künstlerischen Schaffen dar: Es bedeutete für ihn, den Automatismus, den Zufall sowie das spielerische Element werkimmanent werden zu lassen. Die „Fotos ohne Kamera“ fanden bei den Dadaisten und später bei den Surrealisten großen Anklang. Der Dichter Jean Cocteau bezeichnete Man Ray daher auch als „Poeten der Dunkelkammer“. 1976 starb Man Ray, der neben Marcel Duchamp zu den bedeutenden Vertretern des Dadaismus zählt und als Impulsgeber für die moderne Fotografie und Filmgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts gilt.

Bis 24. Oktober 2021 „Man Ray. Magier auf Papier … und der Zauber der Dinge“ Kunsthalle Jesuitenkirche www.museen-aschaffenburg.de

Man Ray, „Le Violon d‘Ingres“, 1924/1971, Silbergelatineprint, späterer Abzug, 39 x 29,5 cm, ahlers collection, Foto: ahlers collection © Man Ray Trust 2015, Paris / VG Bild-Kunst Bonn, 2021

Stadtmuseum Schwabach „Im Zeichen des Goldes“

Stadtmuseum Schwabach, Foto: Gerhard Hagen

Es ist nicht alles Gold, was glänzt? Im mittelfränkischen Stadtmuseum Schwabach schon! Das Herz des Museums ist eine mit echtem Blattgold belegte, begehbare Box, in der sich eine historische Goldschlägerwerkstatt verbirgt, und LiveVorführungen mit einem Goldschläger stattfinden. Denn Schwabach ist weltbekannt für seine jahrhundertealte Tradition der Gold und Metallverarbeitung. In der Dauerausstellung können die Besucherinnen und Besucher alles über die Produktion von Blattgold, Nadeln, Nägeln, Schrauben, Federn und Draht und auch viel über die mühevolle Blattgoldherstellung erfahren. Neben dem Gold gibt es im Museum eine der weltweit größten Eierausstellungen zu bestaunen. Mit rund 10.000 Exponaten sind nicht nur dekorierte Eier aus der ganzen Welt, sondern auch eine einzigartige Sammlung biologischer Eier zu bewundern. Höhepunkte sind ein Fabergé Ei, DinosaurierEier und ein versteinertes Vogelnest. Eine Dauerpräsentation zur Stadtgeschichte befasst sich am Beispiel Schwabachs mit der Zeit des Ersten Weltkriegs, der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus bis zum Zweiten Weltkrieg. Die Nachkriegszeit bis Ende der 1970erJahre sowie die Geschichte der Amerikanischen Garnison bis 1992 werden in weiteren Räumen präsentiert. Ein Ausstellungsbereich zur „Königlich Bayerischen Hofseifenfabrik Ribot“ ist eine der größten Sammlungen von Objekten zur Seifenherstellung in ganz Deutschland. Neben der Abteilung zur Stadtgeschichte kommen Fans von klassischem Blechspielzeug und Modelleisenbahnen aller Spurweiten in der Abteilung zur ehemals Nürnberger Spielwarenfirma der Gebrüder Fleischmann voll auf ihre Kosten.

Goldbox und Goldschlägerschauwerkstatt im Stadtmuseum Schwabach, Foto: Manuel Mauer

Ausstellungsansicht „ortung 11“, 2019, Akmar, Foto: © Kulturamt I.M.

„600 JAHRE STADT+KIRCHE SCHWABACH“

Eine sehenswerte Sonderausstellung über die Stadtkirche St. Johannes und St. Martin zum 600jährigen Weihejubiläum wird noch bis 31.12.2021 präsentiert. Die Stadtkirche mit ihrem wandelbaren spätgotischen Hochaltar ist eines der bedeutendsten Bauwerke der Stadt. Die Weihe des Hauptaltares und Chorraums fand im Jahr 1420 statt. Seit 600 Jahren kristallisiert sich an und in ihr das gesellschaftliche Leben sowohl der Kirchen als auch der Stadtgemeinde. Die Ausstellung widmet sich nicht allein der Darstellung der Baugeschichte und der zum Teil einzigartigen kunsthistorischen Ausstattung des Gebäudes, vielmehr steht das Zusammenspiel zwischen ihm und den Menschen im Mittelpunkt. Hör und Filmstationen sowie zahlreiche Ausstellungsstücke erzählen von der spannenden Geschichte des Schwabacher Kirchenraums. Viele kunst und kulturhistorisch bedeutende Objekte wie die „Affalterbacher Kirchweihfahne“ (1502), Fragmente des einzigartigen markgräflichen Kirchenstuhls (1705) oder die Bücherschätze der Kirchenbibliothek sind dabei seit langer Zeit wieder der Öffentlichkeit präsentiert. Auch die Stadtkirche selbst ist Teil und zweiter Standort der Ausstellung.

ORTUNG 12

Auch in diesem Jahr ist das Museum Teil der besucherstarken Kunstbiennale „ortung – Im Zeichen des Goldes“, die vom 7. bis 22. August die Innenstadt Schwabachs in einen spannenden Kunstparcours verwandelt. Die mittlerweile überregional bekannten Schwabacher Kunsttage, die auf das traditionelle Goldschlägerhandwerk in der Stadt Bezug nehmen, finden 2021 bereits zum zwölften Mal statt. Von Berlin über Münster bis Bregenz sind dieses Jahr Künstler und Künstlerinnen vertreten. Der besondere Charme der Ausstellung liegt in der Präsentation der Kunstwerke: Denn für „ortung“ werden öffentliche Plätze, Kellergewölbe, Grünflächen, Kirchen, Galerien, Privaträume oder besondere „Unorte“ zu Ausstellungsplätzen. Die 20 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler verschiedener Sparten (Malerei, Bildhauerei, Grafik, Textilkunst, Installationen aller Art, Video, Performance u.a.) sowie ausgewählte Gastbeiträge öffnen mit ihren Arbeiten neue und überraschende Kunstperspektiven. Durch die einzigartige Einbindung in das Stadtbild entsteht ein reizvoller Parcours durch die wunderschöne Schwabacher Altstadt.

Schwabach Stadtmuseum www.schwabach.de/ortung

Das Netzwerk „Museen inklusive!“

Vielfalt ist willkommen

VON MARC PESCHKE

2019 wurde das Netzwerk „Museen inklusive!“ gegründet. Netzwerkpartner sind das Museum im Kulturspeicher Würzburg, die Museen Schloss Aschach, das Edwin Scharff Museum NeuUlm, das Kunstmuseum Bayreuth, das Iwalewa Haus Bayreuth, das Freilandmuseum Fladungen, das Freilandmuseum Bad Windsheim, das kelten römer museum manching, die Galerie Bezirk Oberbayern, das Freilichtmuseum Glentleiten, das Museum Oberschönenfeld und das KemptenMuseum im Zumsteinhaus. Alle diese Häuser verstehen sich als Häuser für Begegnung, Freiraum für Neugierige, Orte zum Wohlfühlen und für einen lebendigen Austausch, wie das Netzwerk selbst formuliert: „Bei uns steht die Wertschätzung und Anerkennung von Vielfalt im Mittelpunkt unserer Arbeit. Wir haben uns auf den Weg gemacht, eine breite Zugänglichkeit und Nutzbarkeit unserer Museumsräume für jeden zu verwirklichen. Hier sind wir noch nicht perfekt und noch lange nicht am Ziel. Aber wir bemühen uns, Besucherinnen und Besucher in ihrer

Vielfalt und damit auch mit ihren möglichen Bewegungs und Wahrnehmungseinschränkungen im Blick zu haben und entsprechende räumliche, inhaltliche und methodische Zugänge zu bieten. Das Miteinander ist selbstverständlich und jeder ist willkommen.“

Die Sonderausstellung „Volker März. Laughing Windows“ im Kunstmuseum, Foto: Edwin Scharff Museum, Nik Schölzel

EDWIN SCHARFF MUSEUM NEU-ULM

Das Edwin Scharff Museum in NeuUlm ist ein Haus für Kunstinteressierte ebenso wie für Kinder und ihre Familien. Das Kunstmuseum zeigt einen Überblick über das Werk von Edwin Scharff (1887—1955), ergänzt durch thematisch nahe Sonderausstellungen. Daneben stehen Scharffs figürlichen Arbeiten spannungsvoll Werke des ungegenständlichen Malers Ernst Geitlinger (1895–1972) gegenüber. Die Ausstellungen im Kindermuseum greifen gesellschaftliche, kulturgeschichtliche und naturwissenschaftliche Themen auf. Entdecken, forschen, mitspielen – dazu laden die Experimentier und Mitmachstationen ein. Das Museum versteht sich als anregender Erlebnisraum und geselliger Treffpunkt NeuUlms, an dem Teilhabe an Kultur und Bildung gelebt wird. Die Ausstellungen inklusiv und partizipativ zu gestalten ist eines der Ziele des Museums. Das vielfältige Vermittlungsprogramm berücksichtigt unterschiedliche Bedürfnisse und lädt zum Mitmachen und Ausprobieren sowie zu Begegnungen und kulturellem Austausch ein.

www.edwinscharffmuseum.de

Holzskulpturen von Josef Lang, Freiluft-Ausstellung des Museums Oberschönenfeld bis 7. November 2021, Foto: MOS/Johanna Feige

MUSEUM OBERSCHÖNENFELD

Eingebettet in die einmalige Landschaft des „Naturparks Augsburg – Westliche Wälder“ liegt das Museum Oberschönenfeld. In den historischen Wirtschaftsgebäuden der Zisterzienserinnenabtei und auf dem Areal werden Kunst und Kultur mit allen Sinnen erfahrbar. In der Dauerausstellung beleuchten facettenreiche Geschichten von Menschen in Schwaben und einzigartige Objekte die wechselvolle Vergangenheit von 1800 bis in die Gegenwart. Erzählungen von Zeitzeugen lassen an Audiostationen die Vergangenheit lebendig werden, und ein MediaGuide mit inklusiven Angeboten macht den Museumsbesuch für alle zu einem Erlebnis. Die aktuellen Sonderausstellungen stehen ganz unter dem Motto: Holz in seiner Vielfalt. So zeigt die FreiluftAusstellung überlebensgroße Holzskulpturen von Josef Lang. Die Ausstellung „Heinz hört auf! Von Drechslern, Schreinern und einem Neuanfang“ beleuchtet einen Familienbetrieb aus dem Allgäu im Wandel. Ein gemütlicher Biergarten unter alten Kastanien und ein barrierefreier Spielplatz mit Zugang zum Wasser runden den Besuch ab.

www.mos.bezirk-schwaben.de

KUNSTMUSEUM BAYREUTH

Das Kunstmuseum Bayreuth im Alten Barockrathaus mitten in Bayreuth bewahrt seit 1999 eine Sammlung mit Werken auf und mit Papier. Mit vier bis fünf Sonderausstellungen im Jahr stellt es Künstlerinnen und Künstler der Moderne und des 21. Jahrhunderts vor. Das Vermittlungsprogramm richtet sich an alle Menschen: „Generation 50+ Kunst“ nimmt Rücksicht auf die Bedürfnisse älterer Menschen, „Bürger von hier, da und dort“ wendet sich an Menschen verschiedener Sprachen und Kulturen. Eine inklusiveInfoStation im Eingangsbereich informiert mit gesprochenen Texten, Worten in Braille, Tastbildern und mit Videos eines Gebärdendolmetschers sowie Bildbeispielen für Menschen mit Beeinträchtigungen über das Museum und die Ausstellungen. Ein Rollcontainer zum Schieben und Festhalten, der „Grüne Zwerg“, hilft bei dem Rundgang. Aktuell zu sehen, bis zum 17. Oktober, ist die Schau „Neu und wild: Baselitz, Immendorff, Lüpertz, Penck und die anderen“.

www.kunstmuseum-bayreuth.de

A.R. Penck, „Pferd-Kapital“, 1996, Farboffset auf glattem, leichtem Karton, 60,5 x 83,5 cm, Privatsammlung, Ausstellung im Kunstmuseum Bayreuth bis 17. Oktober 2021, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

KELTEN RÖMER MUSEUM MANCHING

Vor über 2000 Jahren war Manching eine der größten und reichsten Städte der Kelten. Nur kurze Zeit nach Aufgabe der Keltenstadt bauten die Römer hier ein Militärlager. Im kelten römer museum manching sehen die Besucherinnen und Besucher, wie die Stadt und das Kastell damals ausgesehen haben und sie erfahren, wie die Menschen damals lebten und arbeiteten. Daneben können die Gäste ganz besondere Funde im Museum bestaunen: zum Beispiel den größten keltischen Goldschatz oder auch die am besten erhaltenen Römerboote nördlich der Alpen. Alle Räume im Museum sind für Rollstuhlfahrer erreichbar. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten und für Kinder und Erwachsene mit Sehbeeinträchtigungen gibt es spezielle Angebote. Diese Personen können gemeinsam mit einer sehenden Begleitung das Museum auch ohne Führung besuchen. Dafür gibt es einen Museumskoffer mit Tastplänen, einem Vorlesebuch zur Ausstellung und Kopien von Funden. Daneben werden auch spezielle Tastführungen für Erwachsene und Kinder angeboten.

www.museum-manching.de

MUSEUM IM KULTURSPEICHER WÜRZBURG

Das Museum beherbergt in einem denkmalgeschützten Lagergebäude zwei Kunstsammlungen. Die Sammlung Konkrete Kunst ist eine der größten Privatsammlungen dieser Kunstrichtung in Europa. Die Städtische Sammlung legt den Schwerpunkt auf Künstlerinnen und Künstler aus der Region vom 19. Jahrhundert bis heute. Das Museum hat sich auf den Weg gemacht, Kunstwerke für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen mit allen Sinnen erfahrbar zu machen. Hier unterstützt auch die „BfWSmartinfoApp“, die von Beginn an inklusiv und für alle Besucherinnen und Besucher unterhaltsam entwickelt wurde. Sie ergänzt etwa das Tastmodell zu einem romantischen Mondscheingemälde mit Musik, Gedichten und Informationen – auch in leichter Sprache. Einen ganz besonderen Sinneseindruck vermitteln Düfte zum Gemälde. Ein Film zur Würzburger Künstlerin Gertraud Rostosky ist untertitelt und mit Gebärdensprache begleitet.

www.kulturspeicher.de

Museum im Kulturspeicher, Foto: Andreas Bestle © Museum im Kulturspeicher Die römischen Schiffswracks aus Oberstimm im kelten römer museum manching, Foto: Michael Heinrich

Schloss Aschach: Die Ausstellung im Graf-Luxburg-Museum kann mit vielen Sinnen entdeckt werden. Foto: Gerhard Nixdorf

MUSEEN SCHLOSS ASCHACH

Nur wenige Kilometer von Bad Kissingen entfernt, erhebt sich an der Saale eines der schönsten Baudenkmäler Unterfrankens: Schloss Aschach. Mit seinen drei Museen, dem Schlosspark und dem Restaurant und Café laden die Museen Schloss Aschach zum Entdecken, Erholen und Genießen ein. Das GrafLuxburgMuseum ist das Haupthaus der Anlage. Die gräfliche Familie von Luxburg bewohnte das Schloss von 1874 bis 1967. Besucherinnen und Besucher können die einstigen Wohnräume der gräflichen Familie und die Arbeitsräume ihrer Bediensteten durchstreifen. Dabei erhalten sie einen lebendigen Einblick in die adelige Wohn und Lebenskultur. Das Museum ist weitgehend barrierefrei zugänglich. Zwei Aufzüge ermöglichen den Zugang zum Haupteingang sowie den drei Etagen des Museums. Alle Ausstellungstexte sind in einfacher Sprache verfasst und gut leserlich gestaltet. Medien, Hör und Mitmachstationen zum Anfassen, Riechen und Ausprobieren bieten die Möglichkeit, die Ausstellung mit verschiedenen Sinnen zu entdecken.

www.museen-schloss-aschach.de

KEMPTEN-MUSEUM IM ZUMSTEINHAUS

Im Herzen Kemptens, direkt am Stadtpark gelegen, beherbergt das aufwändig sanierte Zumsteinhaus das Kempten Museum. Ende 2019 öffnete es für Besucherinnen und Besucher seine Türen. Hier stehen die Menschen im Mittelpunkt: ein Ort der interaktiv und barrierefrei, offen und aktiv alle einlädt, Stadtgeschichte mit lebendig präsentierten und verständlich erklärten Inhalten zu erleben. Beim inklusiven Aktivpfad werden durch Duftstationen, Tastmodelle, Fühlstationen mit Braille und Pyramidenschrift und Hörstationen alle Sinne angesprochen. Das macht das Kempten Museum zu einem einzigartigen Erlebnis. Ein Flyer in einfacher Sprache macht das Museum für alle zugänglich. Im ersten und zweiten Obergeschoss gewähren elf zeitübergreifende Themenräume – von den Römern bis heute – tiefere Einblicke in die wechselvolle Stadtgeschichte. Ein neun Quadratmeter großes Stadtmodell zeigt audiovisuell, wie sich Kempten im Laufe der Zeit veränderte.

www.kempten-museum.de

Susanne Weyand, „Überdosis“, Mixed Media in abgesenktem Glas, 28 x 28 x 3 cm, 2019, Ausstellung SEELENART bis 17. September 2021 in der Galerie Bezirk Oberbayern in München, Foto: Judith Banerjee, Druckerei Kastner

STADTMUSEUM DEGGENDORF

Nach seiner Renovierung und Neugestaltung lädt das Stadtmuseum Deggendorf ab 14. September in die denkmalgeschützte, 1901 erbaute ehemalige Knabenschule ein. In der Stadtgalerie im Erdgeschoss präsentiert das Museum zusammen mit dem gegenüberliegenden Handwerksmuseum ab 3. Oktober die Internationale Papierkunst Triennale „Papier Global 5“. „Wir sind Deggendorf – die Stadt, der Fluss, die Menschen“ ist das Motto der neu gestalteten stadtgeschichtlichen Ausstellung. Dort wird Stadtgeschichte erzählt – mit rund 500 Exponaten. Ein Medienbegleiter lädt zur Tour oder zum freien Entdecken der Themen und Exponate ein – mit Informationen in Leichter Sprache und Videos in Gebärdensprache. Für Blinde und Besucherinnen und Besucher mit Sehbeeinträchtigungen bietet das Haus ein BodenLeitsystem und eine App zu 22 Info und Taststationen. Aktivitätskisten für Vorschulkinder und ein MitmachKinderheft für Grundschulkinder runden das Angebot ab.

stadtmuseum.deggendorf.de

GALERIE BEZIRK OBERBAYERN MÜNCHEN

Kunst inklusive! Die Galerie Bezirk Oberbayern in München zeigt wechselnde Kunstausstellungen von regionalen zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern. Sie ist ein ErlebnisOrt für Kunst und Inklusion: Direkt gegenüber dem Haus der Kunst und dem Englischen Garten sind spannende künstlerische Positionen gemeinsam erarbeiteter Ausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern ohne und mit Behinderung zu entdecken. Ein barrierefreier Zugang, Ausstellungstexte in Leichter Sprache und Brailleschrift sowie Erklärvideos in Deutscher Gebärdensprache gehören zu den Ausstellungen. Bis 17. September ist die Preisträgerausstellung des Kunstförderpreises SEELENART zu sehen. Gezeigt werden die facettenreichen Werke der ausgezeichneten ersten Preisträger. SEELENARTKünstlerinnen und Künstler laden mit ihrer feinfühligen Weltwahrnehmung und künstlerischen Ausdrucksweise ein zu einer Reise in unterschiedliche Lebenswelten.

www.kunst-inklusive.de

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