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Wie der Klassiker zum Stromer wird
Der kleine Stromkreisel
BMW bietet für klassische Minis nun offiziell einen Umbau auf batterieelektrischen Antrieb an. Das Konzept dahinter könnte auch den einen oder anderen Oldie-Fan nachhaltig überzeugen.
Text: Roland Scharf, Fotos: BMW
Es ist ja grundsätzlich keine neue Idee, ein klassisches Automobil auf einen zeitgemäßen E-Antrieb umzurüsten. Das Problem hierbei: Oft muss für die neue Technik viel der alten Substanz zerflext, zerlegt und unwiederbringlich zerstört werden, damit alles nicht nur hinein passt, sondern auch legal angeboten werden kann. Das mag natürlich nicht jeder seinem vierrädrigen Liebling antun.
Resonanz verpflichtet In diesem Punkt zeigt sich, dass die Leute hinter dem Recharged-Projekt nicht nur viel Hirnschmalz, sondern auch viel Herz bewiesen haben. Denn es wird der alte Antrieb nicht nur fein säuberlich ausgebaut und eingelagert. Alles am grundsätzlichen Fahrzeug, seiner Karosse, bleibt
Es bleibt natürlich beim zentralen Rundinstrument. Neu: Auch die eingelegte Fahrstufe und die Restreichweite werden angezeigt
unberührt, die ganze Technik ist jederzeit wieder rückrüstbar, und das gilt für den Werterhalt des kleinen Klassikers natürlich als äußerst wichtig. Und außerdem war es schon absehbar, dass sich hier ein interessanter Markt auftun würde, sodass ein schlaues Konzept dahinter umso wichtiger war. Tatsächlich war es schon vor vier Jahren im Rahmen der Präsentation des Mini Cooper SE so, dass der als Marketing-Gag gedachte alte Mini, der anlässlich der New York Auto Show auf E-Antrieb umgerüstet wurde, dermaßen viel positives Feedback einfuhr, dass man sich im heimischen Oxford schon recht früh mit dem Gedanken auseinandersetzte, doch ein passendes Kundenprogramm auf die kleinen Räder zu stellen. Jetzt kommt noch dazu, dass sich gerade der Ur-Mini in vielerlei Hinsicht für derartige Operationen besonders gut anbietet. Sein cleveres Raumkonzept macht es verhältnismäßig leicht, die notwendigen Komponenten ordentlich zu verstauen. Der simple Aufbau lässt ein leichtes Zerlegen und Zusammenbauen zu. Dazu kommt die schiere Größe des automobilen Zwergs, die natürlich ein entsprechend geringes Leergewicht bewirkt und man daher auch mit kleinem E-Motor und schlankem Akku locker über die
Alte Minis können im Werk in England hochoffiziell zum E-Auto umgerüstet werden; wichtig: Eine Rückrüstung ist problemlos möglich
Runden kommt. Zu all dem gesellt sich noch der geschichtliche Aspekt. Schließlich erblickte der ursprünglich Austin 7 oder Morris Mini Minor getaufte Wagen (tatsächlich verkaufte man den Mini anfänglich unter zwei Markennamen) als Spritsparwunder das Licht der Welt, als britische Antwort auf die Suez-Krise. Und unter diesem Aspekt passt der zeitgemäße Antrieb ja gleich noch ein Stückchen mehr.
160 Kilometer Reichweite Selbst unter ausgesprochen nüchternen Gesichtspunkten ergeben sich hier ganz neue Möglichkeiten. Etwa wenn man ein Exemplar mit Motorschaden besitzt, würde es durchaus Sinn machen, den Wagen nach England zu schicken, denn: Den Umbau nimmt man nur im Stammsitz vor, schließlich hat man dort mit der mehr als 60 Jahre alten Konstruktion auch am meisten Erfahrung. Was bekommt man im Rahmen des Recharged-Programms also alles? Unter der Haube sitzt künftig ein E-Motor mit 90 kW Leistung, der für eine Beschleunigung von null auf 100 km/h in neun Sekunden ausreicht. Die verbaute Hochvoltbatterie kann mit maximal 6,6 kW geladen werden und ermöglicht eine Reichweite von prognostizierten 160 Kilometern. Wesentlich wichtiger für Oldie-Liebhaber sind aber die kleinen Details, die aus so einem Umbau erst ein gelungenes Gesamtergebnis machen, das man an einem sonnigen Sonntag auch gerne benutzen möchte. Zum Beispiel bleibt das traditionelle Rundinstrument – bei frühen Exemplaren zentral am Armaturenbrett montiert – erhalten. Es zeigt neben der Geschwindigkeit nun aber auch noch die Antriebstemperatur, die eingelegte Fahrstufe und die Restreichweite an. „Was das Projektteam in Großbritannien entwickelt hat, bewahrt den Charakter des classic Mini und ermöglicht seinen Fans vollelektrischen Fahrspaß. Mit Mini Recharged verbinden wir die Vergangenheit mit der Zukunft der Marke“, sagt Bernd Körber, Leiter der Marke Mini. Während inzwischen beinahe jeder fünfte neue Mini über einen elektrifizierten Antrieb verfügt, wird so auch die Liebe zu den klassischen Fahrzeugen der Marke zu einem lokal emissionsfreien Erlebnis, das Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet.
Durchnummerierte unikate Das einzigartige Upcycling des classic Mini wird wie gesagt ausschließlich in Großbritannien vorgenommen. Jedes umgerüstete Fahrzeug erhält eine individuelle Nummerierung und wird auch dadurch zu einem Unikat. „Individualität spielt auch bei Mini Recharged eine wichtige Rolle“, sagt Sebastian Beuchel, Head of Mini Global Brand Management. „Auf der Basis des classic Mini entstanden schon immer einzigartige Fahrzeuge bis hin zu wahren Kunstwerken auf Rädern. Daher ist für die Zukunft auch eine Kollaboration mit bekannten Künstlern vorgesehen, deren Kreativität in ganz besonders gestalteten Classic Mini aus dem Mini-Recharged-Programm zum Ausdruck kommen wird.“ •