Nutzfahrzeug KOMPASS 2020

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eichte Nutzfahrzeuge sind das Sandwich-Kind von Pkw und Lkw. Sie profitieren seit Jahren von der fortschreitenden Entwicklung von Autos und Lastern. So sind etwa die Cockpits moderner Transporter bei der Material- und Verarbeitungsqualität – zumindest in den Top-Versionen – kaum mehr von jenen ihrer Pkw-Verwandten zu unterscheiden. Ebenso haben technische Helfer und Sicherheitsassistenten wie Seitenwindassistent, Tot-Winkel-Warner oder Überlade-Indikator ebenso den Weg in die Lieferwagen gefunden wie Komfortfeatures wie Sitz- und Standheizung, Automatikgetriebe und adaptive Fahrwerke. Zugegeben, die Innovations­ geschwindigkeit lief bei den kleineren und größeren Fahrzeugen in der Vergangenheit teilweise schneller ab, doch mit dem Amazon-­ Effekt – Online-Bestellungen boomen weltweit – kam Schwung in die technische Raffinesse im Segment der leichten Nutzfahrzeuge. Und die wird in Zukunft wohl auch nicht abnehmen, wobei der weiterhin von Autos und Lkw vorgezeichnet wird. Heißt also, die zwei Megatrends „Autonomes Fahren“ und „alternative Antriebe“ werden auch in die Transporterwelt einsickern.

Emissionsarm oder emissionslos Los – oder besser gesagt, weiter – geht’s beim Antrieb. Hier ist die Richtung klar, alles deutet auch bei den Nutzfahrzeugen auf eine Dekarbonisierung des Antriebs hin. So werden Wasserstoff-Brennstoffzellen-Varianten, rein elektrische Modelle und solche mit Range Extender und/oder Plug-in-Technik, die Strecken um die 50 bis 70 Kilometer rein elektrisch fahren können, von immer mehr Herstellern angeboten werden. So bringt unter anderem Fiat vom Bestseller Ducato eine rein elektrische Variante auf den Markt, der etwa mit dem VW e-Crafter konkurrieren soll. Parallel dazu werden vor dem Hintergrund der steigenden Anforderungen im Bereich der Emissionen auch Erdgasvarianten eine Renaissance erleben. Und auch der Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb – der im Übrigen ebenfalls unter rein elektrisches Fahren fällt, weil der Strom direkt an Bord produziert wird – wird bei den kleinen und großen Kasten­wagen verstärkt Einzug halten. Ihr Vorteil gegenüber den batterieelektrischen Fahrzeugen: Die Betankung dauert deutlich kürzer und die Aktionsradien sind derzeit noch um mehr als das Doppelte größer. Nachteil: Noch hat das Tankstellennetz in Österreich recht viele weiße Flecken.

Fahrerlose Zustellung Rund um die Mitte des folgenden Jahrzehnts wird es dann auch langsam ernst mit dem autonomen Fahren, sofern die Mobilfunknetze flächendeckend auf 5G-Highspeed umgestellt und die rechtlichen Grauzonen von der Politik ausgemerzt wurden. Zahlreiche Hersteller präsentierten in den vergangenen Jahren dabei ihre Vision der fahrerlosen Paketzustellung im urbanen Umfeld der 2030er-Jahre. Vielfach ist dabei ein Grundgedanke zu beobachten: Die Container, in denen Waren oder Personen transportiert werden, werden – je nach Bedarf – einfach auf ein Fahrgestell gesetzt, in dem sämtliche Antriebs- und Fahrwerktechnik verbaut sind. Das so entstehende Fahrzeug fährt dann völlig autonom durch die Stadt und liefert die jeweiligen Waren beim Zielort ab. Die Entwicklungen „Snap“, „Mikrosnap“ und „Metrosnap“ von Rinspeed, einem Schweizer Mobilitäts-Thinktank, haben es vorgemacht. Ein ähnliches Konzept verfolgt die deutsche e.GO Moove Gmbh mit dem Cargo Mover, der speziell für Lieferdienste sowie Handwerker

Laut Rinspeed-Eigentümer Frank Rinderknecht steht der autonom­fahrende „Metrosnap“ kurz vor der Serienfertigung

konzipiert wurde und dank des Niedrigflurkonzepts sowie der kubischen Bauweise einen überdurchschnittlich großen Innenraum bieten soll. Das Besondere: Neben dem elektrischen Antrieb werden die e.GO Mover auch über einen kompakten BrennstoffzellenRange-­Extender verfügen, der die lokal emissionsfreie Reichweite erweitert. Darüber hinaus wird der Transporter einer der ersten Nutzfahrzeuge sein, der tatsächlich für das hochauto­ matisierte Fahren (Level 4) zulassungsfähig ist. Der Clou: Der anfangs noch rein manuell zu fahrende e.GO Mover ist skalierbar bis zum hochautomatisierten Fahren. • (PSP)

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1. Alle Snap-Modelle von Rinspeed werden effizient von Robotern mit Pods beladen; 2. Der e.GO Mover wird anfangs selbst gesteuert, anschließend fährt er autonom; 3. Der Nikola Tre geht mit einer 800-kWh-Batterie in Produktion

NUTZFAHRZEUG.KOMPASS

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