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02. Grünen Wasserstoff für Win-Win-Partnerschaften nutzen

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Grünen Wasserstoff für WinWin-Partnerschaften nutzen

Grüner Wasserstoff ist die Schlüsseltechnologie für den Ausstieg aus fossilen Energiequellen. Um den Bedarf zu decken, ist Deutschland zukünftig auf Importe angewiesen. Afrikanische Länder sind hierfür aufgrund ihres hohen Potenzials für die Erzeugung von erneuerbaren Energien der ideale Partner.

Die globale Energiewende ist eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Der Wirtschaft verlangt die Umstellung auf emissionsfreie Produktionsprozesse weltweit enorme Anstrengungen ab. Als Energieträger der Zukunft soll grüner Wasserstoff vor allem dort eingesetzt werden, wo eine Elektrifizierung technisch nicht möglich oder nicht wirtschaftlich ist. Hierzu gehören die Bereiche Verkehr, Schifffahrt, Luftfahrt und Schwerlastverkehr. Auch die Stahlindustrie, die Glasindustrie und die Zementherstellung zählen zu den Industriezweigen, in denen mit grünem Wasserstoff energieintensive Herstellungsprozesse auf Basis fossiler Energieträger klimaneutral umgerüstet werden können. Langfristig ist ebenso denkbar, dass sich Wasserstoff im Individualverkehr mittels Brennstoffzellen als Alternative zur batteriebasierten Elektrifizierung durchsetzt oder anstelle von fossilen Brennstoffen bei der Wärmeerzeugung zum Einsatz kommt, beispielsweise in privaten Haushalten. Deutsche Unternehmen sind in vielen Bereichen der Wasserstofftechnologie führend. Ihre Innovationsstärke und globale Präsenz bieten das Potenzial, einen herausragenden Beitrag zu emissionsfrei erzeugtem Wasserstoff zu leisten. Politisch hat sich Deutschland mit der Nationalen Wasserstoffstrategie zur Wasserstoffwirtschaft als zukünftige Schlüsseltechnologie im Energiesektor bekannt. Ziel der Strategie ist es, bis 2030 in Deutschland eine Elektrolyseleistung von fünf Gigawatt für grünen Wasserstoff zu erreichen.8 Dies kann die heimische Nachfrage jedoch nur zum Teil decken.

Daher lohnt der Blick nach Afrika. Der afrikanische Kontinent hat bei der Produktion von Wasserstoff gegenüber Europa einen erheblichen Standortvorteil: Er eignet sich vor allem aufgrund der Nähe zum Äquator und der damit verbundenen höheren Intensität

und durchschnittlichen Dauer der Sonneneinstrahlung besonders für die Produktion erneuerbarer Energien. Für afrikanische Länder bieten die damit verbundenen hohen staatlichen und privaten Investitionen die Möglichkeit, grünen Wasserstoff für die eigene Industrialisierung zu nutzen, qualifizierte Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen und die steigende lokale Nachfrage nach Energieträgern zu decken. Einige Länder wie Südafrika haben bereits eigene Pläne zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft vorgelegt. Dies ist eine gute Ausgangslage für afrikanisch-deutsche Win-Win-Partnerschaften auf Augenhöhe.

Wasserstoff-Partnerschaften mit afrikanischen Ländern befinden sich derzeit im Anfangsstadium. Um die zukünftige Produktion von grünem Wasserstoff in Subsahara-Afrika effizient und für alle Partner erfolgreich zu gestalten, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Machbarkeitsstudien. Auf Basis der dort gewonnenen Erkenntnisse werden geeignete Partnerländer für Pilotprojekte ausgewählt. Um die deutsche Wasserstoffnachfrage durch Importe aus Afrika zu decken, müssen jedoch technische, politische und gesellschaftliche Hürden in Deutschland und Afrika überwunden werden.

Es bedarf einer geeigneten Infrastruktur, um grünen Wasserstoff zu exportieren. Verschiedene Verfahren, Wasserstoff als reines Gas oder an andere Moleküle gebunden per Schiff oder Pipeline zu transportieren, befinden sich aktuell in der Erprobung. Zentral für die Entscheidung, auf welche Transportart man in Zukunft setzen wird, ist die Wirtschaftlichkeit und die technische Umsetzbarkeit der einzelnen Verfahren.

Der Transport des Wasserstoffs per Pipeline setzt eine entsprechende Infrastruktur voraus. Eine solche existiert bisher in Subsahara-Afrika nicht. Auch bedeuten Pipelines eine feste geografische Bindung an bestimmte Produktionsstandorte. Lieferanten und Kunden binden sich mit langfristigen Verträgen aneinander. Dagegen ist der Transport per Schiff flexibler und durch weniger Infrastrukturinvestitionen zu bewältigen. Voraussetzung ist, die Produktionsstandorte befinden sich in unmittelbarer Nähe eines Hafens. Je langfristiger die Wasserstoffkooperation mit afrikanischen Partnerländern ist, desto attraktiver ist ein Ausbau der Wasserstoffpipelines. Diese bedeuten zunächst hohe Fixkosten, sind aber gleichzeitig mit geringeren laufenden Kosten verbunden. Um deutsche Akteure für langfristige Investitionsvorhaben zu gewinnen, ist wirtschaftliche und politische Stabilität in den afrikanischen Partnerländern unerlässlich. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliches Handeln vor Ort bleibt daher einer der wichtigsten Entscheidungsfaktoren für oder gegen ein verstärktes wirtschaftliches Engagement deutscher Unternehmen in Afrika. Nur stabile Rahmenbedingungen ermöglichen eine verlässliche Abwägung von Kosten und Risiken für oder gegen Investitionen in Produktionsanlagen für Wasserstoff oder in die dazugehörige Infrastruktur.

Für die Installation, Wartung, Produktion und den Transport wird zukünftig entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette eine hohe Anzahl an gut ausgebildeten Fachkräften benötigt. Elektrolyseure und Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff-Derivaten und Brennstoffzellen benötigen hochspezialisierte Technikerinnen und Techniker. Viele nordafrikanische Länder besitzen bereits Fachexpertise in der Erdgasförderung und können diese auf weite Teile der Wasserstoffproduktion übertragen. In den Ländern südlich der Sahara muss diese Expertise noch aufgebaut werden, etwa durch die Förderung von Wissensaustausch zwischen Industrie- und Entwicklungsländern.

Für den Erfolg von Wasserstoff-Partnerschaften ist eine breite Akzeptanz der lokalen Bevölkerung erforderlich. Die Vergangenheit lehrt, dass das frühzeitige Eintreten in den Dialog auf Basis einer Partnerschaft auf Augenhöhe entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist. Die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung wird unter anderem dadurch erhöht, dass die Wasserstoffproduktion auf bestehende Wertschöpfungsketten aufbaut. Zugleich können afrikanische Länder selbst von den Technologien und Produktionsanlagen profitieren und den Brennstoff für die eigene Industrialisierung nutzen.

Handlungsempfehlungen

.Der BDI begrüßt die Bestrebungen der Bundesregierung, sich für den Aufbau von deutsch-afrikanischen grünen Wasserstoff-Partnerschaften einzusetzen.

.Der BDI erwartet von den afrikanischen Regierungen Anstrengungen für die Schaffung eines investitionsfreundlichen Klimas. Dazu zählen aus Sicht der deutschen Industrie insbesondere Rechtssicherheit und politische Stabilität.

.Der BDI bestärkt die afrikanischen Regierungen, in eine gut ausgebaute physische Infrastruktur für die

Wasserstoffproduktion und den Transport zu investieren, insbesondere in den Bereichen Straßen, Häfen,

Wasser und Elektrizität.

.Der BDI empfiehlt afrikanischen Regierungen und der deutschen Bundesregierung, Fachkräfte für die

Produktion von grünem Wasserstoff aus- und weiterzubilden. Nur mit einer großen Anzahl an gut ausgebildeten afrikanischen Fach- und Führungskräften kann die Energietransformation partizipativ gestaltet werden. Im Rahmen der Energiewende fällt häufig der Begriff „grüner“ Wasserstoff als eine klimafreundliche Alternative zu den fossilen Energieträgern.

Wasserstoff ist in der Natur nicht in freier Form vorhanden und muss mithilfe anderer Energieträger durch Hydrolyse (Spaltung chemischer Verbindungen durch Reaktion mit Wasser) künstlich erschaffen werden. Wichtigstes Element der Nutzung von Wasserstoff ist die Brennstoffzelle. Sie wandelt die im Wasserstoff enthaltene Energie in Wärme und Elektrizität um.

Wasserstoff ist ein farbloses Gas. Je nach der verwendeten Primärenergie für die Produktion ergibt sich die „Farbe“ in seinem Namen. Werden zur Herstellung Kohlegase oder Methangas verwendet, spricht man von „schwarzem“ bzw. „grauem“ Wasserstoff. Wird Methangas verwendet und das dadurch entstehende CO2 wird gebunden und gelangt somit nicht in die Atmosphäre, handelt es sich um „blauen“ Wasserstoff.

Die klimafreundlichste Variante ist der „grüne“ Wasserstoff. Dieser entsteht durch die Elektrolyse von Wasser. Dafür wird Strom aus erneuerbarer Energie verwendet, daher ist grüner Wasserstoff CO2-neutral.

Afrika hat das weltweit größte Potenzial zur Produktion von Solarstrom

Durchschnittliche langfristige potenzielle Solarenergieerzeugung nach Weltregionen (in kWh / kWp / pro Jahr)

Afrika

Zentral- / Südamerika und die Karibik 1.646

1.635

Nordamerika

Asien 1.595

1.580

Ozeanien 1.511

Europa & Russland 1.256

0 500 1000 1500 2000

Quelle: Statista: Africa Leads the World in Solar Power Potential. 5. September 2022

Geschätztes Onshore-Potenzial für erneuerbare Energien in Afrika

ab 2020, nach Energiequelle (in Terrawattstunden pro Jahr)

Solarenergie 1.449.742

Windenergie 978.066

Biomasse 2.374

Wasserkraft 1.478

Geothermie 105

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