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08. Klimaschutz, Ernährung und Lebensmittelproduktion zusammen denken
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Klimaschutz, Ernährung und Lebensmittelproduktion zusammen denken
Afrika könnte einen wesentlichen Beitrag zur globalen Nahrungssicherung beitragen. Hierfür braucht es jedoch Produktionssteigerungen und Investitionen.
Das Bevölkerungswachstum ist nach wie vor ungebremst: Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung von heute 7,6 Milliarden auf voraussichtlich 9,7 Milliarden wachsen32, wobei ein Viertel in Afrika leben wird. Diese Menschen zu ernähren ist bereits für sich genommen eine gewaltige Aufgabe für die Landwirtschaft. Verschärft wird sie durch die Bekämpfung des Klimawandels und die Bedrohung der Artenvielfalt. Um 60 Prozent muss die landwirtschaftliche Produktion steigen, damit die Welt auch noch 2050 ernährt werden kann33. Das hat die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen FAO berechnet. Das größte Potenzial dafür liegt auf dem afrikanischen Kontinent. Denn dort gibt es noch viel Boden, der landwirtschaftlich genutzt werden könnte. Zugleich besitzt Afrika
32 Vgl. United Nations (2022) 33 Vgl. Food and Agriculture Organization of the United Nations (2009) aus ökologischer Sicht aufgrund seiner Biodiversität die weltweit größte Fähigkeit, das Gleichgewicht der Biosphäre aufrechtzuerhalten und zu stärken und einen weiteren Abbau der Ozonschicht zu verhindern. Der afrikanische Kontinent spielt daher eine zentrale Rolle, die drei globalen Herausforderungen Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Ernährung zu lösen.
Bereits vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stieg die Zahl der Hungernden in Afrika an: Schuld daran waren ausbleibende Regenzeiten, Dürren und die Corona-Pandemie. Das International Food Policy Research Institute schätzt, dass es allein aufgrund des Klimawandels im Jahr 2050 in Afrika weitere 38 Millionen Menschen geben werde, die Hunger leiden. Das Institut prognostiziert außerdem, der Kontinent werde in den kommenden zwei Jahren und auch darüber hinaus immer wieder unter erheblicher Lebensmittelknappheit leiden, während die Unterernährung in
den kommenden 20 Jahren ebenfalls weiter zunehme34 . Dies müsste jedoch nicht sein: Fruchtbare Böden und Wasser sind vorhanden – Afrika könnte seinen eigenen Bedarf decken und hat zudem das Potenzial, zu einem Lebensmittelexporteur zu werden. Hierfür bräuchte es jedoch Produktionssteigerungen: Nur ein bis zwei Tonnen Getreide erzielen die afrikanischen Bauern durchschnittlich je Hektar. In Europa, Amerika und Asien hat sich der Ertrag seit den sechziger Jahren auf mehr als vier Tonnen je Hektar verdoppelt. Der Grund für die Misere in Afrika ist die geringe Produktivität der Kleinbauern, die etwa 80 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe ausmachen und 70 Prozent der insgesamt konsumierten Lebensmittel produzieren35 .
Hierfür gilt es, den Zugang zu landwirtschaftlichem Know-how, zu Produkten und Dienstleistungen für Kleinbauern in Afrika zu verbessern und somit zu höheren Erträgen, größeren Einkommen, verbessertem Zugang zu Märkten und zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen. Hierzu gehört auch die gezieltere Förderung von digitaler Landwirtschaft durch Integration digitaler Technologien, wie z. B. des Mobiltelefons als Kommunikationsmittel in Verbindung mit internetbasierten Lösungen, die den Zugang zur Finanzierung landwirtschaftlicher Betriebsmittel in der gesamten Wertschöpfungskette leichter und schneller erlauben. Daneben braucht es aber auch vermehrt lokale Investitionen und Zugang zu adäquater Finanzierung: Aktuell bieten weniger als 15 Prozent der Kreditgeber in Afrika passende Dienstleistungen für Kleinbauern und Agrarunternehmen an. Dies, obwohl Wirtschaftswachstum in der Landwirtschaft bis zu elf Mal so effektiv bei der Armutsbekämpfung sein soll wie Wachstum in anderen Sektoren36 .
Während die Produktion steigen muss, um eine wachsende Bevölkerung zu ernähren, sollen gleichzeitig landwirtschaftliche Emissionen gesenkt, die Entwaldung und der Verlust der biologischen Vielfalt gestoppt werden. Die moderne Pflanzenzüchtung bedient sich hier einiger der fortschrittlichsten Technologien und Verfahren unserer Zeit. Mit ihnen werden Pflanzen entwickelt, die dringend benötigt werden, um eine wachsende Bevölkerung zu ernähren, natürliche Ressourcen zu schonen und Biodiversität zu wahren. Durch klimarobustere Pflanzen mit höheren Erträgen könnten weitere Abhängigkeiten von Lebensmittelimporten nach Afrika, wie derzeit aus der Ukraine und Russland, gemindert werden.
Sieben der zehn am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder liegen in Afrika, dennoch haben Bauern oft keinen Zugang zu Innovationen in der Landwirtschaft37. Um diesen Zugang zu schaffen, braucht es die Unterstützung der Initiativen zur Gleichstellung von Pflanzen, die mithilfe von NGT (Neuen Genomischen Techniken) gezüchtet wurden.
Handlungsempfehlungen
.Der BDI fordert von der deutschen Bundesregierung eine gezielte Förderung von digitaler Landwirtschaft durch Integration digitaler Technologien – wie z. B. des Mobiltelefons als Kommunikationsmittel in Verbindung mit internetbasierten Lösungen, die den Zugang zur Finanzierung landwirtschaftlicher
Betriebsmittel in der gesamten Wertschöpfungskette leichter und schneller erlauben.
.Finanzierung erleichtern und Hermesbürgschaften ausbauen: Effizienzsteigerungen und Ertragserhöhungen werden durch Zugang zu innovativen Technologien ermöglicht, der Zugang zu Finanzmärkten ist im Agrarbereich in Afrika eine besondere Herausforderung. Daher empfiehlt der BDI den afrikanischen
Regierungen transparente und preisgünstige Finanzierungsprodukte, auch für Kleinbauern.
.Innovationen fördern: Unterstützung der Initiativen zur Gleichstellung von Pflanzen, die mithilfe von
Neuen Genomischen Techniken (NGT) gezüchtet wurden. Ein Verbot der Vermarktung in der Europäischen Union, aber auch ein Import von entsprechenden Erzeugnissen setzt keine Anreize für weitere
Forschung und gefährdet so eine mittel- und langfristige Sicherung der Ernährung sowohl in Afrika als auch global.
34 Vgl. International Food Policy Research Institute (2021) 35 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung (2018) 36 Vgl. EURACTIV (2018) 37 Vgl. German Watch (2021)