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Vorwort
Siegfried Russwurm
BDI Präsident
„Afrika gewinnt für Deutschland rasant an strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Der Kontinent ist entscheidend, um die ausgeprägte Abhängigkeit einzelner Branchen von asiatischen Absatzmärkten zu reduzieren. Gleichzeitig ist er Schlüssel für viele Rohstoffe und grünen Wasserstoff. Dies ermöglicht gänzlich neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf Augenhöhe.“
Vorwort
Die Welt befindet sich im Wandel. Die Corona-Pandemie, der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit den daraus folgenden Preis- und Versorgungskrisen bei Energie und Rohstoffen, die steigende Inflation und zunehmender Protektionismus behindern Lieferketten und bremsen die globale Wirtschaft. Dazu kommen Herausforderungen wie der Klimawandel und damit verbunden die Energie- und Mobilitätswende. China entwickelt sich immer mehr zum systemischen Rivalen. In vielen Bereichen hat sich Europa, und hier insbesondere Deutschland in einseitige Abhängigkeiten von Peking begeben. Die geopolitischen Verwerfungen setzen uns unter Druck. Um Abhängigkeiten zu verringern, müssen Unternehmen ihre Lieferketten und Absatzmärkte stärker diversifizieren. Hierzu braucht Deutschland Afrika als strategischen Partner. Bisher sind deutsche Unternehmen auf unserem Nachbarkontinent unterrepräsentiert. Ein Neustart der deutsch-afrikanischen Beziehungen ist Notwendigkeit und Chance zugleich. Ziel sollte eine neue Partnerschaft auf Augenhöhe sein.
Drei Themen sollten aus Sicht des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) dabei im Vordergrund stehen: Die Implementierung der African Continental Free Trade Area (AfCFTA), die Kooperation im Bereich der Rohstoffversorgung, insbesondere bei Metallen und grünem Wasserstoff sowie der Einsatz neuer Technologien in allen Wirtschaftsbereichen.
54 der 55 afrikanischen Länder haben das Abkommen der Panafrikanischen Freihandelszone unterzeichnet. Durch die AfCFTA entsteht ein Markt mit 1,3 Milliarden Menschen und ein Wirtschaftsblock
mit einem kumulierten Bruttoinlandsprodukt von 3,4 Billionen Dollar. Ein Abbau der innerafrikanischen Wirtschaftsbarrieren würde den Kontinent auch attraktiver für deutsche Investitionen machen. Die Weltbank geht davon aus, dass der kontinentale Handel mit der Umsetzung des Abkommens um 81 Prozent steigt und die Exporte insgesamt um 19 Prozent zulegen. Die deutsche Entwicklungspolitik sollte die Implementierung der AfCFTA zum Schwerpunkt machen und die afrikanischen Partner aktiv bei deren Umsetzung unterstützen.
Für die Energiewende sowie die grüne Transformation der Industrie sind metallische Rohstoffe wie Kobalt, Lithium oder die Platingruppenmetalle von besonderer Bedeutung. Ohne sie wird es keine Elektromobilität, keine Digitalisierung und keine Industrie 4.0 geben. Die Nachfrage nach Rohstoffen wird global weiter steigen. Einige Länder Afrikas verfügen über große Mengen an diesen Ressourcen. Eine Intensivierung der rohstoffpolitischen Zusammenarbeit mit afrikanischen Partnern sollte deshalb angestrebt werden. Ziel sollte die Schaffung einer Win-Win-Situation sein: Nachhaltige Gewinnung und Weiterverarbeitung der Rohstoffe vor Ort sowie Versorgungssicherheit für deutsche Unternehmen.
Grüner Wasserstoff ist ein Schlüsselelement der Energiewende. Die Nachfrage wird deshalb gerade in Deutschland stark ansteigen. Viele afrikanische Länder verfügen über die klimatischen und meteorologischen Bedingungen, um grünen Wasserstoff zu produzieren. Deutsche Unternehmen sind als Technologieführer in vielen Bereichen der Wasserstoff-Wertschöpfungskette gut positioniert. Deutschland sollte daher als „First Mover“ in Afrika auftreten. Auf diese Weise kann Wasserstoff eine Brücke zwischen der deutschen Energiewende und dem afrikanischen Kontinent schlagen. Die vierte industrielle Revolution ist auch in Afrika spürbar. Die Nutzung neuer Technologien bringt die Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft voran. Internet aus dem All ist ein Gamechanger für abgelegene und ländliche Regionen. Vernetzung ist die Basis für Digitalisierung, wirtschaftliche Partizipation und Wohlstand. Zahlreiche NewSpace-Unternehmen nutzen bereits heute Satellitendaten, um die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern oder Umweltkatastrophen wie Waldbrände schneller zu erkennen und zu bekämpfen. Digitale Lösungen können Steuereinnahmen erhöhen und Korruption bekämpfen. In jüngster Zeit haben mobile Technologien und Dienste 1,7 Millionen direkte Arbeitsplätze geschaffen und durch Steuern 15,6 Milliarden Dollar in den öffentlichen Sektor eingebracht. Mit 144 Milliarden Dollar Umsatz liegt der Anteil am BIP bei fast 10 Prozent1 . Deutschland sollte sich deshalb dafür einsetzen, dass die geplante EU-Satellitenkonstellation den afrikanischen Kontinent mit abdeckt.
Mit der neuen Subsahara-Afrika-Strategie legt der BDI konkrete Handlungsempfehlungen für einen Neustart der Zusammenarbeit mit Afrika vor. Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung Afrikas als strategischen Partner zu schärfen und neue Wege aufzuzeigen, wie die Partnerschaft im gegenseitigen Interesse vertieft und ausgebaut werden kann.
1 The Fourth Industrial Revolution and digitization will transform Africa into a global powerhouse (brookings.edu)
Wolfgang Niedermark
BDI-Hauptgeschäftsführung
Marie-Christine von Hahn
Vorsitzende des BDI-Arbeitskreises Entwicklungspolitik