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06. Infrastruktur ausbauen

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Vorwort

Vorwort

Infrastruktur ausbauen 06

Deutsche Unternehmen können in Afrika dazu beitragen, die riesige Lücke in der Infrastrukturversorgung zu schließen. Dafür sollte die Global Gateway-Initiative der EU schnell und unternehmerfreundlich umgesetzt werden.

Bislang weisen viele afrikanische Länder ein erhebliches Infrastrukturdefizit auf, vor allem in der Energieversorgung und im Transportwesen (Straße, Eisenbahn, Luft- und Schiffverkehr). Im Jahr 2020 hatten rund 600 Millionen Menschen in Subsahara-Afrika keinen Zugang zum Stromnetz.21 Gerade in ländlichen Gebieten fehlt ein befestigtes Straßennetz für den reibungslosen Waren- und Personenverkehr. In vielen Regionen Subsahara-Afrikas mangelt es am Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Nutzung von Internet und Mobilfunk hat in den Jahren deutlich zugenommen, liegt aber dennoch hinter dem globalen Niveau. Das rasante Bevölkerungswachstum steigert die Nachfrage nach einer gut ausgebauten Infrastruktur zusätzlich.22

Infrastrukturelle Defizite und ungenügende Stromversorgung sind eines der Haupthemmnisse für Unternehmen, in afrikanische Märkte zu investieren. Moderne Infrastrukturnetze können hingegen die Wettbewerbsfähigkeit des verarbeitenden Gewerbes kostengünstig und schnell steigern, indem sie Rohstoffe zu den Produzenten und die hergestellten Waren zu den Verbrauchern liefern. Gerade internationale Transportsysteme werden für die praktische Umsetzung der panafrikanischen Freihandelszone erfolgsentscheidend sein (siehe Kapitel 2). Ein solides Telekommunikationsnetzwerk wird die Länder des Kontinents miteinander vernetzen und einen schnellen Datenfluss sichern. Ständige Innovationen auf dem Mobile Payment Markt zeigen, welche positiven wirtschaftlichen Auswirkungen moderne Informationstechnologien bereits heute auf Afrika haben.23 Ebenso wichtig wird eine zuverlässige und nachhaltige Stromversorgung sein. Sie gewährleistet eine ungehinderte Produktion und beeinflusst international agierende Unternehmen bei ihren Standortentscheidungen.

Die afrikanische Entwicklungsbank schätzt, dass für den Infrastrukturausbau in Afrika Investitionen in Höhe von bis zu 170 Milliarden US-Dollar pro Jahr nötig sind.24 Hier kann die deutsche Industrie einen wichtigen Beitrag leisten. Aufgrund der Qualität ihrer Vorhaben und der verantwortlichen Verwendung von Ressourcen genießen deutsche Bauunternehmen weltweit einen ausgezeichneten Ruf und sind in Afrika geschätzte Arbeitgeber. Sie investieren in ihre Mitarbeitenden unter anderem in Aus- und Weiterbildung und können mit ihrer Technologie sowie ihrem Know-how einen wichtigen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leisten. Dennoch sind sie auf dem afrikanischen Markt unterrepräsentiert. Bislang generiert die deutsche Bauindustrie nur einen geringen Anteil ihres Auslandsumsatzes in SubsaharaAfrika.25 Das liegt auch an der großzügigen Kreditvergabe Chinas und anderer asiatischer Länder an afrikanische Länder im Infrastrukturbereich, welche mit der Bedingung der Lieferbindung an die eigenen Firmen verknüpft sind. Dies führt dazu, dass chinesische Firmen einen marktbeherrschenden Anteil auf dem afrikanischen Infrastrukturmarkt haben.26

21 Vgl. McKinsey (2020) 22 Vgl. The Economist (2020) 23 Die von Telekommunikationsunternehmen angebotenen und von einem

Netz lizenzierter Agenten unterstützten mobilen Gelddienste ermöglichen es registrierten Nutzern, Bargeld in eine virtuelle Geldbörse einzuzahlen und dieses Geld für Zahlungen und Einkäufe, einschließlich Peer-to-

Peer-Zahlungen (P2P), zu verwenden. Laut Statista hatten 2021 Mobile

Money Transaktionen einen Umfang von 700 Mrd. US-Dollar. 24 Vgl. African Development Bank (2018) 25 Vgl. Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (2020) 26 Ebenda

Sabine Dall’Omo

CEO, Siemens Southern and Eastern Africa

„Eine der wesentlichen Chancen für deutsche Unternehmen auf dem afrikanischen Kontinent ist der Ausbau der Infrastruktur. Ein Beispiel hierfür ist der Aufbau dezentraler Energiesysteme auf Basis erneuerbarer Energien. Denn nur so kann die Energieversorgung für alle Menschen in Afrika sichergestellt werden. Deutsche Unternehmen können hier mit ihrer Technologie und Know-how einen wesentlichen Beitrag leisten. Gemeinsam mit unseren afrikanischen Partnern kreieren wir Lösungen, um die Herausforderungen des Kontinents in Entwicklungschancen zu verwandeln.“ Als Reaktion auf Chinas Infrastrukturvorhaben kündigte die EU 2021 die Global Gateway Initiative Europa-Afrika an, welche mit einem Investitionsvolumen von bis zu 150 Milliarden Euro unter anderem die nachhaltige Infrastruktur fördern soll.27 Zudem setzt die Gateway Initiative auf ein faires Vergaberecht, das sich stärker an den Geschäfts- und Realisierungsmöglichkeiten europäischer Unternehmen bei der Durchführung von Infrastrukturprojekten ausrichtet. Dazu muss sowohl bei der Geschwindigkeit der Einführung/Umsetzung als auch beim Volumen dringend nachgelegt werden.

Handlungsempfehlungen

.Der BDI empfiehlt der Bundesregierung, Bereiche der technischen und sozialen Infrastruktur (wie zum Beispiel Verkehrsinfrastruktur, Energieversorgung durch erneuerbare Energien, Gesundheitssysteme und Bildung) zu einem stärkeren Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit mit Einbeziehung von deutschen Unternehmen zu machen. Dies sollte durch eine stärkere finanzielle Unterstützung von Infrastrukturprojekten durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau flankiert werden.

.In den nächsten Jahren wird sich aufgrund von Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum die Stromnachfrage in Subsahara-Afrika drastisch erhöhen. Der BDI empfiehlt der Bundesregierung, ihre Anstrengungen für

Wasserstoffkooperationen mit den Ländern Subsahara-Afrikas zu verstärken (siehe Kapitel 1). Dies kann die Energiediversifizierung in Deutschland vorantreiben und gleichzeitig dem erhöhten Energieverbrauch in

Afrika gerecht werden.

.Aufgrund des ausgeprägten Infrastrukturdefizits in Afrika sind deutlich mehr Investitionen in die Verkehrswege erforderlich. Der BDI empfiehlt, dass angesichts der beträchtlichen Höhe der zu erwartenden Kosten, die afrikanischen Staaten bei der Suche nach tragfähigen Ansätzen zur Infrastrukturentwicklung und -finanzierung verstärkt den lokalen und ausländischen Privatsektor einbeziehen. Durch verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit sollen somit bessere Konditionen für Public-Private-Partnerships (PPPs) geschaffen werden.

Anteil der Haushalte mit Zugang zu Elektrizität

in Prozent

Quelle: McKinsey

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