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PIONIERARBEIT SEIT DEN 1990ERN

NIEK VOS: ‘ICH WOLLTE EINFACH WENIGER SPRITZEN’

Niek Vos und seine Frau Jozien hatten einen konventionellen 24 Hektar-Ackerbaubetrieb, als sie Mitte der Achtziger Jahre beschlossen, auf bio-dynamisch umzustellen. Heute ist ihr Betrieb auf 90 Hektar gewachsen und ihre Tochter Lizelore hat ihn übernommen. Vater Niek ist immer noch involviert und gibt „erbetene und nicht erbetene” Ratschläge. Als Züchter hat er zwei Phytophthora-resistente Kartoffelsorten entwickelt – Bionica und Sevilla.

„Als ich mit dem Anbau begonnen habe, musste man in Kartoffeln 2-mal gegen Phytophthora spritzen,” sagt Niek Vos. „Weniger als 10 Jahre später, machte ich das 8-mal. Das hat mich wachgerüttelt. Das war es nicht, warum ich Anbauer geworden bin. Anfangs wollte ich einfach nur weniger spritzen. Ich habe einen Kurs über Integrierten Anbau besucht und viel mit Kollegen, Referenten und Lieferanten gesprochen. Das war sieben Jahre bevor ich Mitte der 1980er-Jahre den Schritt zum Bio-Anbau gemacht habe.”

„Glücklicherweise haben Züchter große Fortschritte mit resistenten Sorten gemacht.”

Niek Vos Warum hat das so lange gedauert? „Ich habe es mich nicht früher getraut. Ich hatte all diese Ängste. Jetzt ist es einfacher, diese hinter sich zu lassen. Es gibt viele Beispiele und Berater, die einem helfen wollen. Vor dreißig Jahren dachte jeder, du bist verrückt.”

Großer Fortschritt

„Eine dieser Ängste war die Krankheitskontrolle,” sagt Vos. „Aber glücklicherweise haben Züchter große Fortschritt mit resistenten Sorten gemacht. Als ich selbst Kartoffelzüchter war, habe ich immer nach Resistenz gegen Phytophthora gesucht, was zu den Sorten Bionica und Sevilla geführt hat.” Er fügt hinzu: „Mit Angestellten zu arbeiten war auch etwas, das ich nicht wollte. Viele Anbauer finden das schwierig. Aber ich habe gelernt, dass es auch eine andere Seite davon gibt. Du lernst Menschen kennen und Du kommst in Kontakt mit anderen Kulturen. Das holt dich aus deiner eigenen, kleinen Welt heraus.”

Außerdem, sagt Vos: „Biologisch zu arbeiten ist entspannend. Zum Beispiel hatten wir in der Vergangenheit Probleme mit Kartoffelnematoden. Das ist verschwunden. Wir machen jetzt einen siebenjährigen Fruchtwechsel mit einem Jahr Brache. Das gibt dir die Gelegenheit, über die Gesundheit deines Bodens nachzudenken. Die geldbringenden Kulturen folgen immer auf Getreide oder Alfalfa. So stehen sie nie auf verdichtetem Boden; die Felder sind immer in erstklassigem Zustand. Ein Brachejahr ist gut, um Wurzelfäule zu kontrollieren. Die biologische Landwirtschaft hat mich gelehrt, mit der Natur zusammenzuarbeiten und das bringt mir noch mehr Freude am Anbau. Es ist wirklich befriedigend, in der Lage zu sein, ein Produkt von exzellenter Qualität an Kunden zu liefern, die bereit sind, dafür mehr zu bezahlen.”

„In den frühen Jahren waren Bio-Anbauer bemüht, so wenig wie möglich Input einzusetzen. Jetzt gibt es eine Tendenz, die Grenzen der Vorschriften zu verschieben, was bedeutet, dass der Unterschied zur konventionellen Landwirtschaft mit der Zeit kleiner werden wird. Ich denke, wir müssen diesen Weg weitergehen.”

ALEX VAN HOOTEGEM: ‘ICH WOLLTE NICHT ABHÄNGIG SEIN’

Mit seiner Frau Anneke und Sohn Emiel führt Alex van Hootegem den bio-dynamischen Betrieb Meulwaeter in Kruiningen im Süden der Niederlande. Der Betrieb wurde 2002 voll biologisch und bio-dynamisch 2013. Meulwaeter baut auf 145 Hektar 15 verschiedene Kulturen an. Die Eigentümer haben auch einen regionalen Webshop mit einem Lieferservice, De Grote Verleiding (Große Versuchung). Ein wesentlicher Teil dessen 2.000 Produkte umfassenden Sortiments wird direkt bei Produzenten in der Region eingekauft.

„Ich war über 40 und ich war bereit für eine Herausforderung,” sagt Alex van Hootegem. „Ich hatte gesehen, wie es im konventionellen landwirtschaftlichen System funktionierte: Jedes Problem hatte eine Lösung. Ich hatte den Eindruck, dass sie nach einem Problem gesucht haben, um jede Lösung einbringen zu können. In der `chemischen` Landwirtschaft wird man abhängig von seinen Lieferanten. Wir haben die Umstellung 1999 beschlossen. Zu dieser Zeit war ich im nationalen Komitee der Dutch Arable Farming Union aktiv.”

„Ich habe einige negative Reaktionen bekommen. Die Leute haben Bio-Anbau als Kritik an der konventionellen Landwirtschaft angesehen. Sie haben gesagt: „Wer sind Sie denn, dass Sie uns sagen, dass wir es falsch machen?“ Oder: „Sie stehlen uns das Geld.“ Auf kurze Sicht war das manchmal wahr. Manchmal geht etwas schief und man muss in der Lage sein, damit umzugehen. Aber auf lange Sicht ist es besser für den Boden, besser für Deine Umwelt und besser für Deine eigene Gesundheit, wenn Du weniger spritzt oder komplett mit dem Spritzen aufhörst. Es ist aktuell nicht so smart, Chemie auf Deine Lebensmittel zu spritzen. Und es nicht zu tun, ist gut für die Geschichte, die Du der Gesellschaft erzählst.”

„Wir sind seit 2013 bio-dynamisch. Ich sehe, dass es eine Entwicklung ist. Auf der einen Seite des Spektrums haben wir die chemische Landwirtschaft bekommen. Und wenn Du die Bedingungen erfüllst, dann gehts Du zu Bio. Man kann immer noch einige chemische Mittel verwenden. Wir sind schrittweise weitergegangen „Es ist besser für den Boden, besser für Deine Umwelt und besser für Deine eigene Gesundheit.”

Alex van Hootegem

in die bio-dynamische Richtung. Ich will nicht mehr von Chemie abhängig sein. Frei von der Pestizid-Abhängigkeit.”

„Diese zwei Dinge beschäftigen mich für die Zukunft. Das erste ist die Bevorzugung von regionalen Produkten in Ländern wie Deutschland und Frankreich.

An sich ist das eine gute Sache, lokal zu kaufen und zu essen. Aber für Exportländer wie die Niederlande bedeutet das eine zusätzliche Herausforderung. Das ist ein Grund dafür, warum wir uns Richtung bio-dynamisch entwickeln. Oft bringt uns das Demeter-Etikett einen Vorteil auf dem Markt. Und das zweite Thema ist Arbeit. Es wird immer schwieriger, Leute zu finden, die arbeitsintensive Tätigkeiten, wie Beikrautentfernung, machen wollen. Ich habe 10 Jahre auf einen guten Beikraut-Roboter warten müssen.”

Robotisierung

„Auf jeden Fall,” sagt Van Hootegem, „erwarte ich mir viel von der Robotisierung. Maschinen sind über die letzten paar Jahrzehnte immer größer und teurer geworden und das ermutigt zu immer größeren Maßen, was negative Effekte hat. Robotisierung entkoppelt Mechanisierung von der Arbeitskraft und das nimmt einen wichtigen Grund für die Vergrößerung der Maße weg. Wenn Du weniger Stunden auf dem Traktor verbringst, dann kannst Du viel mehr Zeit in die Kommunikation mit dem Kunden investieren. Oder Deinem Produkt Mehrwert geben, zum Beispiel durch dessen Verarbeitung oder Verpackung. Ja – Technologie wird uns gute Dinge bringen!”

MAATSCHAP ROZENDAAL ENTSCHEIDET SICH FÜR RESISTENTE SORTEN

‘BIO-ANBAU BEDEUTET ANREGUNG, NICHT UNTERDRÜCKUNG’

IM BIO-ANBAU MUSS DAS ÖKOSYSTEM SEINEN JOB MACHEN, SAGT HANS ROZENDAAL. GESUNDER BODEN, NATÜRLICHE FEINDE UND RESISTENTE SORTEN HELFEN DABEI, KRANKHEITEN UND SCHÄDLINGE IN SCHACH ZU HALTEN.

Obwohl das Wetter 2021 unbeständig war, hat der Knollensellerie der Maatschap Rozendaal gut ausgesehen. Mitte September, zum Zeitpunkt unseres Interviews, sind die Blätter immer noch frisch und grün auf dem Lehmboden in Hoekse, einem Gebiet von neugewonnenem Land in der Nähe von Rotterdam. Anbauer Hans Rozendaal schätzt, dass die Knollen zu diesem Zeitpunkt 650 Gramm wiegen. Er erwartet, dass sie leicht bis zur optimalen Größe für Supermärkte von 0,7-1,2 kg weiterwachsen werden.

Abpacken für Supermärkte

Hans und sein Bruder Jan führen einen 50 Hektar großen Gemüsebaubetrieb in der niederländischen Stadt Strijen. Sie haben fast immer biologisch gearbeitet. Der Familienbetrieb wurde 1998–99 umgestellt, als die Brüder die Partnerschaft eingegangen sind. Jumbo, eine niederländische Supermarktkette, ist der größte Abnehmer für ihren Knollensellerie. Sie packen das Gemüse selbst ab und bieten den gleichen Service für einige andere Anbauer an. Hans sagt: „Ich würde sagen, wir bearbeiten 600-800 Tonnen pro Jahr.” Nicht alle Produkte der Maatschap Rozendaal gehen an Supermärkte; einige gehen an Verarbeiter und Produzenten von Gemüsepackungen und Kochboxen. „Wir verkaufen an jeden, der unsere Produkte wertschätzt,” sagt Hans. „Wir sind mit unserem Verkauf immer unabhängig geblieben; wir sind nirgendwo Mitglied. Wir haben gute Beziehungen zu spezialisierten Firmen wie BioFreshi, Bio-Center Zann, Eosta, Bioport, BioTropic und TOFF.”

Konsumenten können ihre Produkte auch online bestellen. Maatschap Rozendaal war 2006 ein Pionier, als sie einen Webshop eröffneten, um ihr eigenes Gemüse und andere biologische Nahrungsmittel zu verkaufen. Hans sagt: „Das hat gut funktioniert, in einer Zeit, als biologische Produkte noch nicht großflächig erhältlich waren. Letztendlich sind die Kosten zu hoch geworden und wir haben den Webshop 2016 verkauft.” Seitdem sind ihre Produkte im Verkauf über Landzicht Bioweb, die mit dem Online-Supermarkt Hofweb zusammenarbeiten.

Ein vielfältiger Anbauplan

Der Anbauplan der Maatschap Rozendaal ist so vielfältig wie deren Verkaufsstrategie. Neben Knollensellerie bauen die Brüder Rotkohl, Weißkohl, Winterporree, Zucchini, Kürbisse und Erbsen für die Konservenindustrie an sowie Kleegras. „Ein breites Anbauspektrum ermöglicht die Streuung der Risiken,” sagt Hans. „Die Bedingungen können in einem Jahr gut für eine Gemüseart sein und für eine andere im nächsten Jahr. Außerdem ist ein vielseitiger Fruchtwechsel gut für den Boden. Das kommt dem Betriebsergebnis zugute. Wenn du gut zum Boden bist, dann ist der Boden gut zu dir.” Sie bauen Kleegras als Zwischenfrucht auf durchschnittlich einem Drittel ihrer Anbaufläche an, immer für zwei Jahre. Das hilft, den Beikrautdruck zu kontrollieren und erhöht die organische Masse und den Stickstoffgehalt im Boden. Das Schnittgut wird als Grünfutter an einen biologischen Rinderhalter verkauft, der im Tausch dafür Mist liefert.

„Wenn man Krankheiten und Schädlinge unterdrückt, dann zerstört man oft mehr als nötig wäre. Das bringt das Ökosystem durcheinander.”

Hans Rozendaal

Schlupfwespen und Kurzflügler

Die Rozendaal-Brüder haben einen klaren Blick auf den Bio-Anbau. „Wenn du biologisch arbeitest, dann musst du Sachen anregen,” sagt Hans. „Grundsätzlich verwenden wir keine Pestizide, auch keine, die in der biologischen Landwirtschaft erlaubt sind. Wenn man Krankheiten oder Schädlinge unterdrückt, dann zerstört man oft mehr als nötig wäre. Das bringt das Ökosystem durcheinander.”

Aber muss man nicht ab und zu Raupen oder die Kohlfliege bekämpfen? „Das sehe ich nicht so,” sagt Hans. „Wenn man Raupen abtötet, dann unterbricht man den Reproduktionszyklus von deren natürlichen Feinden. Schlupfwespen brauchen Raupen, um ihre Eier darin abzulegen. Wenn es keine Raupen mehr gibt, dann werden auch Schlupfwespen aus deinem Ökosystem verschwinden.” Sie töten auch Kohlfliegen nicht. „Wir eggen einige Male, wenn es nötig ist. Das hilft, die Eier von den Pflanzen zu schütteln. Dann fressen natürliche Feinde, wie die Kurzflügler, die meisten der Eier und Larven.” Artenreiche Feldränder und Grabenböschungen sind wertvoll als Lebensräume für diese nützlichen Insekten, erklärt Hans. Die Möhrenfliege halten die Anbauer mit Psila-Protect-Geruchsstäben aus den Pastinaken und dem Stangensellerie fern. Diese enthalten Zwiebelöl. „Wir haben keinen Ärger mehr mit Möhrenfliegen, seit wir diese verwenden.”

Ihre Herangehensweise ist nahe an der bio-dynamischen, aber sie sind nicht Demeter-zertifiziert. „Ich habe viel Respekt für bio-dynamsich,” erläutert Hans, „aber es passt nicht zu uns. Wir gehören der Niederländischen Reformierten Kirche an und wir fühlen uns mit der anthroposophischen Weltanschauung nicht wohl.”

Resistenz

Bei der Sortenwahl achten die Anbauer auf Krankheitsanfälligkeit. Die Zucchini-Sorte Ladoga F1 von Bejo zum Beispiel hat eine hohe Feldtoleranz gegen Viren und Mehltau. Bei Knollensellerie haben die Rozendaals gute Erfahrungen mit Yara F1. Diese schnellwüchsige Bejo-Sorte hat eine höhere Resistenz gegen Blattflecken (Septoria) als viele andere Sorten. „Im ersten Jahr hatten wir Yara F1 in einem Versuch und wir waren sofort von ihr begeistert,” sagt Hans. „Anfangs hatten wir hier und da einen Seitentrieb, aber in den letzten paar Jahren keinen mehr. Es ist eine Sache von nicht zu früher Pflanzung in der Saison und von der Verwendung von Jungpflanzen.”

Bei Knollensellerie ist das Resistenz-Niveau ganz wichtig für das Endergebnis, weiß Hans. „Auf dem Feld siehst Du die Trennlinie zwischen verschiedenen Sorten. Und das wirkt sich auf den Ertrag aus. Wenn dein Bestand zwei oder drei Wochen früher Blattflecken bekommt, dann kostet dich das 200 oder 300 Gramm pro Knolle.”

BIOLOGISCHER GEMÜSEANBAU IN DÄNEMARK

DÄNEMARK HAT GROSSE AMBITIONEN FÜR DIE BIOLOGISCHE NAHRUNGSMITTELPRODUKTION UND WAR DAS ERSTE LAND AUF DER WELT, DAS RICHTLINIEN FÜR DIESEN SEKTOR FESTGELEGT HAT. LIS JESPERSEN, KEY ACCOUNT MANAGER DES DÄNISCHEN SAATGUTUNTERNEHMENS SEEDCOM, SKIZZIERT DIE SITUATION IN IHREM LAND.

1995 haben wir den ersten Biologischen Aktionsplan für Dänemark entwickelt. Wir hatten seit Langem nationale Standards, ein Bio-Siegel und offizielle Inspektion von Produzenten gehabt.

Wir sind auch das erste Land gewesen, das eine Zielsetzung für öffentliche Küchen, wie Krankenhäuser und Regierungskantinen, festgelegt hat, dass 60 % biologische Produkte verwendet werden. Solche Küchen können sich für ein Siegel qualifizieren, das angibt, dass ihr Essen zu 30 %, 60 % oder 90 % biologisch ist.

Die Menschen in Dänemarkt essen mehr und mehr biologische Nahrungsmittel. Die Verkäufe von biologischem Obst und Gemüse haben sich fast auf € 773 Mio im Jahr 2020 verdreifacht, von € 267 Mio 2015. Die am meisten verkauften biologischen Lebensmittel sind Molkereiprodukte (Milch, Butter und Joghurt), Möhren, Hafermehl, Bananen, Eier, Mehl, Nudeln und Äpfel. Mehr als 13 % des Einkaufs in dänischen Lebensmittelläden ist biologisch – das ist der höchste Marktanteil auf der ganzen Welt.

Dänemark ist international bekannt für die Produktion von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und die Verarbeitung mit den höchsten Nahrungsmittelsicherheitsstandards. Das ist der Hauptgrund dafür, dass sich der Export von dänischen biologischen Lebensmitteln in den letzten fünf jahren verdoppelt hat. Unsere Hauptexportmärte sind Deutschland, Schweden und Frankreich, aber wir verkaufen auch in Asien und den Vereinigten Staaten und im Mittleren Osten.

Seit wir große Mengen an biologischen Lebensmitteln konsumieren, importieren wir auch Einiges – hauptsächlich Früchte, die wir hier nicht anbauen können, wie Bananen, Orangen und Zitronen. Der Wert der dänischen biologischen Importe ist etwas höher als der der Exporte

Hauptkulturen

2017 waren ca. 30 % der Gemüseproduktion in Dänemark bioloigsch. Die wichtigsten Freilandgemüsearten sind Möhren, Zwiebeln, Salat, Kohl, Porree, verschiedene Wurzelgemüsearten, Blumenkohl und Brokkoli. Der Kartoffelanbau ist ebenfalls beträchtlich. Erträge von biologischen Feldern liegen zwischen 60 % und 100 % derer von konventionellen Feldern, abhängig von der Gemüseart. Biologische Möhren nehmen mehr als 50 % der gesamten Möhrenanbaufläche ein. Bei Zwiebeln umfasst der Bioanbau etwa 25 % der Anbaufläche.

Fruchtwechsel und robuste Sorten

Im dänischen Gemüsebau, wie im gesamten biologischen Anbau, sind keine synthetischen Dünger und keine chemischen Pflanzenschutzmittel erlaubt. Nährstoffe werden durch Hülsenfrüchte und biologisches Recyclingmaterial (z.B. Pflanzenrückstände und Stallmist) zugeführt. Um Krankheiten und Beikräutern auf Bio-Feldern vorzubeugen, praktizieren die Anbauer einen guten Fruchtwechsel und verwenden robuste, krankheitsresistente Sorten. Guter Fruchtwechsel erhält den Boden fruchtbar und unterbricht Beikraut- und Schädlingszyklen. Moderne Technologien, wie kameragesteuerte Roboter und Drohnen, helfen den Anbauern, Beikräuter zu identifizieren.

Diese werden dann von mechanischen Jätegeräten oder manuell mit Liegejätern entfernt.

Bio-Anbauer setzen den Fokus auf die Schaffung von gesunden, fruchtbaren Böden für ihre Kulturen, während sie die Umwelt, die Biodiversität und die natürlichen Resourcen schützen. Bevor sie ihre Produkte als biologische verkaufen können, müssen die Betriebe in Dänemark eine zweijährige Umstellungsphase durchlaufen.

Zwei Segmente von Anbauern

Bio-Anbauer müssen in der Lage sein, eine regelmäßige Liefermenge an einen bestimmten Supermarkt liefern zu können. Vor mehreren Jahren haben die meisten Bio-Anbauer in Dänemark ein großes Spektrum an Gemüsearten für den lokalen Verkauf produziert. Heute sind die Dinge diverser geworden, mit parallelen Entwicklungen in unterschiedlichen Segmenten. Um es zu vereinfachen, werde ich die beiden Hauptsächlichen beschreiben:

Zum einen gibt es die größeren, spezialisierteren Anbauer, die auf den Einzelhandel, wie z.B. Supermärkte, abzielen. Diese arbeiten zunehmend zusammen, um ein gleichbleibendes Volumen und effektives Markting sicherzustellen. Zum anderen gibt es die kleineren Anbauer, die viele verschiedene Gemüsearten mit lokalem und saisonalem Anspruch produzieren – inklusive besonderen Versionen – für lokalen Verkauf über Hofläden, Verkaufsstände am Straßenrand und Lieferkisten. Diese Anbauer verkaufen auch oft direkt an die Konsumenten. „Manchmal können lokale Produkte, die konventionell angebaut werden, nachhaltiger sein, als die gleichen Nahrungsmittel, die biologisch angebaut und importiert wurden.”

Lis Jespersen

Nach vorne schauen

Es ist ungeheuer wichtig, sich auch auf das Klima und die Umwelt zu konzentrieren und unsere begrenzten Resourcen zu schützen. Bio ist ein Schritt auf diesem Weg.

Aber manchmal können lokale Produkte, die konventionell angebaut werden, nachhaltiger sein, als die gleichen Nahrungsmittel, die biologisch angebaut und importiert wurden. Eine Anzahl der 17 Ziele der UN zur Entwicklung der Nachhaltigkeit werden mehr und mehr von Anbauern in ganz Dänemark umgesetzt. Ich denke, dass in Zukunft die Nachhaltigkeit das Wichtigste für den dänischen Gemüseanbau sein wird.

NEUE EU-RICHTLINIE ZUR FESTLEGUNG DES STICHTAGS FÜR NICHT-CHEMISCH BEHANDELTES SAATGUT

BIO-ANBAU WIRD EXPONENTIELL WACHSEN MÜSSEN

SAATGUT-PRODUKTION IST EINE SPEZIELLE KUNST – BESONDERS, WENN DIE PFLANZEN BIOLOGISCH ANGEBAUT WERDEN. IN DEN KOMMENDEN JAHREN WIRD DIE PRODUKTIONSKAPAZITÄT SIGNIFIKANT AUSGEWEITET WERDEN MÜSSEN.

Gemüse ist nur dann wirklich biologisch, wenn es mit biologisch produziertem Saatgut angebaut wird. Zumindest ist dies das Grundprinzip der EURichtlinie für biologische Landwirtschaft. In vielen Fällen kann man jedoch Ausnahmegenehmigungen für die Verwendung von konventionellem, nichtchemisch behandeltem Saatgut bekommen. Für Gemüsearten, inklusive Roten Beten, Möhren, Kohlarten und Blattgemüse, können Anbauer und ihre Partner in der Kette immer noch zwischen nicht-chemisch behandeltem und biologisch produziertem Saatgut wählen. Diese Ausnahmeregelungen sollen jedoch womöglich von 2036 an enden. Das Datum ist noch nicht sicher; 2022 wird eine neue EU-Richtlinie erwartet. Die Saatgutproduktion ist vielleicht die größte Herausforderung, vor der der Sektor steht. 2036 ist nicht mehr weit entfernt, erklärt Wil Jorink, Spezialist für Versuchsfelder und Saatgutproduktion bei Bejo. „Es dauert mindestens fünf Jahre, einen neuen Produktionsstandort aufzubauen.” Bejo produziert seit den 1990erJahren biologisches Saatgut. Der internationale Produktionsberater Gerrit Goudsblom war von Anfang an dabei. Er und Jorink, der 2010 zu Bejo kam, wissen sehr wohl, was es bedeutet, Saatgut von hoher Qualität zu produzieren. „Die meisten Gemüsearten sind zweijährig,” erklärt Goudsblom. „Sie müssen den Winter bei guter Gesundheit überleben, um fähig zu sein, im zweiten Jahr Blüten und Saatgut zu bilden. Das stellt außergewöhnliche Anforderungen an den Anbauer und das Anbaugebiet. Das Klima ist wichtig. Die Winter sollten nicht zu rau sein, aber man braucht eine ausreichende Temperaturdifferenz, damit die Pflanzen Blüten bilden und dann noch die richtigen Wetterbedingungen für das Blühen und Bestäuben.

Rückstandsgrenzen

Krankheitsdruck und Beikräuter beeinflussen ebenfalls die Erfolgschancen eines biologischen Saatgutproduktionsbestandes. „Insekten sind der größte Feind,” sagta Goudsblum. „Ein Befall mit Blattläusen oder Wanzen kann einen Saatgutbestand komplett zerstören.”

Produzenten müssen auch die Umgebung berücksichtigen, weil ungeplante Kreuzbestäubungen selbstverständlich vermieden werden müssen. Sie müssen auch auf Pestizidrückstände achten. Biologisches Saatgut wird strikt kontrolliert und die erlaubten Grenzwerte sind extrem niedrig. Der Boden und die gesamte Umgebung muss sauber sein. Ein Nachbar, der ein Feld spritzt, kann ein Desaster sein. Sogar die Verwendung von natürlichen Substanzen kann schwierig sein, sagt Goudsblom. „Wir müssen sehr vorsichtig sein, mit dem was wir verwenden, denn die Richtlinien sind nicht überall dieselben.“

Bejo sucht neue Standorte und Saatgutproduzenten

Die Saatgutproduktion von Bejo findet in vielen Ländern auf der ganzen Welt statt. In Europa u.a. in den Niederlanden, Deutschland und Frankreich. Die Vereinigten Staaten und Australien sind auch wichtige Anbauländer. Die Produktion findet zum Teil auf unseren eigenen Standorten und zum Teil auf Standorten von externen Anbauern statt. Bejo sucht konstant nach neuen Standorten und Betrieben mit Gewächshäusern oder Produktionsfeldern für die Saatgutproduktion. „Die Produktion von Bio-Saatgut ist eine hochwertige Art von Anbau,” erläutert Goudsblom. „Sie muss zu einem passen. Es kann ziemlich riskant sein. Auf der anderen Seite können die finanziellen Erträge höher sein.”

Exponentielles Wachstum

Bejo bietet ein breites Sortiment von biologisch produziertem Saatgut von mehr als 35 Gemüsearten an. „Wir arbeiten daran, biologisches Saatgut von einer Sorte in jeder Kategorie anzubieten.” Wenn die Ausnahmegenehmigungen enden, dann werden die Saatgutunternehmen die Versorgung exponentiell steigern müssen.

Die Produktion von biologischem Saatgut kostet mehr als die Produktion von nicht-chemisch behandeltem Saatgut. Es braucht auch Anstrengungen, um eine befriedigende Qualität zu erzielen. „Wir werden in der Branche eine Diskussion über Saatgutqualitätsstandards führen müssen,” sagt Jorink. „Was ist akzeptabel, was ist realistisch und wo wollen wir hin? Zum Beispiel können wir jetzt Möhrensaatgut biologisch produzieren, aber die Keimfähigkeit, die Anbauer vom konventionell produzierten Saatgut gewöhnt sind, ist im Moment zu ambitioniert. Ein etwas niedrigerer Standard ist jedoch realisierbar. So können Anbauer dennoch mit einer etwas höheren Aussaatstärke einen guten Ertrag je Hektar erzielen.” Goudsblom erklärt: „Du musst irgendwo anfangen. Und das ermutigt Firmen, zu investieren. Wettbewerb im Markt wird Verbesserungen vorantreiben. Bei Bejo sind wir bereit für die Herausforderung.”

NATÜRLICHE INSEKTENKONTROLLE

Produktionsforscher konzentrieren sich in letzter Zeit stark auf natürliche Methoden zur Kontrolle von Schadinsekten, sagt der internationale Saatgutproduktionsforschungs-Manager Youri Draaijer. Neben Beikräutern stellen Insekten die größte Herausforderung bei der Saatgutproduktion dar. Wanzen zum Beispiel befallen Doldenblütler wie Möhren. Sie stechen die Samen an, was dazu führt, dass diese ihre Keimfähigkeit verlieren. Bei Radieschen fressen Glanzkäfer den Pollen und verhindern die Samenbildung. Bei Rüben fressen sich die Larven des Stängelrüsslers (Lixus) durch die Stängel und verursachen deren Brechen.

Das Forschungsteam von Bejo hat seinen eigenen Entomologen (Insektenspezialist). „Wir wollen besser verstehen, was Schadinsekten anlockt und wie ihr Lebenszyklus aussieht,” erklärt Draaijer. „Wenn man mehr über Insekten lernt, dann ist man besser in der Lage, natürliche Kontrollstrategien zu entwickeln.

„Das kann bedeuten, dass man Fangpflanzen oder abschreckende Pflanzen verwendet, um Schadinsekten fernzuhalten. Oder Pflanzen, die natürlichen Feinden ermöglichen, sich einfach zu vermehren. Diese einzelnen Aktionen haben nur einen begrenzten Effekt. Unser Ziel ist es, eine Kombination von Maßnahmen zu finden, die sich gegenseitig verstärken. Das Schöne daran ist, dass dieses Wissen auch für unsere Kunden sehr wertvoll ist – für die konventionellen und die biologischen.

„Neben Beikräutern stellen Insekten die größte Herausforderung bei der Saatgutproduktion dar.”

Youri Draaijer

Gerrit Goudsblom

Wil Jorink

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