Magazin Für Förderer der Bergrettung Tirol

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Sucheinsatz und was das heißt

Perspektivenwechsel: Die Brücke, so unspektakulär, wie sie wirklich ist.

erschöpft. Dies hatte zur Folge, dass keine weiteren Fahrzeuge mehr hochfahren durften. Security-Personal musste eingesetzt werden, um die Lage unter Kontrolle zu halten. Und ein Großteil dieser Autoinsassen war auf dem Weg zur Olpererhütte – auf dem Weg zur Brücke, auf dem Weg zum Fotoshooting, auf dem Weg zum perfekten Instagram-Bild. Dort spielten sich dann ähnliche Vorkommnisse ab wie unten an der Straßen-Mautstelle. Wartezeiten bis zu einer Stunde für ein Foto, Rangeleien und auch Handgreiflichkeiten, die einmal sogar einen Polizeieinsatz erforderten. Die Leidtragenden: die „stinknormalen“ Wanderer – die die Brücke einfach als solche in Anspruch nehmen wollten. Teils unter Gewaltandrohung mussten diese sich in die Warteschlangen einfügen oder mussten Beschimpfungen über sich ergehen lassen, weil sie gerade ins Bild gelaufen waren. Ohne Versicherung wird’s richtig teuer Dies alles sollte uns Bergrettungskräften eigentlich egal sein. Wir selbst haben die Olpererhütte heuer eher gemieden, da man dort teils bis zu 1.200 Personen pro Tag abzufertigen hatte und das sonst übliche gemütliche Bier auf der Terrasse mit der Traumkulisse fast nicht möglich war. Nicht egal sind aber die Einsätze, die sich aus diesem Hype heraus entwickelten. Die Brücke als Social-Media-Hotspot, als ein Must-have für jeden Instagrammer, Facebooker und Co. Viele haben nicht bedacht und haben sich auch nicht darüber informiert, was es bedeutet, bis zur Brücke zu gelangen. Es sind über 600 Höhenmeter steiler, steiniger Aufstieg – immer in der Sonne. Für Untrainierte, unvorbereitete und im Straßenoutfit wandernde Personen eine Herausforderung. Alles gab es da zu sehen – Flipflops, Halbschuhe, bodenlange Kleider und als Krönung gar noch eine Gruppe Nacktwanderer. Die Folgen: Sprunggelenks- und Knieverletzungen, Platzwunden nach Stürzen, Erschöpfungszustände, Atemnot, Kreislaufkollaps 26

AUS DER SICHT DER BERGRETTUNG

etc. Mehr als 20 Einsätze waren heuer bei der Olpererhütte zu verzeichnen. Den Großteil dieser Einsätze konnten wir dank dem meist guten Wetter an den Notarzthubschrauber delegieren, aber das eine und andere Mal hat es uns dann doch getroffen. Dann müssen zehn bis zwölf Bergretterinnen und Bergretter hoch, wenn eine Person nicht mehr gehfähig ist. So viele sind nötig, um den Verletzten/die Verletzte zu Tal zu tragen. Auf dem engen steilen Weg können immer nur zwei Bergrettungskräfte tragen. Das bedeutet, dass nach wenigen Minuten gewechselt werden muss. Das kostet Kraft und Zeit. Auch der Hubschrauber kommt fast im ganzen Bereich unterhalb der Hütte nicht ohne Taubergung aus. Auch das bedeutet Zeit – und zwar teure Zeit. Ein Einsatz der Bergrettung kostet hier meist zwischen 1.500 und 3.000 Euro, je nachdem wie weit oben die Unfallstelle liegt. Die Kosten für den Einsatz des Notarzthubschraubers setzen dann bei so ca. 4.000 Euro ein. Spätestens dann wird’s auch jedem Instagrammer zu einem wahren Aha-Erlebnis. Nicht nur die mangelnde Vorbereitung, sondern auch der Glaube, da könne einem nichts passieren, weil ja schon so viele oben waren, lassen auf eine Versicherung vergessen. Wir Bergrettungskräfte haben nichts gegen diese Social-Media-Hypes und könnten diese auch nicht abstellen, wenn wir wollten, aber wir möchten an alle Blogger, Poster, Influencer (und wie sie da noch alle heißen) appellieren: Informiert euch vorher genau über die Zustiege, über die körperlichen Herausforderungen, über alpine Gefahren und denkt an eine Versicherung. Das macht das Bild zwar ein paar Euro teurer, aber es erspart euch viel Kopfweh, falls mal was passiert.

Große Mannschaftsstärke, mitunter riesige Suchgebiete, widrige Wetterbedingungen, physische und psychische Belastung: Das sind nur einige der Herausforderungen, mit denen die Bergrettung konfrontiert ist. TEXT PETER LADSTÄTTER FOTOS CHRISTIAN EDER, ISTOCK/MILJKO, FIGURE8PHOTOS

ZUR PERSON: Ulli Huber ist Ortsstellenleiter der Bergrettung Ginzling, Bezirksleiter der Bergrettung im Bezirk Schwaz und IT-Referent der Bergrettung Tirol.

AUS DER SICHT DER BERGRETTUNG

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