BAZ Nr. 21 vom 15/11/2021

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STRASSENGESCHICHTEN

Leere Straße, leere Glockenstühle Wer von Meran nach Algund will (oder umgekehrt), der benutzt meist die Josef-Weingartner-Straße. Auch wer weiter in den Vinschgau möchte, wird schon mit dem langgezogenen Fahrweg Bekanntschaft gemacht haben. Ein Blick auf den Namengeber.

kunsthistorische Grundlagenforschung sind ebenso zu würdigen wie die Beschäftigung mit den Burgen im Tiroler Raum. Weingartner starb am 11. Mai 1957 im Alter von 72 Jahren in Meran. Einsatz und Courage G. SIEBENFÖRCHER

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Seine Arbeit war, bei aller Professionalität und vollem Einsatz, nicht immer einfach. Als staatlicher Landeskonservator von Südtirol leitete er die Inventarisierung aller Kunstschätze des Landes. Wenn er dann vor einem Gebäude stand und sich Notizen machte, wurde er gelegentlich für einen ausländischen Spion gehalten und einmal beinahe verhaftet. Während des Ersten Weltkrieges war es vor allem seiner Sachkenntnis und seiner Unerschrockenheit zu verdanken, dass einige der schönsten Glocken vor dem Einschmelzen gerettet werden konnten. Von der Glockenabnahme waren all jene ausgenommen, die vor 1600 gegossen worden waren, wertvolle Dekorationen, geschichtliche Inschriften oder Wappen und Siegelabdrücke aufwiesen. Auch ein seltener Gießername konnte als Grund herangezogen werden, die Glocke vor dem Schmelzofen zu bewahren. Die Entscheidung lag bei den Denkmalpflegern. Gerade in Algund scheinen die Bemühungen aber wenig erfolgreich gewesen zu sein. Nach einer Meldung der „Meraner Zeitung“ vom Februar 1917 musste Algund nur zwei Glocken abliefern, weil die größte stattliche 2259 kg wog. Nach dem Krieg fehlten allerdings die Glocken in der Pfarrkirche und in Plars.

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Wenn man an der genannten Straße als Fußgänger entlangspaziert, dann kann man schon die eine oder andere Fahrradglocke vernehmen. Und ohne Autos kennt man den Weg, an dem sich Firmen, Hotels, Wohnhäuser und ein nicht zu übersehendes Einkaufszentrum befinden, eigentlich gar nicht. Das abgebildete Foto stammt übrigens aus dem ersten Lockdown und hält den seltenen Moment fest, wie die Straße tagsüber ohne Fahrzeuge und Men- Die Josef-Weingartner-Straße Richtung Algund schen aussieht. Es wäre sicherlich aufschlussreich gen, Romane, auch die Herausgazu wissen, wie der Denkmalpfleger be des Musen-Almanachs „Das Josef Weingartner über die nach jüngste Tirol“, einer wenig ernstihm benannte Straße urteilt. genommenen Gedichtsammlung junger Autoren. Zweimal gewann Nach Wien und zurück er ein literarisches Preisausschreiben und erhielt dafür insgesamt Josef Weingartner stammte aus 900 Kronen. Nach einer Kooperadem Osttiroler Ort Dölsach. torenverpflichtung in St. MargaFreunde der römischen Geschich- rethen bei Schwaz schickten ihn te kennen die Gemeinde vielleicht, seine Vorgesetzten nach Wien zur weil sich dort die Ausgrabungs- weiteren theologischen, aber auch stätte Aguntum befindet. Und die kunsthistorischen Ausbildung. Kunstkenner verbinden den Ort Eine ihm angebotene Assistentenmit Albin Egger-Lienz, der eben- stelle schlug er dann jedoch aus, falls dort geboren wurde, und weil es ihn wieder in seine Heimat Franz Defregger, der Ehrenbürger zog. Auch wenn er dem Pfarrer von Dölsach ist. Geboren wurde von Ranggen, einem Freund aus Weingartner am 10. Februar 1885 Studienzeiten, in der Seelsorge als einziger Sohn eines Schneiders half, um nicht den Bezug zu seiund einer Näherin. nem ursprünglichen Beruf zu verNach Abschluss des Gymnasiums lieren, galt sein Hauptaugenmerk studierte er Theologie und wurde der Kunst und der Denkmalpflege. 1907 im Dom von Brixen zum Erst in den 20er Jahren wirkte er Priester geweiht. Seine Primiz als Propst der Innsbrucker Stadtfeierte er zwei Tage danach in der pfarre St. Jakob und zeigte sich Gnadenkapelle auf Säben. Schon dabei volksnah. Der „Tiroler früh trat er als Autor hervor, hat Volksbote“ bezeichnete seine Predabei aber, wie er es selbst einmal digt einmal sogar als „schneidig“. formuliert hat, nie die „Trakl- und Sein in acht Auflagen erschienenes Kafka-Mode“ mitgemacht. Zu Hauptwerk „Die Kunstdenkmäler seinen frühen Werken gehören Südtirols“ gilt bis heute als MeilenTexte und Erzählungen für Zeitun- stein. Und seine Beiträge für die

Meran, Lauben 164 Tel. 0473 236 274 www.siebenfoercher.it

Christian Zelger BAZ 21/21

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