kultur
Von hier aus wurde die Stadt regiert: Schloss Bruneck. Fürstbischof Christoph von Schroffenstein gestaltete die Burg Anfang des 16. Jahrhunderts zu einem Wohnschloss um.
Vom Leben im alten Bruneck TEIL II - In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erschienen unter der Rubrik Aus dem alten Bruneck in der Zeitung Pusterthaler Bote mehr oder weniger kurze Beiträge zur Brunecker Stadtgeschichte. In den Jahren 1893/94 erschienen diese Beiträge in Form einer eigenen Beilage zur Zeitung. Der Text dieser Beilagen wurde von Anton Zangerl verfasst. Der Verfasser stützte sich auf das Brunecker Stadtarchiv, sodass die Berichte über das Leben im alten Bruneck zwar authentisch sind, aber eher schwer lesbar, weil er Urkundentexte sehr oft wörtlich zitiert. DIE TERRITORIALE GLIEDERUNG DER STADT Die eigentliche Stadt war in vier Stadtviertel aufgeteilt. Das erste Viertel bildete die Häuserzeile am Schlossberg vom Oberen Tor (heute Ragentor) hinab bis zum damaligen Rathaus (Stadtgasse Nr. 42, ehemals Mode Waibl), das zweite Viertel begann dort und reichte immer den Schlossberg entlang westwärts bis zum Unteren Tor (heute Ursulinentor). Das dritte Viertel umfasste die Nordseite der Stadtgasse und die Hintergasse zwischen dem Unteren Tor und dem Lucken- oder Florianitor, von wo dann das vierte Viertel bis zum Oberen Tor reichte. Als Stadtviertel gewertet wurden aber auch Ober- und Außerragen, ohne dass diese beiden Ortsteile 28 expressis verbis als Stadtviertel
bezeichnet wurden. Wenn man die ganze Stadt meinte, sprach man von den vier Stadtvierteln, dem Oberdorf (gemeint Oberragen) und Ragen (gemeint Außerragen).
DIE SOZIALE GLIEDERUNG DER STADTBEVÖLKERUNG In den meisten mittelalterlichen Städten lebten die Bewohner von Handel und Gewerbe. Das Gros der Bürger war in diesen beiden Wirtschaftszweigen tätig. Es ist aber zu beachten, dass man die Stadtbevölkerung sozial trennen muss in Bürger und Inwohner oder Ingehäusen. Um in einer Stadt das Bürgerrecht zu bekommen, mussten bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehörten der Besitz eines Hauses in der Stadt, zumindest so viel Vermögen, dass
die mit der Verleihung des Bürgerrechtes zu zahlenden Gebühren erlegt werden konnten und ein entsprechender Beruf (Handwerker oder Händler, ev. auch Beamter). Mit dem Bürgerrecht war das Wahlrecht für Bürgermeister und Stadtrat verbunden und die Mitbenutzung der zur Stadt gehörenden Allmende (Weide, Wald, Fischgewässer, Vogelfang). Wir haben für das mittelalterliche Bruneck keine genauen Einwohnerzahlen. Schätzungen gehen von ca. 1.000 bis 1.500 Einwohnern aus, von denen nur etwa 10 Prozent das Bürgerrecht besaßen und noch einmal so viel zu den Inwohnern gerechnet wurden, zu denen nicht nur Taglöhner und Dienstboten, sondern auch Handwerker und manchmal sogar Handelstreibende
gehörten. Auf die genannte Einwohnerzahl kommt man, wenn man pro Bürger bzw. pro Inwohner noch einmal etwa fünf Familienangehörige rechnet. Es könnte sein, dass diese Zahl zu hoch gegriffen ist. Untersuchungen in anderen Städten ergaben nämlich nur eine Kinderzahl von eins bis zwei pro Familie, weil die Kindersterblichkeit auch in den Städten sehr hoch war. Die Hauptursache dafür waren die hygienischen Verhältnisse und die medizinische Versorgung, die in der Stadt kaum besser war als auf dem Lande. Es war nun nicht so, dass die Bürger einerseits und die Inwohner andererseits als unter sich sozial gleichwertig angesehen werden konnten. Es gab zum Beispiel unter den Bürgern einige weni-