Jahrgang 24 ∙ Ausgabe 1/2021
Stift Wilten Aktuell Für Mitbrüder & Freunde des Prämonstratenser-Chorherrenstiftes Wilten
Ostern 2021
LEITWORT
Grüß Gott!
Abt Raimund Schreier OPraem
Im Laufe der Kirchengeschichte ist es wohl noch nie vorgekommen – nicht einmal in Zeiten von Kriegen – dass in unseren Kirchen keine offiziellen Gottesdienste gefeiert werden durften. Letztes Jahr konnte Ostern nur in einem kleinen Kreis zelebriert werden – mit Abstand, desinfizierten Händen, ohne Gesang, ohne Chor und Orchester. Schmerzlich war für viele Menschen der Abschied ihrer Toten: nur im engsten Kreis der Angehörigen war ein Begräbnis erlaubt. Inzwischen müssen beim Gottesdienst medizinische Masken getragen und zwei Meter Abstand gehalten werden. Die Gläubigen, die dann keinen Platz mehr in der Kirche finden, müssen heimgeschickt werden. Dieses Virus Covid 19 hat uns weltweit eine Erfahrung zugemutet, die noch niemand von uns gemacht hat. Seit einem Jahr haben wir alle eine nicht enden wollende Fastenzeit. Wir müssen auf vieles verzichten, was uns lieb und wichtig ist: Kontakte sind eingeschränkt, ebenso die Reisefreiheit, das gemeinsame Feiern von Festen, das gute Essen mit Freunden in einem Restaurant, Kinder sind von ihren Schulfreunden getrennt und sollen ihre Großeltern nicht umarmen. Wir müssen in den Lockdowns zu Hause bleiben. Kaum jemand darf uns besuchen. Theater, Kino, Museen, Veranstaltungssäle sind geschlossen. An vielen Türen ist zu lesen: Geschlossen. Abgesagt. Findet nicht statt! Auf der Titelseite finden sie unsere Klostertür in die Klausur. Dieses Wort kommt vom lateinischen claudere – schließen. D. h. sie ist für Fremde geschlossen. Aber diese Klausur ist eine freiwillige, um in Stille und Abgeschiedenheit uns dem Studium und dem Gebet ungestört widmen zu können. Zurück zur unfreiwilligen „Klausur“: Viele haben ihre Arbeit verloren; ihr Unternehmen steht vor dem Konkurs; Arbeit wurde für viele zum Homeoffice – daneben sollte man noch mit den Kindern spielen und ihnen Unterricht geben.
Die ganze Gesellschaft steht weltweit in einer großen Krise – besonders was das Gesundheitssystem, die Bildung, die Kultur, aber vor allem die Wirtschaft betrifft. In manchen Ländern sind die Krankenhäuser überfüllt, bzw. gibt es keine Plätze mehr für Corona-Kranke; es gibt hunderttausende Tote auf dem gesamten Globus und aufgestapelte Särge. Eine unerwartete und unfreiwillige Fastenzeit ist über die ganze Welt hereingebrochen. Sie dauert leider nicht nur 40 Tage wie die kirchliche Fastenzeit. Gelingt es uns, dieser langen Fastenzeit auch Gutes abzugewinnen? Trotz all dieser Einschränkungen, der vielen Kranken und Toten gab es sicher auch Erfahrungen des Glücks, der Freude, gab es Sternstunden, oder wie wir biblisch sagen würden „Taborstunden“. Da gab es viele Sternstunden der Solidarität, des gegenseitigen Helfens; da gab es mehr Stunden für die Glaubensvertiefung und das Gebet, vor allem für das fürbittende Gebet, besonders für die Kranken und Sterbenden; da gab es Taborstunden der Dankbarkeit, ein wichtiger Schlüssel zum Glück gerade in Krisenzeiten; und da gab es auch das Lachen – trotz allem. Vielen ist das Lachen in dieser schweren Krise vergangen. Aber doch haben Menschen gerade in der Dankbarkeit für das Wenige und Wesentliche die echte Freude wiederentdeckt und damit das Lachen. „Wo ist dein Lächeln geblieben? Diese Frage einer demenzkranken Frau während des Lockdowns hat eine Pflegerin dermaßen erschüttert, dass diese daraufhin in Tränen ausgebrochen ist“ – so schreibt der Linzer Bischof Manfred Scheuer in seinem Fastenhirtenbrief 2021. „Der Mund-NasenSchutz verdeckte das vertraute Gesicht der Bezugsperson, verdeckte die Lebensfreude… Die Fastenzeit dieses Jahres gibt uns die Gelegenheit, dem Grundwasser unserer Lebensfreude neu auf die Spur zu
LEITWORT kommen – möglicherweise hat uns gerade das vergangene Jahr dabei so manches beigebracht“ (ebd.). Der römische Schriftsteller Cicero wusste es: „Wer den Tag mit einem Lachen beginnt, hat ihn bereits gewonnen!“ Lachen setzt Serotonin, einen Neurotransmitter frei, und wir fühlen uns sofort besser – so sagen Mediziner. Ein deutscher Schauspieler hat in einem Interview vor kurzem gesagt, dass er im Lockdown vor allem lustige Filme anschaut, um lachen zu können. Und das Beste am Lachen: Es wirkt nicht nur auf uns, sondern auch auf andere. Wenn wir gut gelaunt und glücklich auf andere zugehen, werden diese unwillkürlich ebenfalls positiv reagieren. Nichts ist notwendiger als das Lachen. Es löst und erlöst aus einer Spannung. Richtig lachen kann aber nur, wer sich selbst nicht wichtig nimmt. Man muss auch über sich selbst lachen können, ehe man über andere lacht. Zum gelösten Lachen kommt auch die Erfahrung, dass wir in unserem Leben Beschenkte sind. Lachen ist auch gelebter Glaube. In diesem Lachen schwingt Gelassenheit, Dankbarkeit und restloses Vertrauen mit. Karl Rahner hat im Jahre 1970 ein Büchlein herausgegeben mit dem Titel: „Der Priester von heute. Darin zählt er einige wichtige Eigenschaften für den Priester auf. Da
schreibt er unter anderem: „Der Priester muss derjenige sein, der in einem guten und wahren Sinn ein fröhlicher Mensch ist. Vor einiger Zeit ist in Freiburg eine Frau gestorben, die einen Sohn als Priester hatte. Am Abend haben sie noch ein Glas Sekt miteinander getrunken, und dann sagte diese Mutter zu ihrem priesterlichen Sohn: So, Bub, jetzt gehst du nach Haus und schläfst gut, und ich schlafe in die Ewigkeit hinüber. Mach kein trauriges Gesicht; wenn die Pfarrer ein trauriges Gesicht machen, glaubt man ihnen gar nicht, was sie predigen. Et factum est ita.“ – Und so geschah es. Ich wünsche uns trotz allem oder auch wegen allem das Lachen. Bitte lächeln! Auch die österlichen Hoffnungs- und Verheißungsgeschichten, die wir in er kommenden Osterzeit hören, laden uns ein zum Lachen. „Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen“ (Lk 6,21). So hat uns Jesus verheißen. Bitte lächeln! So kann die Osterbotschaft durch uns auf das Gesicht unserer Mitmenschen ein Lächeln zaubern. Und lächeln Sie auch, wenn mein Leitwort aufgrund der besonderen Situation diesmal etwas länger geworden ist. Frohes Osterfest!
Stift Wilten Aktuell
3
INHALT INHALTSVERZEICHNIS Impressum
LEITWORT 2 Grüß Gott
COMMUNIO 24 Mein Leben in Stationen
Herausgeber
25 Otto Neururer
PrämonstratenserChorherrenstift Wilten Klostergasse 7
ACTIO 5 Begräbnis von D. Franz Lichtenberger
29 50 Jahre „Grüne Häuser“
6020 Innsbruck Tel. 0512/58 30 48
26 Wolfram Köberl und das Stift Wilten
6 Begräbnis von D. Friedrich Obwexer 30 Ausgezeichnete Qualität
www.stift-wilten.at
7 Die Liebe Christi sichtbar machen 31 Klosterladen
Redaktion Reinhold Sigl
8 Mit Gott bei den Menschen 32 Gottesdienste und Termine
Erscheinungshinweis 2 x im Jahr
9 Feierliche Eröffnung des Jubiläumsjahres
Titelbild Maximilian Jonas
10 Wechsel in der Friedhofsverwaltung
Markschläger,
11 Der neue Stiftskapellmeister Fotos Diözese Innsbruck,
12 Digital Management im Stift Wilten
Walter Klasz, Erich Lahartinger,
13 Ein Mann für alle Fälle
Florian Lechner, Maximilian Jonas Markschläger, Reinhold Sigl, VG Waldhüttl,
CONTEMPLATIO 14 Zur Geschichte des Stiftes Wilten
Johannes Wohlmacher
21 #wirgebennichtauf Datenschutzerklärung Mit unserer Zeitschrift
21 Lieber Kilian
„Stift Wilten Aktuell“ informieren wir Sie über
22 Herzfeuer des Glaubens
uns, unsere Arbeit, Angebote und Veranstaltungen. Sie können den Erhalt der Zeitschriften jederzeit ablehnen,
CARITAS 23 Das Wunder der Solidarität
indem Sie uns dies telefonisch unter der Telefonnummer: +43 512 583048 oder per E-Mail unter: pforte@stift-wilten.at mitteilen.
Weitere Berichte, Predigten, Termine und Bilder finden Sie auf der Stift-Wilten-Homepage: www.stift-wilten.at
4
Stift Wilten Aktuell
ACTIO
Begräbnis von D. Franz Lichtenberger Am 1. Dezember 2020 starb unser Mitbruder, am 4. Dezember konnte die Allgemeinheit von D. Franz in der Stiftskirche Abschied nehmen. Am 5. Dezember erfolgte das Begräbnis wegen des Corona-Lockdowns in kleinem Kreis. Ein feierliches öffentliches Requiem wird sobald als möglich nachgeholt.
Begräbnis von D. Franz im Stift Wilten
Franz Lichtenberger, PrämonstratenserChorherr des Stiftes Wilten in Innsbruck, ist am 1. Dezember 2020 von Gott in seine ewige Heimat gerufen worden. Herr Franz ist am 19. Feber 1936 in Altenhof am Hausruck (OÖ) geboren worden. Nach der Pflichtschule machte er in Salzburg die Lehre als Großhandelskaufmann und war bei der Salzburger Gebietskrankenkasse tätig. In Salzburg lernte er die Katholische Arbeiterjugend kennen. Deren lebendiges, zeitgemäßes christliches Leben und der Kontakt mit dem Wiltener Abt Alois Stöger, vor der Abtwahl KAJ-Seelsorger in Innsbruck, ließen ihn den Ruf zum Priestertum hören. Deswegen absolvierte er von 1959 bis 1964 die Maturaschule im Stift Stams. 1964 trat H. Franz ins Stift Wilten ein, legte am 21.9.1969 die Feierliche Profess ab und wurde am 29.6.1970 zum Priester geweiht.
Pfarrer. Von 1988 bis 1995 war er Pfarrer im Ort Sellrain, von 1995 bis 2004 in Sistrans, ab 2000 zusätzlich in Lans. In seinem Ruhestand im Stift ab 2004 war H. Franz bis 2012 Seelsorger des Wallfahrtskirchleins Heiligwasser und ein weitum geschätzter Aushilfspriester. Bis drei Wochen vor seinem letztlich unerwarteten Tod konnte er in der Stiftsgemeinschaft bleiben.
D. Franz Lichtenberger (19.02.1936 - 01.12.2020) Sein Primizspruch: Alles vermag ich durch den, der mich stärkt. (Phil 4,13)
In den Jahren 1970 bis 1973 war H. Franz vom Stift aus in Völs und Wilten seelsorglich tätig. 1973 wurde er Kooperator in Innsbruck-Hötting und ab 1976 dortiger Stift Wilten Aktuell
5
ACTIO
Begräbnis von D. Friedrich Obwexer Am 24. Dezember 2020 starb unser Mitbruder, am 29. Dezember konnte die Allgemeinheit von ihm in der Stiftskirche Abschied nehmen. Das Begräbnis fand wegen des Corona-Lockdowns am 30. Dezember im kleinen Kries statt. Ein feierliches öffentliches Requiem wird sobald als möglich nachgeholt.
Begräbnis von D. Friedrich im Stift Wilten
Friedrich Obwexer, PrämonstratenserChorherr des Stiftes Wilten in Innsbruck, ist am Heiligen Abend, 24. Dezember 2020, von Gott in die Heimat des Himmels gerufen worden. D. Friedrich ist am 5. Feber 1927 in Innsbruck geboren worden. Er war Angehöriger der Stiftspfarre Innsbruck-Pradl. 1945 begann er das Studium als Diözesantheologe. 1947 traten er und vier andere ins zerbombte Stift Wilten ein. Nach seiner Feierlichen Profess am 29. Juni 1951 wurde D. Friedrich Obwexer (05.02.1927 - 24.12.2020) Sein Primizspruch: Gott, mach mich zu einem Werkzeug des Friedens, dass ich Liebe bringe, wo Hass ist, dass ich Glauben bringe, wo Finsternis ist.
6
Stift Wilten Aktuell
er am 1. Juli desselben Jahres zum Priester geweiht. Im Jahr 1952 wurde er beauftragt, das Gymnasiasten-Heim „Norbertinum“ zu beginnen, welches er als einziger Erzieher bis 1964 leitete. Im Jahr 1964 wurde er Pfarrer von Völs. Da Völs damals eine gewaltige Bevölkerungszunahme erlebte, ließ er 1966/67 die Emmaus-Pfarrkirche erbauen. D. Friedrich leitete in Völs ein lebendiges Pfarrleben in die Wege und begann einen brüderlichen Kontakt mit der evangelischen Gemeinde. Von 1975 bis 1980 war er auch Prodekan des noch nicht endgültig errichteten Dekanates Wilten-Land. Von 1980 bis 1995 war er Pfarrer von Patsch. So wie D. Friedrich in Völs viel Religionsunterricht erteilt hatte, tat er das auch von Patsch aus in einer Pradler Hauptschule. Von 1995 bis 1998 war er Pfarrer von TulfesRinn. Seinen Ruhestand verbrachte er in Bürserberg/Vorarlberg und leistete in jener Zeit viele Seelsorgsaushilfen. Ab 2016 lebte Friedrich Obwexer in der Seniorenresidenz Wilten, wo im Laufe der Zeit seine Kräfte immer mehr nachließen.
ACTIO
Die Liebe Christi sichtbar machen Am 20. September 2020 wurde D. Hermann Josef Hehenberger OPraem, Prämonstratenser-Chorherr aus dem Stift Schlägl, in der Pfarrkirche Aigen im Mühlkreis von Bischof Manfred Scheuer zum Priester geweiht. Bischof Manfred Scheuer spendet D. Hermann Josef Hehenberger OPraem durch Handauflegung und Gebet die Priesterweihe.
Bischof Scheuer wies in seiner Predigt auf die priesterliche Identitätsfrage hin. Die Antwort liege in der Bezogenheit des Priesters auf Jesus Christus und die Mitmenschen, mit denen er verbunden ist. Er ist von Christus gesandt, um Menschen zu heilen, zu begleiten, zu segnen und schenkt so Christi Liebe weiter. Das werde besonders in den Sakramenten sichtbar, die er spenden darf. Als Programm tauche dabei für die Prämonstratenser des Stiftes Schlägl der Anfang der Augustinusregel auf: „Ziel eures gemeinsamen Lebens ist es, einträchtig zusammen zu wohnen und ein Herz und eine Seele zu sein, auf Gott hin.“ Das verleihe Strahlkraft in die Region hinein und darüber hinaus. Wichtig sei es, neben den alten Pfaden neue dynamische Wege zu suchen und zu finden - zum Wohl der Pfarren und der gesamten Diözese. Priester seien Wegbereiter in die Zukunft. Nach dem Weihegottesdienst waren alle Anwesenden zu einer Agape in den Schlägler Stiftshof eingeladen. Viele nützten diese Gelegenheit zu Begegnungen und Gesprächen.
D. Hermann Josef wurde 1989 in Linz geboren und wuchs mit zwei Geschwistern in Rohrbach auf. Nach der Matura absolvierte er das Studium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz. 2012 trat er in das Stift Schlägl ein und studierte von 2014 bis 2019 Theologie an der Universität Innsbruck. Während dieser Zeit lebte er im Stift Wilten. Wir wünschen D. Hermann Josef Gottes Segen für seinen Weg als Priester und Ordensmann!
D. Hermann Josef mit D. Leopold Baumberger als Kantoren bei der Fronleichnam-Pontifikalvesper in der Stiftskirche Wilten.
Stift Wilten Aktuell
7
ACTIO
Mit Gott bei den Menschen Gedanken von Generalabt Jos Wouters OPraem zum Beginn des 900-Jahr-Jubiläums des Prämonstratenser-Ordens. Ein Jubiläum ist das Gedenken an ein Ereignis, das vor vielen Jahren stattgefunden hat. Die Ordensgelübde des Hl. Norbert und seiner ersten Anhänger am Weihnachtstag 1121 sind der Beginn einer Geschichte, die seit neun Jahrhunderten andauert. In Übereinstimmung mit dem Motto unseres Generalkapitels von 2018 (nativitas Christi, nativitas Ordinis) können wir sagen, dass der Tag, an dem DAS WORT unter uns geboren wurde, auch der Tag war, an dem unser Orden eine institutionalisierte Realität wurde. Beide vitae (Lebensbeschreibungen) des Hl. Norbert berichten von diesem Ereignis am Weihnachtstag, als sich die ersten Prämonstratenser zur Regel des Hl. Augustinus bekannten. Norberts Lebensbeschreibung erinnert an die Diskussionen innerhalb der Gemeinschaft über die Lebensweise, der sie folgen sollten. „Einige von denen, die Norbert folgten, glaubten, dass das, was sie von ihm hörten, für die Errettung ausreiche, und meinten deshalb weder eine Regel noch eine Lebensstruktur zu brauchen.“ Aber der heilige Norbert wusste wahrscheinlich aus Erfahrung, „dass ohne eine Struktur des Lebens und ohne eine Regel und ohne die Anleitungen von Oberen die apostolischen und evangelischen Vorschriften nicht vollständig eingehalten werden konnten.“ Die Lebensbeschreibung erinnert an die verschiedenen Optionen, die zur Auswahl standen, um das Leben der Anhänger von Norbert zu strukturieren. Würden sie die Lebensweise der Zisterzienser übernehmen oder eine Kolonie von Einsiedlern bilden? Über den Hl. Norbert wird gesagt: „Er dachte über diese vielen Dinge in seinem Herzen nach, schließlich aber entschied Norbert, die Regel zu akzeptieren, die der selige Augustinus für seine Anhänger aufgestellt hatte, um nicht die kanonische Berufung zu verraten, zu der er und die, die seit ihrer Jugend mit ihm leben wollten, sich verpflichtet hatten.“ Norbert wählte für seine Anhänger den Weg als regulierte Chorherren. Er erneuerte und radikalisierte so eine bereits bestehende Lebensweise. Die Wahl der Regel des Hl. Augustinus ist für Norbert auch dadurch gerechtfertigt, da er glaubte, dass diese Regel die apostolische Lebensweise ordnet und erneuert, d. h. das Leben, das Christus selbst mit seinen Aposteln geführt hatte und das in der Urkirche fortgesetzt worden war. Von Bedeutung ist der abschließende Satz: „Er 8
Stift Wilten Aktuell
Generalabt Jos Wouters OPraem
(Norbert) hoffte nun, das apostolische Leben zu führen, das er als Wanderprediger geführt hatte.“ Die Entscheidung des Hl. Norbert und seiner Anhänger, ihre kanonische Berufung zu erneuern, basiert auf derselben Inspiration wie unser Motto für dieses Jubiläum: „With God among the people“. Ich erinnere mich noch an das Treffen, bei dem wir uns für dieses Motto entschieden haben. Die Originalfassung war in deutscher Sprache: „Mit Gott bei den Menschen“. Das englische Motto gibt die Intimität und die Nähe, die die deutsche Präposition „bei“ ausdrückt, nicht vollständig wieder. Es könnte verlockend sein, das Motto so zu lesen, dass es sich auf die „vita mixta“ bezieht, zu der sowohl Kontemplation als auch Aktion gehören. Diese Lesart wäre auch nicht ganz falsch, würde aber einen Dualismus oder sogar einen Gegensatz zwischen zwei Lebensweisen einführen. Wenn wir mit den Menschen zusammen sind, sind wir gleichzeitig mit Gott zusammen. Wir können ihn überall suchen und finden. Die Fülle der pastoralen Tätigkeit würde darin bestehen, Gott mit dem Volk als den „Gott mit uns“, den Emmanuel, zu finden. Aus dieser Perspektive ist es auch von Bedeutung, dass das erste Bekenntnis von Prämonstratensern am Weihnachtstag stattfand. In Norberts Lebensbeschreibung taucht der Weihnachtstag als Datum der erstmaligen Ablegung der Gelübde in einem eher lakonischen Satz auf: „Durch die Annahme der Regel, am Weihnachtstag in Prémontré, haben sich nacheinander und freiwillig seine Anhänger in diese Stadt der gesegneten Ewigkeit eingeschrieben.“ Die Feier der Geburt Jesu verschwindet an diesem Tag fast hinter der Erzählung über die
ACTIO Diskussionen über die Regel und ihre Auslegung. Erst später wird die besondere Bedeutung von Weihnachten als Tag der ersten Gelübde in Prémontré hervorgehoben. In vielen Abteien finden wir Gemälde mit der Krippe und dem neugeborenen Jesus in der Mitte. Der heilige Norbert und seine Gefährten betrachten die Krippe. Um die Krippe herum häufen sich die Symbole ihrer weltlichen Würde, ihrer Kronen, Wappen und Zepter. Ein schönes Beispiel für ein solches Gemälde von Antonin Stevens ist auf der Einladung zur Eröffnung des Jubiläums am 28. November in Strahov wiedergegeben. Die Demut Gottes und seine überwältigende Liebe laden uns ein, uns so zu entwaffnen und menschlich zu werden wie er, arm und einfach, so dass auch wir wirklich „unter den Menschen“ sein können. Diese Exegese unserer Berufung ist eine Weiterentwicklung der Hingabe der ersten Prämonstraten-
ser, die das Leben Jesu mit seinen Aposteln als Modell ihres eigenen Lebens in der Gemeinschaft und darüber hinaus als Prediger und Seelsorger betrachteten. Sie sahen ein Leben in Einfachheit als Grundlage für ein wirksames pastorales Handeln an. Dieses Modell der entwaffnenden Einfachheit wird nirgends klarer gezeigt als in der Krippe. Der Begriff „Jubiläum“ hat tiefgreifende biblische Wurzeln. In Kapitel 25 von Levitikus wird das Jubiläumsjahr als ein Jahr der Wiedergutmachung und Wiederherstellung beschrieben, eine Zeit, in der sich Gottes Volk an die Gnaden erinnert, die ihm zuteil wurden. Möge diese Feier uns helfen, die Wurzeln unserer gemeinsamen Berufung neu zu entdecken.
Feierliche Eröffnung des Jubiläumsjahres In der Prämonstratenserabtei Strahov in Prag wurde es mit Beginn des neuen Kirchenjahres, am 28. November 2020, feierlich eröffnet.
Vorne rechts die Reliquien des Hl. Norbert
900 Jahre ist es her, dass der heilige Norbert von Xanten im Jahr 1120/21 den Chorherren-Orden im französischen Prémontré gründete. Die Reliquien Norberts, der ursprünglich in Magdeburg begraben war, übertrug der Orden 1627 in die Abteikirche Strahov in Prag, wo sie in einer Seitenkapelle ruhen. Während einer feierlichen Vesper, die wegen der Corona-Pandemie ohne Öffentlichkeit stattfinden musste, wurden die Gebeine des Stifters in die Mitte seiner heutigen Ordensmitglieder geholt. Ihm zu Ehren sang der Konvent den Adventhymnus im Stil der Zeit Norberts von Xanten. Ein besonderer Akzent der Feier war die Weihe vier neuer Glocken, welche die Namen der Ordenspatrone tragen. Diese sind die Gottesmut-
ter Maria, Johannes der Täufer und Augustinus, der Regelvater des Ordens, sowie die Ordensheiligen im Allgemeinen. Die Weihe vollzog der Prager Erzbischof Kardinal Dominik Duka. Der Generalabt des Ordens, Jos Wouters, und weitere Mitfeiernde schlugen die Glocken an. Danach wurde das Jubiläumsjahr 900 Jahre Prämonstratenser mit Orgel und Glocken feierlich eingeläutet. Zum Schluss verlas der päpstliche Nuntius in Tschechien, Erzbischof Charles Daniel Balvo, ein vatikanisches Grußwort und den für das Jubeljahr gewährten Ablass. Überall auf der Erde konnten Prämonstratenser online diesen Eröffnungsgottesdienst mitfeiern. Wir laden Sie ein, bleiben auch Sie mit uns verbunden und feiern Sie mit uns 900 Jahre Prämonstratenserorden. Das Video der feierlichen Vesper finden Sie unter: https://www.youtube.com/watch?v=rPi0Cbh9DPQ Orgel und Glocken läuten das Jubeljahr ein
ACTIO
Wechsel in der Friedhofsverwaltung Peter Kerber verwaltete mehr als 30 Jahre lang den Wiltener Friedhof. Als „Friedhofsseelsorger vom Stift Wilten“ wurde er bezeichnet und gab mit seinem Charisma dem Friedhof ein „Gesicht“. Es ist kaum zu glauben, aber am 14. Dezember 2020 hatte unser Friedhofsverwalter Peter Kerber nach über 34 Jahren treuen Dienstes für unseren Wiltener Friedhof seinen letzten Arbeitstag. Offiziell in Pension ist er ab 1. Mai 2021, davor konsumiert er aber noch seinen wohlverdienten Resturlaub. Über drei Jahrzehnte hat Peter den Friedhof nicht nur hervorragend verwaltet, sondern ihm auch ein „Gesicht“, ja sogar eine „Seele“ gegeben. So kommt es nicht von ungefährt, dass er nicht nur einmal als der „Friedhofsseelsorger vom Stift Wilten“ bezeichnet wurde. Für seinen fleißigen Einsatz und sein einfühlsames, stets freundliches Wesen möchten wir ihm auf diesem Wege Claudia Pelsöci und Peter Kerber am Wiltener Friedhof
10
Stift Wilten Aktuell
ein aufrichtiges Danke und Vergelt‘s Gott sagen. Zugleich freuen wir uns, dass wir mit Claudia Pelsöci eine Nachfolgerin für Peter gefunden haben. Nach einer 8-jährigen Tätigkeit als Altenpflegerin hat sie die Berufslaufbahn einer Graveurin eingeschlagen und diesen Beruf von 2009 bis heute auf selbständiger Basis ausgeübt. Als Graveurin hat sie auch viel Zeit auf unserem Wiltener Friedhof verbracht und dabei die Arbeit von Peter kennen und schätzen gelernt. Für die Verwaltung unseres Friedhofs wird sie nun ihren Beruf als Graveurin aufgeben, um sich mit voller Kraft ihrer neuen Tätigkeit widmen zu können.
ACTIO
Der neue Stiftskapellmeister Im Jänner 2021 übernahm der Kirchenmusiker MMag. Dr. Joachim Mayer die Position des Stiftskapellmeisters im Stift Wilten. Stiftskapellmeister Joachim Mayer hat musikalische Schwerpunkte definiert, welche er ab 2021 umsetzen will. Wie bisher sollen an hohen Festtagen die Gottesdienste in Wilten mit herausragenden Werken der Kirchenmusik vorwiegend durch Ensembles der Stiftsmusik - Capella und Schola Gregoriana Wilthinensis – gestaltet werden. Eine gute musikalische Zusammenarbeit mit den Wiltener Sängerknaben und der Stadtmusikkapelle Wilten ist ihm dabei ein besonderes Anliegen. Mit Menschen aus dem Umfeld möchte Mayer einen neuen Chor der Stiftsmusik aufbauen und Kantoren für die Liturgie ausbilden. Weiters möchte er Musikerinnen und Musiker, Ensembles und Chöre aus Innsbruck und Umgebung zur Gestaltung einzelner Gottesdienste nach Wilten einladen und betont: „Generell möchte das Stift Wilten signalisieren, dass es offen ist für das Mitwirken musikalischer Menschen - besonders auch junger Musiker. Sie sind herzlich willkommen!“ Zur Person - Joachim Mayer stammt aus Göfis/Vorarlberg. Der promovierte Historiker und Magister der Theologie studierte von 2003 bis 2007 Kirchenmusik an der Universität Mozarteum Salzburg. Das Studium konnte er mit Auszeichnung abschließen. Mayer verfügt über zahlreiche Erfahrungen als Organist, Kantor und Chorleiter. Konzerte, solistisch und mit Chören, Kompositionen, CD-Einspielungen und die Mitwirkung bei verschiedenen Ensembles runden die bisherigen musikalischen Tätigkeiten des neuen Stiftskapellmeisters ab. Liebe Freunde des Stiftes, mit großer Freude hab ich das Angebot, Stiftskapellmeister zu werden, angenommen. Diese Aufgabe ist für mich ein bisschen wie eine berufliche Heimkehr. Ich habe schon als Student hier gewohnt und
dann einige Jahre als Jugendleiter in der Pfarre Wilten gewirkt. Viele Menschen durfte ich damals kennenlernen und ich freue mich, als Stiftsmusiker für sie zu arbeiten. Derzeit ist aufgrund der CovidSchutzmaßnahmen noch vieles reduziert, aber ich hoffe, bald meine Fähigkeiten und Energie für eine würdige und ansprechende Gestaltung der Gottesdienste in Wilten einzusetzen. Ich grüße Sie/euch recht herzlich und freue mich auf ein Wiedersehen in Stiftskirche und Basilika!
Joachim Mayer in der Stiftskirche Wilten
Die Stiftsmusiker mit Abt Raimund (v. r. n. l.): Stiftsorganist Kurt Estermann, Stiftskapellmeister Joachim Mayer, Abt Raimund Schreier,
Joachim Mayer
Organist Klemens Hofer
ACTIO
Digital Management im Stift Wilten Maximilian Jonas Markschläger ist für die Betreuung der Sozialen Medien und der Homepage im Stift Wilten verantwortlich. Text: Maximilian Jonas Markschläger
Maximilian in der Stiftsbibliothek
Aktuelles aus dem Stift Wilten auf Instagram: https://www.instagram. com/stift_wilten
12
Stift Wilten Aktuell
Zur Person - Schon seit meiner Kindheit bin ich eng mit dem Stift Wilten verbunden. Das Aufwachsen in der Stiftspfarre Pradl, der Religionsunterricht mit D. Siard und der Ministrantendienst in der Pfarrkirche sowie viele Momente im Jugendheim Pradl haben zu dieser Verbundenheit maßgeblich beigetragen. Seit September 2018 bin ich als Oberministrant für die Stiftsministranten verantwortlich und durfte Teil des Pfortenteams werden. Von diesem Zeitpunkt an konnte ich das Leben und die Strukturen im Stift Wilten noch näher kennenlernen. Parallel hatte ich beruflich die Möglichkeit, im Bereich Marketing direkt von den kreativsten Köpfen Österreichs zu lernen. Red Bull, die Lufthansa, Canon, Zell am See, die Olympiaregion Seefeld und die Wirtschaftskammer Salzburg sind nur einige Kunden von Robert Seeger und Mario Krispler. In diesem Zusammenhang habe ich mit Webdesignern in Salzburg und mit Softwareentwicklern in der Steiermark zusammengearbeitet. Stift Wilten – Digitale Zukunft - Die Seelsorge spielt eine wichtige Rolle und gehört zum Prämonstratenser-Leben. Das Stift Wilten bemüht sich, eine lebendige Gemeinschaft zu sein, die ausstrahlt, und versucht, die Nachfolge Christi zu leben. Nur von so einer Gemeinschaft werden junge Menschen angezogen und bewegt werden, auch diesen Weg zu gehen. Aber wie kann man junge Menschen mit diesen Botschaften erreichen? Diese Frage stellte ich mir im Laufe meiner Tätigkeiten im Stift Wilten. Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten auf vielen Ebenen - auch für die Kirche. Diese modernen Kommunikationsmittel können beziehungsstiftend und so ganz im Sinne des Zweiten Vatikanums sein. Die Medien werden und sollen die Pfarrblätter nicht ersetzen, bieten aber vor allem die Chance jungen Menschen Glaubensthemen
näherzubringen. Papst Benedikt XVI. hat schon vor über 10 Jahren die Menschen ermutigt auf Social Media zu wirken. In der ersten Phase der Digitalisierung waren die Kirche und ihre Strukturen weltweit überfordert, doch mit qualitativen Inhalten und Personen, die ihren Glauben authentisch vermitteln, kann man diesen virtuellen Raum wieder „zurückerobern“ und nutzen. Seit Mai 2020 konnte ich auf diesem Gebiet mein fachliches Wissen, auch die Sichtweise und den Input eines jungen Menschen im Stift Wilten einbringen. In weiterer Folge stellte ich ein Gesamtkonzept für die Digitalisierung auf. Auf den Social Media Plattformen Facebook und Instagram posten wir dreimal wöchentlich und haben ein einheitliches Erscheinungsbild. Vor allem mit unseren cinematischen Videos konnten wir im vergangenen Jahr die Bekanntheit des Klosters steigern. Mit diesem Social Media Konzept haben wir im Jahr 2020 über 1,06 Millionen Menschen erreicht, zudem sind wir österreichweit das erste Kloster auf der Plattform TikTok und können so speziell die ganz junge Generation ansprechen. Im vergangenen Sommer konnte ich im Kloster alle Räume digitalisieren. Diese können zukünftig jederzeit virtuell besucht werden. Dabei kann man viele Inhalte entdecken. Mit dem Stadtmarketing Innsbruck startete ich eine Kooperation, die den Raum rund um Wilten stärken soll. Gemeinsam mit dem Innsbruck Social Club konnten wir mit einem karitativen Projekt Innsbrucker Obdachlose durch eigene Produkte und einer passenden Social Media Kampagne unterstützen. Am Fest des heiligen Norbert (6. Juni) wird die neue Homepage des Stiftes gelauncht, die seit Monaten intensiver Teil meiner Arbeit ist. So wollen wir virtuell aktive Christen erreichen, ihnen den Weg eines Wilteners näherbringen und so den Zugang in der Seelsorge im realen Raum zu den jungen Menschen finden.
ACTIO
Ein Mann für alle Fälle Holz wurde vom Menschen schon früh als Werkstoff für Gebäude, Wohnungen, Werkzeuge und Möbel verwendet. Im Stift Wilten ist seit 25 Jahren ein wahrer Meister dieses Handwerks beschäftigt. Norbert Kinzner in der Stiftstischlerei
Am 1. Jänner 1996 trat Norbert Kinzner im Stift Wilten seinen Dienst an. Seither hat er zahlreiche Arbeiten mit „seinem“ Werkstoff Holz für das Stift Wilten realisiert. Egal, ob Tischler- oder Zimmererarbeiten anstanden, immer hat Norbert eine gute Lösung gefunden. Die unterschiedlichen Herausforderungen wurden von ihm handwerklich, anwendungstechnisch und auch optisch hochwertig erledigt.
So hat Norbert - nur um ein Beispiel zu nennen - den vollständig aus Holz bestehenden Krippenberg der Prämonstratenserkrippe für die Stiftskirche Wilten so konstruiert, dass für den jährlichen Aufund Abbau keine Schrauben und Nägel verwendet werden müssen. Herzlichen Dank für die Zusammenarbeit und weiterhin viel Freude und Gesundheit bei der Arbeit.
Das Gestühl in der Chorkapelle (im Bild das Modell während der Bauphase) und der Krippenberg in Form einer Monstranz wurde von Norbert angefertigt.
Stift Wilten Aktuell
13
CONTEMPLATIO
Zur Geschichte des Stiftes Wilten 28. Kapitel Die Wiltener Äbte von 1687 bis 1765. Umbau der Stiftsgebäude zu ihrer heutigen Gestalt, Erbauung der „Wiltener Basilika“. Text: Prior Klemens Halder OPraem
Der Großteil des Stiftes war in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut worden. Schon Abt Dominikus Loer hatte 1670 die Erneuerung des westlichen Traktes in Angriff genommen. Es ist zu bewundern, wie die Innsbrucker Hofbaumeister Gumpp – zunächst Christoph und später Johann Martin – von zirka 1670 bis 1730 unter Einbeziehung romanischer und gotischer Gebäudeteile die heutige einheitliche barocke Stiftsanlage schufen.
Abt Johann Mayr, Äbtebilder, Stift Wilten
Abt Johann Mayr (16871693) war ein großer Marienverehrer. Von ihm wurde gerühmt, dass er das Gnadenbild „Unsere Liebe Frau unter den vier Säulen“ in der Pfarrkirche Wilten wieder zu Ehren gebracht hat. Er nahm an den Prozessionen dorthin teil. 1693, im Jahr seines frühzeitigen Todes gestattete er seinem Prior Gregor Stremer, Bautätigkeiten an den Klostergebäuden zu beginnen, „die teils von Erdbeben übel zerschüttelt, teils von Alter sehr baufällig waren“.
Der Großteil des Stiftsumbaus geschah unter Abt Gregor Stremer (1693-1719). Eine besondere Maßnahme dabei war die Abtragung des Traktes an der Ostseite des ursprünglich quadratischen Kreuzgangs. In jenem schmalen Gebäude waren im Erdgeschoß die Sakristei der Kirche, der Kapitelsaal mit Kapitelkapelle und der Unterhaltungsraum (Parlatorium), im Obergeschoß der gemeinsame Schlafsaal (Dormitorium) untergebracht. Durch den Umbau und die Erweiterung der Stiftsgebäude konnten Einzelzimmer geschaffen werden, wie sie der damalige „moderne Mensch“ wünschte. Dadurch konnten auch mehr neue Mitglieder aufgenommen werden. Abt Stremer ließ von 1702 bis 1707 die Kirche mit dem kraftvollen Stuck des Italieners Bernardo Pas14
Stift Wilten Aktuell
quale und den Fresken des Innsbrucker Barockmalers Kaspar Waldmann schmücken und schließlich noch ab 1713 die ursprünglich einfache Kirchenfassade durch den kunstvollen Portalvorbau samt den Statuen am Eingang und oben am Giebel verschönern. In die Abtzeit von Gregor Stremer fällt der kriegerische Einfall Bayerns in Tirol im Abt Gregor Stremer, Stift Wilten Jahr 1703. Von 1701 bis 1714 tobte nämlich zwischen den Großmächten Europas der Spanische Erbfolgekrieg, nachdem der letzte spanische Habsburger kinderlos gestorben war. Bayern hatte sich in der Hoffnung auf Landgewinn auf die Seite Frankreichs gestellt. Kurfürst Max II. Emanuel zog deshalb am 15. Juni 1703 mit einem großen Aufgebot von bayerischen und französischen Truppen gegen Tirol, schnell hatte er das Unterinntal erobert. Innsbruck wurde dem Kurfürsten gegen Ende Juni übergeben. Der Tiroler Landsturm, der sich in der Zwischenzeit erst richtig formiert hatte, wollte das nicht hinnehmen. Strategisches Ziel der Bayern war, sich mit den aus Norditalien ins große alte Tirol vorstoßenden Franzosen zu vereinigen. Eine bayerisch-französische Truppe auf dem Weg zum Reschenpass wurde aber in der Engstelle vor Prutz vernichtend geschlagen. Auch auf dem Weg über den Brenner nach Süden wurde dem Kurfürsten Einhalt geboten. Zuletzt war er mit seinem Heerlager auf den Wiltener und Saggener Feldern eingeschlossen. Max Emanuel, der am 26. Juli 1703, dem Tag der Hl. Anna, das Gebiet um Innsbruck räumte, musste sich den Rückzugsweg über Seefeld nach Mittenwald freikämpfen. Dabei wurden die Dörfer und Weiler westlich von Innsbruck niedergebrannt, es wurde geplündert und Gräueltaten an Frauen und Kindern verübt. Allerdings taten
CONTEMPLATIO die Tiroler in der Folgezeit am Gebirgsrand Bayerns Ähnliches, um sich einen Ersatz zu verschaffen für das ihnen Geraubte und Vernichtete. Als Dank für die Befreiung wurde 1706 in der heutigen Maria-Theresien-Straße die sogenannte Annasäule errichtet. Abt Stremer berichtet in seinem Tagebuch über die kriegerische Zeit. Er schreibt auch, dass er einige Male für den Kurfürsten und sein Gefolge in der Stiftskirche die Heilige Messe feiern musste. Wie es schon bei den vorhergehenden Äbten der Fall war, legte Stremer auf eine gute Ausbildung der jüngeren und Weiterbildung der älteren Mitbrüder großen Wert. WöchentAnnasäule, erbaut 1706, MariaTheresien-Straße, Innsbruck
Die Hl. Anna als Schutzpatronin, im Vordergrund das Heerlager der Bayern auf den Wiltener Feldern, Stiftskirche Wilten, Anna-Seitenkapelle, Kaspar Waldmann, zirka 1703
lich fanden im Stift philosophisch-theologische Konferenzen statt, an denen der ganze Hauskonvent samt Abt teilnahm. Getreu seinem Ausspruch - „Ein schlechter Prämonstratenser, der sich nicht getraut, zehn Jahre früher zu sterben“ – übte Abt Stremer trotz ernster gesundheitlicher Probleme im Jahr 1719 seine Tätigkeiten weiter aus, bis er nach einem zweiten Schlaganfall am 5. September im Alter von 57 Jahren starb. Abt Martin von Stickler (1719-1747) ließ zusätzlich zur neuen Klosteranlage den Trakt nördlich der Kirche erbauen. In jenem Gebäude wurde die zweigeschossige Große Bibliothek untergebracht, weiters fand dort das Archiv mit seinen Urkunden und Chronikschriften einen geeigneten Platz. Im Nordtrakt wurden auch weitere Zimmer für den stark gewachsenen Abt Martin Stickler, Gemälde im Alten Landhaus Konvent geschaffen. Schon immer war die Pfarrseelsorge ein Schwerpunkt der Wiltener Prämonstratenser. In früheren Zeiten hatte sie mehr oder weniger nur in der Messfeier und Sakramentenspendung bestanden. Nun aber wurden die Stiftsangehörigen geschult für die religiöse Unterweisung der Kinder und Jugendlichen, eine gute Predigt, geeigneten Dienst an den Beichtenden und Aufmerksamkeit für die Armen und Kranken. Bis zur Zeit von Abt Stickler hatte es auswärts wohnende Konventualen nur in der Urpfarrhöfen Ampass und Patsch, seit 1687 auch in Hötting gegeben. 1721 kaufte dann Abt Stickler einen Hof in Tulfes, 1730 einen solchen in Gries im Sellraintal als Wohnmöglichkeit für die dortigen Seelsorger. Da es in Gries keine Kirche gab, ließ Abt Martin die heutige Kirche erbauen, die 1735 eingeweiht wurde. Eine Reihe von anderen Orten wurde aber weiterhin direkt vom Stift aus betreut. Eine Aufstellung aus dem Jahr 1753 nennt Natters, Mutters, Völs mit Wallfahrtsseelsorge am Blasienberg, Igls, Vill, Lans, Sistrans und Amras. Im Kirchlein Heiligwasser war besonders viel Dienst an den Wallfahrern zu leisten. An jedem Sonntag wurde in den Orten eine Hl. Messe gefeiert, an Werktagen die dort gestifteten Messen. Die den einzelnen Orten zugeordneten Seelsorger waStift Wilten Aktuell
15
CONTEMPLATIO
16
Stift Wilten Aktuell
CONTEMPLATIO Die barocke Anlage des Prämonstratenser-Chorherren Stiftes Wilten mit dem Leuthaus und der Basilika Wilten
Stift Wilten Aktuell
17
CONTEMPLATIO ren auch zuständig für die dortigen Begräbnisse und die Betreuung der Kranken. Die Priester mussten zu Fuß bei jeder Witterung in ihre Seelsorgeorte gehen. 1720 gehörten 35 Priester zum Stift, von denen 25 im Kloster lebten. Im Jahr 1753 zählte Wilten 51 Chorherren von denen 38 im Stift wohnten. Vor allem in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts leisteten einzelne Wiltener Konventualen Dienste in anderen Prämonstratenserklöstern als Professoren für Philosophie und Theologie oder auch in Leitungsämtern. Das war der Fall im kärntnerischen Griffen und in den bayerischen Stiften St. Salvator, Osterhofen und Windberg. Eine große Bedeutung für die christliche Erneuerung Tirols hatten im 18. Jahrhundert die Glaubensmissionen der Jesuiten. Johann Baptist Fenner von Fennberg, Salinendirektor in Hall, erlebte bei Holzkäufen in entlegenen Tälern, dass die Menschen sehr mangelhaft im Glauben unterrichtet waren und oft sittlich sehr ungeordnet lebten. Gemeinsam mit dem Bischof von Brixen, Kaspar Ignaz Graf Künigl, leitete er in die Wege, dass 1719 eine ständige Mission der Jesuiten im großen Tirol begann. Für die Finanzierung des Lebensunterhalts der dafür bestimmten vier Jesuiten trugen er und seine Frau den größten Teil bei. Durch immer wiederkehrende Missionen der Jesuiten geschah eine religiös-sittliche Erneuerung des Tiroler Volkes. Von 1719 bis 1784 konnten die Missionen durchgeführt werden. Die Missionare motivierten die Menschen zur Umkehr auch durch das Aufzeigen der großen Liebe Jesu zu uns, die bildlich am durchstoßenen Herzen Jesu deutlich wird. Von daher kommt die starke Verankerung der Herz-Jesu-Verehrung in Tirol. Das einzige Kind des Ehepaars Johann und Katharina Fenner trat ins Stift Wilten ein und trug den Ordensnamen Thomas. Das Ehepaar führte in jeder Hinsicht ein vorbildhaftes Leben; die beiden ließen Erinnerungsplatte in der Stiftskirche Wilten für Johann und Katharina Fenner
sich nach ihrem knapp aufeinanderfolgenden Tod im Jahr 1743 in der Stiftskirche Wilten bestatten. Bei den archäologischen Grabungen 2005/06 wurden ihre Grabstätten festgestellt. Heute erinnert eine Bodenplatte vor der ersten Reihe des vorderen linken Bankblocks an sie. Wie andere Wiltener Äbte war Martin Stickler als Mitglied der Hohen Geistlichkeit in der Landesverwaltung tätig. Tirol wurde zwar seit 1665 zentral von Wien aus regiert, es brauchte aber für die konkreten Entscheidungen im Land Ausschüsse, die sich öfters trafen und aus den vier Ständen – Adelige, Prälaten, Bürger (Vertreter der Städte) und Bauern (Vertreter der Landgerichte) – zusammensetzten. Das größte Verdienst bei
Altes Landhaus, Maria-Theresien-Straße, Innsbruck
seiner Tätigkeit in der Verwaltung des Landes erwarb sich Abt Stickler als Bauinspektor bei der Erbauung des hochbarocken „Alten Landhauses“ in der Maria-Theresien-Straße. Da das vorherige Gebäude alt und baufällig war, entschloss man sich 1724 zum Neubau unter der Leitung des Baumeisters Georg Anton Gumpp. In besonderer Weise war Abt Stickler mit der Durchführung der kunstvollen Innenausstattung befasst. Darin wird der große Kunstsinn von Abt Stickler deutlich. Die Innenausstattung zog sich bis 1734 hin. Ein umfangreicher Schriftverkehr des Abtes mit dem Baumeister und den Künstlern ist im Stiftsarchiv erhalten geblieben. Nach dem Tod von Martin Stickler wurde Norbert Bußjäger zum Abt gewählt (1747-1765). Bei seiner Wahl machte sich das staatliche Kirchenregiment schon deutlich bemerkbar. Es wurde bemängelt, dass man nicht zuerst den Tod von Abt Stickler der Regierung in Wien mitgeteilt hatte, bevor man den Wahltermin dem Bischof von Brixen und dem Vaterabt in Rot meldete. Es musste das Stift Wien seinen materiellen Stand bekanntgeben, auch war eine hohe Wahltaxe an die Regierung zu entrichten. In der Abtzeit von Bußjäger wurde das Verhältnis zur bayerischen Ordenszirkarie,
CONTEMPLATIO der Wilten angehörte, und zur Ordensleitung im französischen Prémontré immer lockerer. Der Hauptgrund dafür war die Betonung der Staatsautorität, die eine Kirche mit internationalem Charakter und ausländischen Oberen nicht dulden wollte. Das staatliche Kirchenregiment hatte als Wurzel den fürstlichen Absolutismus, aber auch die AufkläAbt Norbert Bußjäger, rung, die als geistige Äbtebilder, Stift Wilten Bewegung ab 1690 in Europa entstand. Quelle der Erkenntnis sollte nicht nur die Offenbarung Gottes an die Menschen sein, sondern wesentlich die menschliche Vernunft. Das konkrete Leben der Menschen, für dessen Verbesserung man sich einsetzte, rückte in den Vordergrund. Man kämpfte für Toleranz gegenüber Andersdenkenden, Lehr- und Pressefreiheit. Manche Anhänger der Aufklärung ließen in der Religion nur mehr das gelten, was mit der Vernunft verstanden werden konnte, nämlich die Existenz eines Gottes und die Pflicht aller Menschen, sich gegenseitig zu lieben und zu achten. Die anderen religiösen Lehren wurden als Zusätze, Betrug und Aberglauben abgelehnt. Das Denken der Aufklärung förderte im 18. Jahrhundert die verstärkte Hinwendung der Kirche zur konkreten Seelsorge, da und dort auch ein Überdenken kirchlicher Strukturen. Bei Mitgliedern des Stiftes Wilten lässt sich schon ab Abt Stickler Kritik an klösterlichen Anordnungen feststellen. Die Wiltener Konventualen stammten im 18. Jahrhundert zu einem großen Teil aus dem niederen Beamtenadel und dem reichen Bürgertum. Aus diesem Grund legten sie Wert auf manche Annehmlichkeiten des Lebens wie ein Taschengeld, das allerdings beim Prior hinterlegt war, die Möglichkeit für gemeinschaftliche Spiele oder gemeinsame Erholungswochen im Kloster mit weniger klösterlichen Verpflichtungen. Es wurde üblich, dass die Konventualen zu Theateraufführungen in der Stadt gehen durften und in Innsbruck Besuche machen konnten. Abt Bußjäger lud gerne an bestimmten Festen vornehme Gäste ein, die unter Ta-
felmusik großzügig bewirtet wurden. Die Gebetszeit um Mitternacht, für die der Schlaf unterbrochen wurde, war schon 1640 abgeschafft worden; das Chorgebet begann seit damals um vier Uhr früh. Der Vater des Abtes Norbert Bußjäger, namens Matthias, war Maler. Von Rottenbuch in Oberbayern war er nach Meran ausgewandert. 1716 malte er für die Wiltener Stiftskirche das Altarbild des mittleren linken Seitenaltars, darstellend die Aussendung der Apostel. Im Kloster selbst sind zwei Gemälde von ihm erhalten geblieben. Für die Kirche in Vill schuf er um 1715 das Hochaltarbild mit dem Kirchenpatron Martin. Von seinem Vater dürfte Abt Bußjäger einen guten Kunstsinn geerbt haben. Während seiner Abtzeit wurde die heutige Wiltener Basilika erbaut. Durch die archäologischen Ausgrabungen in den 1990er Jahren wissen wir, dass an jener Stelle schon um 400 eine frühchristliche Kirche stand, die freilich um einiges kleiner war. Um 1300 wurde sie erneuert und ein wenig vergrößert. Unter Abt Martin Stickler waren 1728/29 die Mauern jener Kirche erhöht und das Innere barockisiert worden. Schon 1750 brach aber ein Stück des neuen Gewölbes herab. Abt Norbert entschloss sich deshalb zu einem völligen Neubau, mit dem er den Tiroler Priester und Kirchenbaumeister Franz de Paula Penz, gebürtig aus Navis, betraute. Penz hatte damals schon eine Reihe von Pfarrhäusern und Kirchen, vor allem in Nordtirol, unter großem Einsatz in allen Baubelangen errich- Franz de Paula Penz, Sakristei, tet beziehungsweise Basilika Wilten umgestaltet. Von 1751 bis 1756 dauerte die Erbauung und Innenausstattung dieser herrlichen Kirche in Wilten. Für den Rokokostuck gewann er Franz Xaver Feuchtmayr aus dem bayerischen Wessobrunn, für die großartigen Fresken den Augsburger Matthäus Günther. Die meisten Kirchen der anderen Seelsorgsorte des Stiftes waren in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts im gotischen Stil erbaut worden. Im 18. Jahrhundert wurden sie großteils ein wenig vergrößert und barockisiert. Schon Abt Stremer hatte jene Maßnahmen durch finanzielle Hilfen des Stiftes unterstützt. Dieser Prozess der Kirchenerneuerung zog sich in manchen Orten fast bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hin. Stift Wilten Aktuell
19
CONTEMPLATIO 1761 war Abt Norbert Bußjäger 71 Jahre alt, ein hohes Alter für die damalige Zeit. Er war immer wieder kränklich. Im Konvent gab es Tendenzen zur Disziplinlosigkeit. Als Anfang März 1765 im Stift bekannt wurde, dass die Regierung plane, in Wilten
einen weltlichen Administrator einzusetzen, stimmte Bußjäger seiner Resignation zu. Das Stift hatte damals vor allem wegen des Neubaus der Pfarrkirche hohe Schulden. Norbert Bußjäger starb am 25. September 1765.
Die Wiltener Basilika von Südosten
Quellen:
St.A.W. A 11 02 44; Szántó, 181-183.
Einfluß, 1207-1211; Rudolf Reinhardt,
St.A.W. A 11 02 20, Abttagebuch,
Szántó, 199f.
Kirchengeschichte, 1211-1213.
20.03.1670: „Die alte Abtei vor dem rech-
Barbara Kern, Abt Martin Stickler von
Szántó, 329-334, 338-340; Lentze, Ge-
ten (nur halb aufgebauten) Turm wird
Gassenfeld und das Stift Wilten von
schichte, 251.
abgerissen.“
1719-1747, Dissertation, Innsbruck 1984,
Irma Kustatscher-Pernter, Der Meraner
Franz Caramelle, Barock im Stift Wilten
204-207.
Maler Matthias Pussjäger, Innsbruck
– Baugeschichte – Baubeschreibung. In:
Barbara Kern, 190-197.
1978, Zeittafel (ohne Seitenangabe); Sei-
850 Jahre, 199-202.
Szántó, 324-328.
te 8; Abbildung 10 (ohne Seitenangabe);
St.A.W. A 04 03 02, Adalbert Tschavel-
Lentze, Geschichte, 250.
Gertrud Beinsteiner-Krall, Die St. Mar-
ler, Continuatio Annalium Wilthinensi-
Klemens Halder (Hg.), Verzeichnis der
tinskirche und andere Kunstdenkmäler
um …, Cap. 92, n. 8, f. 8 r.
Mitglieder des Prämonstratenser-Stiftes
in Vill, In: Vill. Vom Dorf zum Stadtteil
Martin Mittermair, Zur Baugeschich-
Wilten. Manuskript, Innsbruck 2005,
in Geschichte, Kunst und Leben, Inns-
te der romanischen Stiftsanlage von
Dokumente Nr. 400, 401, 406, 412, 414,
bruck 1992, 144-148.
Wilten/Innsbruck. In: Michaela Frick,
421, 448, 458.
Blasius Marberger, Die Kirchen Wiltens.
Gabriele Neumann (Hg.), Beachten
Humer, Die Gründung der ständigen
In: Wilten. Nordtirols älteste Kultur-
und Bewahren … Festschrift zum 60.
Mission. In: Hanns Humer, Werner Kun-
stätte, 2. Bd., Innsbruck-Wien-München
Geburtstag von Franz Caramelle. Inns-
zenmann (Hg.), Tirol – Heiliges Land?.
1926, 20-24; Karl Bayer, Franz de Paula
bruck 2005, 183-188.
…, Innsbruck 2002, 11-19; W. Kunzen-
Penz, Innsbruck-Wien 1991, 15f., 51-53.
Szántó, 179.
mann, Die Methode der ständigen Missi-
Hannelore Steixner, Die Wiltener Pfar-
Forcher, 172-175; Fritz Kirchmayr, Der
on. In: Tirol – Heiliges Land?, 20-30.
reien in Vergangenheit und Gegenwart.
„bayerische Rummel“ im Jahr 1703.
Forcher, 176-181; Kern, 52-59.
In: 850 Jahre, 293-336.
In: Tiroler Landesausstellung 1993.
Szántó, 310-314, 334f.
Szántó, 344-349.
Bayerisch-Tirolische G´schichten … eine
LThK, Bd. 1, 1993, Aufklärung, Raffaele
Nachbarschaft. Bd. II, Beiträge, 54-64.
Ciafardone, Philosophie, Prozeß und
20
Stift Wilten Aktuell
CONTEMPLATIO
#wirgebennichtauf Die Wiltener Sängerknaben haben trotz Corona 2021 noch viel vor. Dafür nehmen sie große Anstrengungen in Kauf. Ein Bild, das wir hoffentlich bald wieder live erleben dürfen - Die Wiltener Sängerknaben beim Abschlusskonzert 2019 in der Basilika Wilten
„Eintritt nur mit aktuellem negativem Corona-Test“ macht das Proben in größeren Gruppen im Probelokal möglich. Denn die Wiltener Sängerknaben haben 2021 noch Großes vor. „Im Probelokal wurde ein Luftreiniger installiert, um eine mögliche Virenbelastung so weit als möglich zu senken. Dieser filtert Viren und Bakterien und sorgt für den regelmäßigen Luftaustausch. Gepaart mit vielen anderen Maßnahmen wie Abstand halten, Masken tragen, Hände waschen, ... tun die Wiltener Sängerknaben alles, um schon bald wieder mit normalen Proben vor Ort weitermachen zu können,“ erklärt Chorleiter Prof. Johannes Stecher. Ein besonderer Höhepunkt im laufenden Jahr ist die CD-Produktion der Matthäuspassion von J. S. Bach mit Chor und Solisten der Wiltener Sängerknaben und der Academia Jacobus Stainer. Die fertige Produktion wird im Laufe des Jahres präsentiert werden können. Am 29. Mai steht das Jubiläumskonzert (75 Jahre seit der Wiederbegründung der Wiltener Sängerknaben) mit den Carmina burana von Carl Orff im Congress Innsbruck im Kalender des Chores. Am Norberti-Sonntag, 6. Juni, singen die Wiltener Sängerknaben in der Stiftskirche die Credo-Messe von W. A. Mozart zum
900-Jahr-Jubiläum des PrämonstratenserOrdens. Die Schöpfung von Joseph Haydn mit Chor und Solisten der Wiltener Sängerknaben und der Academia Jacobus Stainer soll am 20. August in Innsbruck und Sterzing aufgeführt werden. Das Projekt „Kinder für Kinder“ für die Anliegen des Vereines „Kurima – Neue Leben für Simbabwe“ wird mit Sicherheit weiterhin verfolgt werden. Sobald ein neuer Termin für das Benefizkonzert feststeht, wird dieser bekanntgegeben.
Lieber Kilian, zehn Jahre lang warst du unser Freund und Kollege bei den Wiltener Sängerknaben und hast durch deine schöne Stimme vielen Menschen Freude gebracht. Wir tun uns schwer zu verstehen, warum du im blühenden Alter von 16 Jahren durch ein Lawinenunglück aus unserer Mitte gerissen wurdest. Aber wir vertrauen darauf, dass es dir jetzt sehr gut geht. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei deiner Mutter, deinem Vater, deiner Zwillingsschwester, der ganzen Familie Mayer-Leininger und all deinen Freunden. Gott gebe ihnen viel Kraft, Trost und Zuversicht! Wir werden dir mit deiner liebenswerten Art immer ein ehrendes Andenken bewahren. Denn die vielen schönen Erlebnisse und Konzerte verbinden uns auf immer. Für die Wiltener Sängerknaben Abt Mag. Raimund Schreier OPraem Prof. Mag. Johannes Stecher Stift Wilten, im Februar 2021
CONTEMPLATIO
Herzfeuer des Glaubens Herzfeuer des Glaubens und der Nächstenliebe entfachen – mit diesem Ziel begeht die Diözese Innsbruck das Gedenken an den 500. Geburtstag ihres Diözesanpatrons Petrus Canisius. Viele Initiativen und Aktionen sollen ein lebendiges Zeichen des Glaubens setzen. Herzfeuer entzünden für den Glauben - Am 8. Mai 2021 jährt sich der 500. Geburtstag des Diözesanpatrons Petrus Canisius. In diesem Jahr sollen deshalb „500 Herzfeuer des Glaubens und der Nächstenliebe“ entzündet werden. Dabei soll es sich weniger um zentral geplante Großveranstaltungen handeln. Vielmehr sind alle Interessierten aufgerufen, sich mit eigenen Initiativen und Ideen zu beteiligen. Eingeladen sind neben neuen Ideen ausdrücklich auch bereits bestehende Projekte. Ebenfalls erwünscht sind Initiativen, die über den kirchlichen Tellerrand hinaussehen und auf Menschen zugehen, die nicht zu den „inneren Kreisen“ der Kirchengemeinden zählen. Ansprechpartner ist Konrad Hochgruber. Er ist unter der Telefonnummer 0676/8730-2752 und per Mail an konrad.hochgruber@dibk.at erreichbar. Wer war Petrus Canisius? Petrus Canisius, (geboren am 8. Mai 1521 in Nimwegen, Herzogtum Geldern als Pieter Kanijs; gestorben am 21. Dezember 1597 in Freiburg im Üechtland, Schweiz), ist ein Heiliger und Kirchenlehrer der römisch-katholischen Kirche. Er war ein Theologe und Schriftsteller Einführung in das Petrus-Canisius-Jahr 2021 in der Jesuitenkirche: v. l. Konrad Hochgruber (Koordinator), Irene Weinold (Organisationsteam), Bischof Hermann Glettler und Bischofsvikar Jakob Bürgler (Leitung).
22
Stift Wilten Aktuell
des 16. Jahrhunderts, der erste deutsche/ niederländische Jesuit und einflussreicher geistlicher und politischer Vorkämpfer der katholischen Reform. Auf ihn gehen die ersten katholischen Katechismen zurück. In den 1570er-Jahren wirkte Petrus Canisius wiederholt in Innsbruck und Hall, teilweise als Hofprediger. 1925 wurde er heiliggesprochen, bei der Gründung der Diözese Innsbruck 1964 wurde er zum Diözesanpatron erwählt. Sein Fest wird am 27. April gefeiert. Ein Heiliger – vier Symbole - Mit vier Symbolen macht die Diözese Innsbruck während des Petrus-Canisius-Jahres 2021 auf das Wirken ihres Diözesanpatrons aufmerksam. Buch, Herz, Schuh und Hand stehen für verschiedene Aspekte des Heiligen, der im 16. Jahrhundert lebte. Die katholische Kirche war durch Luther und seine Reformideen radikal in Frage gestellt. Petrus Canisius rang sein ganzes Leben darum, die Lebendigkeit und Kraft der katholischen Tradition neu zu erschließen. Eine Aufgabe, die gerade am Anfang des dritten Jahrtausends wieder aktuell ist.
CARITAS
Das Wunder der Solidarität Der Obmann der Vinzenzgemeinschaft Waldhüttl, Jussuf Windischer, verfasste einen Bericht über ein Jahr mit ganz besonderen Herausforderungen. Untertags arbeiten alle. Sie verlassen frühmorgens das Waldhüttl und kommen erst bei Dunkelheit wieder nach Hause, meist sehr müde und hungrig - 25 Männer, Frauen und manchmal auch Kinder. Kommt dann zufällig ein Besucher ins Haus – wird er sicher zum Essen eingeladen. So der Alltag. Ein schweres Jahr: die Coronapandemie in der Slowakei, in Rumänien und in Österreich, Einschränkungen und Tests machten den Leuten das Leben sehr schwer. Knapp vor dem ersten Lockdown wurde bekannt, dass der 20er-Zeitungs-Straßenverkauf eingestellt werden muss. Fast fluchtartig traten alle Bewohner die Heimreise an. Bald schon erhielt die VG Waldhüttl Notrufe aus Tornala, Notrufe aus Valea Monastiri: kein Geld, keine Lebensmittel und Quarantäne. Der ein oder andere versetzte schon Einrichtungsgegenstände, um Brot kaufen zu können. In dieser Not ermöglichten Spender und Spenderinnen, dass die VG Waldhüttl 14-tägig jeder Familie Geld für Lebensmittel zukommen lassen konnte. Nach dem Lockdown war das Waldhüttl wieder voll besiedelt. Joseph immer da, die gute Seele vom 1. Stock, auch die neuen permanenten Bewohner Maria und Wolfgang mit ihren drei Kindern kümmerten sich engagiert um Menschen,
Haus und Garten. Als Massenquartier begleitete uns ständig die Sorge einer Clusterbildung. Covid 19 bedeutet für arme Menschen eine noch größere Bedrohung. Viele haben schwere Vorerkrankungen, auch keine ecard. Bei unseren Samstagsgebeten waren wir immer dankbar, dass das Waldhüttl von Corona verschont blieb. Advent feierten wir mit Besinnlichem, mit Lammfleisch, Punsch und „Paktln“ für alle – diesmal etwas anders, je nach Möglichkeit der Pandemie. Der Heilige Abend wurde im TIPI gefeiert: mit den Bewohnern, die noch da waren, mit Christbaum, Krippe, Weihnachtsevangelium und „Stille Nacht“, mit Schafen und Eseln, ruhig und besinnlich. In all der Not wuchs und wächst die Sehnsucht nach Erlösung, auch der Traum der Befreiung von Rassismus bzw. Antiziganismus. Mit allen Menschen guten Willens, gemeinsam mit Agnostikern, Muslimen, Menschen aller oder ohne Religionen, Visionären, sind wir guter Hoffnung. Wir waren und sind dankbar, wenn Besucher zu Sympathisanten werden. Wir sind dankbar, dass wir immer wieder Spenden bekommen. Es gibt viele gute Menschen. Wir erleben das Wunder der Solidarität. Weihnachten im Waldhüttl-Tipi
Stift Wilten Aktuell
23
COMMUNIO
Mein Leben in Stationen Erzischof em. Alois Kothgasser verfasste in Zusammenarbeit mit Martin Kolozs seine Biografie und gibt Einblicke in die vielen Lebensstationen vom „leidenschaftlichen Ministranten“, Ordensmann und Erzieher, über den Theologieprofessor und Hochschulrektor bis zum „Wanderbischof“. Auch klare Worte zu aktuellen gesellschaftspolitischen und innerkirchlichen Diskussionen sind im Buch zu finden. Alois Kothgasser Mein Leben in Stationen: In Zusammenarbeit mit Martin Kolozs. 978-3-7022-3837-7 2020 Tyrolia 152 Seiten 27 sw. und 13 farb. Abb 212 mm x 140 mm Sofort versandfertig oder abholbereit in den Tyrolia- Filialen und im guten Fachhandel 19.95 EUR
In einer kinderreichen Familie in St. Stefan im Rosental/Steiermark aufgewachsen und gefördert von einem Kaplan, wurde Alois Kothgasser ermutigt, Priester zu werden. Durch gute Erfahrungen mit der Pädagogik Don Boscos zog es ihn zur saDrei ehemalige Bischöfe der Diözese Innsbruck (v. l. n. r.): Erzbischof Alois Kothgasser, Bischof Reinhold Stecher, Bischof Manfred Scheuer
24
Stift Wilten Aktuell
lesianischen Familie hin, 1958 legte er die ewigen Gelübde in diesem Orden ab. Theologie studierte er in Turin, der Heimatstadt Don Boscos, 1964 empfing er dort die Priesterweihe. Die letzten Sitzungen des Zweiten Vatikanischen Konzils erlebte er hautnah in Rom mit. Dessen Früchte das Neuentdecken des Wortes Gottes, der Communio-Gedanke der Kirche, die Erneuerungen in der Liturgie, die Öffnung der Kirche nach außen und die Anerkennung der Religionsfreiheit haben ihn besonders geprägt. Ab 1981 wurde er als Professor für Dogmatik in die Ordenshochschule nach Benediktbeuern berufen. Seine Ernennung zum Bischof von Innsbruck brachte 1997 einen weiteren Ortswechsel mit sich. Der beliebte Seelsorger bekam 2003 noch ein größeres Aufgabengebiet zugewiesen: Er wurde Erzbischof und Metropolit von Salzburg; hier wirkte er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2013. Seinen Alterswohnsitz hat der „Wanderbischof“ bei den Don-Bosco-Schwestern in Baumkirchen in Tirol. Von dort leistet er vielfache Aushilfe im Hirtendienst.
COMMUNIO
Das Martyrium des Alltags Wallfahrtsmesse am 30. Oktober 2020 zu Ehren des Seligen Otto Neururer in der Wallfahrtskirche Götzens, im Gedenken an dessen 80. Todestag.
Abt Raimund Schreier OPraem erinnerte in seiner Predigt die Andächtigen an das starke Glaubenszeugnis des Seligen: „Vor 80 Jahren hat der Seelsorger von Götzens, Pfarrer Otto Neururer, als Märtyrer sein Leben hingegeben. Otto Neururer musste zunächst im Innsbrucker Polizeigefängnis eine Kette von Demütigungen, Beschimpfungen und Verhören über sich ergehen lassen. Dann im Konzentrationslager Dachau wie Buchenwald begannen die grausamen Torturen mit strapaziösen Arbeiten in der Kiesgrube, Schläge, körperliche Entbehrungen und seelische Belastungen. Trotzdem entfaltete der sehr schwächliche Pfarrer Otto Großmut, Heiterkeit und Kameradschaft, und natürlich hörte er nie auf Priester zu sein: Er hörte – freilich alles absolut nicht erlaubt – Beichte, gab Konversionsunterricht, und betete unablässig. Dann Sonderarrest und letztlich das qualvolle Martyrium: Die Füße mit Fellen umwickelt und mit dem Kopf nach unten wurde er in einer Zelle aufgehängt – stundenlanges Leiden und ein qualvolles Ende durch Gehirnschlag. Seine Asche hier in Götzens unter dem Altar und sein Jahresgedächtnis erinnern uns an dieses grausame Martyrium.
Neben dem blutigen Martyrium gibt es auch das Martyrium im gewöhnlichen Alltag. Es sind die vielen Gelegenheiten während eines Tages, in denen wir Gott unsere Liebe beweisen, ihm begegnen können. Es sind die kleinen und großen Widrigkeiten des alltäglichen Lebens. Gerade sie können sich als „Sprungbrett“ oder als „Brücke“ entpuppen, um mitten in der Normalität des Alltags unversehens Gott näher zu kommen. Das griechische Wort Geduld – Hypomoné meint das standhafte Ausharren, die Standfestigkeit und das Durchhaltevermögen gegen alle Angriffe von außen. (hypoménein – darunterbleiben). Geduld meint nicht passives Erleiden, sondern aktives Aushalten und Durchhalten, warten können, geduldig zusehen, bis sich eine Lösung ergibt. In der Geduld steckt aber auch die Kraft auf Veränderung und Verwandlung, die unser Ziel bleiben. Liebe Andächtige! Nehmen wir alle schwierigen und leidvollen Lebenssituationen als Chance, Gott zu begegnen. Nehmen wir sie in Geduld an. Sie sind unser Martyrium. Es ist die Chance für eine Mystik des Alltags. Seliger Pfarrer Otto Neururer, bitte für uns!“
Wallfahrtsmesse in Götzens
Die Gedenkstätte für den Seligen Otto Neururer vor der Kirche
Stift Wilten Aktuell
25
CARITAS
Wolfram Köberl und das Stift Wilten Am 17. November 2020 starb in Innsbruck der akademische Maler Professor Wolfram Köberl kurz nach seinem 93. Geburtstag. Über sechs Jahrzehnte lang hat er mit seinen Fresken und Tafelbildern bedeutende Akzente in der Tiroler Kulturlandschaft der Nachkriegszeit gesetzt.
Wolfram Köberl im Norbertisaal
Maria überreicht nach der Legende dem Hl. Norbert das weiße Ordenskleid. Norbertisaal, Wolfram Köberl, 1957
Seite 27: Jesus als Kinderfreund, Judenstein, Wolfram Köberl 26
Stift Wilten Aktuell
Wolfram Köberl wurde am 3. November 1927 als Sohn des Malers und Kunsterziehers Franz Köberl und dessen Frau Hedwig, geb. Spielberger, in Innsbruck geboren. Nach der Volksschule besuchte er das humanistische Gymnasium in der Angerzellgasse, das ihn ebenso prägte wie das anschließende Studium der Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck. Es folgten der Besuch der Zeichenschule von Professor Toni Kirchmayr und das Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Zeit seines Lebens war Köberl von der Barockkunst, vor allem der Kunst des Rokoko, begeistert. Er beschäftigte sich mit den großen Barockdenkmälern des 17. und 18. Jahrhunderts, erlernte die diffizilen Techniken der Fresko- und Tafelmalerei, besuchte unzählige Kirchen, Klöster und Museen und eignete sich ein Fachwissen an, das ihn zu einem der besten Kenner der Barockkunst werden ließ. Als freischaffender Künstler hat er ein umfangreiches Oeuvre hinterlassen, über 50 Kirchen und Kapellen hat er mit Fresken ausgestattet, zahlreiche Häuser mit Fassadenfresken versehen. Bis ins hohe Alter war Köberl aktiv als Künstler und beratend als Kunstexperte tätig, das Barock hat seine Kunst und seinen Alltag bestimmt. Seine Vor-
bilder waren die zahlreichen Barockmaler des süddeutsch-österreichischen Raumes, im besonderen der Allgäuer Franz Josef Spiegler und die Tiroler Paul Troger, Franz Anton und Johann Jakob Zeiller, Josef Haller und Christoph Anton Mayr. Auch im Stift Wilten hat Wolfram Köberl seine künstlerischen Spuren hinterlassen. Im Zuge der Instandsetzung des im Krieg schwer beschädigten Norbertisaales hat er 1957 zwei vollständig zerstörte Deckenfresken erneuert: die Verleihung des Ordenskleides an den hl. Norbert und die Vorsprache Norberts beim deutschen Kaiser Lothar. In beiden Gemälden hat er zwar im Kolorit auf die Fresken Kaspar Waldmanns Rücksicht genommen, seinen unverkennbaren Malstil aber beibehalten. Auch die Außenarchitektur der großen Stiftskirche trägt seine Handschrift. Die rundbogigen Kirchenfenster hat er mit einer Architekturmalerei gerahmt und sich dabei an die in Spuren erhaltene, daher rekonstruierbare Originalfassung gehalten. In der Mitte der zum Kreuzgang gerichteten Südfassade platzierte er eine Sonnenuhr, die er signiert und datiert hat (1961). In der Kirche war er ebenfalls tätig. Im Aufsatz des Hochaltars hat er die Rückseite des salomonischen Throns mit einer
COMMUNIO
Illusionistische Architekturmalerei in der Stiftskirche Wilten, Wolfram Köberl
Johannes-Fresko, Westfassade der Pfarrkirche Ampass, Wolfram Köberl, 1961
Text: Franz Caramelle 28
Stift Wilten Aktuell
illusionistischen Architekturmalerei versehen, sodaß sich die von Löwen besetzten Säulenreihen malerisch bis zum Altar fortsetzen, auf dem der Christkönig thront. Auch in einigen Wiltener Pfarreien sind Werke von Wolfram Köberl zu finden. So hat er 1951 die figuralen Entwürfe für die Glasmalereifenster in der Pfarrkirche von Mutters geliefert, 1955 das Johannes-Fresko an der Fassade der Pfarrkirche von Ampass eneuert, 1963 die Stationsbilder in der alten Pfarrkirche von Hötting gemalt und 1992 das Herz-Jesu-Bild am Hochaltar der Wallfahrtskirche von Heiligwasser entworfen. 1986 versah er den gotischen Bildstock in Lans mit Bildern des hl. Ägidius und der hl. Notburga. Besonders bemerkenswert ist seine Arbeit in der Kirche von Judenstein, wo er 1989 das neue Hochaltarblatt (Mariae Heimsuchung) schuf und das barocke Deckenfresko Mildorfers (mit der Darstellung des angeblichen Ritualmordes) mit einer berührenden Darstellung „Jesus als Kinderfreund“ überdeckte und damit einen Schlußpunkt unter den leidigen Anderl-Kult setzte. Wolfram Köberl war eine außerordentliche Persönlichkeit, ein musischer, humanistisch gebildeter Mensch, der die bildende Kunst und die Musik liebte, ein gläubiger Christ mit einem umfassenden theologischen Wissen, und ein eifriger Sammler von barocken Kunstwerken, wobei ihn nicht nur die großen Meister,
sondern auch Zeugnisse der religiösen Volkskunst interessierten. Ein besonderes Nahverhältnis baute er zu den Heiligen der katholischen Kirche auf, er kannte deren Legenden und Attribute und galt als Fachmann für Ikonographie und Symbolik. Die Darstellungen der Muttergottes, der hl. Anna, und des hl. Johannes Nepomuk waren seine bevorzugten Motive. Wegen seines traditionellen Malstils wird Wolfram Köberl vielfach als „letzter Barockmaler“ bezeichnet. In gewisser Weise trifft das auch zu. Aber in erster Linie ist beziehungsweise war er ein Künstler mit einem außerordentlichen technischen Können, mit einem virtuosen Pinselstrich und einem unvergleichlichen Farbgespür. Er hat die große Tradition der Tiroler Barockmalerei noch einmal aufleben lassen und sich mit seinen vielen Arbeiten große Anerkennung im In- und Ausland erworben. Sonnenuhr, Stiftskirche Wilten, Wolfram Köberl, 1961
COMMUNIO
50 Jahre „Grüne Häuser“ Erich Lahartinger, ein Bewohner „der ersten Stunde“ blickt zurück. Die „Grünen Häuser“ in Wilten
Wenn dieses, unser Haus, wohl kein Denkmal ist, so ist es doch denkwürdig, denn es wurde vor nun 50 Jahren auf Initiative von unserem ehemaligen Abt Alois Stöger für junge Familien erbaut. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir knapp vor Weihnachten 1970 mit unserem 2 ½ Monate alten Sohn Stefan hier eingezogen sind. Das Kirchenblatt hat seinerzeit darüber berichtet und das nachstehende Bild eingefügt: „Abt Alois Stöger war bestrebt, allen, die hier eine Wohnung erhalten sollten, nicht bloß eine Unterkunft, sondern ein Heim zu schaffen.“ Die Wohngemeinschaft dieser „Grünen Häuser“ hat Früchte getragen mit einigen
Vereinen, wie z. B. einer Familienrunde, die Abt Stöger ein großes Anliegen war, einer Vinzenzgemeinschaft mit Bürgerstube und einer Männerschola, die immerhin 37 Jahre Bestand hatte. Die Bewohner sind natürlich auch älter geworden und manche, an die wir uns gerne erinnern, leider nicht mehr unter uns. Die Kinder sind ausgezogen und haben nun wieder eigene Kinder. Gerne erinnern sie sich noch an unsere jährlichen Lampionsfeste. Die „Grünen Häuser“ sind also kein Denkmal, aber sie gehören zum Stift Wilten und sind ein Teil dessen sozialer Haltung und Geschichte. Ehrengäste bei der Segensfeier 1970: in der Bildmitte Hofrat Dr. Rosenkranz, Landeshauptmannstellvertreter Prof. Dr. Prior, Landesrat Dr. Erlacher, Stadtrat a. D. Fritz, Hofrätin Hafele, Stadtrat Niescher, LA Dir. Thomann, Dr. Lorenzi.
Stift Wilten Aktuell
29
COMMUNIO
Ausgezeichnete Qualität Otto Permoser konnte für das Stift Wilten bei der 26. Tiroler Schnapsprämierung den Sortensieg „Enzian, Meisterwurz, Wacholder“ erzielen. Otto überprüft in der Brennerei den Alkoholgehalt der Schnäpse
In der Sparte „Enzian, Meisterwurz, Wacholder“ überzeugte der 2020er Apfel-BirneMeisterwurzbrand von Otto die 32 Verkoster der internationalen Jury im Rahmen einer zweitägigen Blindverkostung. Die ausgezeichneten Brände aus dem Wiltener Stiftsgarten können - solange der Vorrat reicht - im Klosterladen erworben werden. Die Auflagen für die Abwicklung der Verkostung waren in Corona-Zeiten eine Herausforderung. Durch die zahlreichen Weiterbildungsangebote der Landwirtschaftskammer Tirol hat sich der Edelbrand zu einem Genussmittel von höchster Güte entwickelt. Die Tiroler Brenner haben sich in den vergangenen Jahren den Platz an der Spitze der internationalen Brennerelite erkämpft und gesichert. Fundiertes Fachwissen, Fingerspitzengefühl, Hingabe und Liebe zum Detail sind die Erfolgsfaktoren, mit denen die heimischen Produzenten dieser Köstlichkeiten Maßstäbe setzen. „Das Veredeln der heimischen Früchte zu flüssigen Köstlichkeiten, welche weit über die Landesgrenzen hinaus ein hohes Ansehen erlangt haben, ist eine Kunst, die von den Tiroler Brennerinnen und Brennern 30
Stift Wilten Aktuell
perfektioniert wurde. Die gesteigerte Wertschöpfung aus den erzeugten Rohstoffen direkt vor Ort in den Betrieben sichert die Weiterentwicklung unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft. Es werden dadurch wichtige Einkommensquellen in der Tiroler Landwirtschaft erschlossen. Zu dieser beispiellosen Erfolgsgeschichte gratuliere ich den Brennerinnen und Brennern herzlich“, lobte Landwirtschaftskammer-Präsident Nationalrat Josef Hechenberger.
LK-Präsident NR Hechenberger gratuliert der ausgezeichneten Tiroler Brennerelite.
Klosterladen Stift Wilten
Ostergeschenke Klostereigene Produkte Himmlische Genüsse
Öffnungszeiten Montag - Freitag: 8:00 -12:00 und 14:00 -18:00 Uhr Samstag: 8:00 -12:00 Uhr Pforte und Klosterladen Stift Wilten Klostergasse 7 • A-6020 Innsbruck Telefon: +43 512 583048 • e-mail: pforte@stift-wilten.at
www.stift-wilten.at
Gottesdienste und Termine Aufgrund der Corona-Pandemie bitten wir Gottesdienste und Termine der Stift Wilten-Webseite (www.stift-wilten.at) oder den Sozialen Medien des Stiftes zu entnehmen.
Gottesdienstordnung Hl. Messe in der Stiftskirche 19.00 Uhr Sonntag 07.00 Uhr (mit Laudes) Montag bis Samstag Hl. Messe in der Basilika 10.30 Uhr Sonntag 19.00 Uhr Mittwoch 19.00 Uhr Samstag An einzelnen Sonntagen (Hochfesten) findet die Eucharistiefeier um 10:30 Uhr in der Stiftskirche Wilten statt. Die Abendmesse um 19:00 Uhr wird dann in der Basilika gefeiert.