CONTEMPLATIO
Zur Geschichte des Stiftes Wilten 28. Kapitel Die Wiltener Äbte von 1687 bis 1765. Umbau der Stiftsgebäude zu ihrer heutigen Gestalt, Erbauung der „Wiltener Basilika“. Text: Prior Klemens Halder OPraem
Der Großteil des Stiftes war in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut worden. Schon Abt Dominikus Loer hatte 1670 die Erneuerung des westlichen Traktes in Angriff genommen. Es ist zu bewundern, wie die Innsbrucker Hofbaumeister Gumpp – zunächst Christoph und später Johann Martin – von zirka 1670 bis 1730 unter Einbeziehung romanischer und gotischer Gebäudeteile die heutige einheitliche barocke Stiftsanlage schufen.
Abt Johann Mayr, Äbtebilder, Stift Wilten
Abt Johann Mayr (16871693) war ein großer Marienverehrer. Von ihm wurde gerühmt, dass er das Gnadenbild „Unsere Liebe Frau unter den vier Säulen“ in der Pfarrkirche Wilten wieder zu Ehren gebracht hat. Er nahm an den Prozessionen dorthin teil. 1693, im Jahr seines frühzeitigen Todes gestattete er seinem Prior Gregor Stremer, Bautätigkeiten an den Klostergebäuden zu beginnen, „die teils von Erdbeben übel zerschüttelt, teils von Alter sehr baufällig waren“.
Der Großteil des Stiftsumbaus geschah unter Abt Gregor Stremer (1693-1719). Eine besondere Maßnahme dabei war die Abtragung des Traktes an der Ostseite des ursprünglich quadratischen Kreuzgangs. In jenem schmalen Gebäude waren im Erdgeschoß die Sakristei der Kirche, der Kapitelsaal mit Kapitelkapelle und der Unterhaltungsraum (Parlatorium), im Obergeschoß der gemeinsame Schlafsaal (Dormitorium) untergebracht. Durch den Umbau und die Erweiterung der Stiftsgebäude konnten Einzelzimmer geschaffen werden, wie sie der damalige „moderne Mensch“ wünschte. Dadurch konnten auch mehr neue Mitglieder aufgenommen werden. Abt Stremer ließ von 1702 bis 1707 die Kirche mit dem kraftvollen Stuck des Italieners Bernardo Pas14
Stift Wilten Aktuell
quale und den Fresken des Innsbrucker Barockmalers Kaspar Waldmann schmücken und schließlich noch ab 1713 die ursprünglich einfache Kirchenfassade durch den kunstvollen Portalvorbau samt den Statuen am Eingang und oben am Giebel verschönern. In die Abtzeit von Gregor Stremer fällt der kriegerische Einfall Bayerns in Tirol im Abt Gregor Stremer, Stift Wilten Jahr 1703. Von 1701 bis 1714 tobte nämlich zwischen den Großmächten Europas der Spanische Erbfolgekrieg, nachdem der letzte spanische Habsburger kinderlos gestorben war. Bayern hatte sich in der Hoffnung auf Landgewinn auf die Seite Frankreichs gestellt. Kurfürst Max II. Emanuel zog deshalb am 15. Juni 1703 mit einem großen Aufgebot von bayerischen und französischen Truppen gegen Tirol, schnell hatte er das Unterinntal erobert. Innsbruck wurde dem Kurfürsten gegen Ende Juni übergeben. Der Tiroler Landsturm, der sich in der Zwischenzeit erst richtig formiert hatte, wollte das nicht hinnehmen. Strategisches Ziel der Bayern war, sich mit den aus Norditalien ins große alte Tirol vorstoßenden Franzosen zu vereinigen. Eine bayerisch-französische Truppe auf dem Weg zum Reschenpass wurde aber in der Engstelle vor Prutz vernichtend geschlagen. Auch auf dem Weg über den Brenner nach Süden wurde dem Kurfürsten Einhalt geboten. Zuletzt war er mit seinem Heerlager auf den Wiltener und Saggener Feldern eingeschlossen. Max Emanuel, der am 26. Juli 1703, dem Tag der Hl. Anna, das Gebiet um Innsbruck räumte, musste sich den Rückzugsweg über Seefeld nach Mittenwald freikämpfen. Dabei wurden die Dörfer und Weiler westlich von Innsbruck niedergebrannt, es wurde geplündert und Gräueltaten an Frauen und Kindern verübt. Allerdings taten