BIORAMA 67

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Bio r a m a 67

W e i nk au f e n

Die Menge macht’s Derzeitige Umsatzausfälle für WinzerInnen könnten Fläche von den kleinen Betrieben zu den großen, konventionellen verschieben.

E

ine über mehrere Monate geschlossene Gastronomie betrifft auch deren LieferantInnen, darunter auch die Biowinzer­ Innen. Dabei sind die Weingüter strukturell sehr unterschiedlich aufgestellt und von der Größe und (Vertriebs-)Struktur hängt auch ab, wie sie von diesem Ausfall betroffen sind und wie sie darauf reagiert haben.

Bild Istock.co m/ca lvindexter

Österreich trinkt auSSer Haus Rund 56 Prozent (135 Millionen Liter) des 2018 in Österreich getrunkenen Weins wurden in Gaststätten und auf Events konsumiert, 39 Prozent (95 Millionen Liter) werden »zu Hause, bei Freunden oder am Arbeitsplatz« getrunken, wie die Statistik des Österreichischen Weinmarketings ausweist. In den Nachbarländern sieht das teilweise sehr anders aus: In Südtirol werden rund 42 Prozent in der Gastronomie getrunken, in Deutschland laut Schätzungen nur rund 17 Prozent. Hier ist der Lebensmittel(einzel)handel die Hauptabsatzquelle. Kleinere Weingüter mit wenigen Hektar Fläche und einem eigenständigen Image sind von der Situation der vergangenen Monate teilweise weniger betroffen als große – und zwar unabhängig davon, wie ihr Vertrieb aufgestellt ist. Sie verkaufen ihren Wein im Idealfall in langjähriger Zusammenarbeit an wenige FachhändlerInnen, die den Wein – auch international – in die Gastronomie und den entsprechenden Weinhandel bringen. Sie haben selbst wenig lagernd und dass KundInnen direkt bei ihnen kaufen können, ist eher Fanservice als Geschäft. Andere kleine Betriebe haben über Jahre eine eigene Community um ihre Produkte aufgebaut und verkaufen fast alles dieser StammkundInnenschaft.

Wer übernimmt frei werdende Weingärten? Ganz anders ist die Situation für größere

WinzerInnen – wohlgemerkt jene, die trotzdem eher auf Qualität denn auf Menge setzen. Hier ist der Anteil des Weins, der international in die Gastronomie geht, deutlich höher und dementsprechend auch der Ausfall. Die beiden Biowinzer Franz Weninger und Armin Tement sprechen beide von rund 80 Prozent Umsatzausfall während der vergangenen zwei bis drei Monate, im wichtigen Frühling, in dem die neuen Weine sonst präsentiert und verkauft werden. Das wird schwer aufzuholen sein, auch wenn ihr Wein, im Gegensatz zu den Produkten anderer Landwirtschaftsbranchen, wenigstens nicht abläuft. Franz Weninger sieht hier durchaus auch ein Versäumnis der WinzerInnen, den direkten Kontakt nicht gepflegt zu haben – auf der anderen Seite ist der Direktvertrieb auch unverhältnismäßig kleinteilig und aufwendig. So ungewiss die nahe Zukunft für die beiden Winzer auch ist, so rechnen doch beide mit einem Preiskampf am unteren Ende der Skala und der Aufgabe mancher Weingüter. BiowinzerInnen mit hohem Arbeitsaufwand im Weinberg tendieren derzeit eher dazu, ihre Flächen zu verkleinern. Gut möglich, dass diese also eher von den großen, konventionell arbeitenden Weingütern überQuelle: Österreich nommen werden. Wein Marketing 2018.

Text Martin Mühl

Wo Öster­reicherInnen 242 Mio. Liter Wein konsumieren:

5%  ca. 12 Mio. L

kauften TouristInnen und GastarbeiterInnen ein

39%  ca. 95 Mio. L

trinken Österreicher­ Innen zu Hause, bei FreundInnen und am Arbeitsplatz

56%  ca. 135 Mio. L

werden in österreichischen Gastgärten oder auf Events konsumiert

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