TRAINER Magazin - Ausgabe 01/2021

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TRAINING

Zyklus und Training Interview mit Dr. med. Simone Koch Viele Athletinnen erleben zyklusbedingte Leistungsschwankungen. Dr. med. Simone Koch erklärt u. a., wie Trainer bzw. Sportlerinnen ihr Training und ihre Ernährung auf die aktuelle Zyklusphase abstimmen sollten, um größere Fortschritte zu machen.

DR. SIMONE KOCH Die Medizinerin arbeitet seit drei Jahren in ihrer eigenen Praxis für Ernährungs- und funktionelle Medizin. Vorher war sie als Assistenzärztin in der Gynäkologie tätig. www.drkochs.de

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Inwiefern sollten Trainer die jeweilige Zyklusphase bei der Trainingsplanung berücksichtigen? Wird der Zyklus der Athletin bei der Trainingsplanung berücksichtigt, lassen sich bessere Ergebnisse erzielen. Den Testosteronpeak und die beschleunigte Regeneration der Zyklusmitte kann man für sehr harte und intensive Einheiten in schnellerer Abfolge nutzen, um maximale Verbesserungen zu erzielen. Hierbei

sollte jedoch berücksichtigt werden, dass Frauen einen Teil des hohen Östrogens in Adrenalin-ähnliche Katecholöstrogene umwandeln können. Dadurch kommen sie deutlich besser und länger in eine optimale Leistung und einen Flow-Zustand als Männer. Dies gilt aber nur, wenn kein übermäßiger Stress vorliegt. Ist dies der Fall, so kippt das System viel schneller als bei Männern und kann Erschöpfungszustände und starke Übererregbarkeit verursachen. Respektiert man die vulnerable Phase der Periode, so lassen sich Verletzungen verhindern und es kommt weniger zu Übertrainingserscheinungen. Insgesamt kann ab kurz vor dem Eisprung bis zur Mitte der zweiten Zyklushälfte häufiger und härter trainiert werden. Vor und während der Mens sollte der Schwerpunkt auf Regeneration und Deload gesetzt werden. Kältetherapie kann zudem helfen, den Prostaglandinüberschuss zu senken. Werden diese Besonderheiten berücksichtigt, werden auch die Ausbildungen hormoneller Dysbalancen und das Ausbleiben der Periode, wie es bei Sportlerinnen leider oft zu beobachten ist, vermindert. Sollten diese Phasen auch hinsichtlich der Ernährung berücksichtigt werden? Während der Mens und in der letzten Phase des Zyklus sollte besonders auf eine cleane und entzündungsarme Ernährung geachtet werden. Sowohl kalorische als auch inhaltliche Sünden schlagen hier besonders zu Buche. Um Wassereinlagerungen im Gewebe zu vermeiden, muss auf eine gute Elektrolytversorgung

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Foto: Dr. Simone Koch

Frau Dr. Koch, wie wirkt sich der weibliche Zyklus auf die Trainingsleistung von Athletinnen in den Bereichen Kraft und Ausdauer aus? Die einzelnen Steroidhormone machen im Laufe des Zyklus erhebliceh Änderungen durch. So ist Östrogen in der zweiten Zyklushälfte etwa doppelt so hoch wie in der ersten und um den Eisprung herum zum Teil um ein 3- bis 10-Faches höher als im Rest des Zyklus. Progesteron, das zwar die Regenerationsfähigkeit erhöht, aber zu Antriebsminderungen führen kann, ist überhaupt nur in der zweiten Zyklushälfte präsent. Zum Zeitpunkt des Eisprungs ist der Testosteronspiegel statistisch doppelt so hoch wie im restlichen Zyklus. Auch Wachstumshormon wird hier vermehrt ausgeschüttet und das Schlafbedürfnis, aber auch das Vermögen zu ausreichend Tiefschlaf ist vermindert. Während der Mens kann es schneller zu Thrombosen kommen, die Konzentrationsfähigkeit ist eingeschränkt und das Schmerzempfinden erhöht. Durch den erhöhten Spiegel an Prostaglandinen heilen kleine Verletzungen langsamer und Muskelkater ist ausgeprägter als im restlichen Zyklus.


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