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Entwicklung der Menstruationsprodukte

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Es lässt sich zwar davon ausgehen, dass sich Frauen seit jeher mit meist selbst erstellten Improvisationen im Falle der Monatsblutung beholfen haben, wie es das Beispiel eines mit Papyrus Papier umwickelten Holzstückes im antiken Ägypten aufzeigt. Der Fokus dieser Ausarbeitung der Designgeschichte der Menstruationsprodukte grenzt aber einen grober Zeitraum der Industrialisierung bis zur Neuzeit ein. Da außerdem weniger eine zufällige Materialverfügbarkeit oder einem Improvisationstalent von Interesse dieser Arbeit sind, handelt diese Arbeit eher von der Frage, wie Menstruation bisher für die breite Masse gestaltet wurde.

Bei der Auswahl der Produkte handelt es sich um die chronologisch angeordneten Beispiele des Bindengürtels, der Binde, des Tampons, der Menstruationstasse und einigen aktuellen Design Konzepten, welche zukünftige Tendenzen erahnen lassen.

Die Binde der Verbandstoff-Fabrik „Paul Hartmann“ wurde bereits 1885 in einem „Zentralblatt der Gynäkologie“ erwähnt und in Anbetracht dessen, dass es damals nur wenigen Bindennutzerinnen gab, stellte diese Binde zum Anschnallen, dem Binden- Gürtel, eine Neuheit dar. Die meisten Frauen fanden sich mit selbstgenähten Einlagen aus Reststoffen zurecht oder verzichteten komplett auf Hilfsmittel und „zogen eine Blutspur hinter sich her“, was wahrscheinlich eine Übertreibung ist, und lediglich das Unwissen über die Handhabung der damaligen menstruierenden Frauen aufzeigt, die keinen Zugang zu modernen Binden hatten. Die funktionalen Anforderungen der Binde wurden bereits Ende des 19. Jahrhunderts so beschrieben, dass diese sich kaum mehr von der Heutigen unterscheiden:

„Die Binde soll sich genau der Körperform anschmiegen. (...) Das Auffangmaterial muß derartig sein, daß es möglichst viel Blut aufnimmt, aber zugleich etwaigen üblen Geruch zerstört. Es muß durchaus unschädlich sein und eine weiche Beschaffenheit haben. (...) Eine durchlässige untere Gummieinlage muß vor Beschmutzung sichern. (…) Die Befestigung eines solchen Kissens soll derartig eingerichtet sein, daß es unbedingt sicher sitzt (…) Es muß nach Durchtränkung leicht abgenommen und durch ein neues ersetzt werden können. Da der Preis einer solchen Menstruationsbinde, von der man nur ein Exemplar braucht und der Kissen, die man natürlicherweise in größerer Anzahl (mindestens einige Dutzend) zulegt, ein sehr mäßiger ist, so können selbst wenig bemittelte Frauen sich eine für ihre Existenz wichtige Wohltat verschaffen.“

Es handelte sich also um eine mehrfach nutzbare Binde mit austauschbarer Einlage, die im obigen als Kissen bezeichnet wurde. Wenig später bringt selbige Fabrik eine der ersten Wegwerfbinden mit dem Namen „Mulpa“ heraus. Die „Mulpa“ Binde wird mehr und mehr vom Markt angenommen, da sie durch die Einmalnutzung eine besondere Reinheit ausstrahlt und damit auch praktikabel wirkt. Trotzdem wird der einmalige Gebrauch auch kritisch gesehen, da die Entsorgung sich als schwierig darstellt, da sie zu groß ist, um in den „Abort“ geworfen zu werden und nur in einem „tüchtigen Feuer“ verbrannt werden kann.

1926 erobert die Binde „Camelia“ den Markt, was unter anderem an einer Werbekampagne, mit der iconischen Figur der Kameliendame, welche einen großen Wiedererkennungswert hatte, gelegen haben. Die „Camelia“ Binde überzeugte außerdem durch ihren niedrigen Preis und ihre Praktikabilität, womit sie das Zeitalter der moderneren Menstruationsprodukte einleitete. Die Weiterentwicklung der „Camelia“ Binde sah als nächstes einzeln verpackte Binden für die Reise, danach die Sportbinde in den 40er Jahren und in den 50er die „Camelia Standard“ vor, die sich durch den Einsatz von Vlies als Einschlagmaterial deutlich abflachen konnte. Ab den 70er Jahren gab es die erste „Camelia“ mit Klebeunterlage, danach „Camelia mini“ für schwächere Blutungen und Slipeinlagen.

Die bekanntesten Menstruationsartikel der 50er Jahre waren die „Camelia“ Binde und der „o.b.“ Tampon, welcher anders als sein amerikanisches Vorbild, ohne Papphülse als Einführhilfe auskam, da der Tampon in Deutschland in den 40er Jahren so konzipiert wurde, dass dieser mit dem Finger einzuführen ist. Der Tampon wurde schon 1931 in Amerika erfunden und mit dem Namen „Tampax“ patentiert. Die Marke „o.b.“ brachte 1950 den Tampon erstmalig auf den deutschen Markt. Zu Anfang galt dieser wegen nicht geklärten medizinischen Bedenken im Falle der Infizierung durch sich selbst, aber auch wegen dem Verdacht der Verletzung des Jungfernhäutchen und der Verleitung zur Masturbation als umstrittenes Produkt.

Aus diesen Gründen waren die ersten Abnehmer nur wenige, ältere Frauen, Schauspielerinnen oder Tänzerinnen, welche die neu erworbene Beinfreiheit durch den Tampon schätzen. Der Tampon, das „Aufsaugmaterial im zusammengepressten Zustand“ wurde nun nach amerikanischem Vorbild, wie andere Menstruationsartikel auch, in Zeitschriften beworben. In den 60er Jahren wurde die Größe „super“, in den 70ern die Größe „super plus“ und in den 80ern „mini“ auf den Markt gebracht. In den 90ern wurde „o.b.“ von „Johnson & Johnsen GmbH“ übernommen und hat es in den 2000ern mit 85 Prozent auf dem Tampon Markt zum Marktführer geschafft.

Die bereits genannten, aber auch die gegenwärtigen Menstruationsprodukte, lassen in zwei Kategorien aufteilen. Die eine Kategorie der Tampons und Binden, wie auch Menstruationsschwämmchen, funktioniert nach dem Prinzip, das Blut aufzusaugen und in deren Faserstruktur zu aufzunehmen. Die zweite Kategorie dagegen ist im Stande das Blut aufzufangen, wie im Falle der Menstruationstasse, welche bereits im Jahr 1937 in Form eines Patents angemeldet wurde, aber erst in den letzten zehn Jahren Aufmerksamkeit erlangt hat. Die Menstruationstasse speichert das Menstruationsblut in ihrer Form so lange, bis diese manuell entleert und erneut eingesetzt werden kann.

Ihr Vorgängerprodukt, der „Catamenial Sack“ wurde bereits 1867 patentiert, konnte sich durch seine komplizierte und vermutlich schmerzhafte Anwendung allerdings nie wirklich durchsetzen. Die weitaus weniger schmerzhafte und praktikablere Menstruationstasse konnte im Gegensatz zur starken Beliebtheit der Binde keine Erfolge erzielen. Der starke Mangel an Gummi verhinderte auch einen Produktionsversuch der Menstruationstassen in den 1950er Jahren. Zumal die Menstruationstasse in ihrem damaligen Entwicklungsstadium nicht angenommen wurde, da sie aus einem zu starren, schweren Material bestand, und die Zielgruppe schon Schwierigkeiten hatte sich an das Einführen des wesentlich kleineren Tampons zu gewöhnen. Hinzu kommt, dass das Konzept der ersten Modelle eine Position der Menstruationstasse weiter unten in der Vagina vorsah, statt weiter in Richtung Muttermund, welches eine weniger spürbare Position ist. Gegenwärtige Menstruationstassen werden seit den 80er Jahren meist aus dem deutliche weicheren und elastischeren, medizinischen Silikon hergestellt.

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