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Ekel geht mit dem Gefühl der Scham einher. Scham- und Ekelgefühle gehören streng genommen immer zusammen, da Scham nicht ohne den Ekel der Anderen existieren kann. Scham ist immer ein Gefühl der Schwäche gegenüber dem Anderen.59 Das Gefühl der Scham, welches die Betroffene während ihrer Menstruation empfindet, wenn beispielsweise Blut an der Binde vorbeigelaufen ist und sichtbar wurde, kann wiederum ein Ekelgefühl bei anderen, die sich im selben Raum wie die Betroffene aufhalten, auslösen. Aus diesem Grund schämt sich die Betroffene. Es könnte aber auch der Fall sein, dass niemand anderes sich im Raum befindet. Die Betroffene muss also alleine mit der ausgelaufenen Binde umgehen. In diesem Fall kann es trotzdem sein, dass sich die Betroffene schämt, da Scham auch nicht nur durch den unmittelbar geäußerten Ekel der anderen empfunden werden kann. Allein der Gedanke daran, dass sich jemand anderes ekeln könnte, verursacht Schamgefühle. Sich jeden Monat für sein Menstruationsblut schämen zu müssen, hat einen nicht zu vernachlässigen Einfluss auf das Selbstwertgefühl und kann ein Grund sein, warum Frauen nicht mit dem Menstruationstabu brechen können. Zusätzlich muss die Menstruation im kulturellen Kontext als ein Prozess verstanden werden, dessen gesellschaftliche 59
Vgl. Christine Pernlochner-Kügler: 2004,S.31.
Akzeptanz sich in einem stetigen Prozess befindet. Wie sollte also mit dem Menstruationsblut umgegangen werden? Wenn das Blut als die zentrale Ursache für den Scham und den Ekel verstanden wird, ist es nachvollziehbar, dass in den bisherigen Bemühungen zum Thema der Menstruation in erster Linie die Frage nach dem Umgang, oder direkter formuliert, nach der Art geforscht wurde, wie das Blut aufzufangen oder möglichst schnell zu entsorgen ist.
Entwicklung der Menstruationsprodukte Es lässt sich zwar davon ausgehen, dass sich Frauen seit jeher mit meist selbst erstellten Improvisationen im Falle der Monatsblutung beholfen haben, wie es das Beispiel eines mit Papyrus Papier umwickelten Holzstückes im antiken Ägypten aufzeigt.60 Der Fokus dieser Ausarbeitung der Designgeschichte der Menstruationsprodukte grenzt aber einen grober Zeitraum der Industrialisierung bis zur Neuzeit ein. Da außerdem weniger eine zufällige Materialverfügbarkeit oder einem Improvisationstalent von Interesse dieser Arbeit sind, handelt diese Arbeit eher von der Frage, wie Menstruation bisher für die breite Masse gestaltet wurde. 60
Vgl. URL: http://www.mum.org/neues5.htm, Zugriff am 28.06.17.