Caroline Nรถlle - Bachelorthesis - Industriedesign - Muthesius Kunsthochschule - Sommersemester 17
menstruation ein Produkt der Tabuisierung
Menstruation Ein Produkt der Tabuisierung
Caroline Nรถlle Industriedesign Bachelorthesis Prof. Martin Postler Prof. Annika Frye Muthesius Kunsthochschule Sommersemester 2017
Eidesstattliche Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Die Stellen der Hausarbeit, die anderen Quellen im Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen wurden, sind durch Angaben der Herkunft kenntlich gemacht. Dies gilt auch bildliche Darstellungen sowie fßr Quellen aus dem Internet.
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Inhaltsverzeichnis Einführung
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Methode der Recherche
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Zielsetzung der Praktischen Umsetzung
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Wie wird die Menstruation wahrgenommen?
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Analyse der aktuellen Werbekampagnen für Menstruationsprodukte
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Befragung persönlichen Umgang mit der Menstruation
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Menstruation und Feminismus
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Was ist die Aufgabe der Designer*in?
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Designkriterien
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Entwicklung der Menstruationsprodukte
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Aktuelle Designkonzepte
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Fazit
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Konzept
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Entwurf
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Vagina
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Ventil
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Technik
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Fernbedienung
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Interaktion
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Ästhetik
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Ausblick
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Quellen
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Literaturverzeichnis
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Internetquellen
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Abbildungsverzeichnis
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Interviews
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Danksagungen
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Einführung Menstruation ist völlig normal, jedenfalls sollte sie so wahrgenommen werden. Handelt es sich doch um einen natürlichen Vorgang, der sich meist monatlich wiederholt, um langfristig eine Schwangerschaft zu ermöglichen.1 Dennoch wird im Sinne des gesellschaftlichen Konsens die Periode als Tabu angesehen.2 Dieses Tabu hat zur Folge, dass jegliches Sichtbarwerden des Menstruationsblutes oder selbst des Intimhygiene-Produktes, welches zur Behebung des Umstandes eingesetzt werden soll, negativ belastet ist. In Anbetracht dessen, dass eine westliche3 Frau in ihrem Leben ca. 450 Zyklen 1 2 3
Stella Weller: Schmerzfreie Regel: Vorbeugung und Behandlung von Menstruationsbeschwerden, Stuttgart, Trias, 1988. Carolin Würfel: Sie sehen rot – Warum junge Frauen die Menstruation zum Thema machen, erschienen in: Zeit Magazin Nr.21, 12.Mai 2016, S.23 Es gibt weltweit Unterschiede bei der Länge des Durchschnittszyklus. Die Ursachen dafür sind noch nicht vollständig erforscht.
durchlebt, was bedeutet, dass diese , bei einer durchschnittlichen Zykluslänge von fünf Tagen, zusammengenommen eine Zeitspanne von sechs Jahren mit ihrer Menstruation verbringt,4 ist der Umgang mit der Menstruation nach wie vor an Produkte gebunden, welche seit den 60er Jahren keine oder nur geringe Weiterentwicklungen erfahren haben. Durch Menstruationsaktivistinnen wie Rupi Kaur bin ich auf das Thema aufmerksam geworden, da die allgemeine Empörung, welche durch die Blockierung ihrer Bilder5 auf Instagram aufkam, in einer Deutlichkeit zeigt, wie viel Unsicherheit aber auch Chancen in diesem Thema zu ergründen sind. Die Frage nach dem “richtigen” Umgang mit der Menstruation, kann gerade Disziplinen wie das Design herausfordern. 4 Siehe Informationstext der Menstruations-Kampagne „Regel Recht” aus Kiel, URL: https://www.facebook.com/ pg/regel.recht.kiel/about/?ref=page_inter nal, Zugriff am 30.06.17. 5 Siehe Abb.1-3
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Methode der Recherche In der theoretischen Ausarbeitung wird die Wahrnehmung der Menstruation durch verschiedene thematische Perspektiven auf das Thema behandelt. Die Analyse der aktuellen Werbung für Menstruationsprodukte, wie z. B. Tampons oder Binden, ist ein wichtiger Ansatz, da diese für jeden zugängliche, öffentliche Darstellungen der Menstruation sind. Im Kontrast dazu wird ebenfalls untersucht, wie die Menstruation durch Frauenbewegungen dargestellt werden, die unter anderem das von der Werbung dargestellte Frauenbild kritisieren. Andererseits ist die nichtöffentliche Ebene der persönlichen und sehr intimen Wahrnehmungen, ebenfalls relevant. Dazu habe ich einzelne
Menstruierende befragt, welche sich durch ungewöhnliche Umgangsweisen mit der Menstruation als besonders aufschlussreich für den praktischen Teil der Arbeit erweisen. Des Weiteren ist die Beschäftigung mit der Ästhetik der Darstellungen und dem pragmatischen Anspruch der heutigen, aber auch historischen Vorgängern der Menstruationsprodukte Gegenstand meiner Recherche für die Konzeptionierung eines neuartigen Menstruationsproduktes. Die aktuelle Wahrnehmung der Menstruation in der westlichen Welt mit einem Fokus auf den deutschsprachigen Raum anhand unterschiedlicher, thematischer Kategorien erfassen zu wollen, erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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Zielsetzung der praktischen Umsetzung Die praktische Umsetzung fußt auf den Erkenntnissen, welche durch die theoretische Annäherung an das Thema gewonnen wurden. Die meisten Arten der Menstruationsprodukte sind eine Belastung für das gesamte Ökosystem, da es sich um Einmalprodukte aus nicht wiederverwertbaren Materialien handelt. Deshalb ist die mehrfach verwendbare Menstruationstasse aus einem Silikon, welches im medizinischen Bereich bereits eine häufige Anwendung findet, ein Vorbild für das zu entwickelnde Produkt. Ziel ist es - durch ein Neudenken der eigentlichen Interaktion mit dem Produkt - dieses so weiterzuentwickeln, dass es sich von den aktuell gängigen Menstruationsprodukten unterscheidet. Im Detail bedeutet dies, dass das Produkt weiterhin im Inneren platziert wird, um das Menstruationsblut am unkontrollierten Heraustropfen aus der Vagina zu hindern, allerdings mit dem Zusatz, dass es der Benutzerin ermöglicht werden soll, das Blut im richtigen Moment freizugeben.
Das neue Menstruationsprodukt soll mit dieser Funktion eine neue Ebene des Pragmatismus’ mit der Menstruation begünstigen. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Art künstlichen Schließmuskel, oder technisch formuliert, um ein Ventil. Die bereits erwähnte Interaktion verleiht der auf den ersten Blick nüchtern wirkenden, technischen Machbarkeit eine neue Qualität. Durch die Entwicklung einer Fernbedienung, welche die nicht manuelle Bedienung des Ventils im Inneren unterstützt, wird ein neuer Handlungsspielraum möglich, der ebenfalls gestaltet werden will. Mit diesem System aus Ventil und Fernbedienung soll ein neuer, intimer Moment entstehen, welcher der Situation gerecht wird. Die Gestaltung der Fernbedienung begünstigt je nach Art des Tragens einen dezenten und diskreten oder einen aufgeschlossenen Umgang mit der Menstruation, da diese sich durch ihre Größe in der Tasche verstauen oder als ein selbstbewusstes Statement wie ein Schmuckstück tragen lässt.
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Wie wird die Menstruation wahrgenommen? Dass es sich bei der Menstruation auch im Jahr 2017 noch um ein tabuisiertes Thema handelt, wird durch die aktuelle Werbung für Menstruationsprodukte sichtbar. Anhand des Versteckens oder Umschreibens der essenziellen Vorgänge, welche die Menstruation ausmachen, lässt sich eine Reproduktion des Menstruationstabus erkennen.6 Wird zusätzlich die Menstruation als ein intimer Moment verstanden, der nur äußerst selten geteilt wird, kann man davon ausgehen, dass die Werbung für Intimhygiene-Produkte die einzige, öffentlich akzeptierte Form der Darstellung von Menstruation ist, welche die allgemeine Wahrnehmung der Menstruation maßgeblich beeinflusst. Den historischen Ausgangspunkt findet die Werbung für Menstruationsprodukte in Deutschland um das Jahr 1950, als erstmals öffentlich Werbung für die „Mulpa“7 Binde gemacht wurde.8 Die Werbung wurde nach amerikanischem Vorbild in Frauenmagazinen mittels kleiner Illustrationen platziert, 6 7 8
Vgl. Kristina Hohage: Menstruation - eine explorative Studie zur Geschichte und Bedeutung eines Tabus, Hamburg, Kovac, 1998, S.165. Siehe Abbildung Nr.4. Vgl. Sabine Hering: Die unpäßliche Frau – Sozialgeschichte der Mensturation und Hygiene von 1860 bis 1985, Sabine Hering; Gudrun Maierhof, Fulda, Centaurus-Verlagsgesellschaft Pfaffenweiler., 1991, S.61, 113.
welche durch ihre dezente Erscheinung und ohne die Menstruation in irgendeiner Weise zu erwähnen um die Menstruierende mit vermutlich notwendigen Vorkenntnissen warben. Dementsprechend ist die Nutzung von Werbeflächen in Printmedien, insbesondere Frauen- und Mädchenzeitschriften, die älteste Werbeform für Menstruationsprodukte. Das öffentliche Werben für Menstruationsprodukte hat dabei aber wenig mit einer Enttabuisierung der Menstruation zu tun. Das lässt sich anhand dem verwendeten Vokabular seit den 60er Jahren festmachen. Werbetexte betonen nach wie vor den Schutz vor Auslaufen, aber auch die Freiheit und Sicherheit, welche das Produkt bieten kann, wodurch eine Wahrnehmung der Menstruation als etwas Schmutziges, Schambehaftetes oder Einschränkendes unterstützt wird.9 Kurz, die versteckte Botschaft der Werbung im Hinblick auf die Menstruation ist bis heute die gleiche: Bei der Menstruation handelt es sich um einen als nicht normal wahrgenommenen Vorgang.10 Damit knüpft die Werbung an die damit verbundenen Unsicherheiten der Frau an,11 da sie so ihr beworbenes Produkt als rettendes Hilfsmittel in der Not darstellen kann. 9 10 11
Vgl. Kristina Hohage: 1998, S.126. Ebd., S.127. Ebd., S.154.
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Analyse der aktuellen Werbekampagnen für Menstruationsprodukte Die größten Intimhygiene-Hersteller im deutschsprachigen Raum, „o.b.” und „always”, welche über den größten Marktanteil und damit auch über die meisten Mittel für Werbung verfügen, können sich aufwändige und kostspielige TV-Spots leisten. Anders als andere Kommunikationsmedien erreicht diese auch Nichtmenstruierende, weshalb sie einen maßgeblichen Einfluss auf die Wahrnehmung der Menstruation im
gesamtgesellschaftlichen Kontext haben kann. Das Gesamtkonzept dieser Werbung, also das Layout, Werbetext und farbliche Codierung, unterscheidet sich selten von den anderen Medien wie z.B. dem Print Bereich.12 Aus diesem Grund werde ich mich auf jeweils einen beispielhaften, aktuellen TV-Spot der beiden Hersteller mit dem größten Marktanteil konzentrieren. 12
Vgl. Kristina Hohage: 1998, S.151.
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Der TV-Spot13 der Firma „always“ zeigt bewusst auf, wie aktiv, sportlich und sogar kämpferisch eine Menstruierende sein kann. Zu sehen ist eine typische Trainingssituation der kanadischen Torhüterin Stefanie Labbé. Der Werbetext legt ihr die Worte: „Weil ich eine Frau bin, denkst du, ich kann dem Druck nicht standhalten, und wenn doch?“14 in den Mund. Eine weitere, weibliche Erzählerstimme antwortet: „Widersetze dich allen Erwartungen, jeden Tag, mit ‚always Ultra‘. Anders als bei dieser ‚always Maxi‘ Binde verwandelt sie Flüssigkeit in Gel. Und Gel läuft nicht aus.“15 Dabei wird im Vergleich auf zwei Binden eine blaue Flüssigkeit aus Reagenzgläsern gekippt. Der Vergleich zeigt deutlich, nachdem die Binden durchgeschnitten und in einer Hand gequetscht wurden, dass im Gegensatz zu der „Maxi“ Binde die beworbene „Ultra“ keine Flüssigkeit verliert. Die Torhüterin rundet den Werbespot mit den Worten ab: „Kann ich die Nerven behalten und cool bleiben? Na klar kann ich!“.16 Woraufhin die Werbung mit den Worten „Schreib die 13 Siehe Abb. Nr.5-10. 14 Verschriftlichtes Zitat aus dem Originalton der Werbung für eine always Binde, Siehe URL: https://www.youtube.com/watch? v=DpbWlSzYkjs, Zugriff am 11.05.17. 15 Ebd. 16 Ebd.
Regeln neu – ‚always‘ “17 endet. Zu beobachten ist, dass in der Binden Werbung von dem Hersteller „always“ an keiner Stelle die Menstruation als solche benannt wurde. Das Menstruationsblut, welches mit der blauen Flüssigkeit symbolisch dargestellt wurde, und als bloße „Flüssigkeit“ bezeichnet wurde, wird dadurch deutlich entschärft. Fokus der Werbung scheint die ungleiche Behandlung zu sein, der Frauen ausgesetzt sind. Gemäß dem Slogan „Schreib die Regeln neu“ sollen sich Frauen nach dem kämpferischen Vorbild der erfolgreichen Torhüterin richten und eine andere gesellschaftliche Ordnung einfordern, und das obwohl oder gerade weil sie menstruieren und sie mit der beworbenen always Ultra gegen diesen Widerstand ankämpfen können. Die Binde, welche das nicht erwähnte Blut in „Gel verwandelt“ wird als notwendiges Hilfsmittel dargestellt ohne diese die kämpferische Torhüterin „auslaufen“ würde, was dementsprechend als etwas Negatives dargestellt wird. Insofern ist die Frage, was genau mit „Schreib die Regeln neu“ gemeint ist. Im Hinblick auf den Umgang mit der Menstruation scheint eine Veränderung des Tabus nicht angestrebt worden zu sein. 17 Ebd.
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Aber auch die große Tampon-Firma „o.b.“ wagt sich an die Darstellung von Blut oder dem Erwähnen des korrekten Begriffs „Menstruation“ nicht heran, wie im Beispiel der „o.b. Flexia“ TV Werbung18 deutlich wird. Die Werbung startet mit einer Frau, deren Alter sich auf ungefähr 30 Jahre schätzen lässt. Sie liegt im Bett und wacht mit den Sätzen der Erzählerstimme auf: „ ‚o.b. Flexia‘ könnte versprechen, dass Sie hier aufwachen. Mit ihm. Hier oben.“19 Neben ihr taucht ein normschöner Mann im Bett auf und sie erblickt um sich herum ein märchenhaftes Baumhaus in einer überzeichnet schönen Landschaft. Die weibliche Erzählerstimme setzt mit den Worten fort: „Aber in Wahrheit wachen sie einfach auf, ohne Flecken. Flexia Tag und Nacht mit Flügel schützt bis zu 100% die ganze Nacht. Und das allein ist ziemlich gut. ‚o.b. Flexia‘ “.20 Um diese Aussage deutlicher zu visualisieren, wird eine Informationsgrafik mit „100%“ eingeblendet. Daneben ist in einer stark abstrahierten Form mittels zweier, geschwungenen Linien der Anwendungsort dargestellt, der den Querschnitt der Vagina vereinfacht zeigen soll. Die geschwungenen 18 Siehe Abb. Nr.11-18. 19 Verschriftlichtes Zitat aus dem Originalton der Werbung für einen o.b. Tampon, Siehe URL: https://www.youtube.com/watch? v=IhVnYKb-00w, Zugriff am 11.05.17. 20 Ebd.
Linien sollen vermutlich die Scheidenwand darstellen. Auch in dieser Werbung wird erneut mit der blauen Flüssigkeit gearbeitet, um das als schmutzig wahrgenommene Blut nicht darstellen zu müssen, und somit nicht mit dem zu bewerbenden Produkt in Verbindung zu setzen. Als Beweis für die Wirksamkeit des Produkts wird kurz die unbefleckte Unterhose der Frau gezeigt, während die Erzählerstimme betont, dass es mit diesem Produkt keine „Flecken“21 gibt. Auf eine ironische Art und Weise versucht sich „o.b.“ über andere Produkte hinwegzusetzen. Die Frau springt am Ende der Werbung zurück zu dem Mann in das Bett, um die durch das Produkt gewonnene Leichtigkeit zu betonen, sodass sie sich vor ihm nicht schämen muss, da keine Flecken zu sehen sind. Indirekt wird also mehr als bloß das pragmatische Flecken vermeidende Produkt beworben, sondern auch wieder die klassischen Begriffe wie Schutz in Form von Hygiene und Freiheit durch den neu gewonnenen sorglosen Umgang mit der Menstruation. Dadurch, dass die Protagonistin des Werbevideos wie in der „always“ Werbung unter keinerlei Menstruationsbeschwerden leidet, wird ebenfalls suggeriert, dass diese im Zusammenhang mit dem beworbenen Produkt nicht existieren. 21 Ebd.
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Die Werbestrategie der Konzerne scheint sich seit einigen Jahren ebenfalls anderen Medien, wie der wichtiger werdenden Bedeutung von Social Media zuzuwenden. So wird nun durch das Einkaufen von Youtuberinnen indirekt Werbung gemacht. Ein Beispiel für dieses Werbeformat ist der deutschlandweit bekannte Youtubechannel „BibisBeautyPalace“ indem die Youtuberin Bianca „Bibi“ Heinicke22 für „always“ wirbt.23 Durch Social Media ist auch der Durchbruch der Menstruationstasse zu erklären, dessen Patentanmeldung bereits 80 Jahre zurückliegt und erst jetzt Erfolge feiern kann.24 Was nicht zuletzt anhand der gut platzierten Werbung im Internet, als auch durch die mehr oder weniger bezahlte Mundpropaganda eben dieser 22 Siehe Abb. Nr.19. 23 Siehe URL: https://www.youtube.com/ watch?v=T7S-HLWjN_I&t=61s, Zugriff am 25.06.17. 24 Dazu mehr Information im Kapitel der Menstruationsprodukte.
YoutuberInnen zu erklären ist, welche sich gezielt an alternative Zielgruppen richten, die womöglich eher geneigt sind, ein neues Produkt zu erproben. Die Intimhygiene-Firmen besitzen auch eigene Kanäle auf Youtube, um die jüngeren Konsumentinnen auch direkt erreichen zu können. Der Inhalt der Videobeiträge sind aktuelle Werbespots, aber auch soziale Initiativen, wie die #likeagirl Kampagne von „always“,25 sind auf diesen Kommunikationskanälen zu finden. Es ist keine Seltenheit, dass die Produzenten von Menstruationsprodukten mittels sozialem Engagement indirekt für ihr Produkt und ihre Haltung, den Frauen helfen zu wollen, werben. Das Beispiel der always Kampagne macht sich für das Selbstvertrauen von Mädchen stark. Obwohl der Hersteller des Menstruationsproduktes in der Position wäre mit dem Menstruationstabu 25
Siehe Abb. Nr.20-23.
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aufzuräumen, wird diese einflussnehmende Rolle nicht nutzt. Die Binden-Firma „always“, möchte zwar aufzeigen, dass das Selbstvertrauen der jungen Frauen beim Eintritt der Pubertät und damit unerwähnterweise - auch beim Beginn der Menstruation meist stark sinkt. Sich bei sozialen Kampagnen auch auf das Problem des Menstruationstabu zu
beziehen, findet allerdings gar nicht statt. Stattdessen wird den im Kampagnenvideo zu sehenden Mädchen der Auftrag erteilt weiße Pappboxen mit ihren Ängsten oder Unsicherheiten, wie z.B. „Mädchen sind schwach“ oder „Mädchen sind nicht mutig“ zu beschriften und diese dann vor laufender Kamera umzustoßen.
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„o.b.“ besitzt wie „always“ ebenfalls einen Youtube Channel auf welchem der Hersteller seine Werbung platziert. Es finden sich Tampon Tutorials, welche die Anwendung eines Tampons erläutern sollen.26 Dabei ist eine Darstellung der Vulva zu sehen, womit die Firma „o.b.“ die Körperöffnung, in welche der Tampon geführt werden muss, in Form einer vereinfachten, abstrakten Zeichnung zeigt.27 Diese Visualisierung ist vermutlich notwendig, da oftmals eine Unkenntnis über die Verortung der eigenen, weiblichen Geschlechtsteile herrscht,28 vermutlich weil die eigene Vulva ohne Spiegel nicht oder nur schwer zu sehen ist. Außerdem handelt es sich bei dem Tampon, um ein Produkt dessen Gebrauch erläutert werden muss. Eine Erläuterung der Binde entfällt, da diese
sich eher von selbst erklärt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Arten der Darstellung als ein Spiegel der gesellschaftlich akzeptierten Wahrnehmung der Menstruation verstanden werden können.29 Das Menstruationstabu wird wiederholt und in der allgemein akzeptierten Darstellung von Menstruation reproduziert, da es nicht im Interesse der Werbung liegt, Ekel oder gar Peinlichkeit bei den potentiellen Konsumentinnen auszulösen, indem sie das „wahre“ Bild der Menstruation zeigt. Zumal der Einfluss der Werbung teilweise entscheidend groß bemessen werden muss, da es sich dabei um die ausschließliche Informationsquelle über den Menstruationsvorgang für junge Frauen handeln kann.30
26 Siehe Abb. Nr. 24-26. 27 Vgl. Abb. Nr. 26. 28 Vgl. Mithu M. Sanyal: Vulva – Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts, Berlin, Wagenbach 2009, S.7-8.
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Vgl. Zinn-Thomas, Sabine: Menstruation – Monatshygiene im Wandel von 1900 bis heute, Darmstadt, Hessisches Landesmuseum (Roetherdruck) 1998, S.48. Siehe Kristina Hohage: 1998, S.155.
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Befragung zum persönlichen Umgang mit der Menstruation Aufgrund der Differenz zwischen dem in der Werbung propagierten Geschehnissen und der individuellen Realität der Menstruation kommt es mitunter zu sehr unterschiedlichen Haltungen und Umgangsweisen mit der Monatsblutung. Trotz der Varianz scheint eine eher negativ gestimmte Grundhaltung zu existieren, die auch gesamtgesellschaftlich in dieser stark negativen Weise vertreten zu sein scheint und die Betroffenen dazu nötigt ihre Periode zu verstecken. Hinzu kommt, dass es nicht den einen, „richtigen“ Umgang mit der Menstruation gibt. Somit ist die Wahrnehmung der Menstruation ebenfalls eine individuelle, intime Erfahrung, welche durch unterschiedlichste Faktoren, wie z.B. dem sozialen oder kulturellen Umfeld geprägt ist.31 Es ist schlicht nicht möglich die gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung der Menstruation zu erfassen, wenn man davon ausgehen kann, dass kaum oder nur sehr wenig öffentlich darüber gesprochen wird. Hinzu kommt, dass der große Teil des Wissens um die Menstruation nicht mitgeteilt wird und auf intimer Ebene verbleibt. Aus diesen Gründen werden in dieser Ausarbeitung die individueller Erfahrungen von Einzelpersonen qualitativ erhoben. Die Probanden, wurden nach der Design-Methode „extreme users” 31
Vgl. Zinn-Thomas, Sabine: 1998, S.10.
ausgewählt. Dabei wird sich auf jene Menstruierende konzentriert, die durch ihre ungewöhnliche Umgangsweisen sich von dem „normalen“ Umgang mit der Menstruation unterscheiden. Diese Methode kann sich als besonders aufschlussreich für den praktischen Teil der Arbeit erweisen, da die extremen Beispiele im Idealfall dabei helfen können den durchschnittlichen Umgang mit der Menstruation besser zu verstehen, da davon auszugehen ist, dass diese Personen sich im Zuge ihres Bruchs mit der durchschnittlichen Handhabung mit der Menstruation, entweder eine kritische Wahrnehmung dieser Praktiken auszeichnen oder zumindest exkursartig eine Bandbreite der individuellen Handhabungen aufgezeigt werden kann, die unter dem Einfluss der gesellschaftlichen Norm stehen und eigene Umgangsformen und Assoziationen mit der Menstruation entwickelt haben. Die erste Befragte ist eine junge Frau, welche sich durch eine derartige Umgangsweise mit der Menstruation auszeichnet, diese nach Möglichkeit vollständig zu unterdrücken. Dafür nimmt sie die Pille ohne Unterbrechung, was dazu führt, dass sie nur einmal im Jahr menstruiert. Einer der Gründe für diese Umgangsweise sind die starken Schmerzen und die Dauer von über sechs Tagen Menstruation, die sie dazu veranlasst haben, sich für diese Methode zu entscheiden. Generell nimmt
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sie die Menstruation als eine Einschränkung wahr, die mit Schmerzen verbunden ist und lediglich den Nutzen hat, bestätigen zu können, dass keine Schwangerschaft erfolgt ist. Obwohl sie unter den unterschiedlichen, hormonellen Zusammensetzungen verschiedener Pillentypen bereits Nebenwirkungen, wie Tinnitus erfahren hat, sieht sie in dem Medikament kein prinzipielles Risiko.32 Sie gibt an, über weitere mögliche Nebenwirkungen der Pille nicht informiert zu sein. Die Befragte erklärt, dass sie durch diese Methode erleichtert und zufrieden sei, da sie sich durch diese nicht mehr mit der Menstruation befassen müsse. Eine konträre Umgangsweise lässt sich bei der zweiten befragten Frau beobachten, welche die Methode der freien Menstruation betreibt. Dabei handelt es sich, nach ihren Angaben, um eine Methode, die es ihr erlaubt ohne jegliche Menstruationsprodukte auszukommen. Diese Methode kann erlernt werden und funktioniert über das bewusste Erleben der Vorgänge im Körperinneren. Durch das bewusste Wahrnehmen kann ein unkontrolliertes Auslaufen des Menstruationsblutes vermieden werden und rechtzeitig eine Toilette aufgesucht werden, um die Flüssigkeit zu entlassen. Nach ihrer Erfahrung handelt es sich um eine sichere Methode, die Unabhängigkeit von Menstruationsprodukten bietet. Die Befragte äußerte, dass sie ihre Menstruation 32
Die Auswikrungen der Pille, und die generelle Frage um die Verhütung, sind weitere Aspekte, die zwar eng mit der Menstruation verknüpft sind, aber innerhalb dieser Arbeit nicht weiter ausgeführt werden.
weder als unhygienisch oder eklig empfindet und, dass sie in ihrer Methode eine Chance sieht wieder mehr Selbstvertrauen für sich und den eigen Körper zu gewinnen. Obwohl sie hinzufügen muss, dass sie unter Menstruationsbeschwerden leidet, empfindet sie die Menstruation als etwas Erstaunliches, im Anbetracht dessen, was der weibliche Körper der Frau jeden Monat leistet. Sie scheint also ein positivere Haltung entwickelt zu haben. Bei der dritten befragte Person handelt es sich um einen transsexuellen Mann, den ich unter anderem auf die Frage hin interviewt habe, in wie weit sein Menstruationserleben für ihn etwas mit Weiblichkeit zu tun hat. Seine Grundeinstellung gegenüber seinem Körper ist negativ, da er seine Weiblichkeit am liebsten komplett ablegen würde, um ein Mann zu sein. Die Menstruation bedeutet für ihn ein besonderen Tiefpunkt in seiner Selbstwahrnehmung, da sie ihn daran erinnert, dass er einen weiblichen Körper hat. Die Menstruation vor anderen zu verstecken nimmt in diesem Fall eine neue Dimension an, da jegliches Sichtbarwerden auch einen Bruch seines von ihm aufgebauten männlichen Erscheinungsbild bedeutet. Aus diesem Grund ist er darauf erpicht die Menstruation besonders sorgsam zu verstecken und behilft sich dabei mit Tampons. Die Menstruation wird als etwas Weibliches empfunden, weshalb der Wunsch groß ist diese Weiblichkeit durch eine künstliche Hormonzufuhr mittels der Pille, wie bei der ersten befragten Person zu unterbinden.
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Menstruation und Feminismus Ein transsexueller Mann kann als ein lebender Widerspruch zu der Behauptung verstanden werden, die Menstruation sei etwas Weibliches. Dennoch wird diese Behauptung mit der Erwartungshaltung an das weibliche Rollenbild der Gesellschaft in einen Zusammenhang gebracht. Frauenbewegungen, welche unter anderem eine Befreiung der Einschränkungen fordern, welche durch die gesellschaftlichen Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit, kurz: gender, entstehen, machen sich ebenfalls für die damit zusammenhängende Akzeptanz der Menstruation stark. Die Logik der zweiten Frauenbewegung lautet: Frauen würden erst durch die Gesellschaft zu Frauen gemacht, da sie nicht als diese geboren werden würden. Der gesellschaftliche Umgang mit den Geschlechtern mache die Trennung aus.33 Es wird also zwischen biologischem Geschlecht, kurz: sex, und durch die Gesellschaft erlernten und erfahrenen Gender-Vorstellungen unterschieden. So lässt sich die Menstruation als ein biologisch gegebener, normaler Zustand verstehen, welcher durch ein gelerntes Verhalten tabuisiert wird, was Ergebnis einer patriarchalischen Gesellschaftsordnung zu verstehen ist, welche für die Rolle der Frau einen eingeschränkten, vordefinierten Platz einräumt. Die Forderung nach 33
Vgl. Kristina Hohage: 1998, S.20.
Gleichheit von Mann und Frau durch den liberalen Feminismus34 bekämpft ebendiese Unterdrückung der Frau und fordert eine Position für die Frau, die mit der Position des Mannes vergleichbar ist.35 Die Menstruation war und ist in erster Linie ein Thema der Frauen, da der Vorgang auf Grund des Tabus versteckt werden muss. Das Wort Tabu ist polynesischen Ursprungs. „Ta pu“ bedeutet das Außerordentliche, Gekennzeichnete oder etwas von dem Unbefugte Abstand nehmen müssen. Nach polynesischer Sitte besitzt die betroffene Person eine Kraft oder ist von dieser besessen. Diese macht sie unberührbar, wodurch die Person mit besonderem Respekt behandelt werden muss, einerseits aus Verehrung aber andererseits auch aus Angst, da eine Berührung mit der Person, welche dieser Kraft unterworfen ist, als gefährlich angesehen wird.36 Aufgrund dieses historischen Ursprungs eines ritualisierten Umgang mit der Menstruation gibt es die Theorie, die Existenz des Menstruationstabus sei ein Erbe matriarchaler Gesellschaftsformen.37 34 35 36 37
Der liberale Feminismus wird exemplarisch genannt. Auf weitere Strömungen des Feminismus wird nicht weiter eingegangen, im Hinblick auf den Umfang dieser Arbeit. Vgl. Ebd., S.20. Vgl. Ebd., S.31. Vgl. Judith Schlehe: Das Blut der fremden Frauen – Menstruation in der anderen und in der eigenen Kultur, Frankfurt/Main, New York, Campus Verlag. 1987, S.190-197.
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Es wird angenommen, dass das Menstruationsblut als etwas Positives und Heiliges wahrgenommen wurde, welches durch eine rituelle, erhabene Zurückgezogenheit der Frau zum Ausdruck gebracht wurde.38 Es wird des Weiteren angenommen, dass die Entwicklung des Menstruationstabus in Verbindung mit der Unterdrückung der Weiblichkeit wahrscheinlich erst mit der Entwicklung des Patriarchats entstanden sei.39 Zusammenfassend beschreibt dieser Ansatz also, dass die Isolierung der menstruierenden Frau einmal den Ursprung einer positiven, heiligen Praktik hatte, die über die Entwicklung zum Patriarchat eine negative Seite annahm. Um den „richtigen“ Umgang mit der Menstruation stritten sich lange die vorwiegend männlichen Ärzte, weshalb die Menstruation bis zu der Entdeckung des weiblichen Zyklus‘ als Krankheit interpretiert wurde. Dies ist einer der Gründe, woraus die Bezeichnung von Frauen als das „schwächere Geschlecht“ resultierte. Unter dem Vorwand den Frauen helfen zu wollen, wurden widersprüchliche Regeln aufgestellt, wie eine Frau mit ihrer „Unpässlichkeit“ umzugehen habe. Die Frau befand sich bis in die 1960er Jahre unter einem ständigen gesellschaftlichen Druck, sich während der Menstruation in das Haus zurückziehen zu müssen und alltägliche Aktivitäten nicht weiterzuverfolgen, um sich während dieser Zeit „schonen” zu können.40 Das Bild der unpässlichen Frau wurde durch die zweite 38 Siehe Ebd., S.196. 39 Ebd. 40 Vgl. Kristina Hohage: 1998, S.128.
Frauenbewegung, die sich ab Ende der 1960er Jahre dieses Thema aneignete, durch das Bild der aktiven Frau ersetzt, die trotz ihrer Menstruation am Leben teilhaben kann und sich nicht zu schonen braucht. Diese Entwicklung wurde durch verbesserte Intimhygiene-Produkte ermöglicht, welche es erlaubten das Problem zu verstecken. Allerdings kann man behautpen, dass durch die damit einhergehende Wahrnehmung einer nach Außen hin nicht existent scheinenden Menstruation das Tabu weitergeführt wurde. Erst aktuelle Entwicklungen lassen neue Tendenzen in Bezug auf das Menstruationstabu erahnen, da die Vorstellungen seit den 1960er Jahren keine entscheidenden Veränderungen durchlebt haben. Die Kolumnistin Carolin Würfel fasst die Forderung nach einem neuen Umgang mit der Menstruation und nach der Entwicklung verbesserter Menstruationsprodukte in dem kürzlich erschienenen Artikel über eine aktuelle, amerikanische Frauenbewegung, wie folgt zusammen: „Denn es geht letztlich nicht um Blut, sondern darum, dass sich junge Frauen nicht sagen lassen wollen, was gute oder schlechte Weiblichkeit ist.“41 Im Falle der Menstruation ist es entscheidend, diese immer im Kontext des jeweiligen Frauenbildes seiner Kultur oder Zeit zu betrachten, da die gesellschaftliche Stellung der Frau auch die Wahrnehmung der Menstruation beeinflusst. Der Anspruch, die Menstruation als etwas 41
Siehe Carolin Würfel: 2016, S.23.
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Neutrales wahrnehmen zu wollen, ist so gesehen feministisch geprägt, da dieser natürliche Vorgang einer der Gründe zu sein scheint, warum eine Ungleichheit zwischen Mann und Frau weiterhin existiert und der Prozess der Gleichstellung weiterhin stagniert. Die gegenwärtige Frauenbewegung sieht sich immer noch einer nicht vorhandenen Akzeptanz der Menstruation und einer damit verbundenen, tabuisierten Darstellung, sowie dem spärlichen, öffentlichen Diskussionen über diese Thematik konfrontiert, wie das Beispiel des Selbstportraits42 der Zeichnerin und Dichterin Rupi Kaur43 auf Instagram44 beweist. Sie zeigt sich auf einem Bett liegend, dabei ist ihre Körperhaltung von der Perspektive des Betrachters abgewandt. Sie trägt ein weißes Oberteil und eine Jogginghose auf der ein kleiner roter Fleck im unteren Bereich des Gesäß zu sehen ist. Ein weiterer kleinerer Fleck ist neben ihr auf dem Laken des Bettes zu sehen. Dieses Bild wurde von Instagram gesperrt, da es den Gemeinschaftsstandards des Social Media Unternehmens nicht entsprach. Nachdem sich Rupi Kaur öffentlich darüber beschwerte und damit einen „ShitStorm“ auf Instagram 42 43 44
Siehe Abb. Nr.3 und Nr.30. Vgl. URL: www.rupikaur.com/bio, Zugriff am 15.06.17. Instagram ist eine beliebte Social Media Plattform im Internet, die ausschließlich Bilder und Videomaterial zeigt, die dessen Benutzer hochladen.
loslöste, wurde das Bild reaktiviert.45 Rupi Kaur ist eine der bekanntesten Akteure in einer stetig wachsenden Online-Community auf der Social Media Plattform Instagram, die als eine neue feministische Bewegung verstanden wird und an den Erfolgen der Women‘s March Demonstrationen weltweit anknüpft. Es geht ihnen in erster Linie darum, Aufmerksamkeit für Themen wie die Menstruation zu wecken. Kiran Ghandi, die Schlagzeugerin der Sängerin M.I.A.46, die während des Londoner Marathons auf ihren Tampon verzichtete und damit für Aufsehen sorgte,47 aber auch die Gründerin der Menstruationsunterwäsche-Unternehmens „Thinx“ Miki Agrawal48 sind weitere Instagramerinnen mit vergleichbar großer Reichweite. Aber auch im deutschsprachigen Raum finden sich Aktivistinnen, allerdings mit geringerer Reichweite. Ein Beispiel ist „diemenstruationsbeauftragte“ die mittels Illustrationen auf Menstruation und die Forderung nach einer positiven 45 Vgl. URL: http://art-sheep.com/how-ins tagram-censored-rupi-kaurs-photo-of-a-wo man-on-her-period/, Zugriff am 15.6.17. 46 Mathangi „Maya“ Arulpragasam ist eine britische Sängerin und Musikproduzentin, die unter dem Kürzel M. I. A. auftritt, was für Missing in Action steht. 47 Siehe Abb. Nr. 27 und URL: http://www. huffingtonpost.com/entry/kiran-gandhi-ma rathon-tampon-period-shaming_us_55c89e 2fe4b0f73b20b9cf6e, Zugriff am 16.06.17. 48 Siehe Abb. Nr. 31
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Haltung lautstark vertritt. Ein Beispiel ihrer Zeichnungen49 ist eine Hand, welche einen vollgesogenen Tampon umschließt und damit eine Faust bildet, die nach oben gestreckt an andere politische Bewegungen, bspw. der Black Power Bewegung, erinnert. Aber auch auf den ersten Blick weniger einladende Bilder sind beispielhaft für die Vielfalt der Instragram Szene, welche sich der Menstruation widmet, wie ein Selbstportrait50 der Instagramerin „louelle_ louelle_“, in dem diese einen benutzten Softcup präsentiert. In der Bildbeschreibung schreibt die Instagramerin, andere blutverschmierte Menstruationsbilder seien bereits durch Betreiber von Instagram gelöscht oder deren Accounts seien gesperrt worden. Aus diesem Grund sehe sie sich dazu gezwungen, es ihren Vorreiterinnen gleichzutun, um die öffentliche Debatte um das Tabu weiterexistieren zu lassen.
zugibt, die Menstruation sei etwas Natürliches, aber im gleichen Atemzug diese mit den Worten Unauffälligkeit, Schutz, Sauberkeit und Geruchsbildung umschreibt.52
Ein Teil der Diskussion über eine gesellschaftlich akzeptierte Darstellung der Menstruation ist ebenfalls die Kritik von Seiten der Frauenbewegungen an der bereits erwähnten Werbung für Menstruationsprodukte, da die Frauenrechtlerinnen den Vorwurf erheben, die Werbung für Menstruationsartikel würde die Menstruation der Frau „weghygienisieren”.51 Dazu kommt das Bestärken der schon bestehenden Unsicherheiten, da die Werbung einerseits
Es ist entscheidend, dass es diese Bewegungen gibt, die der öffentlich anzutreffenden Darstellung der Menstruation etwas Realitätsnähe zurückzugeben, allerdings ist die Reaktion auf solche schockierenden Bilder absehbar. Für Gegner feministischer Bewegungen können die schockierenden Bilder gerade zu ein „gefundenes Fressen“ darstellen, um die Frau erneut als etwas Rückständiges, Unzivilisiertes und dem Mann Unterliegendes zu erklären. Die Scham wird womöglich auch gerade bei einigen Frauen durch das Reproduzieren des Ekels weiter bestärkt. In Anbetracht dessen, dass es Zeit in Anspruch nehmen kann, sich an das eigene Körpersekret zu gewöhnen. Hinzukommend kann Menstruationsblut anderer Frauen ebenfalls ganz anders ganz anders wahrgenommen werden. Es äußern sich Zweifel an der Wirksamkeit dieser Darstellungen und dem damit verbundenen Wunsch, die Menstruation endlich gesamtgesellschaftlich als etwas Normales verbreiten zu wollen. Im schlimmsten Fall kann es sogar das tiefverwurzelte Tabu bestärken, welches erneut verwendet werden kann, um die Frau im Allgemeinen zu entwerten.
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Siehe Abb. Nr. 32 Siehe Abb. Nr. 33. Vgl. Sabine Zinn-Thomas: 1998, S.48.
Vgl. Ebd., S.50.
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Was ist die Aufgabe der Designer*in? Wie lässt sich aus gestalterischer Perspektive auf diese Unsicherheiten antworten? Ist es überhaupt anzunehmen, dass Design Einfluss auf den Extremfall der zutiefst intime Ebene der Körperscham und des Ekels nehmen kann? Die heutige Darstellung der Menstruation und die damit verbundene Wahrnehmung zu erfassen, ist ein wichtiger Schritt, um eine mögliche Einflussnahme zu erwägen, mit dem langfristigen Ziel, das Erscheinungsbild der Menstruation als einen neutral wahrzunehmenden Vorgang zu etablieren. Ein weiterer wichtiger Ansatz ist die Analyse des historischen Umgangs mit der Menstruation und die Entwicklung von Menstruationsprodukten, da sich an diesen Beispielen eine funktionierende Einflussnahme des Gestalters ablesen lässt.
Designkriterien In der positiven oder neutralen Wahrnehmung der Menstruation liegt die Chance, das Wohlbefinden und das damit verbundene Selbstwertgefühl der Menstruierenden zu stärken. Wird die Menstruation nicht als schambehaftete Einschränkung, sondern anerkennend betrachtet, könnte es ebenfalls einen schmerzlindernden Effekt beinhalten. Die Ergebnisse einer Untersuchung des „Prämenstruellen Syndrom“53, kurz: PMS, 53
Das „prämenstruellen Syndrom“, kurz PMS, ist eines der am meisten verbreiteten gynäkologischen Beschwerdebildern. Damit sind ist ein Zeitraum vor den Beginn der eigentlich Menstruationsblutung gemeint. Während dieser Phase des Zyklus können eine Vielzahl von körperlichen und psychischen Beschwerden auftreten, wie
aus dem Jahr 1991 lassen sich vermutlich auch auf die Menstruation anwenden, da es in beiden Fällen um einen hormongesteuerten, physischen Vorgang handelt, welcher in einer wechselseitigen Beziehung mit dem psychischen Zustand steht. Das PMS lässt sich laut Forschungsbericht der Studie durch eine jeweilige psychisch positiv, wie auch negativ wahrgenommene Grundverfassung die Intensität des Unwohlseins abmildern oder steigern.54 Man kann demzufolge davon ausgehen, dass ein Fortbestehen des Menstruationstabus das Unwohlsein, welches durch PMS aber auch durch die Menstruation hervorgerufen werden kann, begünstigt. Langfristig gilt es, das Unwohlsein, welches sich durch den Körperscham verstärkt, als etwas nicht Notwendiges zu erklären und damit mehr Wohlbefinden durch Akzeptanz der eigenen Körpervorgänge, weniger gesellschaftlichen Erwartungsdruck und damit auch weniger traumatischen Erfahrungen mit der Menstruation zu erreichen. Das Erleben der Menstruation ist also bedingt durch das Zusammenspiel des Körpers, sowie des Geistes.55 etwa Unterleibsschmerzen, Müdigkeit, Reiz barkeit, oder gar Depressionen, um nur einige Beispiele zu nennen. Vgl. URL: https:// www.frauenaerzte-im-netz.de/de_preamen struelles-syndrom-was-ist-das-praemenst ruelle-syndrom-pms-_1092.html, Zugriff am 17.06.17. 54 Vgl. Eva Maria Schepers: Emotions-und kognitionspsychologische Aspekte im Erleben des weiblichen Zyklus, Eva Maria Schepers; Gisla Gniech, In: Bremer Beiträge zur Psychologie, Dr. Thomas Kieselbach(Hg.), Universität Bremen, 1991, S.9. 55 Vgl. Ebd., S.2-3.
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Einer der Gründe für das Unwohlsein kann die psychische Belastung, hervorgerufen durch die Scham für die eigene Menstruation, sein. Einen Teil zur Existenz der Körperscham in Bezug auf die Menstruation könnte ebenfalls die Differenz der idealisierten, gesellschaftlich akzeptierten Darstellung der Werbung im Verhältnis zu der nicht diesem Ideal entsprechenden Realität beitragen. Einer Realität der Menstruation, welche als etwas Ekliges und Schambehaftetes wahrgenommen wird. Das Gefühl der Scham und des Ekels sind als ein zusammenhängender Prozess zu verstehen, und ein Grund, weshalb sich das Menstruationstabu festigen konnte. Aus einer phänomenologischen Definition56 der Scham, sowie des Ekels geht hervor, dass jegliches Körpersekret, wie z.B. das Menstruationsblut, nur im jeweiligen Kontext als ekelhaft verstanden wird. Als Beispiel wird ein verschmutzter Schuh genannt, der auf dem Boden keine Ekelreaktion auslöst. Auf dem Esstisch wird dieser dann doch als störend und ekel erregend angesehen. Dieses Beispiel lässt sich ebenfalls auf Menstruationsartikel, wie beispielsweise benutze Tampons anwenden. Im Mülleimer befindend, oder leider auch 56
Christine Pernlochner-Kügler: Körperscham und Ekel – wesentlich menschliche Gefühle (Philosophie Bd.51), Münster, Lit, 2004, S.31f.
häufig die Toilette hinuntergespült,57 lösen diese selten so starke Ekelgefühle aus, wie beispielsweise auf dem Boden neben dem Mülleimer. Ekel ist also immer eine Frage des Kontextes. Wenn es sich nicht an einem vorgeschriebenen routinierten Umgang mit ekelbehafteten Sekreten oder Vergleichbarem gehalten wird, kann das Ekel auslösen. Das Problem bei der Menstruation ist nur, dass es keinen richtigen oder gar „natürlichen“58 Umgang mit ihr gibt, außer, dass sie den Eindruck erwecken soll nicht zu existieren, indem sie versteckt und nicht thematisiert wird. An diesen Kodex scheinen sich viele Betroffene zu halten, sonst wären beispielsweise die Reaktionen auf das Mitteilen der Existenz von Menstruationsblut auf Instagram keine Seltenheit, wie es heute der Fall ist. 57 „Tampons oder OBs sind eine häufige Ursache für eine Verstopfung. Gerade in sanitären und vor allem öffentlichen Berei chen werden oftmals sorglos Tampons in der Toilette entsorgt. Tampons bestehen in der Regel aus Baumwolle und sind, ihrem Nutzen entsprechend, hervorragend dazu in der Lage, Flüssigkeiten aufzunehmen. Die Flüssigkeit sammelt sich in den Zwischen räumen der Baumwolle und der Tampon vergrößert dadurch sein Volumen. So vollgesogen und in Kombination mit dem Faden, verhakt der Tampon sich oftmals im Abflussrohr und bietet dadurch wiederum anderem Schmutz die Gelegenheit, amTam pon hängenzubleiben und die Verstopfung zu verstärken.“, Siehe: URL: http://www. rrr24.de/faq/rohrverstopfung/toilettenab fluss-verstopft-tampons-obs/, Zugriff am 16.06.17. 58 Siehe Sabine Zinn-Thomas: 1998, S.10.
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Ekel geht mit dem Gefühl der Scham einher. Scham- und Ekelgefühle gehören streng genommen immer zusammen, da Scham nicht ohne den Ekel der Anderen existieren kann. Scham ist immer ein Gefühl der Schwäche gegenüber dem Anderen.59 Das Gefühl der Scham, welches die Betroffene während ihrer Menstruation empfindet, wenn beispielsweise Blut an der Binde vorbeigelaufen ist und sichtbar wurde, kann wiederum ein Ekelgefühl bei anderen, die sich im selben Raum wie die Betroffene aufhalten, auslösen. Aus diesem Grund schämt sich die Betroffene. Es könnte aber auch der Fall sein, dass niemand anderes sich im Raum befindet. Die Betroffene muss also alleine mit der ausgelaufenen Binde umgehen. In diesem Fall kann es trotzdem sein, dass sich die Betroffene schämt, da Scham auch nicht nur durch den unmittelbar geäußerten Ekel der anderen empfunden werden kann. Allein der Gedanke daran, dass sich jemand anderes ekeln könnte, verursacht Schamgefühle. Sich jeden Monat für sein Menstruationsblut schämen zu müssen, hat einen nicht zu vernachlässigen Einfluss auf das Selbstwertgefühl und kann ein Grund sein, warum Frauen nicht mit dem Menstruationstabu brechen können. Zusätzlich muss die Menstruation im kulturellen Kontext als ein Prozess verstanden werden, dessen gesellschaftliche 59
Vgl. Christine Pernlochner-Kügler: 2004,S.31.
Akzeptanz sich in einem stetigen Prozess befindet. Wie sollte also mit dem Menstruationsblut umgegangen werden? Wenn das Blut als die zentrale Ursache für den Scham und den Ekel verstanden wird, ist es nachvollziehbar, dass in den bisherigen Bemühungen zum Thema der Menstruation in erster Linie die Frage nach dem Umgang, oder direkter formuliert, nach der Art geforscht wurde, wie das Blut aufzufangen oder möglichst schnell zu entsorgen ist.
Entwicklung der Menstruationsprodukte Es lässt sich zwar davon ausgehen, dass sich Frauen seit jeher mit meist selbst erstellten Improvisationen im Falle der Monatsblutung beholfen haben, wie es das Beispiel eines mit Papyrus Papier umwickelten Holzstückes im antiken Ägypten aufzeigt.60 Der Fokus dieser Ausarbeitung der Designgeschichte der Menstruationsprodukte grenzt aber einen grober Zeitraum der Industrialisierung bis zur Neuzeit ein. Da außerdem weniger eine zufällige Materialverfügbarkeit oder einem Improvisationstalent von Interesse dieser Arbeit sind, handelt diese Arbeit eher von der Frage, wie Menstruation bisher für die breite Masse gestaltet wurde. 60
Vgl. URL: http://www.mum.org/neues5.htm, Zugriff am 28.06.17.
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Bei der Auswahl der Produkte handelt es sich um die chronologisch angeordneten Beispiele des Bindengürtels, der Binde, des Tampons, der Menstruationstasse und einigen aktuellen Design Konzepten, welche zukünftige Tendenzen erahnen lassen. Die Binde61 der Verbandstoff-Fabrik „Paul Hartmann“ wurde bereits 1885 in einem „Zentralblatt der Gynäkologie“62 erwähnt und in Anbetracht dessen, dass es damals nur wenigen Bindennutzerinnen gab, stellte diese Binde zum Anschnallen, dem BindenGürtel, eine Neuheit dar. Die meisten Frauen fanden sich mit selbstgenähten Einlagen aus Reststoffen zurecht oder verzichteten komplett auf Hilfsmittel und „zogen eine Blutspur hinter sich her“63, was wahrscheinlich eine Übertreibung ist, und lediglich das Unwissen über die Handhabung der damaligen menstruierenden Frauen aufzeigt, die keinen Zugang zu modernen Binden hatten. Die funktionalen Anforderungen der Binde wurden bereits Ende des 19. Jahrhunderts so beschrieben, dass diese sich kaum mehr von der Heutigen unterscheiden: „Die Binde soll sich genau der Körperform anschmiegen. (...) Das Auffangmaterial muß derartig sein, daß es möglichst viel Blut aufnimmt, aber zugleich etwaigen üblen Geruch zerstört. Es muß durchaus unschädlich sein und eine 61 Siehe Abb. Nr. 37 62 Sabine Hering: 1991, S.36. 63 Ebd.
weiche Beschaffenheit haben. (...) Eine durchlässige untere Gummieinlage muß vor Beschmutzung sichern. (…) Die Befestigung eines solchen Kissens soll derartig eingerichtet sein, daß es unbedingt sicher sitzt (…) Es muß nach Durchtränkung leicht abgenommen und durch ein neues ersetzt werden können. Da der Preis einer solchen Menstruationsbinde, von der man nur ein Exemplar braucht und der Kissen, die man natürlicherweise in größerer Anzahl (mindestens einige Dutzend) zulegt, ein sehr mäßiger ist, so können selbst wenig bemittelte Frauen sich eine für ihre Existenz wichtige Wohltat verschaffen.“64 Es handelte sich also um eine mehrfach nutzbare Binde mit austauschbarer Einlage, die im obigen als Kissen bezeichnet wurde. Wenig später bringt selbige Fabrik eine der ersten Wegwerfbinden mit dem Namen „Mulpa“65 heraus. Die „Mulpa“ Binde wird mehr und mehr vom Markt angenommen, da sie durch die Einmalnutzung eine besondere Reinheit ausstrahlt und damit auch praktikabel wirkt.66 Trotzdem wird der einmalige Gebrauch auch kritisch gesehen, da die Entsorgung sich als schwierig darstellt, da sie zu groß ist, um in den „Abort“ geworfen zu werden und nur in einem „tüchtigen Feuer“ verbrannt werden kann.67 64 65 66 67
Ebd., S.37-38. Siehe Abb. Nr. 38 Vgl. Sabine Hering: 1991, S.61. Siehe Ebd., S.63.
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1926 erobert die Binde „Camelia“68 den Markt, was unter anderem an einer Werbekampagne, mit der iconischen Figur der Kameliendame, welche einen großen Wiedererkennungswert hatte, gelegen haben.69 Die „Camelia“ Binde überzeugte außerdem durch ihren niedrigen Preis und ihre Praktikabilität, womit sie das Zeitalter der moderneren Menstruationsprodukte einleitete.70 Die Weiterentwicklung der „Camelia“ Binde sah als nächstes einzeln verpackte Binden für die Reise, danach die Sportbinde in den 40er Jahren und in den 50er die „Camelia Standard“ vor, die sich durch den Einsatz von Vlies als Einschlagmaterial deutlich abflachen konnte. Ab den 70er Jahren gab es die erste „Camelia“ mit Klebeunterlage, danach „Camelia mini“ für schwächere Blutungen und Slipeinlagen.71 Die bekanntesten Menstruationsartikel der 50er Jahre waren die „Camelia“ Binde und der „o.b.“ Tampon, welcher anders als sein amerikanisches Vorbild, ohne Papphülse als Einführhilfe auskam, da der Tampon in Deutschland in den 40er Jahren so konzipiert wurde, dass dieser mit dem Finger einzuführen ist.72 Der Tampon wurde schon 1931 in Amerika erfunden und mit dem Namen „Tampax“ patentiert.73 Die Marke „o.b.“74 brachte 1950 den Tampon erstmalig auf den deutschen Markt. Zu Anfang galt dieser wegen nicht geklärten medizinischen Bedenken im Falle der Infizierung durch sich selbst, aber auch 68 69 70 71 72 73 74
Siehe Abb. Nr. 39 Vgl. Sabine Hering: 1991, S.72. Vgl. Sabine Zinn-Thomas: 1998, S.39. Vgl. Ebd., S.42. Vgl. Ebd., S.41. Siehe Ebd. Bedeutung: ohne Binde.
wegen dem Verdacht der Verletzung des Jungfernhäutchen und der Verleitung zur Masturbation als umstrittenes Produkt.75 Aus diesen Gründen waren die ersten Abnehmer nur wenige, ältere Frauen, Schauspielerinnen oder Tänzerinnen, welche die neu erworbene Beinfreiheit durch den Tampon schätzen.76 Der Tampon, das „Aufsaugmaterial im zusammengepressten Zustand“77 wurde nun nach amerikanischem Vorbild, wie andere Menstruationsartikel auch, in Zeitschriften beworben. In den 60er Jahren wurde die Größe „super“, in den 70ern die Größe „super plus“ und in den 80ern „mini“ auf den Markt gebracht. In den 90ern wurde „o.b.“ von „Johnson & Johnsen GmbH“ übernommen und hat es in den 2000ern mit 85 Prozent auf dem Tampon Markt zum Marktführer geschafft.78 Die bereits genannten, aber auch die gegenwärtigen Menstruationsprodukte, lassen in zwei Kategorien aufteilen. Die eine Kategorie der Tampons und Binden, wie auch Menstruationsschwämmchen, funktioniert nach dem Prinzip, das Blut aufzusaugen und in deren Faserstruktur zu aufzunehmen. Die zweite Kategorie dagegen ist im Stande das Blut aufzufangen, wie im Falle der Menstruationstasse, welche bereits im Jahr 1937 in Form eines Patents angemeldet wurde,79 aber erst in den letzten zehn Jahren Aufmerksamkeit erlangt hat. Die Menstruationstasse speichert das Menstruationsblut in ihrer Form so lange, bis diese manuell entleert und erneut eingesetzt werden kann. 75 76 77 78 79
Vgl. Sabine Hering: 1991, S.113. Vgl. Sabine Zinn-Thomas: 1998, S.39. Vgl. Sabine Hering: 1991, S.122. Vgl. Sabine Zinn-Thomas: 1998, S.42. Siehe Abb. Nr. 43.
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Ihr Vorgängerprodukt, der „Catamenial Sack“80 wurde bereits 1867 patentiert, konnte sich durch seine komplizierte und vermutlich schmerzhafte Anwendung allerdings nie wirklich durchsetzen. Die weitaus weniger schmerzhafte und praktikablere Menstruationstasse konnte im Gegensatz zur starken Beliebtheit der Binde keine Erfolge erzielen. Der starke Mangel an Gummi verhinderte auch einen Produktionsversuch der Menstruationstassen in den 1950er Jahren. Zumal die Menstruationstasse in ihrem damaligen Entwicklungsstadium nicht angenommen wurde, da sie aus einem zu starren, schweren Material bestand, und die Zielgruppe schon Schwierigkeiten hatte sich an das Einführen des wesentlich kleineren Tampons zu gewöhnen. Hinzu kommt, dass das Konzept der ersten Modelle eine Position der Menstruationstasse weiter unten in der Vagina vorsah, statt weiter in Richtung Muttermund, welches eine weniger spürbare Position ist. Gegenwärtige Menstruationstassen werden seit den 80er Jahren meist aus dem deutliche weicheren und elastischeren, medizinischen Silikon hergestellt.81 80 81
Siehe Abb. Nr. 42. Vgl. URL: https://www.menstruationstasse. net/geschichte, Zugriff am 18.06.17.
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Aktuelle Designkonzepte Gegenwärtig und zukünftig wird der Umgang mit der Menstruation immer interessanter für Designer*innen und Gestalter*innen, was sich anhand aktueller Designkonzepte festmachen lässt. Das Beispiel „Flex“, eine Menstruationsscheibe, welche vom US amerikanischen Start-up „The Flex Company“ seit August 2015 entwickelt und zur Marktreife gebracht wurde,82 setzt sich mit seinem neuartig erscheinenden Design für die Konsumentin ein und verspricht mit dem Slogan „Live like you‘re not on your period“83 ein Gefühl der Unbeschwertheit, welche die Situation und Schmerzen nach wie vor beschönigt, wie auch schon in der Tampon- und Bindenwerbung festgestellt wurde. Bei „Flex“ handelt es sich um eine Art Diaphragma oder „Soft Cup“, welches einen fleckenfreien Geschlechtsverkehr während der Periode ermöglicht, aber auch als generelles Einwegintimhygiene-Produkt verwendet werden kann. Die Corporate Identity84 von „Flex“ zeigt eine Möglichkeit, sich gezielt von dem Mainstream der Intimhygiene-Produkte abzuheben. Die Kolumnistin Carolin Würfel bezeichnet das Produkt als „eher elegant bis protzig“.85 Ein 82 Siehe URL: https://www.crunchbase.com/ organization/the-flex-company#/entity, Zugriff am 09.05.2017. 83 Siehe URL: https://flexfits.com, Zugriff am 27.04.2017. 84 Siehe Abb. Nr. 44. 85 Carolin Würfel: 2016, S.23.
weiteres Beispiel ist die menstruationssichere Unterwäsche „Thinx“, welche von der Zeitschrift „Time“ als eine der besten Erfindungen des Jahres 2015 gekürt wurde.86 Die bereits erwähnte Instagramerin Miki Agrawal ist eine der Gründerinnen der Unterwäschemarke, welche in New York verortet ist und in Sri Lanka produzieren lässt. Durch mehrfache Lagen aus Nylon schafft es diese87 Unterwäsche, laut der Firma „Thinx“, die Blutmenge von bis zu zwei Tampons aufzunehmen.88 Anders als Binden soll diese Unterwäsche zusätzlich dazu im Stande sein, der Benutzerin nicht das Gefühl einer nassen Windel zu geben. „Thinx“ Unterwäsche bleibt bei richtiger Anwendung oberflächlich trocken, da das Blut in die Zwischenlagen geleitet wird. Anders als die „Flex Company“ schreibt sich die Firma „Thinx“ Nachhaltigkeit vor. Die verschiedenen Slip Modelle sind aus diesem Grund waschbar und wieder einsetzbar, was auch den relativ hohen Preis von 20 bis 30 Euro erklärt.89 Die Corporate Identity90 der Marke „Thinx“ setzt innerhalb seiner Branche neue Maßstäbe. Durch sehr modische, stark reduzierte Bilder schafft es „Thinx“ feministische Aussagen mittels 86 Siehe URL: http://time.com/4115398/best-in ventions-2015/, Zugriff am 19.06.17. 87 Siehe URL: https://www.shethinx.com/pro ducts/hiphugger-panties, Zugriff am 19.06.17. 88 Vgl. ebenfalls URL: https://utopia.de/thinx der-umweltbewusste-slip-mit-gu tem-zweck-13074/, Zugriff am 19.06.17. 89 Ebd. 90 Siehe Abb. Nr. 45.
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Metaphern anzudeuten. Es wird indirekt auf die weiblichen Geschlechtsorgane oder den Zyklus durch den Vergleich mit aufgeschnittenen Früchten oder, wie in Abb. 45 zu sehen, mit Eiern angespielt. Damit verleiht die Firma „Thinx“ seinen Produkten, welche ohne diese Inszenierung wie „normale“, unspektakuläre Unterwäsche wirken, eine gewisse Wertigkeit, Eleganz aber auch jugendliche Frische und weniger eine Assoziation mit dem veralteten, medizinisch und hygienischen Bild vergangener und gegenwärtiger Menstruationsprodukte. Allerdings trägt das erneute NichtErwähnen mittels einer rein abstrahierten oder metaphorischen Darstellung zu einer Entnormalisierung der alltäglichen Menstruationserfahrung bei, da diese Darstellungen den bereits erwähnten Bildern der gegenwärtigen Werbung für Menstruationsartikeln im Kern durch das „Verschleiern“ der tatsächlichen Situation ähneln. Die Firma engagiert sich ähnlich wie die meisten Produzenten von Menstruationsartikeln auch in sozialen, aufklärerischen aber auch emanzipatorischen Angelegenheiten. Ein Teil des Erlöses von jedem gekauften „Thinx“ Slip geht beispielsweise an die Organisation Afripads, die Frauen in Uganda den Zugang zu wiederverwendbaren Binden ermöglicht.91 91
Siehe URL: https://www.shethinx.com/pa-
Ein weiteres Beispiel ist ein KickstarterKonzept mit dem Namen „Looncup“92, es soll der Menstruierenden erlauben mehr Kontrolle und mehr Wissen über ihre Zyklus Gesundheit durch die damit verbundene Menstruationsblutung zu erlangen. Auf Looncups Kickstarterkampagne präsentiert sich das Startup mit einem visionären Konzept, dass die Bedeutung der Menstruation neu definieren möchte.93 Das Konzept erlaubt es, durch den in der Menstruationstasse integrierten Sensor, die Menge und die Farbe des Menstruationsblutes analysieren zu lassen, sich mittels einer App darüber zu informieren und einen Gesamtüberblick über die Regelmäßigkeit des Zyklus‘ zu erstellen, damit beispielsweise vor Beginn der Menstruation rechtzeitig informiert werden kann oder, wenn die Menstruationstasse vollgelaufen ist, durch eine „Push“-Nachricht auf dem Smartphone, diese rechtzeitig entleert werden kann. Das Projekt erlangte bereits über 100.000 US Dollar bei einem Ziel von 50.000 US Dollar und soll 2017 auf den Markt kommen.94
ges/about-us/, Zugriff am 01.07.17. 92 Siehe Abb. Nr. 46. 93 Siehe URL: https://www.kickstarter.com/ projects/700989404/looncup-the-worlds first-smart-menstrual-cup, Zugriff am 28.06.17. 94 Siehe URL: https://www.woman.at/a/loon cup-menstruationskappe-app, Zugriff am 28.06.17.
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Fazit Nach intensiver Beschäftigung mit den Entwicklungen, welche die Darstellungen der Menstruation bis in die heutige Zeit durchlaufen haben, lässt sich beobachten, dass ein Menstruationstabu weiterhin existiert und den individuellen Umgang mit der Menstruation maßgeblich beeinflusst. Aber auch die Zielsetzung, durch eine neue visuelle Sprache gestalterisch auf die Wahrnehmungen der Menstruation so einzuwirken, dass diese als etwas Neutrales wahrgenommen werden kann, ist eine Aufgabe, die als vermutlich langwieriger Prozess verstanden werden muss, da kulturell geprägte Vorurteile Zeit brauchen, um grundlegende Änderungen zu erzielen. Die Darstellungen, wie sie in der Werbung verwendet werden, zeigen jedoch, dass Einfluss von Seiten der Gestalter*innen möglich ist. Da das Anliegen der Werbung allerdings nicht in der Aufklärung liegt, wird jenes Medium weiterhin das Tabu und damit verbundene gesellschaftlich akzeptierte Wahrnehmung der Menstruation reproduzieren. Im Gegensatz zur Werbung
ist es ein Anliegen der Frauenbewegungen, ebendiese Darstellungen der Werbung durch eigene, realitätsnahe Darstellungen zu widerlegen und damit eine öffentliche Diskussion einzufordern. Auf eine öffentliche Diskussion zu bestehen, ist ein wichtiger Schritt, um mit dem Tabu der Menstruation zu brechen und ein Umdenken zu fördern. Eine öffentliche Auseinandersetzung hat zur Folge, dass Forderungen nach besseren Menstruationsprodukten ebenfalls zunehmen. Eine größere Produktvielfalt sowie ein deutlicher Anstieg der Qualität der Konzepte ist zu beobachten. Das wiederum hat dann den positiven Nebeneffekt, dass deutlich mehr und anders über die Menstruationsthematik berichtet, aufgeklärt und diskutiert wird. Denn die Frage nach einem pragmatischen, nachhaltigen Umgang mit der Menstruation setzt eine gewisse Akzeptanz gegenüber der Thematik voraus. Langfristig ist eine Annäherung an eine neutrale Wahrnehmung der Menstruation also ein mögliches Ziel. Durch eine Analyse einiger Beispiele von Menstruationsprodukten der letzten 200
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Jahre lässt sich beobachten, dass letztendlich die Produkte, welche sich durch eine leichtere Bedienung von anderen Produkten unterschieden, von der breiten Masse angenommen wurden. Der zukünftige Umgang mit der Menstruation sollte also einen einfachen, selbstbewussten und kontrollierten Vorgang erlauben, der ebenfalls Raum für ein individuelles Menstruationserleben lässt. Eine positive Besetzung der Menstruation könnte durch ein verbessertes Produkt, die meist als negativ wahrgenommene Handlung langfristig so verändern, dass diese als etwas Neutrales angenommen wird. Idealerweise könnte der gestaltete Umgang mit der Menstruation diese sogar langfristig zu einem positiven Erleben umwandeln, in Anerkennung an den einzigartigen, zyklisch verlaufenden Kraftakt, welcher sich in jeder Frau jeden Monat wiederholt.
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Konzept Durch die designhistorische Herangehensweise sowie der Analyse der aktuellen Menstruationsproduktpalette hat es sich als hilfreich herausgestellt, die Vielfalt der Produkte in zwei Kategorien einzuteilen.95 Die zwei Kategorien unterscheiden sich durch ihre unterschiedlichen Wirkprinzipien. Die eine Kategorie nimmt das Blut in ihrer Faserstruktur auf, die Andere fängt das Blut durch ihre Form. Ein Ansatz ist es die zwei Wirkprinzipien durch eine dritte Option zu erweitern. Die Erfindung einer dritten Kategorie, in welcher das Blut nicht nur aufgehalten sondern auch freigegeben werden kann, ist zwar keine Neuentdeckung,96 dennoch scheint die Idee noch nicht weit verbreitet zu sein. Die Benutzung der Menstruationstasse der Firma „Aiwo“, welche bereits über ein integriertes Ventil verfügt, erweist sich bei näherer Analyse als riskant, da das ungewollte Öffnen des Ventils durch eine „falsche“ Bewegung keine Seltenheit darstellt. Bei einem gut funktionierenden Ventil ergeben sich aber auch Chancen, da ebendieses sich besonders 95 Wie es bereits im Kapitel über die Entwicklung der Menstruationsprodukte erwähnt wurde. 96 Die Menstruationstasse des Herstellers „Aiwo“ verfügt bereits über ein Ventil, welches sich manuell betreiben lässt, vgl. URL: https://www.amazon.de/Menocup-AI WO-Menstruationstasse-mit-Auslauf/dp/ B01EGKLXRS, Zugriff am 02.07.17.
an Frauen eines fortgeschrittenen Alters richten kann, denen jene handelsüblichen Menstruationstassen auf Grund des zu geringen Auffangvolumens schlicht zu klein sind. Während der Analyse der Interviews und Gespräche97 mit jüngeren Frauen fiel auf, dass die Frauen, welche als Verhütungsmittel die Kupferspirale ohne Hormone verwenden, ebenfalls eine Zielgruppe darstellen können. Da man bei dieser Gruppe, ähnlich wie bei Frauen, die bereits eine Geburt hinter sich haben, von einer deutlich erhöhten Menge an Menstruationsblut ausgehen kann, welche die Kapazität der meisten Menstruationstassen übersteigt. Doch für die jüngeren Zielgruppe ist die Dimension der Menstruationstasse des Herstellers „Aiwo“ zu groß, sodass während des Tragens sich das am unteren Ende befindende Ventil, entweder aus der Vagina herausragt, was als äußerst unangenehm beschrieben wird98 oder aus Versehen durch Anspannen ebendieser Muskulatur, aktiviert werden kann, auf Grund der Tatsache, dass das Ventil sich im Bereich der Beckenbodenmuskulatur aufhält, da diese Menstruationstasse für jene Benutzerinnen schlicht zu lang 97 Siehe Gesprächsrunde vor einer „Regel Recht“ Veranstaltung in Kiel im Anhang. 98 Vgl. Bewertungskommentare, URL: https:// www.amazon.de/Menocup-AIWO-Menst ruationstasse-mit-Auslauf/dp/B01EGKLXRS, Zugriff am 02.07.17.
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ist und weiter oben in der Vagina sitzen müsste. Wenn das Ziel die Erfindung einer Möglichkeit ist, das Menstruationsblut im richtigen Moment herauslaufen zu lassen, erschließt sich nicht die Notwendigkeit eines Fassungsvermögens für das Blut in der Vagina. Die Vagina an sich könnte bereits als Volumenkörper verstanden werden, welche das Blut speichert. Diese Annahme reduziert das zu entwerfende Produkt auf die Funktion, das herunterlaufende Blut bereits in der Vagina aufzuhalten und als zusätzliche Funktion freigeben zu können. Das Konzept ist also einen Schließmechanismus zu gestalten. Durch die weitere Erkenntnis, welche beim Analysieren der aufgezeichneten Gesprächsrunden,99 dass die öffentliche Toiletten einen äußerst problematischen Ort für die Benutzung einer Menstruationstasse darstellen kann, da für das Säubern der Menstruationstasse vor dem erneuten Einsetzen ebendieser, der private Raum der Toilettenkabine verlassen werden muss. Das Waschen in den häufig auch für beide Geschlechter vorgesehenen Spülbecken wird als etwas Entblößendes 99
Siehe Gesprächsrunde vor einer „Regel Recht“ Veranstaltung in Kiel im Anhang.
und einen höchst umständlichen Vorgang empfunden, da andere Personen, bzw. das männliche Geschlecht, die Säuberung der Menstruationstasse sehen könnten, was die bereits benannten Scham- und Ekelgefühle bei allen Beteiligten auslösen kann. Der zu entwickelnde Schließmechanismus könnte die bereits beschriebene, komplizierte Handlung, die eine Menstruationstasse voraussetzt, auf eine einfachere und schnellere Interaktion reduzieren, welche diskret, um bei dem Beispiel der Toilettenkabine zu bleiben, erledigt werden kann. Das Konzept sieht des Weiteren die Entwicklung einer Interaktion vor, welche es der Benutzerin ermöglicht die Öffnung des Ventils zu aktivieren, ohne dieses manuell zu betätigen. Die Freiheit das Produkt im Inneren nicht Berühren zu müssen, um das Herauslaufen des Menstruationsblut in Gang zu setzen, hat gerade auf der bereits genannten öffentlichen Sanitäranlage den entscheidenen Vorteil, dass die Interaktion möglichst „sauber“ verläuft, da die eine dementsprechende Hygiene in öffentlicher Toiletten oft nicht anzutreffen ist.
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Entwurf Vagina Eine Herausforderung dieses Projekts ist die Darstellung der korrekten Anatomie der Vagina, in welcher sich das Produkt bei Benutzung befinden soll. Die Erstellung einer möglichst anatomisch korrekten, durchschnittlichen Vagina wirft ergonomische Fragen auf. Da es einerseits schwierig ist die korrekten Ausmaße zu erfassen, und die daraus resultierende durchschnittliche Form einer Vagina zusätzlich vermutlich keinen Nutzen für die Entwicklung eines dort gut sitzenden Produkt hat, da Durchschnittswerte selten dem einzelnen Individuum genügen. Um diese Hürde zu umgehen, hat es sich als sinnvoll herausgestellt, den Anwendungsort nicht einer anatomischen Korrektheit anzupassen, sondern Erkenntnisse über die Größenverhältnisse von den schon existierenden Menstruationsprodukten zu beziehen. Die Erstellung einer Skala100 vom kleinsten Radius, dem eines Tampons
bis hin zu einem Diaphragma erstellt einen Handlungsspielraum, welcher die Form eines Trichters101 annimmt. Dieser kann als Versuchsumgebung für das zu entwerfende Produkt dienen. Die Frage nach der Größe des zu entwickelnden Produktes mit den handelsüblichen Produktgrößen zu beantworten schien dabei als einen schlüssige Heransgehensweise. Bei dem Versuch diesen Trichter den Eigenschaften der Schleimhaut der Vagina anzupassen, schien es als angemessen, ein transparentes, weiches Silikon zu verwenden, da dieses einerseits das Beobachten der Versuche im Inneren ermöglicht und zum anderen die Flexibilität imitiert, welche unter anderem hilfreich ist, um den Moment des vollständigen Verschließens darzustellen, da sich das Produkt so besser „einhakt“ , was ebenfalls im Beispiel der Anwendung von Menstruationstassen oder dem Diaphragma ein bewährtes Verfahren ist, von dem die Benutzerin ebenfalls nur bei übertriebener Überdehnung der Schleimhaut etwas spürt.
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Siehe Abb. Nr. 36, 49-51.
Siehe Abb. Nr. 36, 49-51.
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Ventil Das Ventil soll der Benutzerin das Herauslassen des Menstruationsblutes auf einer Toilette ermöglichen, dabei ist die Analyse der Menstruationstasse „Aiwo“, welche wie bereits erwähnt über ein Ventil verfügt, aufschlussreich, da diese über einen langen „Hals“ verfügt, um bei idealer Benutzung das Blut direkt aus der Öffnung der Vagina zu leiten, damit das Blut nach Möglichkeit nicht an der Schleimhaut im inneren der Vagina herunterlaufen muss, da dieser Bereich äußerst unangenehm zum Abwischen mit Toilettenpapier ist, was bedeuten kann, dass das restliche Blut nach einer gewissen Zeit hinunterlaufen kann und erst von der Unterwäsche aufgefangen
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wird. Die Herausforderung dabei ist: Wenn sich das starre Ventil, wie im Beispiel der Menstruationstasse „Aiwo“, im Bereich der unteren Beckenbodenmuskulatur aufhält, ist dies deutlich spürbar und kann sich störend anfühlen. Aus diesem Grund ist bei meinem Entwurf der Verschlussmechanismus, fast vollständig flexibel und kann sich beim Öffnen in der Länge ausdehnen und wiederum beim Schließen wieder zurückziehen, um ein angenehmes Tragegefühl zu ermöglichen. Diese Flexibilität ist außerdem auch für das Einsetzen und wieder Herausnehmen wichtig, da dies ebenfalls ein gängiger Kritikpunkt an den handelsüblichen Menstruationstassen ist.
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Technik Nach verschiedenen Testmechanismen erwies sich der Ansatz ein Smartmaterial zu verwenden als hilfreich, um den oben genannten Ansprüchen gerecht zu werden. Die Entscheidung fiel auf die bekannteste Formgedächtnis-Legierung, das Nitinol, dessen Name sich aus der Verbindung aus Nickel und Titan zusammen setzt. Nitinol findet in Form von Implantaten oder chirurgischen Instrumenten in der Medizin bereits eine häufige Anwendung. Das Besondere an dem Material ist, dass es sich an seine ursprüngliche Form „erinnern“ kann, Nitinol ist äußerst flexibel und lässt sich im „kalten“ Zustand elastisch verformen. Erst durch einen elektrischen Impuls oder eine Form von Wärmeenergie nimmt es seine vorher programmierte Form wieder an. Das Ventil braucht aus diesem Grund eine Form von Batterie oder wiederaufladbaren Akku, um diesen elektronischen Impuls zu ermöglichen. Das Nitinol verläuft in dem Ventil vertikal und begünstigt somit das
Eindrehen des Produktes. Durch die Aufoder Zudrehbewegung der Gesamtform lässt sich es sich schließen, bzw. öffnen. Da sich Nitinol allerdings nur an eine Form „erinnern“ kann, macht es Sinn zwei unterschiedliche Systeme einzuplanen. Es gibt also zwei Gruppen von unterschiedlich vorprogramierten vertikal verlaufenden Nitinol-Leitungen, welche sich einerseits an den geöffneten und andererseits an den geschlossenen Zustand erinnern. Diese beiden Systeme können unterschiedlich angesprochen werden. Doch das Ventil benötigt ebenfalls einen Impulsgeber, wann es die Formveränderung auslösen soll. Dieser Impuls kommt von einem Transmitter, dem bereits erwähnten Anhänger, welcher bspw. an einer Kette hängen kann. Durch das Betätigen dieses Anhängers wird ein Signal an den Receiver im Ventil gesendet, welcher wiederum das jeweilige System anspricht, um das Öffnen oder Schließen durch den kontrollierten Input von Außen zu ermöglichen.
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Fernbedienung Um dem Ventil, welches beispielsweise am Morgen bereits eingesetzt wurde, den Befehl zu geben sich zu öffnen, ist eine Fernbedienung erforderlich, mit welcher die Information an das Ventil weitergegeben werden kann, damit eine manuelle Bedienung entfallen kann. Die Fernbedienung soll eine einfache Interaktion begünstigen, deshalb ist es wichtig, eine möglichst kleine Form zu entwickeln, welche sich nah am Körper tragen lässt, um Intimität aber auch Diskretion zu gewährleisten. Ein Produkt, welches sichtbar, außerhalb des Körpers getragen wird und eine Verbindung zum Körperinneren schafft, kann außerdem ggf. an die Entnahme des Ventils erinnern. Die Form hat nach einigen Versuchen, die eines Anhängers angenommen, welcher sich bspw. an einer Halskette, am Schlüsselbund oder in der Hosentasche tragen lässt.
Interaktion Die vollständige Interaktion lässt sich gut anhand eines exemplarischen Tages zeigen. Am Morgen wird das Ventil, nachdem die Hände gewaschen sowie das Ventil abgekocht wurden, auf der heimischen Toilette eingesetzt. Im Laufe des Tages muss die Benutzerin des Ventils auf eine öffentliche
Toilette gehen. Nachdem sie sich auf die Toilette gesetzt hat, betätigt diese mit einem Anhänger, welcher sich an ihrer Kette hängt und mit einem Transmitter ausgestattet ist, das Ventil im Inneren ihrer Vagina. Durch eine einfache, intime Bewegung löste diese den Impuls mittels des Anhängers aus. Das Ventil öffnet sich und lässt das Blut heraustropfen. Nach einer gewissen Zeit verschließt die Benutzerin das Ventil wieder durch das einfache Loslassen des Anhängers. Dieser ist mit einer Spule aus Nitinol Draht ausgestattet, welcher den Anhänger wieder verschließt. Dieser ist ebenfalls mit Nitinoldraht ausgestattet, um die selbe Geschwindigkeit wie das Verschließen des Ventils zu ermöglichen. Nach dem Abwischen mit dem Toilettenpapier kann sie sich nun wieder ankleiden und die Toilette verlassen. Je nach Bedarf kann sie diesen Vorgang öfters am Tag wiederholen. Abends zu Hause angekommen, sollte die Benutzerin nach zwölf Stunden des Tragens des Ventils ebendieses Herausnehmen und mit kaltem Wasser reinigen. Dies ist eine prophylaktische Maßnahme gegen Infektionen, welche für alle Menstruationsprodukte, wie z.B. Menstruationstassen, gilt. Nach Bedarf kann sie das Ventil direkt wieder Einsetzen, um über Nacht das Herausfließen der Menstruationsblutung ebenfalls zu verhindern.
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Ästhetik Mit der neu gestalteten Handlung soll eine neue Ästhetik herausgearbeitet werden, die in Anbetracht des Tabus sich anpassen kann. Der Benutzerin soll es ebenfalls ermöglicht werden, sich dem Tabu zu stellen, indem beispielsweise der Kettenhänger - die Fernbedienung für das Ventil - als eine Art Statement getragen werden kann. Der Kettenanhänger ist dementsprechend gestaltet, sodass dieser sich bspw. an einer Kette, wie ein Schmuckstück oder aber auch versteckt unter der Kleidung tragen lässt. Die Gestaltung des Mechanismus‘ des Ventils ist ebenfalls ästhetisch motiviert, da das Aufdrehen und Schließen des Modells eine höhere Qualität besitzt, als ein starres Ventil, welches am unteren Ende der Öffnung einer Menstruationsstasse positioniert ist, wie es das Beispiel des Herstellers „Aiwo“ zeigt.
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Ausblick Das Thema der Menstruation bietet aus gestalterischer Perspektive noch viele Herausforderungen und Chancen. Zum Beispiel: Wie werden die nachhaltigen und mehrmals verwendbaren Produkte in Zukunft gereinigt? Der Aspekt des Infektionsrisikos durch falsche Hygiene des Produkts stellt nach wie vor eine Hürde dar, welche nachhaltige Menstruationsprodukte weniger attraktiv erscheinen lassen. Aber auch die Chance, die sich aus dem Erlernen und Verstehen der Methode der freien Menstruation ergibt, lässt die Frage aufkommen, wie eine Zukunft ganz ohne Produkte für die Menstruation aussehen könnte? Welche grundlegenden Änderungen im bestehenden System der öffentlichen Sanitäranlagen müssten bspw. demnach folgen, um den Bedarf der freien Menstruierenden nachzukommen, welche im zweistündigen Takt eine Toilette aufsuchen müssen.
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Binden „Schreib die Regeln neu - ALWAYS“, URL des Videos: https://www.youtube.com/ watch?v=DpbWlSzYkjs, Zugriff am 11.05.17. 11-18 Screenshot aus der Werbung für o.b. Flexia
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30 Selbstportrait der Künstlerin Rupi Kaur: URL der Abbildung: http://art-sheep.com/ how-instagram-censored-rupi-kaurs-photo-of-awoman-on-her-period/, Zugriff am 15.6.17. 30 Screenshot eines Instagram Beitrags von Miki
https://www.woman.at/a/looncupmenstruationskappe-app, Zugriff am 28.06.17.
Abbildungsverzeichnis
Agraval, URL: https://www.instagram.com/p/ BQeIGnhh7yZ/?taken-by=mikiagrawal, Zugriff am 16.06.17. 31 Screenshot eines Instagram Beistrags von „diemenstruationsbeauftragte“, URL: https:// www.instagram.com/p/BRbIpCWj8e3/?taken-
1-3 zeigen die Künstlerin und Dichterin Rupi Kaur.
by=diemenstruationsbeauftragte, Zugriff am
Sie setzt den Vorgang der Menstruastion in Szene.
16.06.17.
URL: http://art-sheep.com/how-instagram-
33 Screenshot eines Instagram Beitrags von
censored-rupi-kaurs-photo-of-a-woman-on-her-
„louelle_louelle_“, URL: https://www.instagram.
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com/p/6c-ymbme4l/, Zugriff am 16.06.17. 34-36 Aufnahmen von mir. 37- 43Bildauszüge aus Hering, Sabine (1991): Die unpäßliche Frau – Sozialgeschichte der Mensturation und Hygiene von 1860 bis 1985, Sabine Hering; Gudrun Maierhof, Fulda, Centaurus-Verlagsgesellschaft Pfaffenweiler.
3 Wie hast du davon gehört? Ich bin beim Suchen nach Alternativen zu Tampons, Binden und Mooncups irgendwann im Netz darauf gestoßen und fand es total interessant das mal auszuprobieren - obwohl ich mir erst nicht sicher war, ob es wohl funktioniert.
44 Verpackung und Soft Cup der Firma „Flex”, URL der Abbildung: https://cdn.shopify.com/s/ files/1/1097/9960/t/6/assets/home-full-width-3image.jpg?2724145298099849183, (erschienen auf: https://flexfits.com/), Zugriff am 09.05.17. 45 Werbung für „Thinx” Menstruationsunterwäsche, URL: http://www. slate.com/blogs/xx_factor/2015/10/21/ads_for_ thinx_period_underwear_might_be_too_lewd_ for_the_subway.html, Zugriff am 01.07.17.
4 Warum hast du dich dafür entschieden? Ich fühlte mich durch Hygieneartikel während meiner Menstruation immer etwas eingeschränkt, fand sie nicht bequem und hatte zudem von den vielen Schadstoffen gelesen, die in solchen vorhanden sind. Deshalb fand ich, die freie Menstruation sehr spannend, weil ich mich mit dieser Methode sehr gut und vor allem gesund fühle.
46 Konzept der Kickstarterkampagne „Looncup”, einer Menstrautionstasse mit integriertem Sensor, welcher mittels Bluetooth Verbindung Informationen an mobile Endgeräte schicken kann, siehe URL: https://www.kickstarter.com/ projects/700989404/looncup-the-worlds-firstsmart-menstrual-cup, Zugriff am 01.07.17. 47-67 Grafiken, Fotografien und anderes von mir abgebildetes Material.
Interviews Befragte Person: Frau, 27 Jahre, betreibt Freie Menstruation 1 Was ist das? Frei menstruieren bedeutet ohne Hygieneartikel die Menstruation ganz bewusst „zu erleben“ und nach Bedarf das Blut abzulassen. 2 Seit wann machst du das? Seit etwa zwei Jahren
5 Wie geht das? Man muss das freie Menstruieren lernen. Genauso, wie wir merken, dass wir Wasserlassen müssen, wir aber die Kontrolle darüber haben, funktioniert das Gleiche mit der Menstruation. Man fühlt, dass sich eine gewisse Menge Blut ansammelt und merkt, wann es zuviel ist und man auf Toilette muss um es abzulassen. 6 Wie kann man sich einen typischen Tag mit dieser angewandten Technik vorstellen? Eigentlich unterscheiden sich die Tage kaum von anderen Tagen. Ich achte allerdings vermehrt darauf, dass ich die Möglichkeit habe auf Toilette zu gehen. 7 Wann und wie oft musst du auf die Toilette wegen der Blutung? Meist alle 2-4 Stunden, in etwa so oft, wie man auch den Tampon wechseln würde. 8 Wie funktioniert die Kommunikation zu
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deinem Muskel, dass bspw die Blutung nun auslaufen darf wenn du auf der Toilette sitzt? Es ist ähnlich wie beim Wasserlassen. Man entspannt sich und lässt es laufen. Um sicherzugehen, dass wirklich alles abgelassen ist, spanne ich die Beckenmuskulatur meist zum Schluss noch ein paar mal an. 9 Muss man den Muskel dafür trainieren, dass er so funktioniert? Ich glaube, wenn man nicht gerade eine schwache Beckenbodenmuskulatur hat, braucht man das nicht unbedingt. Es hilft aber, besonders zu Anfang, ganz bewusst die Beckenbodenmuskulatur anzuspannen und zu entspannen, damit man ein Gefühl davon bekommt, wo sich das ganze eigentlich genau abspielt. 10 Kreisen deine Gedanken an diesen Tagen stark darum deinen Körper zu kontrollieren oder kannst du dich auch wie an anderen Tagen auf Arbeit, Freizeit etc. konzentrieren? Durch starke Regelschmerzen versuche ich meist, mir den Tag mit besonders starker Menstruation freizunehmen. Wenn es aber nicht anders geht und ich auf Schmerzmittel zurückgreifen muss, sind diese Tage aber nicht viel anders als andere. Durch das freie Menstruieren hat sich nicht viel verändert, außer, dass ich mich freier und gesünder fühle. 11 Kurz: Gibt es neue Einschränkungen durch diese Technik? Nein 12 Oder wo siehst du Chancen durch diese Technik? Ich stelle die ganze Hygieneartikel Industrie, die hinter der Menstruation steht, etwas infrage. Menstruieren ist nicht eklig oder unhygienisch, es ist ganz normal. Ich hoffe,
dass Frauen wieder mehr Selbstvertrauen in sich und ihren Körper gewinnen, wenn sie diese Methode ausprobieren. 13 Ging auch schon mal etwas daneben? Klar, leider schon. Aber das war dann leider dem geschuldet, dass ich nicht auf meinen Körper gehört habe und meinte, gerade jetzt nicht auf Toilette gehen zu können. Da war es dann irgendwann zu viel und ist „ausgelaufen“. 14 Was würdest du jmd. Sagen, der sich auch für diese Methode interessiert? Einfach ausprobieren und sicherheitshalber anfangs eine kleine Slipeinlage oder Taschentuch mit in den Slip legen. Es ist total angenehm, wenn man weiß, was in seinem Körper vor sich geht und mit ihm agieren kann. 15 Wie würdest du diese Methode jemandem beibringen? Ich rate allen, die mich danach fragen, es einfach auszuprobieren und sich in den ersten Monaten eine Sicherheitseinlage fürs gute Gefühl mit in den Slip zu legen. Alles andere ist das Hineinhorchen in den Körper, was ich nicht wirklich zeigen kann. Genauso, wie wir merken, dass wir Wasserlassen müssen, wir aber die Kontrolle darüber haben, funktioniert das Gleiche mit der Menstruation. Man fühlt, dass sich eine gewisse Menge Blut ansammelt und merkt, wann es zuviel ist und man auf Toilette muss um es abzulassen. 16 Könntest du dir vorstellen, dass ein Produkt das Muskeltraining und das Kennenlernen der eigenen Körperfunktionen unterstützen oder gar ersetzen könnte? Unterstützen ja, ersetzen nein. Oder sagen wir so: Für Frauen, die gesundheitlich eingeschränkt sind und ihren
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Beckenbodenmuskel nicht selbst beeinflussen können, wäre es sicher nicht verkehrt auch ein Ersetzen des Muskels in Betracht zu ziehen, aber generell wäre ich eher dafür die Sinne darauf zu trainieren, dass man den eigenen schon vorhandenen Körperfunktionen vertrauen kann. 17 Was denkst du über Menstruation im allgemeinen? Manchmal wäre ich froh, wenn es keine Menstruation gäbe, was aber vor allem meinen Schmerzen währenddessen geschuldet ist. Ansonsten gehört es einfach zum Frausein dazu und ich finde es Wahnsinn, was der weibliche Körper Monat für Monat leistet. 18 Was denkst du über Frauen die mit ihrer Menstruation eher konventionell umgehen? Ich finde es völlig in Ordnung, dass jeder das nutzt, womit er sich am Wohlsten fühlt.
Befragte Person: transsexueller Mann, 19 Jahre, Haltung zur Menstruation 1 Was bedeutet für dich die Menstruation? Oder besser gesagt: Wann hattest du deine erste Periode? Das weiß ich gar nicht so genau, aber ich glaube, dass ich das mit 12 hatte. Für mich ist das halt ziemlich lästig. Ich habe sowieso ein Problem damit, alles was mit Frau sein zu tun hat. Also ich finde das halt mega ätzend, das fühlt sich jedes mal für mich an wie ein Tritt ins Gesicht: Du bist ne Frau! Deswegen
ist es meistens so, dass es mir am ersten Tag nicht so gut geht so vom Psychischen her. Vom Physischen her ist eigentlich alles super. Ich hab die meist eh nur so 3 Tage. (...) Ich will die einfach nicht haben und alles was damit zutun hat auch nicht haben. Ich habe sowieso halt eine komplette Abneigung gegenüber meinem Körper und gegenüber meinem biologischen Geschlecht. Also diese Dysphorie. Ich hab halt auch mit meinem Psychologen darüber gesprochen und ich bin momentan dabei mich zu überwinden zum Frauenarzt zu gehen. Frauenarzt ist für mich halt auch so eine Sache, ich würde da freiwillig halt auch nicht hingehen weil Frauenarzt ist halt für Frauen. (...) Also ich hab jetzt keine Beschwerden oder so. Ich finde das überhaupt nicht schlimm. Wäre ich jetzt auch nicht so auf Kriegspfad mit meinem Geschlecht würde ich das auch nicht so schlimm finden. 2 Also du hast gar keine Beschwerden? Na, doch natürlich. Das hab ich am ersten Tag der Periode meist schon. Aber dann nicht mehr. Also das ist bei mir wirklich nicht schlimm, man kann da ja echt krasse Schmerzen haben auch so Rückenschmerzen. Aber ich hab das nicht. Aber Bauchschmerzen klar. Unterleibsschmerzen. Meistens ist das dann aber wirklich nach dem 2. oder 3. Tag dann schon wieder vorbei. 3 Benutzt du Binden oder Tampons? Ich benutze Tampons. Weil ich finde Binden unhygienisch und eklig. Das ist irgendwie so das Gefühl da in so einer Pfütze zu sitzen. Wie eine Windel oder so. Das finde ich eklig, mag ich nicht. 4 Kennst du andere Frauen denen es genauso
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geht wie dir? Also die genauso Probleme mit der Menstruation haben, wie du? Also ich meine damit die psychische Belastung, dieses Unwohlsein. Also ich weiß, dass, ich denke mal, dass das bei Frauen eher kein so ein beliebtes Thema ist. Das sagen ja alle so, dass das etwas ist was so richtig nervt im Monat. Eher negativ behaftetes Thema. Aber ich hab so das Gefühl also ich bin bestimmt nicht der einzige Mensch, der sich psychisch so schlecht fühlt wenn er seine Menstruation bekommt. Aber ich kenne jetzt niemanden im Umkreis der jetzt so die gleiche Situation hat wie ich. Und das so nachvollziehen könnte. Also ich hab ja noch einen anderen Grund, warum ich mich so schlecht fühle. 5 Weil du meintest wenn du dich als Frau fühlen und wahrnehmen würdest dann hättest du wahrscheinlich auch gar kein Problem mit der Menstruation? Ja, also ich glaube ich würde das auch ätzend finden. (...) Das liegt wahrscheinlich einfach daran dass das allgemein so ein negatives Ding ist. Jeder, den ich kenne, sieht das so. Also andersherum kenne ich niemanden der sich ernsthaft über seine Tage freut. 6 Wie nimmt die Gesellschaft die Menstruation denn wahr? Ja, negativ, also eher als etwas Belastendes. Als etwas, was nervt. Obwohl jeder ja weiß, dass das etwas Notwendiges ist. Also jeder der zumindest ein Kind haben möchte. Irgendwann mal. 7 Redest du nur mit deinem Therapeuten über die Menstruation oder mit wem noch? Meistens erzähl ich das jetzt eher niemandem,
dass ich die jetzt habe. Also in der Schule oder gerade in der Klasse sowieso nicht. Weil das irgendwie so eine Sache ist. Also da versuch ich das schon zu verstecken. Mach ich jetzt aber auch nur aus diesem Grund, weil ich nicht möchte, dass man mir das irgendwie anmerkt. Ich mein, jeder weiß ja eigentlich, dass ich eine Frau bin aber trotzdem verstecke ich dann irgendwie den Tampon wenn ich dann raus gehe zur Toilette. 8 Also, du versteckst das, dass du die Menstruation hast? Ja, in der Schule auf jeden Fall. Unter Freunden nicht, also ich erwähne das jetzt aber auch nicht. Also einer sehr guten Freundin von mir erzähl ich das schon. Wenn die halt, fragt was denn los ist mit mir, dann kann ich der das schon sagen, dass das wegen meiner Tage ist. Damit sie dann den Grund weiß. Aber ich sage das jetzt nicht von mir aus einfach so. 9 Siehst du das als eine bewusste Einschränkung? Oder hast du das Gefühl, du musst das machen? Ich hab nicht das Gefühl, ich muss das verstecken. Ich mache das schon bewusst. Ich hab das für mich so beschlossen, dass ich das verstecke. Weil ich nicht möchte, dass irgendwer aus der Klasse mich mit einem Tampon in der Hand sieht. Das ist eigentlich voll albern, aber das wäre halt was Weibliches, und das will ich nicht mit mir in Verbindung bringen. Obwohl ja jeder weiß, dass ich biologisch weiblich bin und meine Tage noch kriege. Das ist halt trotzdem so eine Sache. (...)Wenn ich so sagen würde, ich bin zufrieden mit meinem Körper, ich bin eine Frau und fühle mich auch als Frau, dann würde ich da glaub ich nicht so mit umgehen und den verstecken.
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Ich weiß es nicht sicher, aber ich glaub das würde ich nicht machen. Früher klar, als ich noch 14 war, da war das ja auch immer so das „worst case szenario” wenn der Tampon im Bus raus fällt. Das wäre ja super peinlich. Aber ich finde das heute auch eigentlich gar nicht peinlich, wenn das jemandem passiert. Oder wenn mir Freunde ihr Tasche reichen, damit ich da was raus hole und ich da zufällig ein Tampon entdecke. Finde ich jetzt nicht schlimm. 10 Also die Menstruation ist generell nichts Schlimmes für dich? Also wenn andere menstruieren, ist das nicht eklig für dich? Nein. Früher vielleicht als man noch so 13 oder 14 war. War alles was damit zusammenhing irgendwie peinlich. Meine Mutter hat zum Beispiel mal durch den halben Supermarkt gerufen, ob ich und meine Schwester die Größe L oder M bei den Tampons brauchen. Das war richtig kacke in dem Alter. Also ich hab mich aber auch schon geschämt, wenn man sich selber Tampons kaufen musste. Also wenn man damit zur Kasse gehen musste, genau wie bei den Kondomen. Kondome und Tampons an der Kasse bezahlen, voll peinlich. Früher, heute ist mir das egal. Also ich finde Menstruation ne komplett normale Sache, für mich ist das nicht mal mehr ne Tabu-Sache. Ich weiß schon, dass bei vielen Menschen ein Tabuthema ist. Aber ich würde das für mich, so wie ich darüber denke, nicht so nennen. Zum Beispiel, wenn ich darüber mit meinem Psychologen reden muss. Über Menstruation rede ich lieber als über Selbstbefriedigung. 11 Würdest du sagen, dadurch, dass du in der besonderen Position bist, als Mann die Menstruation erleben zu dürfen,
dass du sogar eine Art Vorteil hast gegenüber anderen Männern, weil du richtig nachvollziehen kannst, was Frauen durchmachen? Ich sehe das nicht so. Also wenn ich könnte, würde ich gerne diesen Vorteil sofort aufgeben. Ich meine, es ist schon besonders, das mitgekriegt zu haben, wie sich Frauen fühlen müssen, und ich kann diese Menstruationswitze und Sprüche, man solle sich nicht so anstellen, von Männern auch nicht hören. Weil ich es ja verstehen kann, wie sehr das weh tun kann. Aber ich sehe den Vorteil bei mir da einfach nicht. Also, was ich halt immer beobachte, ist halt: bei natürlich geborenen Männern ist die Menstruation meistens total das Tabuthema. Die finden das sofort eklig. Und darüber möchten die nicht reden. Also die Cis Männer. Ich meine ist vielleicht auch verständlich, weil die das so gar nicht nachvollziehen können. Weil, wenn man das selber erlebt, nimmt das ja Normalität an. Man muss sich damit halt jeden Monat auseinandersetzen. Das ist dann irgendwann so wie pinkeln gehen. Mir ist das auch schon passiert, dass ich mitbekommen habe, dass der Freund von einer Freundin von mir, dass dann auch gar nicht hören will. Also wenn seine Freundin irgendwie anfängt darüber zu reden, stellt der sich total an. Das ist dann für ihn mehr Tabuthema als für mich.
Befragte Person: Frau, 22 Jahre, unterdrückt mittels Pille ihre Menstruation vollständig 1 Wie verhütest du? Ich verhüte mit der Pille. 2 Wie bist du zu dieser Methode gekommen (die Pille ohne Unterbrechung zu nehmen)? Zu dieser Pille bin ich gekommen, weil ich alle
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anderen nicht vertragen habe. Habe immer Tinnitus bekommen. Sobald ich mit dieser Pille begonnen habe, war das Problem weg. 3 Was würdest du einer Freundin sagen, die sich für deine Methode interessiert? Ich würde ihr sagen dass ich sehr zufrieden bin, auch wenn sie keine Effekte hat wie bessere Haut oder ähnliches. 4 Beeinträchtigt diese Verhütungsmethode deinen Zyklus bemerkbar? Sie beeinträchtigt den Zyklus insofern, dass ich meine Periode gar nicht mehr kriege. 5 Wie oft hast du deine Menstruation? Wie stark ist deine Blutung? Einmal im Jahr hab ich ca eine Woche eine Zwischenblutung, aber damit lässt sich Leben. Die ist auch sehr schwach. Bevor ich diese Pille genommen hatte, hatte ich eine sehr, sehr starke Blutung, die auch über 6 Tage ging und die mir Schmerzen bereitet hat. 7 Was benutzt du für Menstruationsartikel (Tampon, Binde, o.ä)? In dieser Zeit verwende ich Tampons. 8 Bemerkst du sonstige Nebenwirkungen während deiner oder vor deiner Menstruation (Abbruchblutung)? Ich glaube sie Pille allgemein verschlechtert die Haut. Frauenärzte sagen jedoch, dass das nicht im Zusammenhang steht. 9 Seit wann nimmst du die Pille? Seit 3.5 Jahren. Dazwischen habe ich nochmals eine normale Pille probiert, durch welche ich wieder Tinnitus bekommen habe. 11 Was bedeutet für dich die Menstruation? In erster Linie bedeutet Menstruation für mich, nicht schwanger zu sein. 12 Was denkst du über Menstruation im allgemeinen? Ich denke sie ist nötig, Aber bin auch erleichtert, dass ich mich mit den Schmerzen nicht mehr befassen muss, und
dadurch auch nicht mehr eingeschränkt bin.
Gesprächsausschnitt von 6 Frauen vor der „Regel Recht“ Veranstaltung Ich habe die Kupferspirale und ich hab dadurch voll dolle meine Tage und blute halt wie ein Schwein. Und dann ist es halt so dass ich eigentlich so 1-2 Tage also geil auf Sex bin, aber es ist so viel, dass ich‘s schon selber eklig finde, weil es einfach weggeschwemmt. Ich hab mal die Metapher gemacht, dass mein Freund auf so einem kleinem Boot sitzt und gegen so einen Wasserfall ankommen muss. Das stört dann schon. Vor Allem wenn dann auch so Stückchen dabei sind und so dann finde ich‘s halt einfach selber auch nicht mehr so attraktiv. Aber ich weiß halt gar nicht inwieweit, also, was ist der normale, die normale Masse an Blut die da raus kommt? Also ich hab 6 Jahre lang die Pille genommen und da war das halt voll wenig. Jetzt hab ich die Kupferspirale seit 2 Jahren und das ist halt wirklich mega viel. Auf der anderen Seite fühle ich mich viel wohler damit, weil es irgendwie viel realistischer ist, wisst ihr was ich mein? Also es ist halt, weil ich endlich keine Hormone habe, blute ich halt wie ein Schwein und dann bin ich 2 Tage vorher einfach mies gelaunt und sowas, aber das ist halt so ein klarer Zyklus. Und du spürst es halt voll. Ok, ich krieg in 2 Stunden meine Tage. Weil man einfach wieder einen Bezug zu seinem Körper hat. Das finde ich echt super wichtig.
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Also ich hab das trotz Pille. Bilde ich mir jedenfalls selbst ein, dass ich das merke. Ich denk dann halt, keine Ahnung, nen Tag vorher, mhm ja, und dann stimmt es meist auch. Dass du die Menstruation kriegst und das dann spürst wo denn? Ja, erstmal am Unterleib einfach, oder? Ich merk das immer an den Brüsten. Weil die steif werden, also es fängt an zu spannen. Ja, ne ich merk das einfach total am Unterleib. Ich hab das Gefühl da bläht sich was auf oder so. Das mit den Brüsten finde ich aber auch krass, dass die größer werden und dann hast du wieder das Gefühl, dass sie schrumpfen. Merkt ihr wenn ihr euren Eisprung habt? Ne. Manchmal. Ich hab das nämlich auch, seit ich die Kupferspirale benutze, also ich hab dann richtig eine Schmierblutung. (...) Aber wie ist das eigentlich, wenn eure Blutung jetzt durch die Spirale stärker geworden ist, benutzt ihr dann weiterhin Tampons und Binden? Ich hab dann echt Doppel und teilweise auch Dreifach, also wirklich XXL, die wirklich fetten Tampons und zusätzlich noch eine Binde, und hab die trotzdem durchgeblutet, weil das durch die Spirale so viel mehr geworden ist. Den ganzen Monat über hab ich meine Ruhe, nichts was ich einnehmen muss. Aber wenn ich meine Tage hab, manchmal ging‘s, aber ich hab echt auch manchmal teilweise so richtig krasse Unterleibskrämpfe und andere Sachen und das schränkt es halt schon echt schon wieder ein. Aber es ist halt auch, ich hab das Gefühl, dass es sich langsam reguliert. Also
dass es nicht mehr so krass ist wie am Anfang und irgendwie besser wird. Oder mein Körper die Spirale annimmt. Benutzt ihr alle Tampons und Binden? Es gibt doch auch diese Mooncups. Ja, die hab ich jetzt auch, aber ich finde es scheiße. Ich hab voll Schmerzen gehabt dabei. Ich hab die aber auch glaube ich zu früh reingemacht. Man spürt sie die ganze Zeit einfach, und es war quasi so ein Druck von Innen. Das ist schon unangenehm und dann wieder ist es okay. Aber ich finde es einfach super schwer, die einzusetzen. Also ich finde es ging. Was ich so wirklich das Problem finde, ist, nachher zum Beispiel, wenn ich dann so abkoche oder so, wo ich dann bin, wenns nur so eine kleine Wohnung ist, wo man dann irgendwie so sagen muss, das ist mein einer Kochtopf. Weißt du, dass ich so denke, das ist mein eigener äh Perioden Kochtopf. Und da koch ich, weißt du, so das Ding drin, finde ich irgendwie unangenehm. Ja, und auf öffentlichen Toiletten! Wenn du am reisen bist oder so. Ja, wie machst du das dann? Ja, du kannst die dann auswischen. Vor Allem wenn du auf ner öffentlichen Toilette bist, dann musst du es erst ins Klo schütten und dann raus zum Spülbecken und dann wieder rein in die Klokabine. Das ist halt eklig ne?
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Danksagungen Ich bedanke mich bei den Menschen, die mich während meines Bachelorsemesters unterstützt haben. Danke für die vielen anregenden Gespräche, das Zuhören, Kritik geben, mal kurz in der Werkstatt helfen, Essen kochen, Ratschläge zur Umsetzung und Korrektur lesen. Mein Dank geht an meine Betreuung: Prof.in Annika Frye und Prof. Martin Postler und Prof.in Dr. Bettina Möllring Prof. Frank Jacob Prof. Detlef Rhein Keno Veentjer Lars Busack Mein weiterer Dank geht an: Julian, Lotte, Jonas, Mascha, Henni, Julia, Benni, Julian, Laura, Gabi, Henrike, Finn, Lisa, Leon und an meine Familie und meinen Kommilitonen.
Š Menstruation 2017, Caroline NÜlle