08 702804
Ausgabe Juli/August 19. Jahrgang / #178
A u s g abe 07-08/2022 2,8 0 Euro
4 196557
Was da wieder los ist: Ausstellungen, Events, Kino, Theater u.v.m 16.07.-31.08.22
AB
2 1 . 7 .! IM KINO
WER. SOLL. DAS. BAUEN?
Warum die Sparkasse aus dem Dietenbach-Zug gesprungen ist
LUFTIG
Hoch oben mit den Münsterkletterern
RAUCHIG
Was eine Legalisierung in Freiburg ändert
STRITTIG
Krieglstein kritisiert die Klimablockade
mit WIRTSCHAF T S MAGAZIN bib
CHILLI EDITORIAL
WANN KOMMT DIE ZEIT DER SCHATTENSPRINGER? DIETENBACH, DROGEN UND EIN PRALLER KALENDER
kaum ein Thema bewegt das politische Freiburg so sehr wie der geplante Dietenbach. „Ein Jahrhundertprojekt“ wie Oberbürgermeister Martin Horn es nennt. Zu Recht nennt. Immerhin will Freiburg bis in die früher 40er-Jahre hinein einen neuen Stadtteil so groß wie Bad Krozingen bauen. Um diese Herkulesaufgabe anzugehen, hatte das Rathaus mit der Freiburger Sparkasse ein Modell ausgeheckt, wonach eine Banktochter die Hälfte der 107 Hektar großen Fläche kauft und auch vermarktet. Diese Option ist nun so gut wie vom Tisch. Der Sparkasse ist das Risiko zu groß, für Grundstücke Käufer zu finden, die mit all den schönen – oder unschönen, je nach Blickwinkel – Begehrlichkeiten behaftet sind, die der Gemeinderat beschlossen hat. Wenn die äußerst immobilienerfahrene Bank einen Rückzieher macht, hätte durch Bürgermeisterbank und Stadtparlament ein Ruck gehen können, wenn nicht müssen. Bezahlbares Wohnen. Das steht als Headline über diesem Jahrhundertprojekt. Bezahlbar muss dieser Stadtteil aber erst noch gemacht werden. Und ja: muss. Denn das war der Grund für die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme. Ohne den der Stadtteil rechtlich angreifbar wird. Da werden noch viele über ihre Schatten springen müssen. Zu einem solchen Sprung setzt die Ampelkoalition an, wenn sie laut über Peter Toshs „Legalize it“ nachdenkt. Tosh hatte das gleichnamige Album 1976 herausgebracht, 1980 wurde es hierzulande indiziert. Unser Redakteur Till Neumann hat sich bei einem Hanfverkäufer,
Foto: © tln
Liebe Leserin & lieber Leser,
Bagger im Dietenbach: Der neue Stadtteil ist auch politisch noch eine Baustelle.
bei der Drogenhilfe, bei Polizei, Gericht und Staatsanwälten umgehört, was sie davon halten. Die Haltung der Exekutive könnte man als reserviert bezeichnen. In unserer Reihe KONTROvers streiten sich dieses Mal ein ADAC-Experte und ein Fraunhofer-Wissenschaftler über Sinn und Unsinn des Verbots von Verbrennermotoren. Wie es in der Demokratie eben zu den Selbstverständlichkeiten zählt. Und im chilli Tradition ist. Zu den vielen anderen Geschichten im Blatt gesellt sich ein prall gefüllter Veranstaltungskalender mit mehr als 20 Seiten (endlich wieder) und ein facettenreicher Kulturteil. Mit Pascal Lienhard und Jennifer Patrias haben wir nun auch wieder zwei Volontäre, die diesen wunderbaren Beruf erlernen. Wir freuen uns. Bleiben Sie, bleibt uns gewogen. Einen schönen Sommer wünschen
Herzlichst, Ihr Lars Bargmann, Chefredakteur & die chillisten
JULI/AUGUST 2022 CHILLI 3
CHILLI INHALT
Foto: © tln
Foto: © Seilsache
HEFT NR. 6/22 12. JAHRGANG
> 10-12 Konflikt eskaliert: Sparkasse will
> 20-21
sich aus der Dietenbachplanung zurückziehen
beraubende Inspektion des Münsterturms
IN EIGENER SACHE
UNTERSUCHUNG AM SEIL
EDITORIAL
3
GASTKOLUMNE VOLKMAR STAUB MEHR KOLUMNEN
KEIN DEAL AM DIETENBACH
Warum die Sparkasse die Verhandlungen mit der Stadt gestoppt hat
KONTROVERS ZUKUNFT DER AUTOS
10-12
SZENE
LEGAL – UND DANN?
Was eine Cannabis-Freigabe in Freiburg ändern könnte
INNOVATIVE KAMPAGNE
PSD Bank wirbt mit MarketingOffensive um neue Mitarbeitende
Was geht wann und wo?
16-17 18
WÜTENDE STUDIERENDE
19
Freiburger Ultimate-Frisbee-Team Disconnection will an die Weltspitze Die Klima-Blockade an der Uni ist beendet. Es brodelt aber weiter
E-Mail für Online- / Printredaktion redaktion@chilli-freiburg.de
Geschäftsführerin (V.i.S.d.P.) Michaela Moser (mos): moser@chilli-freiburg.de
Chefredaktion
Lars Bargmann (bar): bargmann@chilli-freiburg.de
46-47
KOLONIALISMUS IN FREIBURG
48 49
Ausstellung im Augustinermuseum lenkt Blick auf düsteres Kapitel
Pascal Lienhard (pl): lienhard@chilli-freiburg.de
Kulturredaktion
Michaela Moser (mos): moser@chilli-freiburg.de Erika Weisser (ewei): weisser@chilli-freiburg.de Jennifer Patrias ( jep): jennifer.patrias@chilli-freiburg.de
Autor·innen
David Hamann, Andreas Müller, Martin Wietschel, Johanna Stortz
Gastkolumnisten
Volkmar Staub, Ralf Welteroth
Lektorat Beate Vogt
> 46-57 cultur.zeit: News aus Freiburg
KINO 50-51
„Monsieur Claude und sein großes Fest“ zeigt eine besondere Hochzeit / Filmtipps
MUSIK
Das hat der neue Generalmusikdirektor André de Ridder in Freiburg vor
chilli Freiburg GmbH
GRAPHIC NOVEL ZUM DUELL IM DAMENBAD
TURBULENTE KOMÖDIE
24-44
HAYDN TRIFFT INDIANA JONES
Philip Thomas (pt): philip.thomas@chilli-freiburg.de
LITERATUR
Qult veröffentlichen Debütalbum – und klingen brachialer als früher
Moderne trifft alte Meister: Picasso & El Greco im Dialog
Till Neumann (tln): neumann@chilli-freiburg.de
RAP’N’ROLL VON QULT MIT „URGEWALT“
ROCK UND RAP-ATHLET
WAHLVERWANDSCHAFTEN
chilli – Das Freiburger Stadtmagazin Paul-Ehrlich-Straße 13, 79106 Freiburg fon / Redaktion 0761-76 99 83-0 fon / Anzeigen 0761-76 99 83-70 fon / Vertrieb 0761-76 99 83-83 www.chilli-freiburg.de
23
cultur.zeit
Redaktion
MUSIK
zu Kultur, Musik, Literatur und Leinwand
KULTUR
AUF ZUR WM
IMPRESSUM
22-23
TIPPS UND TERMINE
Hat der Verbrennungsmotor bald ausgedient? Ein Pro und Contra
LEINWAND
SOMMER-OPEN-AIR MIT „MONSIEUR CLAUDE“
Wasser wird in den Höhenlagen rund um Freiburg ein rares Gut
KALENDER 14-15
20-21
Unterwegs mit den schwindelfreien Münsterkletterern OBEN WIRD'S ENG
7 16, 17, 55, 58
TITEL
Gut gesichert: So läuft die atem-
„DIE PURSTE FORM“
52
53-55
Mit einer aufwendigen Live-EP wollen Unojah auf große Bühnen / Musiktipps & Sounddreck
LITERATUR DUELL IM DAMENBAD
56-57
Paulina Stulins Comic erinnert an heißen Freiburger Sommer / Lesetipps und Freiburg-Buch: Lost & Dark Places
Grafik Miriam Hinze (Leitung),
Druck & Belichtung
Titel © Neue Visionen
Themenbuch dieser Ausgabe
cultur.zeit Titel © Qult
Nächster Erscheinungstermin
Tatjana Kipf, Katharina Fischer
Bildagenturen iStock.com, freepik.com, pexels.com, unsplash.com Anzeigenannahme per E-Mail anzeigen@chilli-freiburg.de
Anzeigenberatung
Jennifer Patrias, Giuliano Siegel, Fredrik Frisch, Marion Jaeger-Butt, Miriam Hinze
Vertrieb
Hofmann Druck, Emmendingen Business im Breisgau 20. August 2022
Ein Unternehmen der
Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck von uns entworfener Bilder und Anzeigen.
Fredrik Frisch, frisch@chilli-freiburg.de
Druckunterlagenschluss Jeweils am 28. des Vormonats. Es gilt die Preisliste Nr. 13
JULI/AUGUST 2022 CHILLI 5
SCHWARZES BRETT
Der SC Freiburg hat nicht nur den dienstältesten Trainer der Bundesliga. Mit Stefan „Spohni“ Spohn arbeitet hier auch der dienstälteste Busfahrer. Seit 1994 sitzt er hinterm Steuer des SC-Mannschaftsbusses, seit mehr als 20 Jahren ist er in Freiburg für die Stadiontechnik zuständig. In dieser Zeit hat der 51-Jährige Spieler kommen und gehen sehen – und sogar Begehrlichkeiten in München geweckt.
Foto: © SC-Freiburg
»FÜR DEN SC DURCH DIE REPUBLIK«
„Ich bin durch Zufälle beim SC gelandet. In der Saison 94/95 hat der Verein einen neuen Fahrer gesucht. Volker Finke wollte einen neuen, jungen und dynamischen Fahrer für den Mannschaftsbus. Mein damaliger Chef hat mich vorgeschlagen. Ich war zwar erst nicht sonderlich begeistert, habe aber eine Probefahrt zu einem Freundschaftsspiel nach Rheinstetten bei Rastatt absolviert. Das war auch das einzige Mal, dass ich mich so richtig verfahren habe. Doch Finke wollte mich dennoch als Fahrer und ich habe zugesagt. Für einige Jahre habe ich neben meinem Job in Oberried nun an den Wochenenden Profis, Amateure, A-Jugend und Damenmannschaft gefahren. Als Anfang der 2000er Veränderungen beim SC anstanden, wurde ich als Stadiontechniker fest angestellt. Seitdem bin ich fester Teil des Vereins und fahre an den Wochenenden – sozusagen als Hobby neben meiner Arbeit im Stadion – weiterhin die Profis durchs Land. Das kann schon mal stressig sein. Schließlich muss ich die Jungs pünktlich zum Spiel abliefern. Aber jeder Busfahrer in einer Großstadt hat einen anstrengenderen Beruf als ich. Ich fahre
einen hochmodernen Bus, und die Strecke führt oft einfach nur Hunderte Kilometer geradeaus auf der Autobahn. Und wenn ich mal auf der Suche nach Hotels oder Waschanlagen bin, gibt es eine WhatsApp-Gruppe mit allen Busfahrern der Bundesliga. Natürlich sind mir viele Fahrten in Erinnerung geblieben. Wir sind in meiner Zeit dreimal auswärts aufgestiegen. Das waren immer tolle Rückfahrten. Einmal mussten wir danach für sieben oder acht Stunden den brandneuen Bus sauber machen. Auch das Pokalfinale in Berlin war für uns alle etwas Besonderes. Wir sind schon in früheren Saisons weit gekommen. Aber auf das Finale haben wir alle ganz besonders hingefiebert. Seit einigen Jahren bin ich nun der dienstälteste Busfahrer der Bundesliga. Zwar wechseln die Fahrer bei weitem nicht so häufig den Verein wie die Spieler. Aber tatsächlich gab es schon mal lose Kontakte zum FC Bayern. Aber ich bin hier geblieben. Hier in Freiburg ist der Umgang sehr vertraut. Ich habe eine gute Chemie zu den Spielern, auch zu vielen ehemaligen Kickern. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich bei anderen Teams hin und wieder in Mannschaftssitzungen dabei sein könnte, wie das in Freiburg der Fall ist. Viele haben ja nur externe Fahrer. Während meiner gesamten Karriere habe ich vielleicht 20 Spiele verpasst – darauf bin ich schon ein bisschen stolz.“ Aufgezeichnet von Pascal Lienhard
MORSCHER TURM Der Ausblick vom Schauinslandturm ist einmalig. Man muss nur schwindelfrei sein auf mehr als 1284 Metern Höhe. Jetzt hat der Spaß vorerst ein Ende: Der 31 Me6 CHILLI JULI/AUGUST 2022
ter hohe Turm ist seit Anfang Juli aus Sicherheitsgründen auf unbestimme Zeit geschlossen. Der Grund: Querhölzer am Bau sind beschädigt. Das Forstamt
hat einen Bauzaun außenrum gestellt. Saniert werden sollen hätte der EugenKeidel-Turm in diesem Jahr ohnehin. Jetzt geht's wohl schneller als gedacht. tln
SCHWARZES BRETT
JETZT AUCH SINGLES
NACHGEWÜRZT! DAS GAS Ich habe privat immer Gas gegeben. Ich heize mit Gas, ich koche mit Gas. Aber wir müssen sparen. Jetzt wird nur noch jeden zweiten Tag gekocht, an den Tagen dazwischen gehe ich ins Wirtshaus. Oder man isst halt kalt. Käseplatte statt Wildgulasch. Rohkost statt überbackenes Gemüse. Statt Baden wird geduscht, und das nur noch halb so viel wie bisher, also nur noch jeden zweiten Monat. Die Heizung wird im Winter 3 Grad runtergedreht. Warum nicht auch mal einen Pullover anzieh’n vor dem Fernseher? Und im Bett rutscht man halt wieder etwas näher. Nach einigen Jahren Beischlafpause lebt dank Putin das Eheleben wieder auf. Gas sparen ist für uns Deutsche auch eine historische Verpflichtung. Wir haben in der Geschichte viel zu viel Gas verbraucht. Ab sofort produziere ich meine Energie selber. Ich habe meinen Heimtrainer an einen Aggregator angeschlossen und paare so Fitness mit Stromproduktion. Jeden Tag eine Stunde. Das ist nicht viel, aber für die Nachttischlampe reichts. Zusätzlich hab ich auf dem Dach neben den Fotovoltaik-Platten zwei Windrädchen angebracht, die immerhin die Zahnbürste bestromen. Im Keller habe ich direkt neben der Waschmaschine einen Mini-Atommeiler aufgestellt. Was soll daran gefährlich sein? Atome sind so kleine Dinger und wenn man sie spaltet, werden sie ja noch kleiner. Meiner Winke-Queen zapf ich den Strom ebenfalls ab, die winkt jetzt nicht mehr, aber sie beleuchtet immerhin den Elektrowecker. Meine neueste Überlegung: Wenn der Putin kein Gas mehr liefert, übernehme ich die Gasproduktion selber. Durch den häufigen Genuss von Hülsenfrüchten bin ich zum Blähboy mutiert. Das produziert hochwertiges Biogas, das nur gesammelt und eingespeist werden muss. Gemeinsam mit meinen Nachbarn hab ich am Ende der Straße jetzt eine Flatulenzensammelstelle eingerichtet, von wo wir die gesammelten Abgase an die ortsansässigen Energieversorger weiterleiten. Mit dem Schlachtruf „Erbsen, Bohnen, Linsen und Putin stoppt sein Grinsen“ auf in den Kampf um die Gasvorräte! Auch Chili hilft. Herzlichst Euer Volkmar Staub
Die Musikindustrie ändert sich rasant. Waren früher Alben das Maß der Dinge, sind heute Single-Auskopplungen wichtiger denn je. Der Boom des Streamings und die Dominanz von Playlisten auf Spotify und Co. führen dazu, dass Acts den Fokus auf kompakte Releases legen. Dem trägt die chilli-Redaktion Rechnung. „Ab dieser Ausgabe rezensieren wir nicht nur noch Alben, sondern auch Singles“, sagt Musikredakteur Till Neumann. Wichtig sei fürs chilli, lokale Veröffentlichungen im Blatt zu haben. „Überregionales finden die Leser·innen auch anderswo“, betont Neumann. Die aktuelle Ausgabe zeigt deutlich, dass die Regioszene den Platz verdient: Neben zwei Bandporträts und einem 3-Fragen-Interview gibt es vier Release-Rezensionen. Alle sind von Acts aus Freiburg und Umgebung. Nur ein Long Player ist darunter. Die Auszeichnung „Album des Monats“ ergänzt die Redaktion ab jetzt durch „Single des Monats“. Das erhält ein ausgewähltes Release pro Monat – egal wie umfassend es ist. tln
EUER BESTER LEHRER?
Volkmar Staub, geboren in Lörrach, lebendig in Berlin, vergibt im chilli die Rote Schote am goldenen Band.
Foto: © privat
Wer macht in Freiburg den besten Unterricht? Das will unser Jugendmagazin f79 mit dem Radiosender baden.fm und dem Gesamtelternbeirat zum vierten Mal herausfinden. Alle Schülerinnen und Schüler aus der Regio sind aufgerufen, ihre Favoriten zu nominieren. Das geht bis zum 31. Juli auf der neu designten Website www.freiburger-lehrerpreis.de. Mitmachen lohnt sich: Für die Gewinnergruppe gibt’s 1000 Euro in die Klassenkasse. Neu in diesem Jahr: Erstmals können auch Lehrer·innen ihre Lieblingsschulleiter nominieren. Die Preisverleihung steigt am 28. September. Auch der Schirmherr ist dann dabei: Freiburgs Erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach. tln
JULI/AUGUST 2022 CHILLI 7
TITEL STADTENTWICKLUNG
AM DIETENBACH ESKALIERT DER KONFLIKT POLITIK GIBT SICH UNBEEINDRUCKT, BAUWIRTSCHAFT WINKT AB Von Lars Bargmann
B
ereits im August 2018 hatte das chilli berichtet, dass das Modell der Entwicklungsmaßnahme Dietenbach GmbH & Co. KG (EMD) nur dann funktionieren wird, wenn das Rathaus entweder dem knallbunten Strauß an politischen Wünschen ein paar Blüten austreibt oder sich finanziell weit über die Balkonbrüstung lehnt. Im April 2020 hatten wir geschrieben, dass Stadt und Bank auf einen Zielkonflikt zusteuern. Genau der ist jetzt eskaliert: Die Freiburger Sparkasse wird die millionenschwere Abwendungsvereinbarung eher nicht unterzeichnen: Nach chilli-Informationen liegen die Vorstellungen von Kommune und Kreditinstitut mehr als 100 Millionen Euro auseinander. Das Ziel des bezahlbaren Wohnens im neuen Stadtteil ist derzeit nur noch mit einem Teleskop zu sehen. Und völlig offen ist aktuell, wer im Dietenbach überhaupt bauen will. 10 CHILLI JULI/AUGUST 2022
Foto: © bar
TITEL STADTENTWICKLUNG
„Die Stadt braucht diesen Stadtteil und hat besondere politische Ziele“, sagte Marcel Thimm, der Vorstandsvorsitzende der Freiburger Sparkasse, an diesem denkwürdigen 22. Juni 2022. Aber man könne das finanzielle Risiko der Abwendungsvereinbarung – in dieser geht es zuvorderst um die Ausgleichsbeträge, die die Bank der Stadt zahlen muss, bevor sie die von der EMD optionierten Grundstücke an den Markt bringen kann – „nicht mehr seriös bepreisen“. So hört sich das Ziehen der Reißleine im Vorstandsjargon an. Thimm führte die „explodierenden“ Baupreise und Zinsen als Hauptgründe an. Insider wissen längst, dass es auch ohne diese wohl kaum zu einer Unterschrift auf diesem gewichtigen Papier gekommen wäre. Wenn die wirtschaftlichen Bedingungen für die, die Grundstücke kaufen und bebauen sollen, sich nicht maßgeblich ändern. Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn hatte im chilli-Interview Anfang Juni auf die Frage, ob die Stadt die EMD am Ende kaufen müsse, gesagt, das sei doch „top“. Für die späteren Mieter oder Eigentümer ändere sich gar nichts, wenn die Stadt nun auch für die EMD-Grundstücke zuständig wird. Es sei denn, diese Grundstücke würden nur in Erbpacht angeboten. Es gebe im Dietenbach, teilt das Baudezernat auf chilli-Anfrage mit, „keinen Beschluss, irgendwelche Grundstücke nur im Erbbaurecht zu verkaufen“. Die EMD hatte ein externes Gutachten in Auftrag gegeben, das den Wert der Grundstücke parzellengenau berechnet hatte. Auf die Frage, ob dieses Gutachten der Stadt vorliege und welche Werte drinstehen, antworten Baubürgermeister Martin Haag und Rüdiger Engel, Chef der Planungsgruppe Dietenbach: „Die Stadt oder die PGD haben kein Gutachten zu den Endwerten der Grundstücke in Auftrag gegeben.“ Eine Volte. Mehr nicht. Beide kennen das Gutachten. Im Haushaltsplan für Dietenbach stand mal ein Endwert von 980 Euro. Bei einer nur zweiprozentigen Bodenpreissteigerung jährlich lag der Ausgleichsbeitrag bei 438 Millionen Euro. Wenn die EMD mindestens 50 Prozent der bebaubaren Flächen – so steht es in der 2018 geschlossenen Rahmenvereinbarung – bekommt. Aktuell sind es
allenfalls 40 Prozent. Und für die fordert das Rathaus dennoch rund 100 Millionen Euro mehr. Die eine Lesart ist, dass Thimm die Reißleine gezogen hat. Die andere, dass das Rathaus ihn dazu gleichsam gezwungen hat. Der Rückzug der Bank bedeutet ein höheres Risiko für den Haushalt des Konzerns Stadt Freiburg. Eines, das heute niemand seriös taxieren kann. Das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde wird „die finanziellen Auswirkungen des Dietenbach-Projekts auf die nächsten Doppelhaushalte im jeweiligen Kontext, auch der gesamtwirtschaftlichen Situation, beurteilen“, teilt RP-Sprecherin Heike Spannagel auf Anfrage mit. Eine Bewertung vorab wäre „nicht belastbar“. Es stünden aber Gespräche mit der Stadt an, „insbesondere über konkrete Finanzierungspläne“. Kredite dürften immer „nur im Rahmen der jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit“ aufgenommen werden. Es wird durchaus spannend sein, wer welchen Taschenrechner mit in diese Sitzungen bringen wird. 11,5 Millionen Euro, rechnete Geschäftsführer Ingmar Roth vor, stehen bei der EMD demnächst auf der Kostenseite, rund 60 Millionen Euro ist der Wert der Optionen. Mindestens
WO WUNSCH AUF REALITÄT TRIFFT diese Summe muss Finanzbürgermeister Stefan Breiter im oder neben dem Haushalt neu abbilden. Nicht weniger spannend ist die bisher allenfalls extensiv debattierte Frage, wer im Dietenbach überhaupt bauen will. „Wir waren und sind uns nicht sicher, ob die Bauwirtschaft für die Grundstücke unter diesen Bedingungen überhaupt Angebote abgibt“, erzählt Marcel Thimm im chilli-Gespräch. Eine chilli-Umfrage unter mehreren Bauträgern und Baugenossenschaften zeichnet ein sehr reserviertes Bild. „Wir sehen den Ausstieg der Sparkasse sehr kritisch, weil sie ein regulierendes Element zwischen den politischen Wunschvorstellungen und den Realitäten am Markt ist“, sagt Klaus Ruppen-
thal, Vorstand der Wohnbau Baden AG, die hauptsächlich für Familien baut. „Wir werden uns zu den aktuellen Preisen und Bedingungen im Dietenbach nicht engagieren“, so Peter Unmüßig, Chef der Unmüssig-Gruppe. Er habe von 2200 Euro Grundstückskosten pro Quadratmeter Wohnraum gehört. Für den sozialen Wohnungsbau dürften es „maximal“ 700 Euro sein. Und weil 50 Prozent sozial gebaut werden sollen, stiege der Anteil im frei finanzierten Wohnungsbau auf 3700 Euro: „Das ist doch völlig absurd.“ Das politische Ziel des bezahlbaren Wohnens werde konterkariert. Der 71-Jährige glaubt, dass das Projekt wirtschaftlich „an die Wand fährt und die Verluste dann sozialisiert werden“. „Wir werden im ersten Bauabschnitt auf keinen Fall mitmachen“, sagt Jörg Gisinger, Chef der Gisinger-Gruppe. „Wir würden gerne bauen, aber ob die wirtschaftlichen Realitäten mit dem politischen Blumenstrauß in Einklang zu bringen sind? Das wird extrem anspruchsvoll“, glaubt Jörg Straub, Vorstand des Bauvereins Breisgau. „Unter den heute gegebenen Umständen werden wir nicht bauen, wir behalten das aber im Auge“, sagt Marc Stuckert, kaufmännischer Vorstand der Stuckert Wohnbau AG. Diejenigen, die den bunten Strauß (50 Prozent geförderter und zusätzlich noch preisgedämpfter Mietwohnungsbau, klimaneutrale und tiefgaragenlose Gebäude, kleinteilige Parzellenstruktur, 22 Kitas, ein Schulcampus, eine Tram, die „Integration von privaten Freiflächen in ein übergeordnetes Freiraumkonzept“, Anker-Bauträger, die 14 Grundstücke organisieren, aber nur zwei selber mit maximal 40 Wohnungen bebauen sollen etc.) geflochten haben, zeigen sich nach dem Rückzug der Bank erstaunlich unbeirrt. Grünen-Chefin Maria Viethen forderte hernach „keine Abstriche bei Dietenbach“. Die EMD-Übernahme ermögliche vielmehr, dass die Stadt die städtebaulichen, ökologischen, sozialen und wohnungspolitischen Ziele noch passgenauer umsetzen könne. Das geplante städtische Budget von maximal 100 Millionen Euro wolle man aber einhalten. Eine auch für die Marathon-Stadträtin sehr, sehr sportliche Herausforderung. JULI/AUGUST 2022 CHILLI 11
TITEL STADTENTWICKLUNG
Fotos: © tln, bar
Die JUPI-Fraktion würde am liebsten „alles in Erbbau“ vergeben und glaubt, dass auf diesen Grundstücken dann Bauträger „z.B. für Obdachlose, Menschen mit Behinderungen, alleinerziehende Frauen, Geflüchtete, kleine und große Familien, Azubis und Studierende“ bauen. Was einer Realitätsprüfung eher nicht standhalten wird. Die Fraktion ESfA will ebenfalls „keine Abstriche“ am Konzept. Bei der SPD-Kulturliste hat der Rückzug der Sparkasse „keine Schockwellen ausgelöst“, schreibt die Vorsitzende Julia Söhne im Amtsblatt. Wichtig sei, dass „mögliche finanzielle Risiken“ aufgearbeitet und dargestellt werden. Das ist tatsächlich wünschenswert. „Der Gemeinderat hat immer neue und höhere Anforderungen beschlossen, was natürlich das Bauen im Dietenbach immer teurer werden ließ“, teilen indes die Freien Wähler mit. Es bestehe die große Gefahr, dass mit dem Vermarktungskonzept, das die Stadt vorgibt, „erhebliche Verluste“ eingefahren werden. Auch für die Fraktionsgemeinschaft FDP/BfF ist die Übernahme der falsche Weg. „Wir sehen die Gefahr, dass die gesamte Vermarktungsstrategie infrage gestellt wird. Das könnte das Projekt Dietenbach ins Wanken bringen“, so Fraktionschef Sascha Fiek. Freiburg-Lebenswert-Stadtrat WolfDieter Winkler fordert weiter den Ausstieg aus Dietenbach, AfD-Stadtrat Detlef Huber eine Überprüfung des Projekts und das Vorlegen einer Exit-Strategie: „Sonst kommt der Pleitegeier immer näher.“ Bislang taxierte das Rathaus die Kosten für Dietenbach auf 850 Millionen Euro. 750 sollten durch Grundstücksverkäufe
und Zuschüsse wieder reinkommen, 100 Millionen (über 20 Jahre) muss das Rathaus zuschießen. Aufgrund der explodierenden Baukosten werden die Kosten die Milliarden-Hürde vermutlich locker überspringen. Dem widerspricht Engel auf Anfrage „noch“ nicht. Im September werde man klarer sehen, dann werde er eine neue Sonderrechnung präsentieren. Für den Projektleiter sind die Chancen der EMD-Übernahme größer als das Risiko, weil mit der Inflation und höheren Zinsen eben auch die Grundstückspreise steigen, das Rathaus mehr planerische
»FLEXIBLER REAGIEREN« Flexibilität und Vermarktungsmöglichkeiten habe. Zudem könne die Stadt zu günstigeren Konditionen vorfinanzieren als es die Sparkasse bankenrechtlich dürfe. Und: „Wenn sich alle Grundstücke in städtischer Hand befinden, kann viel schneller und flexibler auf sich wandelnde Anforderungen reagiert werden.“ Das EMD-Modell ersonnen hatten Baubürgermeister Martin Haag und Rechtsanwalt Thomas Burmeister, der die meisten der 413 privaten Eigentümer vertritt. Das Rathaus hätte den Grundstückseigentümern, weil es die Gesetzeslage bei einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme so vorschreibt, nur 15 Euro pro Quadratmeter bezahlen dürfen. Das hätte auf der politischen Bühne zu massiven Protesten und wohl auch Massen-Enteignungsverfahren geführt. Die EMD zahlte 64, was für einen Quadratmeter Acker durchaus ordentlich
ist. Hier aber lauert die nächste Krux: Es gibt Eigentümer, die für 15 Euro an die Stadt verkauft haben, bevor die EMD aufs Tapet kam. Wenn nun der Nachbar von der EMD 64 Euro bekommt, die Stadt aber bald auch Eigentümer der EMD ist, könnte das die Klagelust des anderen Nachbarn durchaus reizen. Abgesehen davon wird das Rathaus auch dann eine Abwendungsvereinbarung mit der EMD unterzeichnen müssen, wenn sie sie kauft. Und welche Bodenwerte stehen dann drin? Bezahlbares Wohnen wird im Dietenbach, wenn überhaupt, nur gelingen, wenn nicht an jeder Straßenecke teure Architektenwettbewerbe vorgeschrieben werden, wenn ganz normale Wohnhäuser gebaut werden können: Und zwar zigfach die gleichen. Dann gibt es einen Haustyp A, der eine geprüfte Statik hat, ein geprüftes Brandschutzkonzept, eine fertige Architektur, einen Rohbauplan, einen Haustechnikplan, einen Elektroplan, einen Ausbauplan. Und sodann einen Haustyp B, C oder D mit eben diesen Eigenschaften. Gebäude mithin, die nicht immer wieder kostspielig neu „erfunden“ werden müssen. Serielles Bauen wird beim Dietenbach aber wohl erst in zwei Jahren ein Thema werden. Spätestens aber nach einem bösen Erwachen bei der Vermarktung des ersten Bauabschnitts. In der Präambel des Rahmenvertrags zwischen Stadt und EMD heißt es unter Verweis aufs Baugesetzbuch übrigens: „Vor allem muss auch das bodenpolitische Ziel der Entwicklungsmaßnahme, weite Bevölkerungskreise mit preisgünstigen Grundstücken zu versorgen, erreicht werden können.“
Die ersten Anzeichen: Auf dem vor allem noch landwirtschaftlich genutzten Areal stehen nun die ersten Kräne. Der namensgebende Dietenbach wurde für eine Überfahrt in Eisenrohre gepackt.
12 CHILLI JULI/AUGUST 2022
KONTROVERS MOBILITÄT
KONTROVERS
A
b 2035 dürfen in der EU nur noch emissionsfreie Neuwagen verkauft werden. Benzin-, Diesel- und auch Hybridautos stehen damit vor dem Aus. Eine gute Entscheidung? Welche Folgen hat ein Verbot für Südbaden? Die Verhandlungen der Umweltminister in Brüssel dauerten mehr als 16 Stunden. In der chilli-Rubrik KONTROvers argumentieren Andreas Müller, Leiter Abteilung Verkehr, Technik und Umwelt im ADAC Südbaden, und Martin Wietschel, Leiter Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer-Institut für System- und Innovation Karlsruhe, für und wider.
Fotos: © iStock.com/simonkr; Scharfsinn86
»SCHRÄNKEN MOBILITÄT EIN« WARUM DER VERBRENNUNGSMOTOR NOCH NICHT AUSGEDIENT HAT
Foto: © ADAC
Ein pauschales Verbot von Diesel- oder Benzinmotoren im Straßenverkehr hält der ADAC für falsch – übergeordnetes Ziel zum Erreichen der Klimaschutzziele sollte die effiziente CO2-Minderung sein, nicht die Fokussierung auf eine bestimmte Technologie. Der Verbrennungsmotor hat sein Effizienzpotenzial noch nicht ausgeschöpft und dominiert trotz Hochlauf der Elektromobilität noch lange Zeit den Fahrzeugbestand im Straßenverkehr – national und international. Wir begrüßen daher, dass der Europäische Rat die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotor über 2035 hinaus gebilligt hat, wenn
„Potenzial noch nicht ausgeschöpft“: Andreas Müller vom ADAC
14 CHILLI JULI/AUGUST 2022
sie mit E-Fuels – sogenannten synthetischen Kraftstoffen aus Wasserstoff als Grundprodukt – klimaneutral angetrieben werden. Nun muss die Kommission umgehend einen Gesetzgebungsvorschlag für die Zulassung von klimaneutral betankten Verbrennerfahrzeugen vorlegen, sonst haben wir faktisch ein Verbrennerverbot. Der ADAC setzt sich beim Klimaschutz für einen technologieoffenen Ansatz bei Antrieben und Antriebsenergien ein, dies schließt einen klimaneutral betriebenen Verbrennungsmotor ein. Wichtig ist aus unserer Sicht, den Verbrennungsmotor in Richtung Klimaneutralität weiterzuentwickeln. Dafür bedarf es geeigneter Anreize. Nicht die Antriebsart, sondern die Antriebsenergie ist entscheidend für klimaneutrale Mobilität. Das bedeutet: Ersatz fossiler Kraftstoffe und fossilen Ladestroms durch erneuerbar und treibhausgasfrei erzeugte flüssige und gasförmige Kraftstoffe und Strom. Die EU-Regulierung für neue Pkw setzt bereits heute einen starken rechtlichen Rahmen, um Fahrzeuge mit geringen CO2-Emissionen in den Markt zu bringen. Bis 2030 werden
voraussichtlich zehn Millionen Pkw in Deutschland – also über ein Fünftel des Bestands – über einen Elektroantrieb verfügen. Vor diesem Hintergrund prüfen derzeit viele Automobilhersteller, ob sie Diesel- oder Benzinmotoren auch langfristig in Europa anbieten sollen. Ein nationales Verbrennerverbot bietet somit weder der Industrie noch den Käufern von Neufahrzeugen zusätzliche Orientierung. Die Bedarfe der Menschen in Südbaden unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von den Bedarfen im ganzen Land. Aufgrund der fehlenden Sicherheiten was die Anschaffung eines vollelektrischen Pkw angeht, wird es in Südbaden nicht möglich sein, alle Vorteile dieser Antriebsart vollumfänglich umzusetzen. Selbst wenn wir in Südbaden die ambitionierten Ziele hinsichtlich Elektromobilität erreichen sollten, werden viele andere Regionen der Welt den Verkehr auch in 20 oder 30 Jahren nicht elektrifizieren können. Im Gegenzug schränken wir aber die bezahlbare, individuelle Mobilität vieler Südbadener ein und verhindern dadurch, dass sie am sozialen Leben teilhaben können. Andreas Müller
KONTROVERS MOBILITÄT
»KLARES SIGNAL SENDEN« WIESO EIN VERBRENNER-VERBOT IN NEUZUGELASSENEN PKW NOTWENDIG IST Industrie überlassen, die besten Lösungen zu finden. Es gibt allerdings auch Argumente dagegen. Synthetische Kraftstoffe auf Basis der Biomasse bei Pkw einzusetzen ist mittelfristig nicht sinnvoll. Die Menge an nachhaltiger Biomasse ist beschränkt und sie wird in anderen Sektoren dringender benötigt. Dies sind Bereiche in der Chemie, wo Kohlenstoff als Quelle benötigt wird. Oder der internationale Flug- und Schiffsverkehr, in denen wegen der zu geringen Reichweite Batterien oder Brennstoffzellen nicht zum Einsatz kommen können. Für dieselbe Fahrleistung benötigen Pkw auf Basis von strombasierten synthetischen Kraftstoffen (sogenannten E-Fuels) eine fünffach höhere Strommenge im Vergleich zu Elektro-Pkw, was einen massiv höheren Ausbau der Erneuerbaren notwendig machen würde. Dieser müsste wegen der beschränkten Potenziale von Erneuerbaren in Deutschland überwiegend im Ausland stattfinden. Der notwendige Produktions- und Transportinfrastrukturaufbau ist allerdings sehr zeit- und kapitalintensiv. Und er schafft neue Abhängigkeiten in der Energieversorgung. Ähnlich wie bei der
Biomasse werden synthetische Brennstoffe auch dringender in anderen Bereichen benötigt. Beispielsweise in der Eisen- und Stahlindustrie oder als e-Kerosin zum Fliegen. Weiterhin werden sie nach heutigem Kenntnisstand sehr teuer sein, so dass sie für den Pkw-Massenmarkt kaum in Betracht kommen. Ein für 2035 angekündigter Ausstieg auch aus Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen würde Planungssicherheit schaffen und ein Signal an die Pkw-Hersteller und Zuliefererindustrie senden. Diese spielen ja gerade in Baden-Württemberg eine besonders wichtige industriepolitische Rolle. Martin Wietschel Foto: © Fraunhofer
Der Verkehrssektor in der EU und in Deutschland konnte seine Treibhausgasemissionen (THG) in den letzten Jahren bis auf den Corona-bedingten Einbruch 2020 nicht senken. Die gesetzlichen Vorgaben zum Klimaschutz sehen für den Verkehrssektor eine Halbierung der THG-Emissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2019 vor. Dies ist ohne schnellen Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen nicht erreichbar. Weiterhin existiert das Ziel der Treibhausgasneutralität in Deutschland bis 2045. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Nutzungsdauer eines Pkw von 14 Jahren wird deutlich, dass spätestens ab 2035 keine Pkw in Deutschland mehr neu zugelassen werden können, die Treibhausgase emittieren. Mit Elektro-Pkw steht eine Alternative zur Verfügung, die in wenigen Jahren auch ohne Förderung günstiger ist als die konventionellen Fahrzeuge. Somit ist unter dem Aspekt des Klimaschutzes ein Verbrennerverbot richtig. Ein Diskussionspunkt ist allerdings, ob Fahrzeuge für die ausschließliche Verwendung sogenannter synthetischer Kraftstoffe auch nach 2035 davon ausgenommen werden. Die Technologieoffenheit spricht dafür. Es wird der
Plädiert für das Verbrenner-Aus: Martin Wietschel vom Fraunhofer ISI
JULI/AUGUST 2022 CHILLI 15
SZENE DROGEN
LEGALISIERUNG – UND DANN? WAS SICH IN FREIBURG ÄNDERT, WENN THC-KONSUM ERLAUBT WIRD
D
Foto: © freepik.com/jomp
ie Ampelregierung möchte Cannabis zum Konsum freigeben. Was würde das für Freiburg bedeuten? Ein Hanfverkäufer und die Drogenhilfe sehen viele Vorteile. Amtsgericht, Polizei und Staatsanwaltschaft halten sich überraschend bedeckt. „Das wird wahnsinnig“, jubelt Tobias Pietsch. Der 38-Jährige betreibt drei Hanfnah-Läden in der Region – und hat sich als Aktivist bundesweit einen Namen gemacht. Für ihn ist die Legalisierung überfällig: „Sie wollen mich ins Gefängnis stecken“, berichtet Pietsch. Für den Verkauf von mutmaßlich legalen CBD-Produkten war er bereits vor Gericht, aktuell läuft eine zweite Klage gegen ihn. Im Raum stand eine Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis. Mit Freiburg geht Pietsch hart ins Gericht. Die Drogenpolitik sei rabiat: Von Null-Toleranz habe eine Richterin in seinem Verfahren gesprochen. Bei Razzien in den drei Hanfnah-Läden seien die Unterschiede deutlich geworden: „In Lahr haben die Polizisten nichts mitgenommen, in Lörrach von jedem CBD-Produkt ein Exemplar – und in Freiburg einfach alles.“
Die Kriminalisierung ärgert den Hanfverkäufer: „Es sind so viele Einzelschicksale.“ Erst sei der Führerschein weg, dann würden sie ihren Job verlieren und am Ende gingen daran auch Beziehung oder Familie in die Brüche. Auch Christoph Weber von der Drogenhilfe Freiburg kennt solche Fälle. „Wir erleben es immer wieder“, sagt der Sozialarbeiter. „Viele junge Handwerker vom Land verlieren wegen Cannabis ihren Führerschein“, berichtet der 61-Jährige. Dann würden sie arbeitslos, die Strafe schlage ins Gegenteil um: „Sie konsumieren dann nur noch mehr.“ Weber fordert eine Reform des Führerscheinrechts: „Man müsste aktives THC messen.“ Ob jemand zwei Stunden oder zwei Tage vor dem Autofahren konsumiert habe, sei relevant. „Da muss man total unterscheiden“, so Weber. Das Verfahren, um den Führerschein wiederzubekommen, sei zudem zu teuer und zu lang. „Die MPU ist undurchschaubar, die Fragen sind so schwammig, da kann man nur lügen.“ Seit 1998 ist Weber bei der Drogenhilfe Freiburg. Er sagt: „Eine Legalisierung ist dringend notwendig, ohne Cannabis zu verharmlosen.“ Die Bestrafung treffe oft Gelegenheitskon-
MEINE SOMMERLOCH SORGEN Das schöne Spiel gibt’s diesen Sommer nur beim schönen Geschlecht. Schließlich hat die gut geschmierte (Maschine) FIFA Sand im Getriebe, den Männer-Fußball in die Wüste geschickt und die WM in den Winter verlegt. Dabei hat sich der südbadische Fußballfan vom Weltuntergang – der Niederlage gegen Rasenballsport Leipzig im Pokalfinale – gerade erst erholt. Wie soll 16 CHILLI JULI/AUGUST 2022
er sich nun von der allgemeinen Apokalypse ablenken? Statt verschwitzten Kickern mit Torriecher in großen Stadien gab’s diesen Sommer bloß Politiker mit Schweißflecken und Torschlusspanik in Garmisch-Partenkirchen. Aber immerhin ging es dort ja irgendwie doch um Fußball: Die Ansage, jeden Zentimeter Bündnisgebiet zu verteidigen, ist klassisches Catenaccio. Zwar ließ sich der Libero aus den Vereinigten Staaten früh auswechseln, dafür landete die Flügelzange Finnland-Schweden einen Ein-
KOLUMNE
wurf. Eine politische Bananenflanke vom Kanzler blieb aus. Finanzhilfen für die Ukraine gehen in die Verlängerung. Und das Beste: Von Matthäus und Schweinsteiger fehlte jede Spur. Aber das Dribbling der G7 kann kein Ersatz für eine Fußballweltmeisterschaft sein. Eine WM im Winter, wenn die Abseitsregel unter Einhaltung der Abstandsregeln erklärt werden muss, ist es auch nicht. Schon gar nicht im Königreich Katar. Das schöne Spiel in derWüste. Es ist eine Fata Morgana. Philip Thomas
SZENE KOLUMNE
IN & OUT Nichts geht über ein schönes Lächeln. Warum also stolzieren Models über Laufstege in New York, Paris und Mailand, als hätten sie einen Stein im Schuh? chilli-Trendchecker Philip Thomas verzieht keine Miene und verrät, was in Südbaden für strahlende und lange Gesichter sorgt.
IN
p
AUSGESTRAHLT
Foto: © freepik.com/vwalakte
Sicher war das Risiko. Ende August sollen die verbleibenden 51 Brennelemente aus dem 2020 vom Netz gegangenen Kernkraftwerk Fessenheim in eine Wiederaufbereitungsanlage in der Normandie gebracht werden. 358 Brennstäbe wurden bereits abtransportiert. „Ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit in unserer Region“, kommentiert Freiburgs Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer. Nach 42 Jahren Kernspaltung und mehr als 200 meldungspflichtigen Störfällen im ältesten französischen AKW soll an der Westseite des Rheins ein deutsch-französischer Park für nachhaltige Energiegewinnung entstehen.
OUT
p
MUNDART
Junge Menschen im Land sprechen kaum noch Dialekt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Uni Tübingen. „Den einfachen Gegensatz Dialekt – Hochdeutsch gibt es im südwestdeutschen Raum nicht mehr. Viele Kinder bewegen sich heute sprachlich auf verschiedenen Ebenen zwischen dem alten Ortsdialekt und dem, was man allgemein für Hochdeutsch hält“, so Projektleiter Hubert Klausmann. Eine vor zwei Jahren von Ministerpräsident Winfried Kretschmann ins Leben gerufene „Dialektinitiative“ soll gegensteuern und „den kulturellen Schatz bewahren“. Foto: © freepik.com/black.salmon
sumenten, die nicht süchtig sind. „Mit der Justiz zu kommen, ist nicht gut.“ Als Positivbeispiel nennt er Portugal. Dort ist seit 2001 der Konsum von Cannabis, Speed, Heroin und Kokain in gewissen Mengen legal. Statt Konsumenten zu bestrafen, wird auf Entzugshilfe und Begleitung gesetzt. Legaler Konsum würde für Weber auch mehr Sicherheit bringen. Gerade mit Blick auf den Trend: „Zehn Prozent des beschlagnahmten Cannabis vom Schwarzmarkt ist sogenanntes Chemiegras“, warnt der Suchtexperte. Und was ändert eine Legalisierung für Gerichte, Polizei und Staatsanwaltschaft? „Im letzten Jahr wurden circa 5000 Betäubungsmittelverfahren bei der Staatsanwaltschaft Freiburg bearbeitet“, teilt Sprecherin Martina Wilke mit. Eine Statistik zu Cannabis gebe es nicht. Sicher sei aber: „Cannabis ist das am weitesten verbreitete Betäubungsmittel.“ Ob eine Legalisierung Einfluss auf die Anzahl der Verfahren und den Ermittlungsaufwand habe, ließe sich jedoch erst abschätzen, wenn „Umfang und Ausgestaltung“ bekannt sind. Auch Lars Petersen vom Amtsgericht hält sich bedeckt: „Leider führen wir keine Statistiken, die es uns erlauben würden, Ihre Fragen zu beantworten.“ Ähnliches lässt Polizeisprecher Özkan Cira verlauten: „Welche Folgen eine Legalisierung von Cannabis auf die Arbeitsbelastung des Polizeipräsidiums Freiburg hätte, ließe sich unserer Einschätzung nach lediglich spekulativ beantworten.“ Für Hanfnah-Chef Pietsch ist klar: „Es wird sich definitiv einiges ändern.“ Die rund 100 Dealer in der Stadt würden durch 20 bis 30 Verkaufsstellen ersetzt. Dass es dann Warteschlangen gebe wie bei der Legalisierung 2018 in Kanada, würde er nicht ausschließen. „Viele Bürger scharren mit den Hufen.“ Eine Enttabuisierung wäre für ihn wünschenswert. Selbst Freunde von ihm würden sich teilweise nicht in seinen Laden trauen. Stigmatisierung und Ächtung sei fest in den Köpfen. Dabei gelte Alkohol weiterhin als Kavaliersdelikt. Ob die Legalisierung in dieser Legislaturperiode wirklich kommt? Weber und Pietsch sind optimistisch. Falls nicht, will der Hanfverkäufer auf die Barrikaden gehen: „Dann laufe ich bis nach Berlin, wir machen eine neue Badische Revolution.“ Im Kleinen hat er das im Mai geübt: Beim Marihuana March zog er mit rund 1000 Aktivist·innen durch Freiburg. Das Interesse wächst: Im Dezember steigt erstmals der Fachkongress CannaB. an der Messe Freiburg. Thema der Runde ist die geplante Legalisierung und ihr „vielfältiges und enormes Potenzial“. Till Neumann
Fotos: © privat
Hoffen auf die Legalisierung: Christoph Weber von der Drogenhilfe Freiburg (links) und Tobias Pietsch, Chef der Hanfnah-Läden.
JULI/AUGUST 2022 CHILLI 17
SZENE SPORT Showdown: Die besten Ultimate-Frisbee-Teams treffen sich in den USA.
WELTMEISTERLICHES FREIBURG ULTIMATE-FRISBEE-TEAM TRAINIERT FÜR CLUB-WM
F
Fotos: © iStock.com/NickyLloyd, David Hamann
lutlicht erhellt den Abendhimmel über Littenweiler. Elegant gleitet die weiße Scheibe durch die Luft – verfolgt von den Blicken der 14 Spielerinnen und Spieler. Jeden Montag bereiten sie sich hier gemeinsam auf etwas Besonderes vor. Im Juli fliegt das Team „Disconnection“ des PTSV Jahn Freiburg zur Club WM nach Cincinnati in die USA. Ultimate Frisbee heißt der in Deutschland noch weitgehend unbekannte Teamsport, der hier auf dem Kunstrasen betrieben wird. Ziel des Spiels ist es, durch Zuwerfen der Scheibe mit dem eigenen Team die Endzone zu erreichen und so einen Punkt zu erzielen. Die andere Mannschaft versucht, genau das zu verhindern. Mit der Scheibe in der Hand laufen darf man nicht. „Man braucht dazu vor allem ein gutes Raumverständnis und eine gute Athletik“, erklärt Annika Hambrecht (25). Sie spielt schon seit sechs Jahren Ultimate Frisbee und ist Teil des WM-Teams. Als bestes deutsches Mixed-Team konnten sie sich im Oktober die Teilnahme an der Club-WM sichern. „Besonders am Ultimate ist, dass es eine der wenigen Sportarten ist, bei denen Frauen und Männer gemeinsam spielen“, erzählt Henning Nover (26), der auch mit zur WM fährt. Beliebt sei der Sport 18 CHILLI JULI/AUGUST 2022
vor allem bei Studierenden. Mitmachen können jedoch alle, die Lust haben. Die Frisbee-Abteilung des PTSV existiert seit 1987 und hat mittlerweile auch ein eigenes Jugendteam. 1968 von Studierenden in den USA erfunden, erfreut sich der Sport zunehmend größerer Beliebtheit. „Was mich fasziniert, ist der positive Spirit“, berichtet Hambrecht begeistert. Beim Ultimate gibt es neben der gewöhnlichen Punktewertung auch eine Spirit-Bewertung für Fairplay und Teamleistung. Passenderweise hat Ultimate keinen Schiedsrichter. Die Teams müssen sich bei strittigen Szenen gemeinsam einig werden. „Der Mix aus Athletik und Taktik ist beim Ultimate sehr herausfordernd“, merkt Nover an. Der Kopf müsse frei bleiben, damit Spielzüge funktionieren. Daher steht neben Konditionstraining, Krafttraining und Teambuildingwochenenden auch Mentaltraining auf dem Programm. Bis zur WM-Teilnahme war viel zu organisieren: Flüge mussten gebucht, Visa beantragt und die Unterkunft organisiert werden. Ultimate Frisbee ist noch immer ein Randsport. Den größten Teil der Kosten muss das Team selbst tragen. Daher läuft eine Spendenkampagne auf betterplace.org. Zum Redaktionsschluss
fehlten dem Team rund 20.000 Euro, um die Kosten für die WM zu decken. Die Freiburger treffen in Cincinnati auf Teams aus knapp 50 Ländern. Die Titelanwärter kommen aus den USA selbst. Schon bei der WM 2018 konnte sich das Team „BFG“ aus Seattle den Sieg sichern und zählt auch dieses Jahr wieder zum Favoritenkreis. Ein Platz unter den Top 10 wäre ein großer Erfolg für „Disconnection“. Das Wichtigste am Ultimate ist für Hambrecht aber der Teamgeist. Der soll auch bei der WM an erster Stelle stehen. David Hamann
Wollen angreifen: Annika Hambrecht und Henning Nover vom Team „Disconnection“.
SZENE HOCHSCHULE
»DAS MACHT UNS WÜTEND«
Foto: © Pascal Lienhard
STUDIERENDE LÖSEN BLOCKADE AUF - REKTORIN VERTEIDIGT UNI
Foto: © Universität Konstanz
Druck im Kessel: Die Gruppe Transformationsuni 2.0 hat einen Freiburger Hörsaal blockiert. Die Rektorin Kerstin Krieglstein findet das falsch.
E
ine Woche lang haben Studierende im Juni den Hörsaal 1010 der Freiburger Uni besetzt. Dann einigte sich die Gruppe „Transformationsuni 2.0“ mit der Unileitung auf Gespräche. Sie konnte ihr Anliegen im Hochschulsenat vortragen. Uni-Rektorin Kerstin Krieglstein (58) verteidigt gegenüber dem chilli das Uni-Engagement. Die Aktivist·innen sind sauer. „Ich bin der Meinung, dass eine Hörsaalbesetzung kein probates Argument ist im enorm wichtigen Austausch zu Klimaund Nachhaltigkeitsfragen“, sagt die Rektorin. Sie befürworte den Dialog und ein faires Miteinander. Macht die Uni zu wenig für den Klimaschutz? „Nein“, kontert die Rektorin. „In Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit haben wir schon immer eine Vorreiter-Rolle gehabt – genau da, wo unsere Aufträge liegen: in der Forschung, in der Lehre, im Transfer von Wissen in die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und als Institution.“ Das spiegele sich auch wider in den intensiven Forschungen zu Ökosystemen, Energiesystemen und Transformationsprozessen bis hin zur Entwicklung von sozialen und technischen Innovationen – ebenso in den vielfältigen Angeboten für Studierende, etwa dem universitätsweiten Nachhaltigkeitszertifikat. „Man kann aber immer noch besser werden und das ist auch unser Anspruch“, betont die Rektorin. Die Universität habe großes Interesse, mit Chemikalien und Ressourcen besonders effizient umzugehen und auch CO2 zu sparen. Es sei ein Klimaschutzkonzept für die Universität entwickelt worden, das im Dezember vom Rektorat und zwei Monate darauf im Senat verabschiedet wurde. Das schließe zum Beispiel ein Solarkraftwerk mit ein.
„Unser Problem ist jedoch, dass für all das, was hier an Geld investiert und gebaut werden muss, das Land zuständig ist“, betont Krieglstein. An dieser Stelle sei die Universität handlungsunfähig. „Wir können die Vorschläge machen, das haben wir gemacht, und das Land war von unserem Klimaschutzkonzept begeistert. Aber jetzt muss von dort das Geld bereitgestellt und auch die baulichen Dinge begleitet werden.“ Auch daher empfindet sie jeglichen Vorwurf in Sachen Klimaschutz eigentlich als ungerechtfertigt. Die Aktivisten fordern unter anderem, dass die Uni den sozial-ökologischen Notstand ausruft. Zudem soll sie in ihre Grundordnung schreiben, dass sie sich verpflichtet, „den Schutz der globalen Ökosysteme voranzutreiben und soziale Ungleichheiten global und national zu bekämpfen“. Die Aktivist·innen schätzen die Gespräche mit der Unileitung, sind aber enttäuscht: „Die Uni zeigt sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber völlig unangemessen“, sagt Pressesprecher Lucas Zander. Die Rektorin weise die Verantwortung der Universität ab. Der 20-jährige Medizinstudent betont: „Das macht uns wütend.“ Mittlerweile ist er auch Teil der Gruppe, die ein Klima-Protestcamp auf dem Rathausplatz organisiert. Es soll dort bis 2035 stehen. Gegenwind für Krieglstein gibt es auch von Angestellten der Uni. So erklärt sich beispielsweise Stefan Pauliuk, Professor für Industrial Ecology, solidarisch mit Transformationsuni 2.0. Er fordert in einem umfassenden Online-Beitrag unter anderem ein Nachschärfen des Klimaschutzkonzepts sowie ein Energiespar- und Platzsparkonzept. Pascal Lienhard, Till Neumann, Johanna Storz JULI/AUGUST 2022 CHILLI 19
SZENE FREIBURG Ungewohnte Perspektive: Steinmetze und Industriekletterer arbeiten einmal im Jahr am Turm des Münsters.
LUFTIGER ARBEITSPLATZ MIT STEINMETZEN AUF DEM FREIBURGER MÜNSTER
U
Fotos: © Seilsache Freiburg; Hubert Gemmert
nerwartet langsam geht es in die Höhe. Der Marktplatz um das Freiburger Münster wird immer kleiner, der Geruch von Bratwurst und Blumen verfliegt. Fast sechs Minuten dauert es, bis das Ziel erreicht ist. Kurz davor scheppert es ordentlich. Doch dann hält der Baustellenaufzug an einer Galerie in 70 Metern Höhe. Für den leitenden Steinrestaurator Till Borsdorf geht es noch weiter – ins Seil und an die Außenfassade des „schönsten Turms der Christenheit“. Einmal im Jahr arbeiten Industriekletterer gemeinsam mit Mitarbeitern des Münsterbauvereins in schwindelerregender Höhe am Hauptturm des Freiburger Wahrzeichens – stolze 509 Jahre haben die ältesten Bauteile auf dem Buckel. Regelmäßige Kontrollen sind Pflicht. Mögliche Schäden sollen früh gefunden und ausgebessert werden. „Wir sind ja verantwortlich für die Personen auf dem Markt“, erklärt Borsdorf. Für die unteren Gebäudeteile reichen Hubsteiger. Doch sobald es weiter in die Höhe oder nicht mehr gerade nach oben geht, können diese nichts mehr ausrichten – und die Kletterer müssen ran. 20 CHILLI JULI/AUGUST 2022
Aber warum hängen sich Mitarbeiter des Münsterbauvereins ins Seil? Es käme ja auch niemand auf die Idee, das eigene Haus von einem Seil gesichert auf Schäden zu untersuchen. Erst recht nicht, wenn das Gebäude 116 Meter misst. Doch beim altehrwürdigen Münster ist die Lage eine andere. Industriekletterer mögen zwar wissen, wie man Knoten richtig bindet und Sicherungsgerät einwandfrei bedient. Doch wo nun wirklich Schäden vorliegen, wo der Turmhelm ausgebessert werden muss, das wissen nur jene, die das Bauwerk wie ihre Westentasche kennen: Borsdorf und seine Steinmetz-Kollegen. Die in 70 Metern Höhe gelegene Galerie dient den Mitarbeitern und zwei Industriekletterern der Freiburger Firma Seilsache als Basislager für ihren Aufstieg am Hauptturm. Hier liegen Seile, Klettergurte, Sicherheitswerkzeug und private Habseligkeiten, die vor Arbeitsantritt abgelegt werden müssen. In solch luftigen Höhen würde schließlich schon ein Handy zum tödlichen Objekt für die Gäste des Münstermarks. Um niemanden zu gefährden, wird dieser während der Arbeiten großflächig abgesperrt.
Borsdorf und seine Kollegen haben eine Qualifikation als Industriekletterer erworben. Jedes Jahr werden die Fertigkeiten trainiert. Schließlich kann es schnell zum Notfall kommen. Dieses Jahr haben die Kletterer an der Spitze des Turms ein Hornissennest entdeckt. Wenn eines der Tiere einen Kletterer angreift und der in Ohnmacht fällt, muss ein Kollege ihn retten können. Im Einsatz klettern stets zwei Personen nebeneinander, Schäden werden mit einer Kamera dokumentiert. „Elegant geht anders“, sagt Borsdorf grinsend, während er sich von der Außenfassade wieder auf die Plattform schwingt. Ganz ungewohnt seien solche Höhen für ihn zwar nicht. Schließlich muss der 43-Jährige berufsbedingt das ganze Münster kennen – da sind Abstecher in die Höhe Pflicht. Aber im Stile von Tom Cruise an einem Seil am höchsten Gebäude der Stadt zu klettern, das ist schon was anderes. Auch nach mehreren Jahren im Einsatz ist das für Borsdorf noch nicht zum
SZENE FREIBURG
Alltag geworden. „Ich brauche ein bisschen, um reinzukommen“, sagt er. Er sei ganz froh, dass es am ersten Tag erst einmal im Inneren des Turmhelms nach oben ginge. „Ich habe zwar früher selbst etwas geklettert“, blickt er zurück, „aber das war so schlecht, das ist kaum der Rede wert.“ Zudem lasse sich das Sportklettern kaum mit der Art von Arbeit vergleichen, die hier geleistet wird. Auch wenn im Voraus geplant wird – manchmal ist Improvisation notwendig. Wenn es regnet, windet oder gar gewittert, ist es nicht eben ratsam, am Münster zu klettern. Dieses Jahr ist das Wetter den wagemutigen Arbeitern häufig in die Quere gekommen. „Das ist etwas stressig, weil wir den Turm zum Weinfest wieder räumen müssen“, sagt Borsdorf. Doch dann muss eben an anderen Tagen länger gearbeitet werden. Bei den Arbeiten werden mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. „Neben der Kontrolle, ob noch alles in Takt ist und nichts abstürzen kann,
geht es auch um die Qualitätskontrolle unserer Turmhelmsanierung“, erklärt Borsdorf. Zudem sei für die kommenden Jahre eine neue Baustelle am Turm geplant, für die eine Schadenskartierung angelegt werden muss. Auch damit sind der Steinrestaurator und sein Team heute beschäftigt. Die Industriekletterer begleiten die Steinmetze und kümmern sich darum, dass technisch alles nach Plan verläuft. Seilsache-Inhaber Florian König bringt es mit einem Augenzwinkern auf den Punkt: „Die Steinmetze schauen, dass nichts vom Münster herunterfällt – und wir schauen, dass die Steinmetze nicht vom Münster herunterfallen.“ Auch für sie ist die Arbeit am Freiburger Wahrzeichen kein alltäglicher Job. „Für uns ist das Münster das Schönste“, schwärmt König. Nach vier Tagen am schönsten Turm der Christenheit können Borsdorf und sein Team die Seile und Sicherungsgurte wieder abgeben. Bis zum nächsten Sommer.
Pascal Lienhard ANZEIGE
JULI/AUGUST 2022 CHILLI 21
SZENE NACHHALTIGKEIT
Trügerische Idylle: Wasser im Schwarzwald wie hier im Glaswaldsee bei Bad Rippoldsau ist ein knappes Gut.
OBEN WIRD’S ENG V
ielerorts wird Wasser knapp. Im Ortenaukreis gibt es ein Verbot für die Entnahme aus Flüssen oder Bächen. Bis zu 100.000 Euro Strafe drohen bei einer gefüllten Gießkanne. Und Freiburg? Experten geben erst mal Entwarnung fürs Tal. Besorgt sind sie dennoch. Die Badenova will eine neue Trinkwasserleitung von Günterstal nach Hofsgrund bauen. „Die Trinkwasserversorgung in Freiburg ist gesichert“, sagt Ralf Zähringer. Der Vizechef des Freiburger Umweltschutzamtes ist sicher: „Da müsste sehr, sehr viel passieren, dass es knapp wird.“ Grund dafür sind die zwei gut gefüllten Grundwasserreservoire in Ebnet und dem Bad-Krozinger Ortsteil Hausen an der Möhlin. Letzteres bietet durch seine Lage im Oberrheingraben gewaltige Wasserreserven, erklärt Hydrologe Jens Lange von der Universität Freiburg. Es ist die flüssige Lebensversicherung der Stadt. Dennoch könnte Freiburg höhere Pegel vertragen: So ist der größte Wasserverbraucher, die Chemie-Firma Cerdia, aktuell vom Dreisamgewerbekanal abgeklemmt. „Da ist es sehr knapp“, berichtet Zähringer. Es gelte die Regel: Wenn wenig Wasser in der Dreisam ist, wird der Gewerbekanal zugunsten der Natur automatisch geschlossen. 22 CHILLI JULI/AUGUST 2022
Die Cerdia nutzt das Wasser zum Kühlen, sie könne sich notfalls mit einem Grundwasserbrunnen behelfen. Doch auch der sei limitiert. „Bisher hat es immer gereicht“, weiß Zähringer. Das gilt auch für den zweitgrößten Wasserverbraucher Freiburgs: die Brauerei Ganter. Was der Mangel für die Cerdia bedeutet, hat sie trotz mehrfacher Anfrage nicht mitgeteilt. Der Umweltexperte Zähringer stellt fest, dass die Pegel in den vergangenen Jahren früher fielen als zuvor. „Das beschäftigt uns kritisch – landauf und landab“, sagt Zähringer. Mit dem Land versuche man, Strategien zu entwickeln, um mehr Wasser „in der Raumschaft zu halten“. Es soll nicht in
HORBEN IST BESORGT den nächsten Fluss fließen, sondern in den Boden sickern. Auch das Entsiegeln von Flächen sei hilfreich. Eine trockene Dreisam ist für Fische und das Flussökosystem katastrophal, betont Hydrologe Lange. Im Juni hat das Garten- und Tiefbauamt bereits Wasser in den unteren Deichelweiher beim Möslepark gepumpt. Auch da war es knapp. Als Privatverbraucher müsse man sich keine Sorgen machen, erklärt
Zähringer. Landwirte hingegen schon. So seien die Pegel an der Elz im Landkreis Emmendingen kritisch. Genauso sieht es in den Höhenlagen rund um Freiburg aus. Beispielsweise bangt die Schauinsland-Gemeinde Horben um ausreichende Versorgung: Sie verfügt über eine eigene Quelle, zudem kooperiert sie mit dem Zweckverband Wasserversorgung Hexental. Da seit 2018 die „Quellausschüttungen deutlich zurückgehen“, werde mittlerweile mehr Wasser aus dem Hexental gebraucht, berichtet Hauptamtsleiter Egbert Bopp. Die nächste Herausforderung kommt: Derzeit wird das Gesundheitsressort Luisenhöhe in Horben fertiggestellt. Mit der Eröffnung werde sich der Wasserverbrauch der Gemeinde schlagartig nahezu verdoppeln, unterstreicht Bopp: „Es besteht die Sorge, dass insbesondere die Kombination aus anhaltender Trockenheit und Spitzenverbräuchen für das derzeitige System nicht leistbar ist.“ Daher steht eine Kooperation mit der Badenova im Raum. Wasser soll in knappen Zeiten den Berg hochgepumpt werden. „Wir wollen eine Trinkwasserleitung von Günterstal nach Horben, weiter nach St. Ulrich und dann nach Hofsgrund bauen“, informiert Klaus Rhode. Er ist Leiter der Sparte Wasser und Abwasser bei der Badenova-Tochter bnNETZE. Eine ge-
Foto: © pixabay.com/OrcaTec
WASSERVERSORUNG DER HÖHENLAGEN IST KRITISCH
SZENE BUSINESS
nehmigungsfähige Trasse zu finden ist kein Leichtes: „Natur- und Artenschutz werden eine Herausforderung in einem Gebiet wie dem Schauinsland.“ Die Trockenperioden häufen sich: „Die letzten sechs Jahre haben uns gezeigt, dass der Klimawandel angekommen ist, sogar stärker als erwartet“, sagt Rhode. Es müssten daher Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, damit das Wasser in den Bergen nicht ausgeht. Zumal es bei der Hitze immer mehr Menschen genau dorthin ziehe. Jens Lange bezeichnet die Trockenheit von 2018 bis 2020 als Dreijahresdürre: „An vielen Orten war es so extrem wie nie zuvor.“ Die Dreisam lag zum Schrecken vieler 2018 teilweise trocken. Bei March blieb nur eine Steinwüste, auch jetzt ist der Fluss dort wieder ausgetrocknet. Klaus Rhode nennt das Jahr 2003 als Extrembeispiel. Mit Trockenheit ab April und ohne Niederschlag bis November oder gar durch den Winter. „So etwas würde uns vor deutliche Her-
ausforderungen stellen“, warnt Rhode. „Nicht weil wir kein Wasser mehr hätten, sondern weil wir das Wasser verteilt bekommen müssten.“ Der Experte appelliert an alle: Ein bewusster Umgang helfe, die Wasserversorgung zu sichern. Oberstes Gebot bleibe aber, CO2 einzusparen. Rhode: „Nur so können wir den Klimawandel abschwächen und damit auch die Wasserversorgung sichern.“ Kreise wie die Ortenau haben bereits durchgegriffen. Das Landratsamt droht dort mit Strafen von bis zu 100.000 Euro bei einer Wasserentnahme aus Bächen oder Flüssen. Verhängt wurde eine solche Strafe bisher nicht, teilt die Pressestelle auf chilli-Anfrage mit. Doch das kann noch kommen: „Erfahrungsgemäß bleibt ein Verbot in trockenen Sommern über mehrere Monate bestehen, meist bis Oktober.“ Die Lage in Baden-Württemberg ist angespannt: „Das derzeitige Niedrigwasser in den Bächen und Flüssen ist außergewöhnlich niedrig für die Jahres-
zeit beziehungsweise früh im Jahr“, teilte eine Sprecherin der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) im Juni mit. Üblicherweise entwickelten sich entsprechende Niedrigwasser eher im Spätsommer. Der Freiburger Hydrologe Lange warnt vor den Folgen eines heißen Sommers: „Horben hat nicht das Glück, an Hausen zu hängen.“ Dort oben lebe man von der Hand in den Mund. Werde der Sommer heiß und trocken, könnten zum Herbst Quellen sehr wenig Wasser liefern. Dann könne es heikel werden. Auch das Recherchekollektiv Correktiv hat kürzlich eine umfassende Recherche zum Kampf ums Wasser veröffentlicht: Sie zeigt unter anderem, dass juristische Streitereien deutlich zunehmen. So hat sich die Zahl der Wasserprozesse in Baden-Württemberg in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Ein Grund dafür: Wer den Vorrang hat, wenn das Wasser knapp wird, ist in Deutschland nicht geregelt. Till Neumann
INNOVATIVE KAMPAGNE PSD BANK RHEINNECKARSAAR EG WIRBT UM FACHKRÄFTE
U
Foto: © PSD Bank
m zusätzliche Stellen mit qualifiziertem Personal zu besetzen, hat die PSD Bank RheinNeckarSaar eG ihren Bewerbungsprozess komplett neu aufgestellt. Sie wirbt auch in Freiburg mit einer aufmerksamkeitsstarken Kampagne Mitarbeiter für Beratung und Vertrieb.
Nicht nur in der Baubranche und im IT-Bereich sind Fachkräfte rar. Auch viele Banken suchen – unter anderem im Vertrieb – händeringend nach qualifizierten Mitarbeitern. „Banken stehen im Wettlauf um die besten Talente“ konstatiert etwa das Online-Magazin Springer Professional in einer Arbeitsmarktanalyse der Finanzbranche. „Wir begegnen dieser Herausforderung mit einer innovativen, ganzheitlich angelegten Personalstrategie, um unsere Bank zukunftssicher zu machen“, berichtet Stefan Bender, Vorstandsvorsitzender der PSD Bank RheinNeckarSaar eG. Von den bundesweit 14 PSD Banken verzeichnet die PSD Bank RheinNeckarSaar eG aktuell die größten Zuwächse im betreuten Kundenvolumen. Daher möchte sich die Bank an ihren Standorten in Stuttgart, Freiburg und Saarbrücken breiter aufstellen. So sollen beispielsweise in Freiburg in der Kundenbetreuung perspektivisch deutlich mehr Berater·innen beschäftigt werden.
Aktionen in Innenstädten: mit einem LED-Bike in Freiburg.
Teil der Kampagne ist ein E-Bike mit LED-Cube. Mehrere Wochen ist es in Freiburg unterwegs, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. „Das Bild des klassischen Bankers hat sich gewandelt“, sagt Regionalmarktleiter Jörg Vogelmann. Es sei deutlich moderner geworden. Die PSD Bank ist digital aufgestellt, agiert agil und kundennah. Für den Vertrieb sucht der Freiburger Standort motivierte und qualifizierte Talente, so Vogelmann. Die wichtigsten Kompetenzen für ihn, um bei der PSD Bank einzusteigen: Gespür für Menschen und Lust auf neue Technologien. Till Neumann JULI/AUGUST 2022 CHILLI 23
VERANSTALTUNGSKALENDER
Die Toten Hosen „Alles aus Liebe – 40 Jahre Tote Hosen“ Samstag, 23. Juli 2022, 16.30 Uhr Messe Freiburg
Termine
Partys
Foto: © Gabo
16. 7.– 31. 8.
VERANSTALTUNGSKALENDER SAMSTAG
Passagen
Robin Hood
AUSSTELLUNGEN
Fondation Beyeler, Basel Info: www.fondationbeyeler.ch
Theater im Steinbruch, Emmendingen H 19.30 Uhr Info: www.theater-im-steinbruch.de
Kunstsommer 2022
BÜHNE
Premiere: Das zweite Geschlecht
16.7.2022
ruppenausstellung versch. Künstler, G bis 10.9. Galerie K., Staufen Info: www.galerie-k.art
Plastik Die Welt neu denken, bis 4.9. Vitra Design Museum, Weil am Rhein Info: www.design-museum.de
Die Maler des Heiligen Herzens
erke von Bauchan, Bombois, Louis, W Rousseau & Vivin, bis 20.11. Museum Frieder Burda, Baden-Baden Info: www.museum-frieder-burda.de
Patrick Hughes & Zhuang Hong-Yi Rendezvous der Illusionen, bis 23.10. Kunsthalle Messmer, Riegel Info: www.kunsthallemessmer.de
I do if I don’t kulpturen, Wandbilder & Installationen S von Tobias Rehberger, bis 28.8. Kunstmuseum Stuttgart Info: www.kunstmuseum-stuttgart.de
24 CHILLI JULI/AUGUST 2022
L andschaft, Figur & Abstraktion, bis 14.8.
Matthias Jung
„ Chill mal – Am Ende der Geduld ist noch viel Pubertät übrig“
Kindertheaterstück von Ulrich Zaum
Gibt es einen neuen rechten Feminismus?
EVENTS Großes Lichterfest im Kurpark
Musik, Tanz & Unterhaltung, bis 17.7. Kurpark Bad Krozingen H 15 Uhr Info: www.bad-krozingen.info
Sommerfest 2022
Foodtrucks, Live-Musik & Kinderevents
Kultur im Stühlinger Souterrain, Freiburg H 20 Uhr Info: www.kiss-freiburg.jimdofree.com
Roccafe, Denzlingen H 17 Uhr Info: www.roccafe.de
Hot Cuisine!
V ielseitiges Rahmenprogram mit Feuershow
Theater Hans Dürr, Freiburg H 20 Uhr Info: www.theater-duerr.de
Seestraße, Titisee-Neustadt H 17 Uhr Info: www.hochschwarzwald.de
Currywurst mit Pommes
Sommerfest im Park
Burgbühne Oberkirch H 20 Uhr Info: www.burgbuehne.com
Weingut Gleichenstein, Oberrotweil H 18 Uhr Info: www.gleichenstein.de
Die lustigen Weiber von Windsor
Eine Reise durch die Nacht
Freilichtbühne Breisach H 20 Uhr Info: www.festspiele-breisach.de
Planetarium, Freiburg H 16.30 Uhr Info: www.planetarium-freiburg.de
as wir hörten, als wir wurden, W wer wir sind
Salome
Sterne des Südens
Werkraum, Theater Freiburg H 19 Uhr Info: www.theater.freiburg.de
Theater der Immoralisten, Freiburg H 20.30 Uhr Info: www.immoralisten.de
Planetarium, Freiburg H 19.30 Uhr Info: www.planetarium-freiburg.de
Nellie Nashorn, Lörrach H 20 Uhr Info: www.nellie-nashorn.de
Michael Parléz
„Geheimwitzvoll“ Zehntscheuer, Merdingen H 20 Uhr Info: www.merdinger-kunstforum.de
Die Schöne und das Biest
Das Musical in der Originalfassung Musical Theater, Basel H 14.30 & 19.30 Uhr Info: www.musical.ch
The Folly
Musiktheater von Fabrice Bollon Großes Haus, Theater Freiburg H 19.30 Uhr Info: www.theater.freiburg.de
Mehrgenerationen-Revue
Komödie von Heiner Schnitzler
Comedy-Bilderbogen von Frank Pinkus & Nick Walsh
Komödie nach William Shakespeare
Bitterböse Parabel über den Klimawandel, nach Oscar Wilde
Seenachtsfest am Titisee
ulinarisches in besonderer K Atmosphäre
Was sieht man am Sternenhimmel?
ternhaufen, Gasnebel & die S berühmten Magellanschen Wolken
› Alle Angaben ohne Gewähr
VERANSTALTUNGSKALENDER
SONNTAG
MUSICAL
COVERNIGHTS
17.7.2022
COVERNIGHTS
Die Schöne und das Biest Musical Theater Basel 13. bis 17. Juli
Tropic Ice
SMY
Strange, bis 1.10. Hilda Kulturaggregat, Freiburg Info: www.kultur-aggregat.de
Anouk Kruithof
Universal Tongue, bis 30.10. Museum Tinguely, Basel Info: www.tinguely.ch
ntifuchs | Senu | Yunis | A L’Imunsystem
Blickwechsel
E-Werk, Freiburg H 16 Uhr Info: www.ewerk-freiburg.de
Lebenszeichen
Musik für die Freiheit Klostergarten, Breisach H 19 Uhr Info: www.franziskaner-klostergartenbreisach.de
Giant Rooks
Indie-Rock
Zirkuszelt, ZMF-Gelände, Freiburg H 20 Uhr Info: www.zmf.de
Lie Ning
Zeitgemäße elektronische Sounds Werkraum Schöpflin, LörrachBrombach H 20 Uhr Info: www.stimmen.com
European Hip Hop Exchange
I m Rahmen des Deutsch-Französischen Familienfestes Reithalle im Kulturforum, Offenburg H 20.30 Uhr Info: www.kulturbuero.offenburg.de
Malaka Hostel
Kollektive Tanz-Ekstase
Werke von Wolfgang Faller, bis 12.9. Markgräfler Museum, Müllheim Info: www.markgraefler-museum.de
Backspace
erke von Sebastian Dannenberg, W bis 9.10. PEAC, Freiburg Info: www.peac.digital
Kunst muss nix
F arbenfrohe Werke von Michael Thümmrich, bis 14.8. Haus Salmegg, Rheinfelden Info: www.haus-salmegg.de
Klangzeit
usikmaschinen von Gerhard Kern, M bis 25.9. Elztalmuseum, Waldkirch Info: www.elztalmuseum.de
BÜHNE
Trinkhalle Baden-Baden H 21 Uhr Info: www.badenbadenevents.de
Y. Nézez-Séguin
Kammermusik II
Theater Baden-Baden H 15 Uhr Info: www.theater-baden-baden.de
Die kleine Hexe
Von Otfried Preußler Freilichtbühne Breisach H 15 Uhr Info: www.festspiele-breisach.de
Das zweite Geschlecht
Stück von Dietmar Berron-Brena
Lotte
Currywurst mit Pommes
Álvaro Soler
European Summer Tour 22 Marktplatz Schopfheim H 20 Uhr Info: www.karoevents.de
PARTY Hay! Saturday
Charts, House, Mainstream u.v.m. Heuboden, Umkirch H 21 Uhr Info: www.heuboden.de
Club
25 Jahre Root Down meets ZMF Spiegelzelt, ZMF-Gelände, Freiburg H 22.30 Uhr Info: www.zmf.de
In The Mix The 21st Century Party Jazzhaus, Freiburg H 23 Uhr Info: www.jazzhaus.de
www.karoevents.de
www.karoevents.de
Gewinnspiel auf www.chilli-freiburg.de
Gewinnspiel auf www.chilli-freiburg.de
LESUNG & GESPRÄCH
Komödie von William Shakespeare
Kultur im Stühlinger Souterrain, Freiburg H 18 Uhr Info: www.kiss-freiburg.jimdofree.com
Spiegelzelt, ZMF-Gelände, Freiburg H 20 Uhr Info: www.zmf.de
Harte Kerle Rock trifft Metal! Mit BIO ZZ Top und SAD stehen zwei der beliebtesten Tribute Bands auf der Bühne, um den Zuschauern mit ihrer rasanten Show einzuheizen. Neben den einzigartigen Gitarrensounds finden sich in ihrem Repertoire Hits wie „Viva Las Vegas“, „Fearless Boogie“, „Nothing Else Matters“ und viele mehr.
Großes Haus, Staatstheater Karlsruhe H 20 Uhr Info: www.staatstheater.karlsruhe.de
Festspielhaus Baden-Baden H 18 Uhr Info: www.festspielhaus.de
Emotional, ehrlich, reif
Doppelkonzert Ein Abend, zwei Konzerte: Die Grenzen zwischen Original und Tribute verwischen, das haben sich beide Coverbands zur Aufgabe gemacht. Centrury’s Crime bringen „The Supertramp feeling is still alive“ mit unverwechselbaren Stimmen originalgetreu zurück, während Echoes mit dem Erbe der Rockband Pink Floyd einheizt.
Movers & Shakers
Was ihr wollt
wing-Klassiker der 30er, 40er S & 50er Jahre
Sa., 30. Juli
Musical Theater, Basel H 13.30 & 18.30 Uhr Info: www.musical.ch
Rainer Böhm Trio
Jazz im Wandelgang
Fr., 29. Juli
Das Musical in der Originalfassung
Ballettabend
bird’s eye jazz club, Basel H 20.30 Uhr Info: www.birdseye.ch
Markgräflerplatz, Müllheim
Die Schöne und das Biest
Platz der Verfassungsfreunde, Offenburg H 21 Uhr Info: www.kulturbuero.offenburg.de
Modern Jazz
ZZ Top & Metallica
Markgräflerplatz, Müllheim
Z eitgenössische Malerei & autoaffine Skulpturen, bis 13.11. Museum Art.Plus, Donaueschingen Info: www.museum-art-plus.com
Rap, Bassmusik & Afrobeats
Super Tramp & Pink Floyd
Durchstarten – Take off
MUSIC
Foto: © Karoevents
Museum Würth, Erstein Info: www.musee-wurth.fr
Foto: © Karoevents
Fotokunst zum Klimawandel, bis 18.9.
Comedy-Bilderbogen von Frank Pinkus & Nick Walsh Burgbühne Oberkirch H 19 Uhr Info: www.burgbuehne.com
Der Trafikant
Schauspiel nach Robert Seethaler Großes Haus, Theater Freiburg H 19.30 Uhr Info: www.theater.freiburg.de
Hot Cuisine!
Komödie von Heiner Schnitzler Theater Hans Dürr, Freiburg H 20 Uhr Info: www.theater-duerr.de
Die lustigen Weiber von Windsor Komödie nach William Shakespeare Freilichtbühne Breisach H 20 Uhr Info: www.festspiele-breisach.de
Ein idealer Gatte
omödie von Oscar Wilde mit K charmantem Sprachwitz Theater Harrys Depot, Freiburg H 20.30 Uhr Info: www.ensemble-harry.de
› Noch mehr Termine auf chilli-freiburg.de
Foto: © Isa Foltin
Foto: © stefan-malzkorn
AUSSTELLUNGEN
Wir sind noch da! Mutige Frauen aus Afghanistan Literaturhaus, Freiburg Mittwoch, 20. Juli, 19.30 Uhr
Frau Courage und ihre Freundinnen Sie heißen Razia Barakzei, Aryana Sayeed oder anders. Sie sind als Sängerin, Journalistin, Programmiererin oder in anderen Berufen tätig. Dreizehn mutige Frauen aus Afghanistan kommen in Nahid Shahalimis neuem Buch zu Wort. Und sie alle erzählen über die Angst vor der Rückkehr der alten und neuen Machthaber, von der Trauer über den drohenden oder bereits vollzogenen Verlust der Heimat, vom Schmerz darüber, dass den Mädchen und Frauen vor Ort alles genommen wurde, was zu einem würdigen Dasein gehört: Freiheit, Selbstbestimmung, Lebensfreude, Teilhabe an der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Filmemacherin und Autorin, die 1985 als 12-Jährige aus Afghanistan floh und seit 2000 in München lebt, bringt ihre Porträts couragierter Frauen nun zu Lesung und Gespräch nach Freiburg. Ein aufrüttelnder Appell zu Solidarität und Zusammenhalt.
www.literaturhaus-freiburg.de JULI/AUGUST 2022 CHILLI 25
CHILLI ASTROLOGIE
DAS »BIERERNSTE«
CHILLI-HOROSKOP DIE FETTEN JAHRE SIND VORBEI-EDITION VON HOBBY-ASTRONAUT PHILIP THOMAS
WIDDER
WAAGE
21.03. – 20.04.
24.09. – 23.10.
Bundespräsident Steinmeier ruft zum Verzicht auf, und Bundeswirtschaftsminister Habeck steht morgens nicht mehr so lange unter der Dusche. Aber müssen wir wirklich alle den Gürtel enger schnallen? Immerhin jettet Oppositionsführer Merz im Privatflieger zur Lindner-Hochzeit auf Sylt. Und der gehört nach eigener Aussage bloß zur „gehobenen Mittelschicht“.
Die Energiepreise steigen und steigen. Bald kannst du deine Strom- und Gasrechnung nicht mehr bezahlen. Deswegen willst du beim Energieanbieter deines Vertrauens nach einem Darlehen fragen. Das ist eigentlich nur fair. Denn: Der fragt bei dir – dem Steuerzahler – bald bestimmt auch nach einem Kredit.
STIER
SKORPION
21.04. – 21.05.
24.10. – 22.11.
Alles wird teurer. Zum Redaktionsschluss kostet ein Liter Gas mehr als 1,4 Euro – so viel wie der Liter Heizöl. Aber es gibt noch kostbarere Ressourcen. Bier, zum Beispiel. Das ist nämlich zehnmal teurer als Gas. Das glaubst du nicht? Schon vor der Krise zahlte man für den Liter Gerstensaft auf dem Oktoberfest fast 14 Euro.
ZWILLING 22.05. – 21.06. Im Mai lag die Inflationsrate in Deutschland bei 7,9 Prozent. Das ist natürlich viel. Dann fällt dir auf: In der Türkei haben sich die Preise seit Jahresbeginn – offiziell – um das zehnfache (79 Prozent) erhöht. In Venezuela, dem Land mit der weltweit höchsten Inflation, (+ 1588 Prozent) kostet ein zwei Jahre altes iPhone aktuell 2.444.081.131 Bolivar.
KREBS 22.06. – 22.07. Wir müssen kürzertreten. Urlaube werden gestrichen, Omas Goldschmuck wird zu Geld gemacht, statt zum Reformhaus geht’s künftig zum Discounter. Selbst Milliardäre haben bald keine Jacht mehr über dem Kopf. Sogar Elon Musk mag keine 44 Milliarden Dollar mehr für Twitter hinblättern. Zugegeben: Diese Plattform möchtest du nicht mal geschenkt haben.
So viele verpasste Chancen. Vor 25 Jahren hast du das Haus in der Wiehre nicht gekauft. Vor zehn Jahren hast du nicht in Crypto investiert. Vor fünf Jahren hast du dir keine Tesla-Aktien besorgt. Immerhin hast du deine Lektion gelernt. Das Geld von diesem nigerianischen Prinzen lässt du dir nicht entgehen.
SCHÜTZE 23.11. – 21.12. Während im Bundeswirtschaftsministerium die Alarmglocken schrillen, Experten sich die Haare raufen und Putin sich im fernen Russland die Hände reibt, hast du einen Geistesblitz: Um die Energiekrise in Deutschland zu lösen, müsste man bloß heimlich Nord Stream 2 anzapfen. Für irgendwas muss das 9-Milliarden-Euro-Grab doch schließlich gut sein.
STEINBOCK 22.12. – 20.01. Wir fassen das Schlamassel also noch mal zusammen. Derzeit ächzt die deutsche Wirtschaft unter einer Energiekrise. Diese Krise existiert deswegen, weil die erneuerbaren Energien in diesem Land nicht genug ausgebaut wurden. Und zwar hauptsächlich, um die deutsche Wirtschaft nicht zu gefährden.
LÖWE
WASSERMANN
23.07. – 23.08.
21.01. – 20.02.
Das Ende ist nah. Oder ist das erst der Anfang? Das kann niemand so ganz genau sagen. Was weiß man schon in diesen unsicheren Zeiten. Und was ist mit den Zeiten danach? Aber war früher wirklich alles besser? Oder war das früher auch schon alles total furchtbar? Klar ist nur: Die Leute machen bereits Witze, als gäbe es kein Morgen.
Es ist die alte Leier. Seit Jahren. Hätte man nur mal dieses und jenes getan. Dann wäre man nun dort und drüben. Die ganzen verpassten Chancen und das Rumgeeier der Verantwortlichen hältst du nicht mehr aus. Geht’s nach dir, ist die nächste Krise ein Meteoriteneinschlag. Oder ein Vulkanausbruch.
JUNGFRAU
FISCHE
24.08. – 23.09.
21.02. – 20.03.
Alles halb so schlimm. Es ist ja nicht das Ende der Welt. Oder doch? Wenn du aber ehrlich bist, geht es dir eigentlich noch ziemlich gut: Haus, Garten, Auto in der Einfahrt. Wenn da nur nicht diese verflixte Midlife-Crisis wäre. Damit ist schließlich auch nicht zu spaßen. Immerhin bist du neulich fast vom Longboard gefallen!
58 CHILLI JULI/AUGUST 2022
Finanzkrise, Umweltkrise, Coronakrise, Ukrainekrise, Energiekrise, Rentenkrise, Glaubenskrise, Agrarkrise, Crypto-Krise. Wir leben in schweren Zeiten. Aber es könnte schlimmer sein: Immerhin hast du keine Beziehungs- oder Ehekrise. Und das nicht mal, weil du einsam wärst. Habt euch lieb.