chilli – das Freiburger Stadtmagazin

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Hintergrund Besondere Berufe

37 Grad, dunkel, dickflüssig

A

lle Wege führen nach Forchheim. Zumindest die des Abwassers aus den Waschbecken, Duschen und Toiletten Freiburgs und der Region. Denn in der Gemeinde am Kaiserstuhl befindet sich die Kläranlage, in der das Abwasser des rund 650 Quadratkilometer großen Verbandgebietes zusammenfließt. Wenn es in den Tiefen der Anlage etwas zu reparieren oder auszutauschen gilt, kommt der Klärwerktaucher. Und arbeitet in der Dunkelheit, umgeben von einer Masse, in der wohl niemand gerne schwimmt.

Los gehts: Alles bereit für den Einsatz.

16 CHILLI November 2020

Es ist eine zähe, dicke, braune Flüssigkeit mit Temperaturen um die 37 Grad, in die Berufstaucher bei einem Einsatz im Faulturm eintauchen. Ein 80 Meter langer Schlauch sorgt während des Tauchgangs für die Luftzufuhr in der dunklen Tiefe, ein spezieller Überdruck-Anzug für das Wohlbefinden. „In

Nur Dunkelheit und blindes Vertrauen den kann nichts eindringen“, erzählt Karlheinz Vitt, Geschäftsführer der Sasbacher Nautik GmbH Keppler und Vitt lachend. Ansonsten sind da nur Dunkel­ heit und das blinde Vertrauen zu den Männern draußen; ein Telefon im Helm verbindet den Taucher mit den Kollegen und der Außenwelt. Die Nautik GmbH ist oft gefordert. Etwa wenn sich im Faulturm eines Klär-

werks ein Rührwerk löst, Müll die Filter verstopft oder ein Schieber verrostet ist. Dann gilt es in der Dunkelheit defekte Teile auszutauschen, zu reparieren, Fehlerquellen zu finden. Und dabei auszublenden, was umgebend ist. Denn im Faulturm wird der gesamte aus dem Abwasser herausgeholte Schlamm weiter behandelt. Zuvor entfernen Rechen den groben Dreck aus dem Wasser. Alles, was etwa in der Toilette runtergespült wird, bleibt dort hängen. Tampons, Kondome, tote Tiere, Müllreste. Grob gesäubert fließt das Wasser weiter in den Sandfang und schließlich in das Vorklärbecken. Dort setzen sich organische Schmutzteilchen ab. Als sogenannter Klärschlamm werden diese in einen Trichter geschoben und wandern von dort weiter in den Faulturm. „Es ist halt unsere Arbeit, man hat mit der Flüssigkeit ja keine Berührung, in den Anzug kann nichts reinkommen“, erzählt Vitt wie es ist, in den Klärschlamm einzutauchen. Und fügt im nächsten Atemzug hinzu: „Aber das muss man schon verkopfen.“

Fotos: © iStock/ BKhamitsevich, Nautik GmbH

Der Klärwerktaucher arbeitet dort, wo es sonst niemand will


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