chilli – das Freiburger Stadtmagazin

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Ausgabe Dezember 2020/Januar 2021 17. Jahrgang / #163

Der Himmel über Berlin Opéra national du Rhin

13.01. – 17.02.2021

»PSYCHOLOGISCH FATAL«

Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach im Interview

RUSTIKAL

Grabenkämpfe beim EHC Freiburg

UMSTRITTEN

Stress um neue Stadionverordnung

ORIGINELL

Der Geigenfflüsterer aus dem Münstertal

mit T H EM EN H EF T F re ib u rg kauft ein



CHILLI EDITORIAL

HALTUNG BEWIESEN

Fröhliche Weihnachten: Wer sich maskiert, handelt solidarisch. Und das braucht es auch im neuen Jahr.

Foto: © iStock.com/SergeyChayko

CHILLISTEN WÜNSCHEN EIN SCHÖNES FEST

Liebe Leserin & lieber Leser, am 1. März hatte das erst hernach allgegenwärtige Robert-Koch-Institut erklärt, die Gesundheitsgefahrenlage sei „mäßig bis gering“. Drei Wochen später erließ Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn ein Begehungsverbot für öffentliche Plätze, quasi eine Ausgangssperre. Es gehörte viel Mut, viel Haltung dazu. Das RKI musste seine Einschätzung so schnell revidieren wie die Umsätze vieler Freiburger Unternehmen nach dem ersten Lockdown auf knapp über die Nachweisgrenze absackten. Auch in der Medienlandschaft waren die gewohnten Erlöse wie vom Winde verweht. Doch uns war sofort klar, dass wir nicht klein beigeben und haben das ganze Jahr über den 16. Jahrgang unseres Stadtmagazins kreiert. Haltung bewiesen auch unsere Anzeigenkunden, die sich als verlässliche Partner erwiesen, manche sogar von sich aus anriefen und fragten, ob sie „in diesen Zeiten“ extra einen Platz im Blatt haben könnten. In der Krise zeigt sich der Charakter. In der Hauptsache als Krisenmanager unterwegs war Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach. Die Kultur ist in Deutschland nicht als

systemrelevant markiert. Neun Milliarden für die Lufthansa sind kein Problem. Kleinkünstler aber, Kulturhäuser, Maler, Fotografen, Autoren, Schauspieler, Tänzer (denken Sie sich den Genderstern bitte einfach dazu) – fallen zumeist runter vom politischen Tisch. Ob Kultur nun systemrelevant ist, auch darüber sprachen wir mit von Kirchbach im Titel-Interview. Ein Weihnachtsgeschenk für unsere Leser haben wir auch im Blatt. „Jess, ich brauche in diesen depressiven Tagen eine gute Weihnachtsgeschichte, eine, die das Ernste nicht verschweigt, aber auch was Lustiges, was Heiteres hat“, sagte ich zu Jess Jochimsen. Der Freiburger Kabarettist sagte: „Mach ich.“ Danke. Unser Kolumnist Florian Schroeder hat derweil den Deutschen Kleinkunstpreis 2021 gewonnen. Nicht zuletzt, weil er sich als Redner auf einer Demo vor sogenannte Querdenker stellte und Tacheles gesprochen hat. Glückwunsch. Die chillisten wünschen trotz allem ein schönes Fest, einen guten Rutsch und einen hoffnungsvollen Start ins neue Jahr. Bleiben Sie, bleibt uns gewogen. Und zuversichtlich. Und gesund.

Herzlichst, Ihr Lars Bargmann, Chefredakteur & die chillisten DEZEMBER 2020/JANUAR 2021 CHILLI 3



CHILLI INHALT

Foto: © pt

Foto: © j. jochimsen

HEFT NR. 8/20 10. JAHRGANG

> 26 Kleiner Piks, große Wirkung?

> 16-18 Keine Weihnachtsgeschichte:

Ralf Schumann akupunktiert Geigen

Jess Jochimsen über Corona und Kreuze

IN EIGENER SACHE

CORONA-KIDS

3

EDITORIAL

GASTKOLUMNE FLORIAN SCHROEDER MEHR KOLUMNEN

HERAUSFORDERNDES 2020

10-12

Ralf Schumann behandelt verstimmte Streichinstrumente HOLZFIGUREN-UNIKUM

Günther Roth hat ein Herz für schöne Dinge

Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach resümiert das Pandemie-Jahr

WIRTSCHAFT

HINTERGRUND

Haushaltsentwurf liegt vor, Freiburger Schuldenberg wächst

NEUE STADIONVERORDNUNG 14-15

Befugnisse für Beamte: Fans und Fraktionen protestieren WEIHNACHTSGESCHICHTE

RUSTIKAL NEBEN DEM EIS

Grabenkämpfe beim EHC

IMPRESSUM chilli – Das Freiburger Stadtmagazin chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13, 79106 Freiburg fon / Redaktion fon / Anzeigen fon / Vertrieb www.chilli-freiburg.de

0761-76 99 83-0 0761-76 99 83-70 0761-76 99 83-83

E-Mail für Online- / Printredaktion redaktion@chilli-freiburg.de

Geschäftsführerin (V.i.S.d.P.)

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TOURISMUS

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STERILIUS

30

20-21

MOLEKÜLKOPIERER

31

ENERGIEWENDE

32

Badenova macht Kehrtwende und baut neue Windräder

Redaktion

Till Neumann (tln): neumann@chilli-freiburg.de Philip Thomas (pt): philip.thomas@chilli-freiburg.de Stella Schewe (ste): schewe@chilli-freiburg.de Liliane Herzberg (herz): herzberg@chilli-freiburg.de

Kulturredaktion

Michaela Moser (mos): moser@chilli-freiburg.de Erika Weisser (ewei): weisser@chilli-freiburg.de Maria Schuchardt (mas): schuchardt@chilli-freiburg.de

Michaela Moser (mos): moser@chilli-freiburg.de

Gastautoren

Chefredaktion

Lektorat Beate Vogt

Lars Bargmann (bar): bargmann@chilli-freiburg.de

Grafik Miriam Hinze (Leitung), Julia Rumbach, Sven Weis

Ludwig Ammann, Jess Jochimsen, Florian Schroeder, Ralf Welteroth

Musik

CRITICAL ZONES ERWEITERT HORIZONTE

RETTUNGSRINGE FÜR KLANGKÖRPER

> 34-49 cultur.zeit: News aus Freiburg

cultur.zeit

Desinfektionsmittel per Elektrolyse: Emmendinger Start-up mischt mit

22

Ausstellung

LUDWIG AMMANN ÜBER CINEMA UND CORONA

27

DOPPELHAUSHALT

Revolutionär: Biocopy zerlegt und kopiert Viren

Leinwand

zu Kultur, Musik, Literatur und Leinwand

16-18

Razzia in der KTS war rechtswidrig: Behörden in der Defensive

SZENE

26

Zahl der Übernachtungen sinkt, aber weniger als in anderen Städten

Warum das besinnliche Fest für Jess Jochimsen ein Trauerspiel ist GEHEIMDIENSTE

13.12.20 – 16.05.21

24-25

AKUPUNKTUR BEI GEIGEN

7 24, 47, 50

TITEL

Paare nutzten ersten Lockdown vergnüglich

Fondation Beyeler

RODIN/ARP

KULTUR

34-43

MUSIK

44-47

LITERATUR

48-49

Ludwig Ammann über Kino & Corona, Bilanz Freiburger LivestreamingDienste, Julian Windisch zum Theater Freiburg, Rodin und Arp in der Fondation Beyeler, Critical Zones am ZKM verlängert, Opéra national du Rhin spielt zum Jahreswechsel, DVD-Tipps

Finanzspritze aus dem Gemeinderat, 3 Fragen an Heirs to the Wild, CD-Tipps

Die Bücher des Jahres der Freiburger Buchhändler

Druckunterlagenschluss

Titel © Klara Beck (HD) cultur.zeit Titel Auguste Rodin, Der

Denker, Originalfassung, 1881/82 (Detail), Bronze (Auguste Griffoul, 1896), 72 x 34 x 53 cm, MAH Musée d’art et d’histoire, Genf, © MAH, Genève, Foto: Flora Bevilacqua; Hans Arp, Torso-Garbe, 1958 (Detail), Marmor (Santelli / Malakoff, 1959), 79,5 x 37 x 28,5 cm, Privatsammlung, © 2020, ProLitteris, Zürich, Foto: Manolo Mylonas

Bildagenturen iStock, pixabay, freepik Anzeigenannahme per E-Mail anzeigen@chilli-freiburg.de

Anzeigenberatung

Christoph Winter (Leitung), Marlene Weber-Schick, Jennifer Patrias, Maria Schuchardt, Giuliano Siegel

Jeweils am 28. des Vormonats. Es gilt die Preisliste Nr. 11

Druck & Belichtung

Poppen & Ortmann KG, Freiburg

Themenheft dieser Ausgabe

Freiburg kauft ein

Nächster Erscheinungstermin 17. Februar 2021

Ein Unternehmen der

Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts­ gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektro­ nische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck von uns entworfener Bilder u. Anzeigen.

Vertrieb

Fredrik Frisch, frisch@chilli-freiburg.de

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SCHWARZES BRETT

Die Liste der Ehrenämter von H ­ elmut Knosp ist lang. Seit 60 Jahren leistet der 83-jährige Malermeister in Rente seinen spenden- und tatkräftigen Beitrag zur oft zitierten Vielfalt Freiburgs: Der Mundenhof verdankt ihm etwa zwei Dutzend ganz besondere Tiere, die jahrelang von ihm geleitete Rettungstauchergruppe „Pinguin“ hätte es ohne seine finanzielle Förderung schwer. Im Schwarzwaldverein ist er bis heute als Naturschutzwart aktiv, ebenso als Musikant bei den Freiburger Jagdhornbläsern. Für sein Engagement erhielt er nun das Verdienstkreuz am Bande.

Foto: © ewei

»WIE IM TATORT«

„Da ich kein Anzugträger bin, werde ich wohl wenig Gelegenheit haben, mir den Orden vorschriftsgemäß ans Revers zu heften. Aber man freut sich natürlich dennoch über diese Anerkennung. Es gefällt mir schon, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, all meine Ehrenämter zu dokumentieren und mich für das Bundesverdienstkreuz vorzuschlagen. Dabei habe ich einfach immer nur gemacht, was mir sinnvoll erschien. Und was mich interessierte, was mir Spaß machte. Über meinen Vater bin ich beispielsweise schon mein Leben lang Mitglied im Münsterbauverein. Und da ich von ihm nicht nur diese Mitgliedschaft, sondern auch unseren gutgehenden Malerbetrieb übernommen und da ich selbst viel gearbeitet habe, war ich in der Lage, mich finanziell an den verschiedenen Renovierungsarbeiten zu beteiligen. Und daraus ergaben sich dann halt auch Spenden für das Augustinermuseum, den Schlossbergturm und etliche andere Projekte. Zum Mundenhof, wo ich seit meiner Verrentung vor 18 Jahren als Aushilfs-Tierpfleger mitarbeite, kam ich über eine persönliche Freundschaft. Ich war ja ab 1962 Mitglied in der Rettungstauchergruppe Pinguin, die 1958 von der Berufsfeuerwehr gegründet und später der Kriminalpolizei unterstellt

Der Beruf des Diebes ist nicht leicht. Immerhin müssen Gauner stets bei Nacht arbeiten. Da kann es schon mal zur Übermüdung kommen. Wegen vermutlich fehlender beruflicher Krankenversicherung dürften Ärzte 6 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

wurde. Und während meiner Zeit als Vorsitzender und Einsatzleiter der „Pinguine“, 1974 bis 1994, stieß irgendwann Peter Mattuschek zu uns. Er war damals Chef-Tierpfleger und überzeugte mich bald von der Notwendigkeit, Tierpate zu werden. Also übernahm ich die Patenschaft für die Kamelstute Aicha, wurde Mitglied im Förderverein und kaufte gleich noch ein paar ungarische Zackelschafe, deren Nachkommen ich oft auf ihrer Weide besuche. Als Aicha starb, machten wir uns auf die Suche nach einer Nachfolgerin. Und fanden und kauften sie bei einem Zirkus in Gossau in der Schweiz. Doch nachdem wir unsere „Marketa“ im Pferdeanhänger nach Freiburg gebracht hatten, mussten wir leider feststellen, dass sie nicht so willig war, wie man uns gesagt hatte. Sie trat um sich und reagierte ziemlich bissig auf Menschen, Kamele und alles, was in ihre Nähe kam. Nur zu mir war sie immer freundlich. Das sind halt so Geschichten, an die man sich gern erinnert. Nicht nur deshalb ist mir der Mundenhof besonders ans Herz gewachsen. Oft denke ich auch an meine aktive Zeit bei den Pinguinen zurück. Da waren wir viel unterwegs, haben viel erlebt. Manche Einsätze waren schon ziemlich gruselig; wir mussten ja nach Menschen suchen, die ums Leben gekommen waren. In den 40 Jahren als Rettungstaucher habe ich mehr als 100 Ertrunkene aus den Seen und Flüssen hier in der Region geborgen. Darunter waren auch drei Mordopfer, die zu verschiedenen Zeiten in hiesigen Gewässern versenkt worden waren. Wie im „Tatort“ suchten wir diese ab – und wurden fündig. So gelang es uns, drei Täter zu überführen, die dann zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden. Aber ich habe auch einige Leben gerettet. Und das macht mich besonders froh“. Aufgezeichnet von Erika Weisser

HELLWACH

wohl nur widerwillig Gegenmittel verschreiben. Vielleicht um sich Abhilfe zu verschaffen, entwendete deshalb ein Ganove bei einer Tour durch das Industriegebiet Breisach kurzerhand einen Sattelauflieger mit 24 Tausend

Liter Energydrink im Wert von 110.000 Euro. Müdigkeit dürfte nun kein Problem mehr sein. Nun sollte es nicht lange dauern, ehe er wieder im Wartezimmer sitzt. Dieses Mal mit einem Herzkasper. herz


SCHWARZES BRETT

MIND-MAPPING FÜR AKTIVISTEN

NACHGEWÜRZT! MYSTERIEN-FÖRDERUNG

Es geht zu Herzen, dass die Bundesregierung in der Weihnachtszeit auch an die Soloselbständigen denkt. Als Geschenke kriegen sie nicht etwa schnöde Schlipse oder eine Autogrammkarte von Helene Fischer: 75 Prozent des Vorjahres-Umsatzes gibt es bei der sogenannten Novemberhilfe. Aber nur, wenn der Soloselbständige 80 Prozent seiner Leistungen in einem Bereich erbracht hat, der weggebrochen ist. Beispiel: Ein Techniker, der in diesem Jahr ausschließlich auf Konzerten für Licht und Ton und Strom gesorgt hat und seit März keine Einnahmen hat, soll 75 Prozent bekommen. Wenn der Techniker aber im vergangenen Jahr nur 60 Prozent seiner Einnahmen durch Konzerte bekommen hat und 40 durch anderes, geht er leer aus. Aber ist der Soloselbständige nicht deshalb Soloselbständiger, weil er eben nicht monoton ständig dasselbe machen will? Ich jedenfalls freue mich auf die deutscheste Weihnacht aller Zeiten und stelle mir das so vor: Alle Corona-Geschädigten dürfen dem Weihnachtspeter Altmaier einen Wunschzettel schreiben. Nur heißt der eben „Antragsformular auf Geschenkbereitstellung durch die Weihnachtsbewilligungsstelle des Christkindreferats II”. Punkt 1 legt fest, dass man erst mal einen Steuerberater, Rechtsanwalt oder Gemeindepfarrer kontaktieren muss. Da muss das Jesuskind zuerst seine Betriebsausgaben nachweisen, bevor es mit Gold, Weihrauch und Myrrhe beschenkt wird. Aber für jedes Wunder wird ein zinsgünstiger Kredit im Rahmen der gesetzlichen Mysterien-Förderung eingeräumt. Eine schlechte Nachricht für die Regierung allerdings ist: Wissenschaftler haben jetzt festgestellt, dass Corona gar nicht davon weggeht, dass man Geld an Konzerne verteilt. Das ist allerdings eine verdammte Überraschung – das hat doch bei der Klimakatastrophe so gut funktioniert! Darum hat sich der Bund entschieden, wissenschaftliche Fakten großzügig zu ignorieren und beschenkt große Ketten wie McDonalds und Starbucks besonders reich. Die machen nämlich genau dasselbe wie im letzten Jahr: Ungesunde Hamburger und schlechten Kaffee verkaufen. Dafür bekommen sie 75 Prozent aus dem Vorjahr. Wenn es nur halbwegs läuft und sie auch noch Glühwein außer Haus verkaufen, verdienen sie im Krisenjahr 110 Prozent. Und dieses Geld versteuern sie dann in Luxemburg, Irland oder auf den Cayman Islands. Hurra, was für ein tolles Krisenjahr! Die nächste Pandemie kann kommen! Wenn es das mitkriegt, wird das Christuskind vor Wut in die Krippe kotzen.

Foto: © tln

Wer einst auf Demos linke Politsprüche rief und sie trotz aller Eindringlichkeit vergessen hat, kann nun sein Gedächtnis auffrischen – und obendrein eine Zeitreise in die Geschichte diverser sozialer Bewegungen unternehmen: Das IZ3W, für Forschungen zu Kolonialismus, Ausbeutung und antiimperialistischem Widerstand im globalen Süden über Freiburg hinaus bekannt, hat ein Memory-Spiel mit 40 politischen Parolen entwickelt, das nicht wie üblich aus Zwillingskarten besteht, sondern aus zwei Hälften eines Ganzen, etwa „no“ .... „pasaran“. Und wer das Ergänzungsstück zu „Ho Ho“ finden will, sollte nicht an den Weihnachtsmann denken. ewei

MAGENVERSTIMMUNG

Foto: © privat

Screenshot: © pt

Florian Schroeder, Kabarettist, studierte in Freiburg, lebt in Berlin und vergibt die chilli-Schote am goldenen Band.

Foto: © Privat

Kauderwelsch in Kommentarspalten ist nichts Ungewöhnliches. Einen ganz besonderen Leckerbissen servierte nun dieser Schreiber, der die Verlagsräume des chilli auf Google Maps offensichtlich für eine Dönerbude gehalten und mit knurrendem Magen wieder verlassen hat. Immerhin hat das chilli als Stadtmagazin auch Gastro und Gusto auf der Karte. Für fehlenden Service, labbrige Pommes und zu wenig Fleisch im Kebab möchten wir uns natürlich in aller Form entschuldigen. Beim „nicht guten“ Preis-Leistungs-Verhältnis widersprechen wir allerdings höflichst. pt

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TITEL INTERVIEW

Kulturbürgermeister als Krisenmanager: Für Ulrich von Kirchbach ist nicht nur die erneute Schließung von Museen „rational nicht erklärbar“.

»DIE NERVEN WAREN SEHR ANGESPANNT« KULTURBÜRGERMEISTER ULRICH VON KIRCHBACH ÜBER DAS CORONA-KRISENJAHR 2020

D

as Jahr 2020 war – neben dem Flüchtlingsjahr 2015 – das herausforderndste in den 18 Jahren, die Ulrich von Kirchbach in Freiburg Kultur- und Sozialbürgermeister ist. Im Gespräch mit chilli-Chefredakteur Lars Bargmann spricht der zweifache Familienvater über tiefe Wunden und harte Treffer, Hoffnungsschimmer und Rettungsschirme - und klare Forderungen an die Politik in Berlin und Stuttgart. 10 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

chilli: Herr von Kirchbach, Sie haben Ende Oktober nach Verkündung des zweiten Lockdowns als Vorsitzender des Landesverbands des Deutschen Bühnenvereins an Ministerpräsident Winfried Kretschmann geschrieben, dass Theaterund Konzertsäle sichere Orte waren und gefordert, schnell wieder Regelungen mit einer Publikumsbeschränkung von 500 Personen oder 25 Prozent der Platzkapazität zu erlauben. Was hat er geantwortet?


TITEL INTERVIEW

von Kirchbach: Wie üblich dauert es im Staatsministerium mehrere Wochen, bis man eine Antwort bekommt. Viele kritisierten, dass gerade Museen und Theater, auch Gastronomie und Hotels, in denen professionelle Hygienekonzepte erarbeitet wurden, in den zweiten Lockdown geschickt wurden. Das waren doch sichere Orte. Das weiß man auch in Stuttgart. Gerade die Schließung von Museen ist rational nicht erklärbar, wenn auf der anderen Seite die Menschen in Straßenbahnen dicht an dicht stehen. Es braucht jetzt schnell einen Strategiewechsel, einen klaren Stufenplan, wann was wieder möglich ist. Zum Beispiel, dass Museen zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder öffnen dürfen und dann zeitgleich oder kurze Zeit später die Theater. Natürlich unter der Prämisse, dass dann die Fallzahlen stimmen. Ich denke, dass eine Inzidenz um die 50 dafür ausreichend wäre.

Fotos: © Julia Rumbach

chilli: Welche Rolle spielt für Freiburg dabei das Impfzentrum an der Messe? von Kirchbach: Das ist psychologisch wichtig, ein Zeichen der Hoffnung. Bis Mitte des Jahres sind voraussichtlich alle geimpft, die geimpft werden wollen. Vielleicht werden wir Herdenimmunität erreichen, auf jeden Fall aber werden die Zahlen massiv nach unten gehen. Und dann feiern wir das Ende der Pandemie und auch den Höhepunkt des Stadtjubiläums mit dem Festwochenende. chilli: Wie tief sind die Wunden, dass ausgerechnet im Jubeljahr Corona kam? von Kirchbach: Das ist schon bitter. Das Jahr hatte hervorragend angefangen, bei der Nacht der Narren Ende ­Februar waren noch 10.000 Leute auf dem Münsterplatz. Das kann man heute kaum glauben. Dann war’s plötzlich aus mit großen Veranstaltungen. Doch wir wollten das Jubiläum nicht sang- und klanglos beenden. Der Gemeinderat hat dann beschlossen, es bis Mitte 2021 fortzuführen. Und ich bin überzeugt, dass wir noch einiges realisieren können. chilli: 2020 war vor allem für die vielen Menschen aus der Kultur eine existenzielle Bedrohung. Was hat die

Kulturverwaltung bisher getan, um die Einrichtungen, Institutionen und Kulturschaffenden im Überlebenskampf zu unterstützen? von Kirchbach: Das war in der Tat sehr hart für alle – die Verordnungen stellten für viele faktisch ein Berufsverbot dar. Ich bin selber als Vorsitzender der Alemannischen Bühne unmittelbar tangiert. Wir bekommen keinerlei Zuschüsse, uns hat das sehr hart getroffen. Ohne Rücklagen hätten wir vielleicht sogar zum Insolvenzgericht gehen müssen. Ich habe viele schwierige Situationen und Gespräche erlebt, mit Personalräten wegen der Kurzarbeit, aber auch mit Leuten, die emotional am Ende waren. Es gab zwar gewisse Erleichterungen nach dem SGB II (Sozialgesetzbuch, d. Red.) als ultima ratio, um finanziell über die Runden zu kommen, aber psychologisch ist das für viele fatal. Deshalb haben wir versucht, mit verschiedenen Programmen ...

»PSYCHOLOGISCH FATAL« chilli: … etwa? von Kirchbach: Wir haben beispielsweise 30 Konzerte im Basler Hof ermöglicht, das Programm vom Kommunalen Kino auf der Mensawiese mit Lesungen und Filmen lief über mehrere Monate, auch die Asphalt-Sessions auf dem Parkplatz des E-Werks haben wir gefördert. chilli: Mit Geld? von Kirchbach: Wir haben sowohl ideell als auch finanziell unterstützt.

ausgeschöpft. Ich bin meinen Bürgermeisterkollegen und dem Gemeinderat dankbar, dass sie da mitziehen. chilli: Gibt es da wie bei den Bundesund Landesprogrammen auch Trittbrettfahrer? von Kirchbach: Wir schauen da sehr genau hin. Steuergeld sollen die bekommen, die es wirklich brauchen. Bei allen Programmen gibt es vereinzelt Mitnahmeeffekte. chilli: Wie entscheiden Sie? von Kirchbach: Wir entscheiden nach vielen Gesichtspunkten, einer ist, dass bestimmte, fürs kulturelle Leben wichtige Einrichtungen ohne schnelle Hilfen im nächsten Jahr vielleicht gar nicht mehr existieren. Immer wenn die eigenen Einnahmen die bisherigen Zuschüsse übertreffen, der Lockdown also besondere Wunden reißt, müssen wir eingreifen. Deswegen werden wir das ensemble recherche, das Barockorchester, das Jazzhaus, den Verein Jugend pro Arte und die Albert-Konzerte mit insgesamt 435.000 Euro fördern. Das Land kann also sehen, dass die Stadt tatkräftig unterstützt. chilli: Das neu gegründete Kultur-Bündnis Freiburg hat Mitte November bei einer Kundgebung eine ganze Reihe von Forderungen aufgestellt: Etwa das Schaffen einer Stelle für einen Nachtbürgermeister zum Wiederaufbau der Nachtkultur. von Kirchbach: Man sollte die Bezeichnung Bürgermeister nicht verwässern. Ich kann mir eher einen oder eine Nachtmanagerin vorstellen, jemand, der sich

chilli: Bund und Länder haben Milliarden in die Krise gepumpt, das Freiburger Rathaus? von Kirchbach: Wir haben uns mit circa 800.000 Euro beteiligt. Es gab 100.000 Euro Sonderzuschüsse für Musikstätten, in denen live gespielt wird, 100.000 Euro Mieterlass für städtische Häuser, viele Projektförderungen, auch falls deren Aufführungen dann nicht realisiert werden konnten. Wir haben unser Ermessen im Kulturdezernat voll DEZEMBER 2020/JANUAR 2021 CHILLI 11


TITEL INTERVIEW

chilli: Zumindest keine förderungswürdige. Die Stadtspitze möge private Vermieter von Probe- und Spielstätten auffordern, auf Teile von Mieten zu verzichten. von Kirchbach: Es gehört nicht zu unseren Aufgaben, Briefe an private Vermieter zu schreiben. Diese könnten auch kontraproduktiv sein. chilli: Das Rathaus soll ein Förderprogramm zur Übernahme von Proberaummieten für in Notlage geratene Musikschaffende starten. von Kirchbach: Wir investieren gerade 1,1 Millionen in 16 neue Proberäume an der Karlsruher Straße … chilli: … das ist das Trostpflaster fürs gescheiterte Musikhaus auf dem Güterbahnhof … von Kirchbach: Dieses Projekt ist kein Trostpflaster, sondern schlichtweg sensationell in Zeiten wie diesen. Die Musikzentrale ist aus verschiedenen Gründen gescheitert, das war überfrachtet. Diese 1,1 Millionen Euro hätten im neuen Doppelhaushalt sicher nicht mehr das Tageslicht erblickt. Unter normalen Umständen hätten Sie vielleicht recht, aber nach 30 Stunden Haushaltsklausuren, in denen der Oberbürgermeister und alle Dezernenten gekämpft haben, in denen die Nerven sehr angespannt waren, in denen jeder zurückstecken musste, in denen zunächst 100 Millionen Euro fehlten, in diesem Licht bekommt diese Investition eine ganz andere Bedeutung. chilli: Das Kulturbündnis fordert einen Spielstättenrettungsfonds, die Stadt soll aktiv neue Nachtclubs fördern, freiwerdende Ladengeschäfte „mit kulturellem Potenzial“ selber anmieten. von Kirchbach: Man kann alles fordern. Aber wir haben über das, was wir an Rettungsschirmen jetzt schon aufgespannt haben, nichts Weiteres geplant. Der Haushalt ist auf Kante ge12 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

Foto: © Julia Rumbach

kümmert. Dieser Ball liegt nun auf dem politischen Spielfeld, aber Aktionismus bringt wenig. Die Kultur muss neben der Unterhaltung auch noch etwas Sinnstiftendes enthalten, ansonsten wird sie beliebig. Wenn man den Kulturbegriff zu weit fasst, kann die provokante Frage gestellt werden, ob ein Stripteaselokal Kultur ist?

Dezernent zur Debatte: „Ich will gar nicht, dass Kultur systemrelevant ist.“

näht, genehmigungsfähig und fordert viele einschneidende Entscheidungen. Kulturelle Zwischennutzungen in leerstehenden Flächen zu organisieren, kann ein verfolgenswerter Ansatz sein.

zen nach Liveerlebnissen. Als die Theater wieder offen waren, war jede Veranstaltung sofort ausverkauft. Wie gesagt, wir brauchen jetzt einen Stufenplan. Warum sollten die Museen nicht wieder öffnen?

chilli: Auch JUPI fordert in einem Stadtvisionen-Papier, dass die Clublandschaft stärker gefördert werden soll. Mit einem Gründertopf sollen junge Unternehmer ermutigt werden, neue Locations zu eröffnen. Dafür soll die Verwaltung die Sanierung des Kleinen Hauses im Theater schieben … von Kirchbach: Damit profiliert sich JUPI und das ist auch in Ordnung. Aber die sogenannte klassische oder Hochkultur gegen eine andere Kultur auszuspielen, ist der falsche Weg.

chilli: Auf 60 Millionen Euro war die Sanierung des Augustinermuseums taxiert, am Ende werden es fast 90 sein. Ist das Museum die Elbphilharmonie zu Freiburg? von Kirchbach: Mitnichten. Die ist mindestens zehn Mal so teuer geworden. Das Augustinermuseum ist nach dem Münster das zweitwichtigste denkmalgeschützte Gebäude. Für den Unterhalt sind wir ohnehin zuständig. Bei allem Ärgernis, für ein Museum mit diesem Rang lohnt sich das.

chilli: Warum sind Sie Schirmherr der neuen Aktion Kulturgesichter0761? von Kirchbach: Weil ich die Idee sehr pfiffig finde. Durch die Plakate wird Kultur sichtbar, aber auch die Menschen dahinter. Es geht auch um deren wirtschaftliche Existenz, und das muss man mal zeigen. chilli: Was machen Sie konkret? von Kirchbach: Wir stellen unter anderem 10 Tage lang 200 Plakatwände unentgeltlich zur Verfügung. chilli: Die privat gestartete Aktion United we Stream Upper Rhine, die auch vom chilli unterstützt wurde, hat in fünf Monaten mit 28 Streams 18.600 Euro für 140 Künstler eingespielt. 132 Euro für jeden. Wie bewerten Sie das Streamen? von Kirchbach: Das hatte in der Not seine Berechtigung, aber die Menschen lech-

chilli: Gab es in diesem denkwürdigen Jahr auch Lichtblicke? von Kirchbach: Es gab viele Veranstaltungen, die mich berührt haben. Die Solidarität am Anfang war groß, man und frau standen zusammen. Und die Digitalisierung, etwa bei den Schulen, hat einen Schub bekommen. chilli: Unser Kolumnist Florian Schroeder hat unlängst den Deutschen Kleinkunstpreis bekommen, nicht zuletzt, weil er gezeigt habe, dass Kultur systemrelevant ist. Ist sie das? von Kirchbach: Ich will gar nicht, dass Kultur systemrelevant ist. Kultur ist da, um Unruhe ins System zu bringen. Kultur ist sinnstiftend und demokratierelevant. chilli: Herr von Kirchbach, vielen Dank für dieses Gespräch.



HINTERGRUND POLITIK UND FUSSBALL

FREIBURGER FORECHECKING FANS UND FRAKTIONEN PROTESTIEREN GEGEN POLIZEIVERORDNUNG UMS NEUE SC-STADION

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Grafik: © chilli, Quelle: Polizeiverordnung der Stadt Freiburg

Streitpunkt: Der Geltungsbereich der Polizeiverordnung um das neue SC-Stadion am Wolfswinkel ist einigen Freiburger Fans und Fraktionen zu groß.

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ei zukünftigen Heimspielen des SC Freiburg werden im noch immer namenlosen Stadion am Wolfswinkel knapp 35.000 Besucher erwartet. Eine Polizeiverordnung soll für Sicherheit sorgen. Sie erlaubt Beamten in einem großzügigen Bereich Personenkontrollen, untersagt mitgebrachte Getränke oder das Verteilen von Flyern. Fangruppen befürchten Repressalien, Fraktionen stellen das Papier auf den Prüfstand. Polizei und Ultras deuten ihr Verhältnis diametral. 14 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

Bundesligaspiele sind Großveranstaltungen, bei denen ein breiter Querschnitt der Gesellschaft auf engem Raum zusammenkommt. Der Freiburger Gemeinderat hat daher nach langem Ringen am 10. November eine Kombination aus privatrechtlicher Haus­ordnung unter dem Dach des Sport-Clubs und öffentlich-rechtlicher Polizeiordnung verabschiedet. Der Mix ist kein Freiburger Alleingang. Das Modell wird auch bei Fußballbundesligisten in Frankfurt, München oder

Stuttgart praktiziert. Ordnungsdezernent und Sportbürgermeister Stefan Breiter sieht in dem Duo „ein Grundgerüst zur Gewährung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, welches dem SC Freiburg mehr Spielraum zur Regelung des Fanverhaltens im Stadion gibt.“ Der Verein selbst spielt in der Angelegenheit auf Abseits und möchte sich nicht äußern. Stadtrat Jan Otto (Grüne) konstatiert die Notwendigkeit einer Verordnung. Seine Partei stimmte in einer Neu-


HINTERGRUND POLITIK UND FUSSBALL

fassung für den Geltungsbereich: „Die Polizei braucht Einsatzsicherheit. Und 35.000 Menschen müssen wissen, was sie dürfen.“ Der 28-Jährige betont aber auch: „Ich hätte mir mehr Freiheiten für die Fans gewünscht.“ Er vermisst eine gerade Linie im Beschluss. Für aufwendige Choreografien seien Stangen oder „sperrige Gegenstände“ manchmal notwendig. Diese sind im Papier untersagt. Eine juristische Differenzierung sei schwierig: „Ich hoffe, dass die Vorschriften nicht genau nach Buchstaben ausgelegt werden.“ Streitpunkt ist auch die Größe des Bereichs. Der ist keine Briefmarke: Der Geltungsbereich der Verordnung umfasst das komplette Gebiet zwischen der Bahnlinie der Breisgau-S-Bahn und dem Zaun zum Flugplatz sowie zwischen Madison- und Granadaallee. „Dieser Bereich ist in dieser Größe aufgrund von Zuschauerzahlen mit fast 35.000 Plätzen notwendig“, kommentiert Breiter. Auch für Michael Schorr, Pressesprecher der Freiburger Polizei, ist die Größe angemessen. Wichtig sei vor allem die Erkennbarkeit der Zone: „Es ist sinnvoll, diesen Bereich an Bauwerken oder natürlichen Grenzen zu orientieren und damit eine Rechts- und Handlungssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.“ So sieht es auch die CDU. „Wir sind mit der geplanten Polizeiverordnung zufrieden. Sie ermöglicht allen SC-Fans einen sicheren Besuch im Stadion“, sagt die Fraktionsvorsitzende Carolin Jenkner. Aber nicht jeder im Gemeinderat ist mit den aktuellen Maßen einverstanden. „Wir hätten uns gewünscht, dass der Geltungsbereich zunächst kleiner ist“, so die SPD-Fraktionsvorsitzende Julia Söhne. Sie hofft, dass der „Spagat zwischen Freiräumen für Fans und Handlungsspielräumen der Polizei“ funktioniert. Auch der Fraktionsgemeinschaft „Eine Stadt Für Alle“ bereitet der Distrikt Sorgen. „Der aktuelle Entwurf des Bereiches der Polizeiverordnung ist zu weit gefasst“, heißt es in einer Erklärung. In der Zone dürfen laut Verordnung weder Getränke mitgenommen noch Flyer verteilt werden. Zahlreiche SC-Ultras lässt das kalt. „Flyer werden trotzdem verteilt. Wir lassen uns in unserer freien Meinungsäußerung nicht einschränken. Das neue Stadion darf kein Ort sein, an dem das sanktioniert wird“, sagt Marius Kanzinger von den Corrillo Ultras. Er schätzt die davon betroffene aktive Szene auf insgesamt 500 Fans. Das Papier setzt außerdem das Werfen von Flüssigkeiten auf Besucher auf die Rote Liste. „Das finden wir besonders schade“, so Stadträtin Maria Mena Aragon von JUPI. Damit stünden Bier­duschen – auch im Freudentaumel nach einem SC-Tor – unter Strafe. „Wenn das konsequent kontrolliert wird, müsste man bei jedem Torjubel 100 Ordnungswidrigkeiten aufnehmen“, überlegt Kanzinger. Schorr weist darauf hin, dass nur das Werfen von vollen Bechern oder das absichtliche Anschütten geahndet werden könnten, nicht aber verschüttetes Bier beim Jubeln. „Wir sehen die Bedenken der Ultra-Gruppierungen, teilen sie aber nicht“, entgegnet Jenkner. Laut Kanzinger wurde die Szene nicht in die erste Version des Papiers eingebunden. „Die sollte still und heimlich verabschiedet werden“, sagt er. Am 13. Juli seien Corrillo sowie die Supporters Crew für eine Überarbeitung einer kurzfristigen Einladung Breiters ins Rathaus gefolgt. „Wir haben aber schnell gemerkt, dass unsere Kritik dort nicht für voll genommen wird“, so der

29-Jährige. Der Bürgermeister selbst spricht von einem „offenen und konstruktiven Interessenaustausch“. Hartmut Hanke, Vorsitzender des FDP-Kreisverbands in Freiburg, stärkt den Fans den Rücken: „Man hätte noch einen Schritt weiter auf die Fans zugehen können, leider konnte die Mehrheit der Stadträte nicht davon überzeugt werden, beispielsweise bei der Verkleinerung des Geltungsbereichs.“ Die Skepsis einiger Ultra-Gruppen ist für ihn nachvollziehbar. Der Gemeinderat hat die Verordnung auf den Prüfstein gestellt. Nach einem Jahr im Echtbetrieb sollen Regelungen und Rahmen beurteilt werden. Kanzinger glaubt nicht daran, dass eingeführte Sicherheitsregularien wieder zurückgenommen werden. Er rechnet „auch am neuen Standort“ mit Repressalien durch Ordnungshüter. Laut Polizeisprecher Schorr pflegt die Freiburger Polizei einen „sehr engen Kontakt und eine sehr gute Kommunikation mit den Fangruppen des SC Freiburg“. Der Ultra lacht: „Das ist Humbug – es gibt seit 2012 keinerlei Austausch zwischen der aktiven Fanszene und der Freiburger Hardliner-Polizei.“ Die Lage sei angespannt, „die neue Polizeiverordnung spitzt diese weiter zu.“ Philip Thomas ANZEIGE

DEZEMBER 2020/JANUAR 2021 CHILLI 15


EINE WEIHNACHTSGESCHICHTE

CORONA, KAMERADEN UND KREUZE WEIHNACHTEN UND ICH – EIN TRAUERSPIEL JESS JOCHIMSEN ÜBER 2020

Fotos: © J. Jochimsen, Hintergrund: Freepik/kjargpeter

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eihnachten und ich ... ganz ehrlich: Das wird nichts mehr. Für andere mag es ja ein „frohes“ Fest sein, ich dagegen versinke in Agonie, wenn ich nur daran denke. Und das hat erst mal nichts mit diesem vermaledeiten Corona-Jahr zu tun. War bei mir immer schon so. Gleich zu meinem allerersten Weihnachten (also dem ersten, an das ich mich erinnern kann) bekam ich von meinen Eltern einen Stoff-Teddybären geschenkt. Ich weiß das noch genau: Dieser Teddy war flauschig und fast so groß wie ich. Allerdings weniger ro16 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

bust. Beim Spielen verlor er schnell ein Ohr und einen Arm, bald darauf beide Beine; die Knopfaugen hingen – sinnlos aus ihren Verankerungen gepuhlt – am Faden, die Holzwolle quoll hervor und binnen weniger Minuten war der Bär nicht mehr als solcher zu erkennen. „Bravo“, sagten meine Eltern, „schon kaputt. Das hast du ja ganz toll hingekriegt.“ Ich war noch klein, aber ich erkannte an ihrem Tonfall, dass sie das gar nicht so meinten. Sie waren bitter enttäuscht und ich: traurig, verwirrt, schuldig. Mein Opa kapierte, wie es um mich stand, und versuchte mich

zu trösten: „Junge, das mit dem Bär“, sagte er, „weißt du, ... der Bär war ein tapferer Kamerad. Er ist gefallen. In einem gerechten Krieg.“ Und dann setzten wir den Bären am zweiten Weihnachtsfeiertag im Blumenbeet der Oma – obwohl die Erde halb gefroren war – mit allen militärischen Ehren bei. Um mich auf andere Gedanken zu bringen, gingen wir schließlich ins Kino. Auch das erinnere ich noch gut. Der Opa, die Oma und ich. Ins Kino, zum ersten Mal – in Bambi! Und auf dem Nachhauseweg fuhr der Opa ein Reh tot. Auch wenn das Leben danach normal weiterging – das Reh kam in den Kof-


EINE WEIHNACHTSGESCHICHTE

ferraum, zu Hause in die Tiefkühltruhe und im Januar gab es Rehbraten – seitdem steht Weihnachten für mich unter keinem hellen Stern. „Was wünschst du dir denn dieses Jahr?“, fragt meine Mutter verlässlich meist schon im Spätsommer. „Was wünschst du dir denn zu Weihnachten, mein Sohn?“ „Ach, Mutter. Bastel mir doch was. Darüber hast du dich doch früher angeblich auch gefreut.“ Wie gesagt: „O du fröhliche“ ... das wird nichts mehr bei mir.

† Und dann kommt dieses Jahr die Politik daher und baut eine Drohkulisse ums Weihnachtsfest auf, dass es eine Art hat, verwendet es als schnödes Druckmittel in der Corona-Pandemie. „Wir müssen uns an die Regeln halten, um Weihnachten zu retten!“ Hätte es je eines Beweises für die Absurdität meines Lebens bedurft, er wurde hiermit erbracht. „Lieber jetzt einen längeren Lockdown“, sagte der Bayerische Ministerpräsident bereits Anfang November, „als eine komplette Ausgangsbeschränkung über Weihnachten.“ Was für eine Farce! Eine „Ausgangsbeschränkung über Weihnachten“ wünsche ich mir, seit ich denken kann! (Und davon mal abgesehen sind die Feiertage ohnehin

nicht viel anderes als ein Lockdown: Die Geschäfte sind zu, die Museen auch, und die Familien schließen sich ein, um sich zu überfressen und heillos zu zerstreiten.) „Stille Nacht, heilige Nacht“. Schönen Dank auch. In die Wirklichkeit übersetzt, bedeutet das: einmal im Jahr in die Provinz in sein Elternhaus zu fahren, nur um die Zeit zwischen den Jahren einsam und gefrustet in seinem alten Jugendzimmer abzusitzen, zu merken, dass man fett geworden ist, weil man mit dem Hintern im Rattanmobiliar steckenbleibt, und stundenlang an die grotesk holzvertäfelte Wand zu glotzen; an der seit Jahrzehnten ein vergilbter Wisch der Schule hängt, auf dem man nur noch entziffern kann: „... hat an den Bundesjugendspielen teilgenommen.“ Depressionen müssen gar nicht teuer sein. Weihnachten als Zuckerle. Also was mich betrifft, möge man sich bitte mehr einfallen lassen als frühvergreiste, schwarze Pädagogik. Aber befremdlich bleibt es doch.

Haben Sie manchmal auch so Angst, dass unsere nächste Bundeskanzlerin ein Mann sein könnte? Eben besagter Bayer, wenn es blöd läuft? Der mit den strengen Regeln? Dem wir jetzt schon Verehrung und Denunziantentum en

masse entgegenbringen? „Ach, der Söder“, sagen die Leute, „der hat sich echt ganz schön gewandelt.“ (Wie beruhigend. Als Politiker ein Pfosten, aber er wandelt sich immer so schön.) Was machen wir denn, wenn er’s wirklich wird? Und als frohe Botschaft erst mal überall Kreuze aufhängen lässt? Das war seinerzeit Markus Söders erste Amtshandlung. Ist gar nicht so lange her. In allen Behörden und öffentlichen Gebäuden musste ein Kreuz an die Wand; in jede Amtsstube, jede Schule, in jedes Klassenzimmer ein Kreuz. Heute weiß man: Ein Waschbecken wäre sinnvoller gewesen. Hilft im Fall auch eher als beten. So ein Waschbecken. Ist vom Denkprozess her aber anstrengender. Das war schon immer so. Wissen macht mehr Mühe als Glauben. „Nur wenn wir brav sind, kommt das Christkind.“ Ist klar. Weihnachten als Opium des Volkes. Haben wir nicht schon genügend Freundinnen und Bekannte an Verschwörungstheorien verloren? Es ist so bitter, wenn Menschen, die man mag, auf einmal das Internet entdecken und krudes Zeug nachplappern. Nur noch mal so als Bild: Hier das Waschbecken. Dort das Kreuz.

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Fotos: © J. Jochimsen, Hintergrund: Freepik/kjargpeter

EINE WEIHNACHTSGESCHICHTE

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gegen Covid-19 anpredigen: „Go away, Virus! You’re the spawn of the devil! I’m sending you back to Hell, Satan!“ Wie clever der Teufel doch stets ist: Diesmal kommt er als Virus verkleidet direkt aus der Hölle zu uns auf die Erde. Und wo steckt man sich mit ihm an? Im Gottesdienst! Das kannst du nicht besser erfinden. Ich wiederhole mich gern: Waschbecken. Nachdenken statt Vorbeten. Das ist das Gebot der Stunde. Wissen wollen statt glauben Müssen.

† Der politische Wille, Weihnachten geregelt abzuhalten, ist nachvollziehbar. Aber muss es dazu derart überhöht werden? Das mutet so peinlich an. Nicht nur der Aufklärung und der Wissenschaft gegenüber. (Und was ist eigentlich mit dem Zuckerfest oder Chanukka? Spielen Muslime und Juden keine Rolle bei der Pandemiebekämpfung?) Sogar in „diesen Zeiten“ sieht man den feierlich geschmückten Einkaufsstraßen und grell blinkenden Fußgängerzonen an, was die überwiegende Mehrheit der Deutschen wirklich mit dem „Christfest“ verbindet. Und es ist ermüdend, der Konsumkritik immer wieder das Wort reden zu müssen. So sieht es aus: Theater, Kinos und Museen mögen bitte weiter geschlos-

sen sein. Der Handel bleibt offen! (Und die Kirchen selbstverständlich auch.) Weihnachten und ich ... das wird nichts mehr. Aber eine schöne und frohe Zeit wünsche ich uns allen trotzdem. Und von Herzen: Solidarität. Rücksicht. Abstand. Denn damit ist – und war – man immer gut beraten. Und abschließend, bitte vergessen Sie das nicht: Waschbecken. Jess Jochimsen

Foto: © Wolf-Peter Steinheisser

Aber wem steht es schon zu, sich über Bewältigungsstrategien zu erheben? Wir Menschen scheinen uns nun mal nach simplen und stimmigen Erzählungen zu sehnen, die uns ohne größere eigene Denkleistung erklären, was uns widerfährt und wer die Schuld daran trägt. Ich bin selbst nicht frei davon. Und auch bei mir ist es tatsächlich am ehesten die Religion, die verfängt. Wenn schon Verschwörungstheorie, dann das Original! Schon im Frühjahr ertappte ich mich dabei, wie ich vor dem Einschlafen stumme Gebete gen Himmel schickte. Dabei bin ich ein Atheist vor dem Herrn. Vielleicht ist „beten“ zu hoch gegriffen, aber „dealen“ trifft es wohl. Wie zuletzt als 5-Jähriger habe ich dem Schöpfer Händel vorgeschlagen: „Lieber Gott, wir wissen beide Bescheid: Ich glaube nicht an dich, du glaubst nicht an mich. Trotzdem – wenn du mich dieses eine Mal noch durchkommen lässt, ich versprech’s: Ich räume mein Zimmer auf, rufe regelmäßig meine Mutter an und werde nie wieder lügen.“ Die Religion ist das Erklärmodell, an das wir andocken können; die einfachste und älteste Geschichte der Welt: Die Menschheit hat sich versündigt, also schickt Gott eine Seuche. Corona als „Strafe des Herrn“. Das ist klassischer Bibelstoff, der selbstverständlich auch sofort erzählt wurde – am anschaulichsten vielleicht von den amerikanischen TV-Predigern, die seit März dieses Jahres ohne Unterlass inbrünstig

JESS JOCHIMSEN Zur Person: Der Freiburger Kabarettist, Autor und Fotograf wurde unter anderem mit dem Kleinkunstpreis Baden-Württemberg, dem Deutschen Kabarettpreis, dem Prix Pantheon und dem Passauer Scharf­ richterbeil ausgezeichnet. Zuletzt, vor zwei Jahren, gewann er den Swiss Comedy Award.



HINTERGRUND GEHEIMDIENSTE

WENN BEHÖRDEN KOMPETENZEN ÜBERSCHREITEN KTS-RAZZIA WAR RECHTSWIDRIG, BMI SCHMALLIPPIG, MDB CONTRA STAATSANWALT

Fotos: © tln, LKA Baden-Württemberg

A

m 12. Oktober hat der 1. Senat am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) eine vom Bundesinnenministerium (BMI) beim Freiburger Regierungspräsidium (RP) in Auftrag gegebene ­R azzia im Autonomen Zentrum KTS als rechtswidrig eingestuft. „Wir bitten um Verständnis dafür, dass sich das BMI vor dem Hintergrund des derzeit laufenden Abwicklungsverfahrens aktuell nicht zu Einzelheiten der Bewertung sowie Einzelfacetten der Abwicklung äußert“, heißt es auf chilli-Anfrage. KTSAnwalt Peer Stolle fordert die Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände. Auch der Freiburger Bundestagsabgeordnete Tobias Pflüger (Linke) fordert die Herausgabe von beschlagnahmten Unterlagen. In einer anderen rechtsanhängigen Sache. 25. August 2017, 5.35 Uhr. Polizisten stürmen die KTS. Sie beschlagnahmen neben Geld auch 48 Gegenstände – darunter Schlagstöcke, Böller, Messer, Spraydosen und ein Elektroschockge20 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

rät. Am 14. August hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière die linksradikale Nachrichtenseite „linksunten. indymedia.org“ verboten und Durchsuchungen gegen führende Mitglieder und in mehreren Gebäuden angeordnet. Das Ziel: Die Zerschlagung des Vereins, der von Freiburg aus das bundesweit genutzte Portal betrieben haben soll. Das Autonome Zentrum an der Basler Straße stellte dabei das mutmaßliche Vereinsheim dar. Das Verwaltungsgericht Freiburg (VG) hatte die Durchsuchung drei Tage zuvor aufgrund der Verfügung des BMI und eines Berichts des Landesamts für Verfassungsschutz angeordnet. Das ist dem VGH-Beschluss zu entnehmen: „Die Erkenntnisse, die den Beschwerdegegner (das Land Baden-Württemberg, d. Red.) zur Annahme veranlasst haben, Herr ... (Name geschwärzt, d. Red.) sei nicht nur Nutzer, sondern Mitgewahrs­ inhaber der KTS-Räume gewesen (Besitz eines Schlüssels zum Haupteingang, Auftreten als Verantwortlicher gegenüber der Polizei nach einem ...

Brand, Bestellung eines Routers im Auftrag des KTS ...) stammen nicht aus dem Vollzugs- und Ermittlungsersuchen des BMI. Sie stammen vielmehr aus einem Behördenzeugnis des Landesamts für Verfassungsschutz, das von dieser Landesbehörde erst nach dem Eingang des Vollzugs- und Ermittlungsersuchens am 17.  August 2017 erstellt wurde.“ Gegen die Razzia klagten sodann fünf vom BMI zuvor in einer Liste genannte Privatpersonen und – als Träger der KTS – auch der Förderverein Subkultur. Mit Erfolg. „Das RP Freiburg hat seine Kompetenzen überschritten, indem es einfach das KTS dem verbotenen Verein ‚linksunten.indymedia‘ zugerechnet hat, obwohl das Innenministerium überhaupt nicht davon ausgegangen ist“, sagt Stolle. Es müsse berücksichtigt werden, dass die KTS eine Vielzahl an Initiativen beherbergt, die alle betroffen waren: „Die haben sämtliche Rechner, Geld und Unterlagen mitgenommen, alles, was halt in einem Vereinszentrum anfällt, und haben so getan, als ob das alles Beweismittel sind.“


HINTERGRUND GEHEIMDIENSTE

Mehr als drei Jahre lang sind die Gegenstände nun schon unter Verschluss. Er habe das BMI aufgefordert, die Sachen rauszugeben. Ob das Ministerium der Forderung nachkommt, ließ die Behörde auf chilli-Anfrage unbeantwortet. „Ich werde mich demnächst wieder mit dem BMI in Verbindung setzen und die Übergabe regeln“, so Stolle. Nachgeben musste das BMI schon bei den ebenfalls bei der Razzia – in einer Privatwohnung – einkassierten Datenträgern der Freiburger Studierendenvertretung, mit Informationen über 25.000 Studis der Albert-Ludwigs-Universität und der Pädagogischen Hochschule (wir berichteten). Drei Jahre lang hatten die Behörden versucht, codierte Festplatten zu knacken – ohne Erfolg. Für den Anwalt Udo Kauß, der sich seit 30 Jahren mit Geheimdiensten auseinandersetzt, standen die Ermittlungen nicht im Verhältnis: „Ich halte das für ein rechtliches No-Go.“ Für Untersuchungen dieser Größenordnung fehlten den Behörden konkrete Hinweise. In August 2019 reicht die Studierendenvertretung Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg ein. Statt einer Erwiderung folgt im vergangenen Juli die Überraschung: Das BMI verkündet, es habe kein Interesse mehr an der Entschlüsselung der Daten. Man habe alle Kopien gelöscht. Kauß: „Das BMI möchte sich einer gründlichen gerichtlichen Überprüfung entziehen.“ Das Ministerium, so eine Sprecherin, habe den neuen VGH-Beschluss vom 12. Oktober „eingehend zur Kenntnis genommen und wird diesen im Rahmen etwaiger künftiger Verbotsmaßnahmen berücksichtigen“. Stolle beobachtet eine generelle Tendenz, in solchen Verfahren die behördlichen Kompetenzen zu weit auszudehnen: „In der anwaltlichen Praxis ist das leider gang und gäbe.“ Aktuell gibt es noch einen Fall mit Verbindung nach Freiburg: Am 2. Juli drangen Polizisten morgens gegen 6 Uhr in die Wohnung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters von Tobias Pflüger, Vize-Parteivorsitzender der Linken im Bundestag, ein, drückten den Mann auf den Boden und schleppten Material in ihre Autos. „Es war auffällig, dass vor allem parlamentarische Datenträger beschlagnahmt wurden, wo Daten drauf waren aus dem Verteidigungsausschuss oder

Rechercheergebnisse“, erzählt der Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, dem chilli. Er recherchiere viel zu rechten Netzwerken in der Bundeswehr und bei der Polizei. Der Vorwurf lautete: schwerer Landesfriedensbruch. „Da ging es um eine Auseinandersetzung in Stuttgart zwischen Antifaschisten und Nazis von der rechten Pseudogewerkschaft Zentrum Automobil. Ich war da aber überhaupt nicht anwesend.“

»ES HANDELT SICH NICHT UM EINZELFÄLLE« Mitglieder der Zentrum Automobil hatten den Mann danach angezeigt und der Polizei Videobilder eines Mannes geschickt, der bei Auseinandersetzungen in Stuttgart in einer auffällig schwarzweiß-grauen Jacke zu sehen war – von hinten. Im Internet hatten sie auch Fotos des Pflüger-Mitarbeiters mit einer ebenfalls schwarz-weiß-grauen Jacke gesehen. Von vorn. Diese Bilder reichten der Polizei, um beim Staatsanwalt erfolgreich den Durchsuchungsbeschluss zu bekommen. „Spätestens als sie diese Jacke in der Hand gehalten haben, hätte sich herausstellen müssen, dass ich das definitiv nicht war, weil die Jacken völlig unterschiedlich sind.“ Die Durchsuchung wurde dennoch fortgesetzt. „Mein ganzes Zimmer wurde durchwühlt und die Datenträger beschlagnahmt. Die Jacke wurde am Ende interessan-

terweise dagelassen.“ Die Einsatzkräfte nahmen den Mann mit, nahmen auch eine DNA-Probe und behandelten ihn erkennungsdienstlich. Später wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt. Die Daten hat er mittlerweile wieder. „Die Aussage war, sie wurden ungesichtet zurückgegeben.“ Eine Beschwerde von Pflüger gegen die Hausdurchsuchung und die Mitnahme der Daten läuft noch. „In Deutschland ist es so, dass wenn Ermittlungen gegen Abgeordnete durchgeführt werden, oder wenn Datenträger, die die Parlamentsarbeit berühren, beschlagnahmt oder durchsucht oder abgehört werden sollen, dann muss der Bundestag gemeinsam mit einer Mehrheit abstimmen.“ Nur so könne die Immunität des Abgeordneten aufgehoben werden, erklärt der 26-jährige Mitarbeiter. „Das ist aber nicht passiert.“ Pflüger: „Bei der Durchsuchung der Privaträume meines Mitarbeiters wurden auch mandatsrelevante Unterlagen und Technik beschlagnahmt. Denn wie vom Bundestag empfohlen, arbeiten meine Mitarbeiter*innen teilweise im Home-Office. Offensichtlich hat sich die durchführende Polizei bei der ­Razzia insbesondere für Datenträger und Unterlagen interessiert. Ich habe die Staatsanwaltschaft aufgefordert, die beschlagnahmten Unterlagen unmittelbar und unangetastet herauszugeben.“ Es handle sich nicht um Einzelfälle, so Stolle. „Man sollte das nicht alles hinnehmen, sondern zur Überprüfung stellen.“ Denn zuweilen operierten auch Behörden nicht in den gesetzten Grenzen. Liliane Herzberg & Lars Bargmann

Schlagstöcke, Messer, Spraydosen: Bei der Hausdurchsuchung in der KTS (o.  l.) 2017 beschlagnahmten die Einsatzkräfte 48 Gegenstände (o.).

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SZENE RECHTSSTREIT

BEIM EHC GEHT’S AUCH NEBEN DEM EIS RUSTIKAL ZU

POLIZEI UND STAATSANWALTSCHAFT IN EHC-AFFÄRE EINGESCHALTET

Daniel Heinrizi: Sportchef klagt vorm Arbeitsgericht gegen den EHC.

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Foto: © Achim Keller

er EHC Freiburg und sein ehemaliger Sportlicher Leiter Daniel Heinrizi liefern sich vor dem Freiburger Arbeitsgericht ein juristisches Nachspiel: Heinrizi ficht einen Auflösungsvertrag an, weil er diesen nur unter massiven Drohungen unterzeichnet habe. EHC-Präsident Michael Müller lässt chilli-Anfragen unbeantwortet, der Vorstandsvorsitzende Werner Karlin wird „während des laufenden Verfahrens keinerlei Stellungnahmen abgeben“. Die Polizei bestätigt, dass gegen Müller mehrere Anzeigen erstattet wurden. Die Ermittlungsergebnisse sind der Staatsanwaltschaft übergeben worden. In dem durchaus als Trauerspiel zu bezeichnenden juristischen Nachspiel fordert Heinrizi 180.000 Euro, die er bis Ende Mai 2022, so lange wäre sein Vertrag gültig gewesen, an Gehältern und – bei Erfolgen – auch Sonderzahlungen und Prämien vom EHC bekommen hätte. So trägt es sein Anwalt Steffen Lang vor Gericht vor. Sein Mandant sei aber zu einer gütlichen Einigung in der Mitte bei 90.000 Euro bereit. Auf diese Weise die Kuh vom Eis zu holen, das war mit EHC-Anwalt Markus Czech nicht zu machen. Der Prozess soll im April fortgesetzt werden. Heinrizi war ein guter Griff für die Wölfe. Offiziell hatte er am 1. Juni 2019 seinen Job übernommen, der EHC steckte im Abstiegskampf. Er holte Peter Russell an die Echte-Helden-Arena, der im vergangenen März nach dem Ende der regulären DEL-2-Saison von Kollegen, Kapitänen und Experten 22 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

direkt zum Trainer des Jahres gewählt wurde. Auch der Kader wurde – bei nahezu unverändertem Budget – unter Heinrizi merklich verstärkt. Zum Bruch kam es nicht – wie sonst branchentypisch – aus sportlichen oder geschäftlichen Gründen, sondern auf privatem Geläuf. Was hernach passierte, ist mit „boulevardesk“ nur euphemistisch beschrieben. Es soll unter anderem abfotografierte Mails von Heinrizis Account geben, die dann ausgedruckt und an Vorstände verschickt wurden. Die Pressestelle der Freiburger Polizei bestätigt auf Anfrage, dass sie in mehreren Fällen gegen Michael Müller, seit Oktober 2018 im Amt, ermittelt hat. Heinrizi hatte den Präsidenten angezeigt; auch Müllers Frau Martina, bis zum Zerwürfnis Schatzmeisterin des EHC, hatte gegen ihren Mann eine Anzeige erstattet. Die Polizei ermittelte, die Ergebnisse hat sie mittlerweile der Staatsanwaltschaft übergeben. Ein Verfahren sei eingestellt worden, sagt der Erste Staatsanwalt Ralf Langenbach, ein weiteres noch anhängig. Ob Anklage erhoben oder die Akten für etwaige zivilrechtliche Auseinandersetzungen freigegeben werden, ist noch offen. Am 27. März hatte der Club gemeldet, dass Heinrizi auf den Verein zugekommen und um Auflösung seines Vertrages gebeten habe. Karlin hatte sich in der Meldung voll des Lobes über den 34-Jährigen geäußert. Nach dieser heute umstrittenen Auflösung auf Ende April arbeitete Heinrizi weiter für den Club, bearbeitete etwa das Lizenzierungsverfahren, hörte sich aber auch um und hatte eigenen Angaben zufolge zwei Angebote aus der DEL. „Ende Juni hat Werner Karlin mir während einer Vorstandssitzung vor sieben Leuten gesagt, ich solle den Clubs absagen, man will mit mir weitermachen.“ Es kam anders, denn vier Wochen später, am 21. Juli, teilte Karlin dem Sportchef mit, er sei endgültig raus – und der erst Anfang Februar verpflichtete neue Geschäftsführer Tim Talhoff ebenso. Beide waren vom Liga-Rivalen EC Bad Nauheim gekommen. Martina Müller, die im Juli ihren Posten als Schatzmeisterin quittiert hatte, hatte als Gesellschafterin der Müller Immobiliengruppe ihren Mann bereits im April als Geschäftsführer der Müller Gewerbe- und Wohnbau Verwaltungs GmbH abberufen. Dem EHC droht nun nicht nur eine kräftige Zahlung an Heinrizi – der Vorsitzende Richter am Arbeitsgericht, ­Matthias Mohn, hatte erklärt, dass er 60.000 bis 70.000 Euro als angemessen erachte. Der Zweitligist sieht sich zudem damit konfrontiert, dass Martina Müller nun Darlehen in sechsstelliger Höhe einfordert. Lars Bargmann


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SZENE NACHWUCHS

»WIR NENNEN SIE CORONA-BABYS« ZAHL DER SCHWANGERSCHAFTEN IN FREIBURG WÄHREND PANDEMIE GESTIEGEN

Nachwuchs: Wegen der Pandemie gibt es mehr werdende Mütter als in den Vorjahren.

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Foto: © unsplash.com/Minnie Zhou

en ersten Lockdown in Freiburg ab März verbrachten viele Menschen und Paare im trauten Heim. Manche von ihnen nutzten die Zeit: Frauenärzte berichten von vielen werdenden Müttern. Auch bei der Beratungsstelle Pro Familia stiegen die Anfragen zur Schwangerschaftsberatung. Ein Freiburger Ethnologe geht dem bisher unerforschten Phänomen auf den Grund. „Paare haben immer Sex und haben mehr Sex, wenn sie zusammen sonst nicht so viel zu tun haben“, erklärt Ingo Rohrer, vom Institut für Ethnologie Freiburg, schmunzelnd. „Aber die Frage, warum sie dann auf Verhütungsmittel verzichten und sich ausgerechnet in dieser unsicheren Situation für eine Schwangerschaft und ein gemeinsames Kind entscheiden, finde ich schon erstaunlich und konter-intuitiv.“

Dass mehr Frauen als im Vorjahr schwanger geworden sind, bestätigt Stella Gier Dos Santos, Auszubildende zur medizinischen Fachangestellten in der Frauenarztpraxis Faigle und Schöpsdau. „In den Monaten März bis Mai kamen viele Frauen zur Schwangerschaftsfeststellung. Wir nennen sie unsere Corona-Babys oder auch Homeoffice-Babys.“ Im zweiten Quartal 2019 waren in der Praxis 134 Schwangere als Patientinnen gelistet, 2020 waren es 160 im selben Zeitraum. Auch im dritten Quartal halten sich die Zahlen: 143 Schwangere 2019, 151 werdende Mütter 2020. „Gefühlt sehe ich nur noch Schwangere bei der Arbeit.“ Auch Brigitte Knör, Leiterin des Fachbereichs Schwangerschaft und Geburt von Pro Familia, hat einen deutlichen Anstieg der Nachfrage bei Schwangerschaftsberatungen beobachtet. „Im Jahr 2019 waren es 3133 Beratungen, bis

MEINE SORGEN DIE BETTUNRUHE

Nur weil die Welt untergeht, geht noch lange nicht die Welt unter. Corona hat auch seine guten Seiten: In der Bahn gibt’s Beinfreiheit, das Fitnessstudio ist dicht, aber dank Homeoffice muss niemand auf die Trainingshose verzichten und den „ganz Gescheiten“ ist die Gesinnung wegen ihrer Gesichtswindel buchstäblich an der Nasenspitze anzusehen. Für die Zeit nach dem Impfstoff sollten wir einige dieser Errungenschaften beibehalten: Krankschreibungen per Tele24 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

fon, zum Beispiel. Es muss nicht gleich ein tödliches Lungenvirus sein, aber für den schnöden Schnupfen ist die Strippe wie gemacht. Denn Genesung geht nur zu Hause. Kamillentee, Wadenwickel und Nasendusche gibt’s beim überflüssigen Trip zur Praxis und im überfüllten Wartezimmer schließlich nicht. Es heißt nicht umsonst „Hausmittel“. Aber wenn gerade keine Pandemie grassiert, müssen wir selbst für Diagnose Rotzfahne aufstehen und unsere

schüttelfrostgeplagten Glieder zum Hausarzt schleppen. Warum? Wer die Tour de Force im Bademantel überlebt, kann doch auch eine Station später aussteigen und brav ins Büro? Für Fieber müsste ich den Onkel Doktor doch nicht behelligen. Die berühmte Ärzte-Frage „Was fehlt ihnen denn?“ kann ich nämlich auch ohne abgeschlossenes Medizinstudium beantworten: mein Bett. Philip Thomas


SZENE KOLUMNEN

IN & OUT

Auf vielen Wunschzetteln stehen dieses Jahr Masken, Desinfektionsmittel oder Pharma-Aktien. Auch chilli-Trendchecker Philip Thomas hat das Playmobil-Piratenschiff hintangestellt und den Impfstoff auf der Liste. Er berichtet, wie die Green City mit viel Liebe noch grüner wird und dass Herzenswärme im Internet leider oft Mangelware ist.

zum November waren es jetzt bereits 3404 und das Jahr ist ja noch nicht zu Ende.“ Insbesondere in den Monaten März bis Juli sind die Zahlen auffällig: Wurden 2019 noch 1281 Beratungen in Anspruch genommen, waren es im laufenden Jahr 1674. „Was das bedeutet, ob das mit dem Lockdown zu tun hat, wissen wir aber nicht. Wir wissen ja nicht, ob der Anstieg nur bei uns so hoch ist oder bei allen drei Beratungsstellen in Freiburg“, so die 47-Jährige. Mehr Klarheit dazu werde es erst in den kommenden Monaten geben, denn „Frauen, die am ersten Tag des Lockdowns (17. März) schwanger wurden, hatten ihren voraussichtlichen Entbindungstermin rechnerisch erst am 8. Dezember“, weiß Eva Amann, Pressesprecherin im Rathaus. Der Ethnologe Rohrer vermutet, dass die Kinder, die jetzt geboren werden, zum größten Teil gewollt sind. „Ich glaube nicht, dass es an einem Versorgungsengpass von Verhütungsmitteln liegt.“ Dass die zu jeder Zeit der Corona-Krise ausreichend vorhanden waren, bestätigt Drogeriemarkt dm auf chilli-Anfrage. Studien zu dem Thema gebe es bislang noch nicht, weiß Rohrer. „Ich glaube aber, dass der Lockdown bei vielen Leuten Umdenkprozesse und eine Entschleunigung verursacht hat.“ Wer sich rückerinnere, dem falle auf, dass es sehr still war, es gab etwa kaum Straßenverkehr. „Das lenkt sozusagen die ganze Aufmerksamkeit nicht mehr ab, sondern auf sich selber und das nahe Umfeld.“ So hätten Umdenkprozesse stattgefunden. „Plötzlich hat man eine Kontrastfolie zum vorherigen Leben und kann ein bisschen darüber nachdenken, ob man mit dem Leben zufrieden war und ist.“ Manche Menschen hätten festgestellt, dass sich das Leben nicht um Ausgehen, um Unternehmungen und den Arbeitsplatz drehe, sondern dass sie sich im sozialen Nahraum, der Geborgenheit der Partnerschaft, am wohlsten fühlen, erklärt Rohrer. „Und dass man das vielleicht durch ein gemeinsames Kind noch mal zementiert.“ Liliane Herzberg

BOBBELE-BÄUMCHEN

Eine Geburtstagsaktion feiert Geburtstag. Seit nunmehr fünf Jahren gibt’s für frischgebackene Freiburger Bobbele-Eltern neben Geburtsurkunde und dem Begrüßungsumschlag vom Standesamt auch die Möglichkeit, einen Obstbaum Foto: © Patrick Seeger zu pflanzen. Sechs Sorten stehen zur Auswahl: die Äpfel „Topaz“ und „Elstar“, Birnenbäume „Conférence“ und „Gute Louise“ sowie die Kirschen „Büttners Rote Knorpelkirsche“ und „Regina“. Die rund zwei Meter großen Geburtsbäumchen kommen im Topf und sollen in privaten Gärten oder Balkons Wurzeln schlagen. 2200 Bäume wurden für die Bobbele bereits bestellt.

OUT

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Wagt sich an Thesen: Ethnologe Ingo Rohrer

Foto: © Frank Bale

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MOBBING

Jeder fünfte Jugendliche in Deutschland zwischen 14 und 17 Jahren wurde schon einmal im Internet schikaniert, ausgegrenzt oder bloßgestellt. Zu diesem Egebnis kommt die Sinus-Jugendstudie 2020. Für Eltern findet Cybermobbing oft unsichtbar am Computer oder Smartphone statt. „Sie sollten auf Verhaltensänderungen achten: Ist das Kind müde, Foto: © unsplash.com/Andrew Neel appetitlos oder zieht sich zurück? Dann ist es Zeit, näher hinzuschauen“, sagt Jonas Zinser, Regionalgeschäftsführer der Barmer in Freiburg. Aber auch Hilfe gibt’s im Netz. Etwa unter Krisenchat.de oder nummergegenkummer.de. DEZEMBER 2020/JANUAR 2021 CHILLI 25


SZENE HANDWERK

KLEINER PIKS, GROSSER KLANG

RALF SCHUMANN BEHANDELT STREICH­INSTRUMENTE MIT AKUPUNKTUR

Aus dem Münstertal in die Welt: Auch in der Oper von Sydney ist eine Schumann-Geige zu hören.

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Foto: © pt

eine Patienten sind aus Holz. Seine Methode ist unerhört. Ralf Schumann behandelt Geigen, Bratschen und Celli mit feinen Nadeln und vermag so, verstimmte Instrumente wieder sauber erklingen zu lassen. Das klingt verrückt, für zahlreiche Musiker trifft der Geigenbaumeister aus dem Münstertal allerdings genau den richtigen Ton. „Ich habe irgendwann auf alten Fotos Einstiche an Geigen entdeckt und mich gefragt, ob die Auswirkungen auf den Klang haben“, erzählt Ralf Schumann in seiner Werkstatt. Seit rund 20 Jahren führt der 65-Jährige dort auch Klangbestimmungen durch und pikst Misstöne aus Instrumenten heraus. Von Berlin bis Basel haben Musiker das kleine Münstertal deswegen schon besucht. Mehr als 1000 Ins­trumente – darunter auch eine echte Stradivari von 1724 – hat der Geigenbaumeister dort mit seinen Nadeln schon behandelt. Schumann spielt vor. Der heutige Patient, eine Geige, klingt ein wenig heiser: Ein Ton ist zu scharf. Der Geigenbau26 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

meister beginnt, das Musikinstrument mit einem kleinen Holzstab abzuklopfen. „Ich höre, wie das Holz schwingt“, erklärt er. An einem Streichinstrument entstehen Töne durch Schwingung, die Form bestimmt den Klang. Wird diese verändert, klingt auch das Instrument anders. Schumann erklärt es so: „Eine angeschlagene Saite ist wie ein ins Wasser geworfener Stein. Das Wasser ist die Geige, in der sich die Wellen dann ausbreiten.“ In dieses Gewässer „­pikse“ er nun gewissermaßen ein kleines Schilfrohr, das die Klang-Wellen breche. Der Geigenbauer greift zum Zahnarztbohrer. „Es ist Millimeterarbeit“, sagt er, klopft noch einmal auf das edle Holz und bohrt dann vorsichtig drei kleine Löcher in das Griffbrett und den Steg der Geige. Mit bloßem Auge sind die kleinen Stiche kaum zu sehen. Hörbar seien sie allerdings schon: „Durch Reflexionspunkte ändere ich das Obertonspektrum.“ 90 Euro lässt sich Schumann den Service pro Stunde kosten. Beim Stechen ist für Schumann nicht Schluss. Gerade experimentiert er an Stegen. Wölbungen und Vertiefungen auf der

Stegoberfläche. „Manchmal reicht eine Aktion, es ist schon verrückt.“ Tatsächlich wirkt die Suche nach dem perfekten Klang ein bisschen bizarr. Eine Analyse aus dem Jahr 2004 gibt Schumann allerdings recht. Damals ließ der Geigenbauer seine Methode vom Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg mit Laptop und Frequenzmesser überprüfen. Und siehe da. „Insgesamt kann von einer deutlichen Veränderung des Klangbildes gesprochen werden“, attestiert das Papier, merkt allerdings auch eine geringe Datengrundlage an. Schumann spielt die behandelte Geige noch einmal. Ein scharfer Ton ist nicht mehr zu hören. Musiker, die seine Werkstatt für eine Behandlung besuchen, seien von der Akupunktur oftmals begeistert. Das rufe natürlich auch Skeptiker auf den Plan: „Die Musiker erzählen ihren Kollegen davon und die lachen dann manchmal darüber“, sagt er. Auch die Bezeichnung „Der Spinner aus dem Münstertal“ sei schon gefallen. Schumann ist unbeirrt: „Das macht mir nichts aus, ich glaube es ja manchmal selber nicht.“ pt


WIRTSCHAFT DIE LETZTEN IHRER ART

IMMER AUF DER SUCHE NACH DEM SCHÖNEN WARUM DER 82-JÄHRIGE GÜNTHER ROTH NOCH HEUTE IM KUNSTHANDWERK-GESCHÄFT STEHT

Ob Eulen, Engel oder rosa Nilpferde: Günter Roth hat sie alle in seinem Sortiment.

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Fotos: © ste

er kleine Laden an der Freiburger Schusterstraße ist ein absolutes Unikum. Wer Weihnachten sucht, wird hier fündig: Davon kündet schon das mit winzigen Holzfiguren aus dem Erzgebirge über und über geschmückte Schaufenster. Wer das Kleinod betritt, trifft auf Günther Roth – er hat das Geschäft vor genau 55 Jahren eröffnet. „So ein Laden war schon immer mein Traum“, erzählt er mit funkelnden Augen. Um ihn zu verwirklichen, hat der heute 82-Jährige so einiges auf sich genommen, tut es immer noch, denn schon seit Monaten steht er ganz alleine hinter der kleinen Theke. „Zum letzten Mal Urlaub habe ich vor 20 Jahren gemacht“, sagt er, ganz nüchtern und ohne jegliche Spur von Selbstmitleid, denn: Dieser Laden ist sein Leben. Geboren im bayerischen Coburg, nahe der Grenze zu Thüringen, wuchs er in, wie er sagt, „allereinfachsten Verhältnissen“ auf. „Meine Eltern waren arm“, erinnert er sich, „doch sie haben mir etwas mitgegeben.“ Nämlich die Freude an schönen Holzspielsachen. Mit einem

Kaufladen, den die Familie von Freunden geschenkt bekam, nahm sie ihren Anfang – geblieben ist sie bis heute. Ob rosarote Nilpferde oder Zitronenscheiben, Grashüpfer oder hellblaue VW-Käfer, Eulen oder ein Mini-Akkordeon – all das gibt es in Roths Kunsthandwerk-Laden als Anhänger für den Weihnachtsbaum. Und all das wurde in Deutschland gefertigt, genau wie die kleinen Zinnfiguren aus Bayern oder die aus dem Erzgebirge stammenden kleinen Holzfiguren – vom Engel bis zum schwarzen Teufelchen mit Dreispitz – oder die schönen Spieldosen. „Ich war schon immer auf der Suche nach dem Schönen, bei mir finden Sie nichts aus China“, sagt er entschieden, während im Hintergrund leise klassische Musik zu hören ist. „Mit null und nichts“ kam der gelernte Schreiner vor Jahrzehnten nach Freiburg, musste kämpfen, um von der Volksbank einen Kredit über 11.000 D-Mark zu bekommen, und baute sich so Stück für Stück sein kleines Schmuckkästchen an der Schusterstraße 13 auf. Der Vermieter sei ihm wohlgesinnt, bis heute sei die Miete für ihn bezahlbar geblieben – das

sei wichtig, denn viel abwerfen würde sein Laden nicht. „Auch heute noch muss ich am 1. eines Monats schauen, woher mein Geld kommt.“ Aber – und das sagt er nicht ohne Stolz – er habe die ganzen Jahre durchgehalten, während um ihn herum etliche Geschäfte ihre Türen schlossen. „Ich musste so manche schwierige Situation durchstehen. Aber den Bettel hinschmeißen, das kam für mich nicht in Frage. Ich habe einen unglaublichen Überlebenswillen.“ Geschafft hat er das „mit ganz viel Herz“. Es brauche jemanden, der die Sachen nicht nur als Verkaufsobjekte betrachte – genau wie seine Kunden, von denen die meisten ebenfalls „viel Herz und kindliche Freude“ mitbrächten. Und mit Unterstützung, gerade in diesem Frühjahr: sowohl von staatlicher Seite, in Form von 9000 Euro Sofort-Hilfe, als auch von „lieben Menschen“, die angerufen und gefragt hätten: „Wie kann ich dir helfen?“ Das gebe ihm Halt, sagt er, und ansonsten gelte für ihn: „Ich arbeite, bis ich nicht mehr kann. Und wenn ich dann umfalle, will ich weg sein.“ Stella Schewe DEZEMBER/JANUAR 2020 CHILLI 27


WIRTSCHAFT KOMMUNEN Ohne neue Schulden geht es nicht: OB Martin Horn (mit Maske), Stefan Breiter (mit Schlips), Stadtkämmerer Bernd Nußbaumer und Elisabeth Schonhard im Ratssaal.

KASSENLAGE KRITISCH IN FREIBURG HAT DAS RINGEN UM DEN NEUEN HAUSHALT BEGONNEN

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er Schuldenberg der Stadt Freiburg wächst wieder: Vor zwei Jahren war er von der bisherigen Gipfelmarke 340 Millionen Euro im Jahr 2006 auf 167 Millionen mühsam abgetragen worden, Ende 2022 könnte er auf 348 Millionen anwachsen. Ein Grund ist die Coronakrise, wie Oberbürgermeister Martin Horn und Finanzbürgermeister Stefan Breiter in ihren Haushaltsreden erklärten. 90 Millionen neue Schulden, das sieht der Haushaltsentwurf für 2021/22 vor. Es hätte noch schlimmer kommen können. Aber den 22. August 2020 werden Horn und Breiter so schnell nicht vergessen: An dem Tag landeten 46,1 Millionen Euro auf dem Rathauskonto. Absender: das Landesfinanzministerium. Verwendungszweck: Kompensation der Gewerbesteuer. „Das hätte ich mir nicht träumen lassen“, sagt Horn. Aber: Für die beiden kommenden beiden Jahre prognostizieren kommunale Spitzenverbände eine zehn Milliarden Euro große Finanzierungslücke bei den Kommunen. Aus den Schlüsselzuweisungen von Bund und Land haben Breiter und Kämmerer Bernd Nußbaumer 56 Millionen Euro weniger als in 2019/20 eingeplant. Und fordern, wie andere Stadtoberhäupter auch, dass die Pro-Kopf-Beiträge weiter erhöht werden. Die Einnahmen in dem jeweils eine knappe Milliarde Euro fassenden Ergebnishaushalt (dort finden Einnahmen und Ausgaben aus der Verwaltungstätigkeit Eingang) sind zu 84 Prozent fremdbestimmt. Unter den 16 Prozent spielt die Gewerbesteuer (sie ist diejenige, die fast komplett bei den Kommunen bleibt) die Hauptrolle. 389 Millionen haben Breiter in den kommenden beiden Jahren angesetzt - 20 Millionen weniger als ursprünglich geplant. Eine erneute Erhöhung der Gewerbe- und auch der Grundsteuer sei bei den Beratungen kein Thema gewesen. Das wäre „ein völlig falsches Signal gewesen“, so Breiter. Nur noch etwa 30 Millionen Euro kann der Ergebnishaushalt in den Finanzhaushalt spülen - in früheren Doppelhaushalten waren es im Schnitt 62 Millionen. Aus dem sollen 228 Millionen Euro vor allem in die vier Schwerpunkte Wohnen, Schulen und Kitas, Digitalisierung sowie Klimaschutz und nachhaltige Mobilität investiert werden. Zu den Opfern des neue Prioritäten setzenden Haushalts zählen das Eisstadion, das Außenbecken beim Westbad oder eine Gym-Camp-Halle - für sie ist gar kein Geld da. 28 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

Geschoben werden sollen Sanierungen der Gewerbeschulen, die Erweiterung des Bertold-Gymnasiums, die Umgestaltung des Colombi-Parks. Aussetzen will die Stadtspitze etwa die Dynamisierung von Kulturzuschüssen und den Ausbau der Schulkindbetreuung. Die Zuschüsse fürs Kleine Haus am Theater sollen gekürzt werden. Zudem will die Stadtspitze im kommenden Jahr die Zielvereinbarungen mit dem Theater und der FWTM neu verhandeln, mit dem Ziel, weniger als bisher aus der Rathauskasse zuzuschießen. Der Gemeinderat steht vermutlich erstmals seit seinem Bestehen vor der Frage, ob er 17 bereits gefasste Investitionsbeschlüsse wieder einkassieren soll. „Der Haushalt insgesamt ist aber keine Vollbremsung“, so Horn. Allerdings einer, der auch auf Pump aufgebaut ist. Nach chilli-Informationen war es bei den Dezernenten-Klausuren, nach den Anmeldungen aus den Dezernaten und Ämtern, zunächst um 100 Millionen Euro gegangen, die im jetzt eingebrachten Entwurf noch gestrichen wurden. Auch durch eine Maßnahme mit Seltenheitswert: Die Ämter müssen die Tarifsteigerungen fürs Personal, stolze 26,5 Millionen Euro für beide Jahre, selber an anderer Stelle einsparen. 129 neue Stellen sind eingeplant. Das Personalbudget liegt für beide Jahre bei 515 Millionen Euro. Im vergangenen Doppelhaushalt hatten die Fraktionen nach 458 eigenen Anträgen auf den Entwurf noch 6,3 Millionen Euro draufgepackt. Das Volumen war danach um 8,7 Prozent auf 2,15 Milliarden gestiegen. Nach dem neuen Entwurf steigt er um 3,5 Prozent auf 2,26 Milliarden. Ein erneutes Abfackeln eines solchen „Feuerwerks der Fraktionen“ (so damals ein Stadtrat) verbietet sich solchen Mandatsträgern, die generationengerechtes Handeln für sich reklamieren. Lars Bargmann

BETEILIGUNGSHAUSHALT Unter www.freiburg.de/haushalt lässt sich der Haushaltsentwurf interaktiv einsehen. Unter www.mitmachen. freiburg.de können Bürger vom 4. bis zum 27. Januar 2021 eigene Vorschläge machen oder Vorschläge von anderen unterstützen. Wenn diese im Gemeinderat eine Mehrheit finden, wird Geld dafür im Haushalt bereitgestellt.


WIRTSCHAFT TOURISMUS

Auf den Hausberg mit der Schauinslandbahn: Naturerlebnisse waren ein Hauptmotiv des Sommer­ tourismus. Davon hat Freiburg, anders als andere Städte, profitiert.

»DRAMA FÜR EINIGE BETRIEBE« TOURISMUSZAHLEN BRECHEN UM EIN DRITTEL EIN

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Foto: © FWTM / Antal

ie Zahl der Übernachtungen in Freiburg hat von Januar bis Ende September um fast 440.000 oder 31,9 Prozent auf 935.000 Federn gelassen. „Das ist ein Drama für die Betriebe, manche wissen gar nicht, wie es weitergeht“, sagt Tourismuschefin Franziska Pankow. Andere Städte im Land hat es derweil noch viel härter getroffen. Bis Ende September verloren Stuttgart 54,4, Heidelberg 46 und Tübingen 43,9 Prozent des Vorjahres. „Wir sind, was Städte angeht, in einer absoluten Sondersituation“, sagt Pankow. Landesweit liegen die Zahlen rund 36 Prozent unter 2019. Freiburg profitiere vor allem von der „Weltmarke Schwarzwald“, Natur war über den Sommer hinweg ein starkes Reisemotiv im Tourismus, die „erstmals sechsstellig“ kostende Re-Start-Tourismuskampagne habe zudem Wirkung gezeigt. Die Schwarzwald Tourismus GmbH meldet bis Ende September 32,6 Prozent weniger ­Übernachtungen und 39 Prozent weniger Gäste. Geschäftsführer Hansjörg Mair geht davon aus, dass Hoteliers, Gastronomen und Dienstleistern Ende des Jahres 2,5 Milliarden Euro in der Kasse fehlen: „Ohne schnelle Hilfen wird das manchen Betrieb in den Ruin treiben.“ Die Freiburg Wirtschaft Tourismus und Messe GmbH (FWTM) arbeitet derzeit schon an einer zweiten Re-Start-Kampagne im Frühjahr.

Im vergangenen Jahr hatte es noch den neuen Rekord von 1,82 Millionen Übernachtungen gegeben, die Auslastung hatte bei knapp 58 Prozent gelegen, Anfang Dezember 2020 lag sie knapp 20 Prozentpunkte drunter. Es gab mit 6525 Betten 110 mehr als Ende 2019 und 1250 mehr als 2016. Insolvenzen gibt es auf dem Freiburger Hotelmarkt – noch – keine, allerdings stehen vor allem die Hoteliers mit dem Rücken an der Wand, die nicht in eigenen Gebäuden arbeiten. Der starke Sommer – im September lagen die Zahlen sogar auf Vorjahresniveau – habe ein bisschen Luft verschafft. Im April und Mai waren es aber 90 Prozent weniger. Es gibt Prognosen, wonach der Tourismus erst 2023 wieder auf Vorkrisenniveau läuft. Das gründet sich hauptsächlich auf die ausländischen Gäste, bei denen sich bis Ende September in Freiburg das Minus auf stolze 60 Prozent aufsummierte. Neben den Hotels und der Gastronomie leiden aber auch Gästeführer, der Einzelhandel in der Innenstadt und Reisebüros enorm: „Für die ist das sicher kein Lockdown light“, so Pankow. Stillstand herrscht nicht nur bei den Betrieben, sondern auch beim Bundesverfassungsgericht. Dort ist schon seit 2015 die Frage zu beantworten, ob die Bettensteuer überhaupt rechtlich über jeden Zweifel erhaben ist. So-

lange das nicht geklärt ist, dürfen die Einnahmen, die die Kommunen kassiert hatten, nicht ausgekehrt werden. Nach Rathausangaben liegen derzeit auf dem Rückstellungskonto 4,46 Millionen Euro. Während die Einnahmen in den ersten drei Quartalen im vergangenen Jahr noch bei 2,28 Millionen Euro lagen, sind im selben Zeitraum 2020 nur 1,15 Millionen dokumentiert. Wenn die insgesamt 4,46 Millionen stimmten, wäre seit 2014 nur gut eine Million Euro angefallen. Zu weiteren Fragen teilte das Rathaus mit: „Wir geben aus Gründen des Steuergeheimnisses prinzipiell keine Informationen zu einzelnen Steuerzahlungen.“ „Wir hoffen natürlich, dass es endlich zu einem Urteil kommt“, sagt Pankow. 1,4 Millionen Euro hatte der Gemeinderat im Zuge der Umsetzung des Tourismuskonzepts für 2019 und 2020 freigegeben. Dieses Konzept geht weg von dem Run auf Rekorde, sondern denkt Gäste und Einheimische zusammen. Tourismus soll akzeptiert sein, nicht wie andernorts der Overtourismus kritisiert. Die Zeitschrift National Geographic veröffentlichte Mitte November ein Ranking, wonach Freiburg 2021 zu den acht nachhaltigsten urbanen Destinationen weltweit zählt. Hoffentlich war die Studie gründlicher recherchiert als die Bezeichnung des Volksstamms: Die Studie spricht von Schwaben.

Lars Bargmann DEZEMBER/JANUAR 2020 CHILLI 29


WIRTSCHAFT START-UPS

»WIR SIND DIE ZUKUNFT« EMMENDINGER START-UP ENTWICKELT UMWELTSCHONENDES DESINFEKTIONSMITTEL

Stehen hinter Sterilius: Lovis Schumacher (rechts) und Christian Königer mit ihren Mitarbeiterinnen Esther Voßler (links) und Eva Germann.

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Fotos: © herz, Michael Kohler

ine Salzlösung, Sauerstoff, Strom und ein Elektrolyseapparat: Mehr benötigen die Macher von Sterilius nicht für die Produktion ihres Desinfektionsmittels. Die Flüssigkeit wirkt gegen Viren, Bakterien, Pilze und lässt sich etwa beim Menschen, bei der Oberflächen- oder auch Trinkwasserreinigung einsetzen. Dabei verzichtet das Start-up auf Gefahrenstoffe oder Alkohol.

Das mittlerweile siebenköpfige Team von Sterilius hat von einer Ausnahmeregel profitiert, die in Deutschland von März bis Oktober wegen der CoronaPandemie erlassen wurde und mit der sich Desinfektionsmittel vereinfacht herstellen ließ. „Wir wussten, dass es jetzt an der Zeit ist, das Projekt, das wir schon länger im Hinterkopf haben, richtig anzugehen. Wir haben uns eine Frist bis Juni gesetzt, losgearbeitet und langsam unsere Firma ins Leben gerufen“, erinnert sich Lovis Schumacher, einer von drei Gründern von Sterilius. Biozid-Produkte, mit denen Schadorganismen zerstört werden, müssen in der EU ein zweistufiges Verfahren durchlaufen. Im ersten erfolgt die Zulassung des Wirkstoffs, im zweiten wird das Produkt genehmigt. Die erste Hürde hat Sterilius bereits geschafft, seit Oktober dürfen sie in Deutschland verkaufen, Kunden hat das Unternehmen bereits in der ganzen Republik. „400.000 Euro bis 500.000 Euro an Ausgaben werden wir nach der zweiten Zulassung bestimmt 30 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

haben, die Anlage hat bereits etwa 120.000 Euro gekostet, mit 250.000 Euro hat uns die Volksbank Freiburg unterstützt“, erzählt Schumacher. Anders als andere Kreditinstitute war die Volksbank schnell bereit, die Existenzgründung mitzufinanzieren. „Die hatten einen tollen Businessplan. Wir prüfen das Ganze dann, macht das Vorhaben Sinn, ist das in der Region umsetzbar? Es gibt Pharmakonzerne in der Gegend, auch Basel ist nicht weit“, erklärt Sabrina Graner, Firmenkundenbetreuerin der Volksbank. Das Desinfektionsmittel wird in einem speziellen Elektrolyseverfahren aus einer Salzlösung hergestellt. In der Lösung wird Sauerstoff gespeichert. Im Kontakt mit Keimen wird der freigesetzt und entfaltet die oxidative Wirkung der Lösung. Danach zerfällt das Produkt wieder in die Bestandteile Salzlösung und Sauerstoff. Zwar dürfe Schumacher es nicht als harmlos bewerben, da jedes Biozid Mikroorganismen tötet. „Es geht grundsätzlich eine Gefahr von ihnen aus, aber in der Konzentration der Verwendung besteht keine Gefahrstoff-Einstufung gemäß CLP-Verordnung (europäische Richtlinie für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, d. Red.).“ Ein dermatologisches Siegel garantiert die Hautverträglichkeit, es gebe keine Kontaktallergien und auch das Einatmen des Sprühnebels sei im Gegensatz zu anderen Desinfektionsprodukten unbedenklich.

Nachhaltigkeit und Regionalität – das sind die beiden Kernkomponenten, auf die Sterilius setzt, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Denn die ist nicht ohne: Etwa 90 Prozent aller klassischen Desinfektionsmittel seien auf Alkoholbasis, fünf Prozent mit anderen gefährlichen Wirkstoffen und nur maximal fünf Prozent ähnlich hergestellt wie Sterilius, erklärt Schumacher. Sterilius ist ein Multitalent. Egal ob Hände, Arbeitsflächen oder Tierfutternapf – das Desinfektionsmittel erfüllt seinen Zweck. „Es gibt verschiedene Anwendungsbereiche, und unser Mittel deckt alle ab“, so der 23-Jährige. Neben der menschlichen Hygiene, Oberflächen und dem Trinkwasser sind das auch Lebensmittel und der Veterinärbereich. „Wir sind die Zukunft, die Leute wollen weg von gefährlichen Chemikalien, und wir arbeiten komplett ohne solche Zusätze.“ Um etwaige Salzrückstände zu entfernen, müsse bei der Anwendung etwa auf Oberflächen lediglich nachgewischt werden. „Das ist ein simples Produkt, das sehr viel kann.“

Liliane Herzberg


WIRTSCHAFT TECHNOLOGIE

MOLEKÜLE AUS DEM KOPIERER BIOCOPY AUS EMMENDINGEN WILL MEDIZINTECHNIK REVOLUTIONIEREN

Bio-Chemie im Blick: Biocopy Gründer Günter Roth im Labor.

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Foto: © Philipp Meyer, BioCopy

o wie Kopierer weltweit Büros verändert haben, möchte ­ BioCopy Labore rund um den Globus erobern. Das zwanzigköpfige Team hat einen Biomolekülkopierer erfunden, der es ermöglicht, ein Virus zu zerlegen, seine Proteine auf eine Oberfläche zu kopieren, um damit Test-Impfstoffe binnen zwei Tagen zu identifizieren. Bisher dauerte dieser Prozess mehrere Monate. Mit der Neuheit könnte die Reaktionszeit auf die nächste Pandemie deutlich kürzer ausfallen. „Corona kam für uns knapp drei Jahre zu früh“, sagt Günter Roth, Gründer von BioCopy in Emmendingen. Das erste Konzept stellte der Physiker und Biochemiker 2015 vor. Damals wie heute werden Biomoleküle einzeln hergestellt. Dank Roths Erfindung, einem Biomolekülkopierer, können nun allerdings Tausende gleichzeitig und automatisiert hergestellt werden. Der technologische Sprung sei vergleichbar mit dem von Gutenbergs Buchdruck zum modernen Fotokopierer: „In einer halben Stunde kann die Arbeit von etlichen Jahren erledigt werden.“ Gleichzeitig sei der Materialverbrauch bis zu 50-Mal niedriger. „Das hat vorher niemand gemacht“, kommentiert Roth, der schon vor zehn

Jahren mit dem Impfstoffspezialisten CureVac zusammen geforscht hat. In der Hand ist Roths großer Durchbruch verhältnismäßig klein. Etwa vier Schokoladen-Rippen misst die rund zwei Millimeter dicke Platte, auf der sich bis zu 100.000 winzige Vertiefungen, sogenannte Kavitäten, befinden. Da hinein passen DNA, RNA oder Proteine. Zur Impfstoff-Findung braucht es nur noch das Blut eines Überlebenden. Jemanden, der eine Infektion ausgestanden und daher Antikörper gebildet hat. Denn diese Antikörper binden sich an Proteine, die wichtig für die Immunität sind. Roth und sein Team sehen dann, wo genau die Antikörper anbinden und wissen damit, welche Moleküle für einen Impfstoff relevant sind. Die einzelnen Punkte werden in einer bunten Karte zusammengesetzt. „Die Darstellung ist wie eine Temperaturkarte. Heiß bedeutet, das gehört zum Impfstoff“, erklärt Roth. Die Anwendung sei kinderleicht. Sein 6-jähriger Sohn habe bereits spielend ein mögliches Tetanus-Vakzin entdeckt. Anschließend muss der Wissenschaftler noch dem Protein die entsprechende DNA-Sequenz zuordnen, dann kann Roth anschließend dies Protein beliebig vervielfältigen: „Es ist wie ein Fotokopie-

rer.“ Statt Papier gibt’s am Ende allerdings DNA, RNA oder Proteine. Zukünftige Pandemien könnten kürzer verlaufen. Nach vier Wochen könnten Experten laut Roth bereits einen ersten Impfstoff formulieren und nach zwei Monaten mit Tierversuchen durch sein, „wenn’s gut läuft, könnte man nach fünf Monaten mit dem Impfen anfangen.“ Auch Virus-Veränderungen können mit der Erfindung untersucht werden. Die im November bekannt gewordene Mutation des Coronavirus in dänischen Nerz-Farmen überrascht den Wissenschaftler nicht: „Die Natur ist schnell.“ Das sei sein Kopierer allerdings auch. Innerhalb von 48 Stunden könnten neu auftretende Mutationen entschlüsselt und Impfstoffvorläufer gefunden werden. Roths Biomolekülkopierer könne neben der Impfstoff-Suche auch für Schnelltests, Gentherapie bis hin zur Verbesserung von Waschmitteln eingesetzt werden. „Wir können fast alles kopieren – wir brauchen nur DNA“, sagt Roth. Die Technologie hinter dem Kopierer ist bereits durch Schweizer Investoren sowie zwölf Patente geschützt. Laut Roth liegt der Wert für einen Pandemie­impfstoff im ein- bis dreistelligen Milliardenbereich. Er lacht: „Wenn wir nur fünf Prozent davon bekommen, wäre das schon okay.“ pt DEZEMBER/JANUAR 2020 CHILLI 31


WIRTSCHAFT ENERGIEWENDE

Windpark Kambacher Eck: Jahresziel schon Mitte November erfüllt.

REKORDJAHR FÜR WINDMÜLLER

BADENOVA MIT KEHRTWENDE, ÖKOSTROM-GRUPPE GIBT BAUANTRAG FÜR WINDRÄDER IN KAPPEL AB

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Foto: © Badenova

er Energieversorger Badenova AG legt offenbar einen Salto in Sachen Windkraft hin. „Wir werden die Projektentwicklung zur Windkraft einstellen“, hatte der Vorstandsvorsitzende Thorsten Radensleben vor einem Jahr gesagt. Grund, so der damalige Finanzvorstand Maik Wassmer: „Jedes Windkraft-Projekt kostet m ­ ittlerweile eine halbe Million Euro an Vorlaufkosten. Und wenn es dann scheitert, verlieren wir dieses Geld.“ Ein Jahr später feiert die Konzerntochter Wärmeplus ein Rekordjahr am Kambacher Eck, gehen demnächst auf dem Hohenlochen vier Anlagen ans Netz und stehen in Seelbach sowie in Bräunlingen weitere Windräder in den Startlöchern. „Die Meldung von damals bildet nicht die Wirklichkeit ab“, sagt Badenova-Sprecherin Yvonne Schweickhardt auf ­chilliAnfrage. Wo die rechtlichen Bedingungen vorliegen, das Ganze wirtschaftlich abzubilden und die Kommunen die Projekte vorantreiben, „sind wir nach wie vor aktiv im Windgeschäft“. Wenn auch nicht überall im Eiltempo: Auch ein Jahr nach der Ankündigung hat der Einstieg in ein großes Freiland-Solarprojekt in Mecklenburg-Vorpommern immer noch nicht geklappt. Im Januar 2021 gebe es dazu Neuigkeiten. 2020 war ein ertragreiches Windjahr in der Region. Der Windpark Kambacher Eck, seit Herbst 2016 am Netz, hatte schon Mitte November 26,98 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugt und damit sein Jahressoll erfüllt. „Windkraft im Schwarzwald ist entgegen manchen immer noch vorgetragenen Behauptungen ökologisch und ökonomisch sinnvoll und leistet einen großen Beitrag zur regionalen Energiewende“, sagt Wärmeplus-Geschäftsführer Michael Klein. Die Bürger, die sich beteiligt hatten, bekommen zur Fix-Verzinsung von 2,5 Prozent nun noch ein halbes Prozent obendrauf. 32 CHILLI DEZEMBER 2020/JANUAR 2021

Auch der zweite große Projektentwickler, die Freiburger Ökostrom-Gruppe, macht viel Wind: Ende Oktober nahm sie den elf Millionen Euro teuren Windpark Biederbach in Betrieb. Die drei Anlagen, aktuell die leistungsstärksten im Land, sollen jährlich 15 bis 20 Millionen kWh einspielen. Ende November hat Geschäftsführer Andreas Markowsky zudem den Bauantrag für zwei – mit Rotoren 246 Meter hohe – Windräder auf dem Taubenkopf oberhalb des Freiburger Stadtteils Kappel eingereicht. Auch sie sollen rund 20 Millionen kWh bringen. Mit der Genehmigung rechnet Markowsky im Sommerhalbjahr 2021. Zudem plant die Gruppe, die beiden bestehenden Anlagen auf der Holzschlägermatte durch ein Windrad zu ersetzen, das allein mit zehn Millionen kWh den doppelten Ertrag erzeugen soll. „Alle relevanten Untersuchungen sind weitestgehend abgeschlossen und lassen eine Genehmigung erwarten“, so Markowsky. Die Ökostrom-Windräder in Freiamt hatten schon Anfang Dezember den Zielwert von 9,65 Millionen kWh um 700.000 überschritten, die Anlagen in St. Peter werden ebenfalls besser abschneiden als geplant (14,9 Mio. kWh), die sechs in Freiburg und Gundelfingen werden ihr Soll (13,75 Mio.) wohl knapp verfehlen, aber nur, weil zwei Windräder im sehr windhöffigen Februar wegen Generatorschäden wochenlang stillstanden. 1000 neue Windräder hatte der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller nach der grün-schwarzen Machtübernahme 2011 in Stuttgart als Zielmarke ausgegeben. Damals liefen 378 Anlagen im Ländle. Ende 2019 waren es 730. Im laufenden Jahr waren es nur ein Dutzend mehr. Ein Navi würde ihm sagen: „Sie haben Ihr Ziel nicht erreicht.“ Lars Bargmann


CHILLI ASTROLOGIE

DAS »BIERERNSTE«

CHILLI-HOROSKOP

DIE CORONA-UNTERM-WEIHNACHTSBAUM-EDITION VON HOBBY-ASTRONAUT PHILIP THOMAS

WIDDER 21.03. – 20.04. Weil Oma dieses Weihnachten nicht an Bord ist, wirst du das Backen der Kekse übernehmen. Dabei hältst du dich streng ans Rezept: Milch, Mehl, Marihuana. Das schmeckt im Sommer schließlich auch. Als du allerdings wieder in die Küche kommst, hat dein Onkel das ganze Blech verputzt. Dabei hast du die Teile doch extra „Vanillekifferl“ getauft!

STIER 21.04. – 21.05. Beim Weihnachtsschmaus streitest du dich mit deinem Vater. Thema ist natürlich wieder mal der Fußball. Es ist doch kein Wunder, dass es in der Nationalmannschaft nicht läuft: 80 Millionen Bundestrainer haben im Februar den Job gewechselt und sind nun hauptberuflich Virologe. Der Arme Jogi Löw muss die ganze Arbeit nun alleine machen.

ZWILLING 22.05. – 21.06. Die Weihnachtszeit ist für dich immer das Fest der Besinnung. Auch dieses Jahr sind wieder Legenden von uns gegangen: Diego Maradona, Sean Connery und natürlich Fips Asmussen. Du trauerst immer noch um Karl Lagerfeld. Der nämlich hat post mortem recht bekommen: Wir alle tragen Trainingshose und haben die Kontrolle über unser Leben verloren.

KREBS 22.06. – 22.07. Pünktlich zum Fest sind die ersten Impfstoffe gegen Corona da und bereit zur Verteilung. Du findest: Die Studien haben auch lange gedauert. Die Nachfrage scheint trotz Querdenkern und Impfgegnern sehr hoch zu sein. Schon vor der offiziellen Zulassung hast du Leute am Bahnhof gesehen, die sich ganz vorbildlich geimpft haben.

LÖWE 23.07. – 23.08. Für viele geht ein schwieriges Jahr zu Ende. Auch du weinst 2020 keine Träne hinterher. Noch ist es allerdings nicht ganz geschafft. Silvester musst du irgendwie noch überstehen. Während die Welt draußen feiert, verbringst du den Jahreswechsel alleine in Quarantäne. Dinner for One bekommt da eine völlig neue Bedeutung.

JUNGFRAU 24.08. – 23.09. Um dich vor dem Weihnachtsessen zu drücken, tust du wirklich alles: Türklinken lecken, Löcher in deine Maske schneiden und Partys schmeißen. Aber eine Corona-Infektion ist dir einfach nicht vergönnt. Nicht mal leichte Symptome wirst du bekommen. Bei den Kochkünsten deiner Tante wünschst du dir nun zumindest Geschmacksverlust.

50 CHILLI DEZMEBER 2020/JANUAR 2021

WAAGE 24.09. – 23.10. Weihnachten ist für dich das Fest der Nächstenliebe. Gerade im Corona-Jahr wirst du deswegen großzügig spenden. Allerdings nicht an nörgelnde Musiker. Das ganze Jahr lagen dir Künstler mit ihrer Not in den Ohren. Die Lage in anderen Branchen ist schließlich auch schlimm: Der DAX erholt sich nur langsam und die Puffs sind dicht. Denkt mal jemand an die Banker?

SKORPION 24.10. – 22.11. Du gehst die Checkliste noch einmal durch: Du hast viel zu viel Essen gekauft, dir im Internet zig Dinge bestellt, die du gar nicht brauchst, bist die ganze Zeit zu Hause, und die Schnapsreserven im Wohnzimmerschrank hast du auch bis auf den letzten Tropfen geleert. Corona sei Dank, gab’s Weihnachten bei dir das ganze Jahr.

SCHÜTZE 23.11. – 21.12. 20 Kilo abnehmen, befördert werden, mit dem Rauchen aufhören, die hübsche Supermarktkassiererin nach einem Feierabend-Kaffee fragen. Viel hast du dir für 2020 vorgenommen. Relativ wenig davon hast du erledigt. Aber zumindest einen Vorsatz hast du gehalten: Du hast deine Kneipen-Besuche wirklich drastisch reduziert

STEINBOCK 22.12. – 20.01. Bei Demos gegen Nazis, den Klimawandel und bei Wahlen bleibst du auf der Couch. Bei Märschen gegen Corona-Maßnahmen ziehst du mit Menschenmengen um die Häuser. Nachdem Böller an Silvester verboten werden sollen, musstest du schließlich aktiv werden! Im Dunkeln besoffen mit Sprengstoff zu hantieren, gehört für dich einfach zu Neujahr dazu.

WASSERMANN 21.01. – 20.02. Sich an Heiligabend zu den Eltern durchzuschlagen, ist auch ohne tödliche Seuche ein Himmelfahrtskommando. Die Deutsche Bahn bietet aktuell nur noch 60 Prozent ihrer Sitzplätze an und hat engeren Sitzplatzreservierungen einen Riegel vorgeschoben. Nanu? Das inoffizielle Feiertags-Motto der DB lautet doch „Das Leben in vollen Zügen genießen“?

FISCHE 21.02. – 20.03. Ein kleines, unsichtbares Virus hat die große weite Welt ein Jahr auf Trab gehalten. Berufe, die für niedrige Löhne bekannt sind, wurden plötzlich „systemrelevant“, Stadien und Konzerthäuser sind dicht. Mit den Impfstoffen ist der ganze Spuk hoffentlich bald vorbei. Du findest wegen „Made in China“: Corona hat lange genug gehalten.




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