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Der Standard * Österreichs unabhängige Tageszeitung Wien, am 05.05.2021, 312x/Jahr, Seite: 3 Druckauflage: 51 920, Größe: 69,46%, easyAPQ: _ Auftr.: 8420, Clip: 13550682, SB: Ischgl
Tiroler Corona-Testskandal weitet sich aus Land und Labor nennen keine Details zur Befundung, Verweise auf Qualitätskontrollen sind unwahr oder nicht nachprüfbar Innsbruck – Täglich kommen mehr Ungereimtheiten rund um den größten Auftrag für PCR-Tests in Tirol ans Licht. Wie DER STANDARD berichtete, wurde der acht Millionen Euro schwere Auftrag im September 2020 ohne Ausschreibung an das zur selben Zeit gegründete Unternehmen HG Labtruck des Wiener Urologen Ralf Herwig vergeben. Bis dahin teilten sich Tiroler Labore die Arbeit untereinander auf. Seit September 2020 hat nun die HG Labtruck aber mehr als die Hälfte aller 430.000 PCR-Tests in Tirol durchgeführt. Die Liste Fritz hat das im Zuge einer Landtagsanfrage thematisiert und erhebt nun schwere Vorwürfe, wie Klubobfrau Andrea HaslwanterSchneider erklärt: „Man hat statt eines Virologen einen Urologen beauftragt, gegen den zudem in Wien Strafanklagen wegen schwerer Körperverletzung und schweren Betrugs laufen.“ Besonders brisant: Es ist unklar, ob die von der HG Pharma
durchgeführten Tests überhaupt valide sind. Weder das Land noch das Unternehmen wollten bisher beantworten, welcher Labormediziner die Befundung durchführt. Es steht der Verdacht im Raum: keiner. Auch die renommierte Virologin Dorothee van Laer von der Med-Uni Innsbruck bestätigte gegenüber dem STANDARD, dass sie wochenlang erfolglos versucht habe, herauszufinden, wer bei der HG Labtruck befundet. Sie zweifelt daher ebenfalls an der Qualität der Arbeit, die bei dem Unternehmen geleistet wird, und hat die Zusammenarbeit deshalb nach kurzer Zeit eingestellt. Seitens des Landes versuchte man am Dienstag, die Beauftragung von Herwigs HG Labtruck damit zu rechtfertigen, dass es drei Qualitätsprüfungen gegeben habe. Einmal durch die Landessanitätsdirektion selbst vor Beauftragung, einmal durch das Department Innere Medizin der Med-Uni Innsbruck im No-
vember 2020 sowie durch die Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung und Standardisierung (Öquasta) im Februar 2021. Die Landessanitätsdirektion Tirol war jene Institution, die schon in Ischgl kein Ansteckungsrisiko konstatiert hatte. Die Med-Uni Innsbruck sowie Tirol Kliniken dementieren heftig, eine solche Überprüfung gemacht zu haben. In Wahrheit hat ein Mitarbeiter der Med-Uni, der die Erlaubnis zu einer freiberuflichen Nebentätigkeit hat, in seiner Freizeit den Labtruck der Firma privat begutachtet. Und die Öquasta darf zu ihren Tätigkeiten gegenüber Medien nichts sagen.
Dutzende Falschanalysen Nun räumt Tirol ein, dass Herwigs Labor bei den Analysen Schwierigkeiten hatte. Bisher ist von mindestens 24 Falschanalysen zwischen 8. März und 24. April die Rede. Die Ages spricht wiederum von rund
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50 falsch-positiven Ergebnissen. Neo-Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) kündigte im ORF-Report Untersuchungen an. Dorothee von Laer, Virologin an der Uni Innsbruck, forderte in der ZiB2 interne und externe Kontrollsysteme. Tirol versucht, an das Gesundheitsministerium zu verweisen, das Herwigs Firma HG Pharma in Wien auf der Liste der PCR-Tests durchführenden Labore führt. Dort gelistet zu werden geht allerdings ganz einfach. Eine E-Mail und ein Fragebogen genügen. Wen Herwig darin als befundenden Mediziner angegeben hat, darf das Ministerium auf Nachfrage nicht sagen. Aber man werde seine Angaben überprüfen. In Tirol wird auf einen Experten verwiesen, der ein Labor in der Steiermark betreibe. Das trifft auf Herwigs Partner bei der HG Pharma, einen Chemiker, zu. Der war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Wie Herwig zum lukrativen
Auftrag in Tirol kam, ist weiter unklar. Er ist allerdings in der Region Kitzbühel bestens vernetzt und dort seit 2016 im Kitzbühel Country Club von Stanglwirt-Sohn Richard Hauser als Experte für Zellenergie und Urologe aktiv. Hauser ist auch Mitglied der Tiroler Adlerrunde, ein ÖVP-naher Verbund von einflussreichen Tiroler Unternehmern. Herwigs Schwager ist der Kitzbüheler Eventmanager Hanspeter Rass. Auf Nachfrage dementierte er , irgendetwas mit den Unternehmungen seines Schwagers zu tun zu haben. Wenig später räumte er allerdings ein, dass er die mobilen Testlabors der HG Labtruck durch Tirol kutschiert. Auf seinem Online-Businessprofil gibt er „Manager bei HG Pharma“ als Berufsbezeichnung an. Der Vertrag der HG Labtruck mit dem Land Tirol ist bis Juni 2021 aufrecht. Danach werde man diesen Auftrag ausschreiben, heißt es seitens des Landes. (ars) Kommentar S. 32
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