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20er Zwanzger Die Tiroler Straßenzeitung Innsbruck, im Mai 2021, Nr: 5, 10x/Jahr, Seite: 36-37 Druckauflage: 18 000, Größe: 87,17%, easyAPQ: _ Auftr.: 8420, Clip: 13558403, SB: Ischgl
Rache fur Ischgl Tausende Menschen, die sich im vergangenen Jahr im Tiroler Wintersport-Ort Ischgl mit dem Corona-Virus infiziert haben, belangen nun die Republik in einer Sammelklage. Es konnte teuer werden. Text: RALF LEONHARD
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m 12. Marz flog HansHarald Lippisch mit seiner Freundin von Hannover nach Miinchen, wo emn Mietwagen wartete. Der Geschaftsmann hatte schon gehort, das Coronavirus sei wohl von Siidtirol auch nach Osterreich eingedrungen, und rief im Hotel an, urn zu firagen, was es mit der SchlieBung des Skigebiets auf sich habe.
„Auf meine Frage, wie ernst das Infektionsrisiko vor Ort ist, hatte man mir erklart, dass nur das Skigebiet Ischgl schlieSt, alle anderen Skigebiete, unter anderen auch Kappl, bleiben geoffnet. Wir konnten also getrost anreisen." Wenige Stunden nachdem sie im Fiinfsternepalast in Kappl eincheckten, erfuhren sie, dass nur noch am Freitag, dem 13. Marz die Lifte gehen wiirden. Man beschloss, den einzigen Tag zu nutzen. Urn 15:15, so vermerkt Lippisch spater in seinem Corona-Tagebuch, kam eine E-Mail vom Hotel, mit Bitte urn RUckruf. Ischgl wiirde ,,endgtiltig Schon eine Viertelstunde sparer standen die Bergbahnen still. „Betriebsstorung", hieB es offiziell. Nach 40 Minuten seien die Gondeln wieder gelaufen, urn die Gaste ins Tal zu bringen. In Ischgl herrschte bereits Chaos. Das Shuttle nach Kappl ging nicht mehr, an der Busstation warteten mehr Menschen, als der Bus fassen konnte. „Wir lieBen die Skier stehen und machten uns zu FuB auf den Weg", erzahlt Lippisch am Telefon. Eine Frau habe sie nach zwei Kilometern aufgelesen und am Hotel abgesetzt. Wenig spater saBen sie im Mietwagen im Stau. Zu Hause wurde er positiv auf Covid getestet. Lippisch will jetzt die Republik Osterreich fur Unkosten und Verdienstausfall auf 22.905,78 Euro klagen. Fur
Ski • es Apr • Restaurant ihn und mehr als 6.000 Covid-Geschadigte, die sich in den Marztagen des vergangenen Jahres in Tirol angesteckt haben, ist Peter Kolba der Hoffnungstrager. Der bekannte VerbraucherschUtzer hat eine Serie von Prozessen gegen die Republik Osterreich angestrengt, die am 9. April am Oberlandesgericht Wien beginnen sollte, wegen der hohen Fallzahlen aber verschoben wurde. Sammelldage nach osterreichischem Recht. Im Miro seines Verbraucherschutzvereins (VSV) in Wien sitzt Kolba mit grau-weiBem Vierzehntagebart an seinem Schreibtisch. Im vollig schmucklosen Raum hangt em n Poster, das die Ischgl-Prozesse zusammenfasst: „Ischgl Marz 2020, Covid-I9-Hotspot. 6.000 Beschwerden aus 45 Landern, 30 Tote, Tausende Geschadigte. Verbraucherschutzverein klagt die Republik Oster-
Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 0512/561152*13). Pressespiegel Seite 45 von 46
Bar Von der Apres-Ski-Bar zum gefliigelten Begriff geworden: das Kitzloch. @ EXPA/APA Erich Spiess
reich". Als Hintergrundbild dient emn Hotelkomplex mit Berggipfel, dariiber schwebt wie eine riesige rote Sonne em n stacheliges Coronavirus. Inzwischen sind es mehr als 6.000 Geschadigte, die sich an den VSV gewandt haben, und Angehorige von 32 Toten, darunter 20 allein aus Deutschland. Die osterreichische Zivilprozessordnung kennt keine Sammelklage wie in den USA, wo Anwaltsbilros ihre Mandantinnen und Mandanten mit ahnlichen Anspriichen gegentiber
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