schau-Magazin, Ausgabe 3/2014

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schauporträt Ab 6. April 2014 nimmt das Karikaturmuseum Krems neben Cartoon-Figur Nick Knatterton und Erich Kästners Detektiv Emil auch den legendären Kommissar Kottan unter die Lupe. Regisseur Peter Patzak stellt dafür Schätze aus seinem ­privaten Archiv zur Verfügung. Mit uns spricht er über die verschiedenen „Räume“ seiner Tätigkeiten.

Zwischen Ersehntem und Erreichtem TEXT VON MARIE-THERES STREMNITZER, FOTO: BUBU DUJMIC

WENN PETER PATZAK spricht, muss man näher rücken. Er ist keiner, der laut ist, er spricht mit Bedacht, manchmal schweigt er und lässt Raum zwischen den Worten, der mindestens ebenso viel aussagt wie die Worte selbst. Patzak ist einer jener Künstler, in dessen Kopf man gern einmal hineinsehen möchte, um herauszufinden, wie sein vielgestaltiges Œuvre als Regisseur, Maler und Autor entsteht. Vielleicht ist es seine Faszination für Räume, die sein Werk so unverwechselbar macht; er gibt Schauspielern, Ideen, Bildern und ihren Betrachtern Raum. Und Räume haben mehrere Dimensionen, so wie die Wirklichkeit auch. Wie eine Kultfigur entsteht

Für die Ausstellung im Karikaturmuseum sind die Kuratoren in sein Archiv eingetaucht und „auf einmal durchlebst du alles, was du schon längst weggeschoben, in Kisten verpackt hast“, sagt Patzak. Es handelt sich dabei nicht nur um Erledigtes, das durchforstet wird. Auch Möglichkeiten, die darin schlummern, werden noch einmal durchdacht. Fotos von den Dreharbeiten, Szenenfotos, Schnappschüsse, Zeitungsartikel, Korrespondenzen mit Schauspielern und Politikern sind in der Ausstellung zu sehen und dokumentieren die Entstehung der Kultfiguren. 30 schau

Schräge Dinge passieren nicht nur auf dem Set: Ein Dankesbrief, 1983 von Bibiana Zeller (Anm. Frau Kottan) geschrieben, erreichte den Regisseur erst 2008. Nicht verfilmbar

Einige Filme Patzaks, wie „Kassbach“ oder „Die Wasserfälle von Slunj“, zählen zu den besten, die je in Österreich gemacht wurden. So wie die Figuren in seinen Filmen von der Realität auf unterschiedlichen Ebenen überholt, gar übertölpelt werden, holt uns Zuschauer die Aktualität seiner Arbeiten immer wieder ein. „Das ist das Zyklische, die ständige Wiederholung in Abwandlungen, die manche nicht wahrnehmen wollen“, sagt der Regisseur. Der Krimi „Den Tüchtigen gehört die Welt“ etwa, in dem Kottan erstmals auch auf der Kino-Leinwand ermittelte, wurde 1980 produziert. Er wird im April im New Yorker Museum of Modern Art gezeigt. Aktuelle Anlässe, diesen Film anzusehen, gibt es, global gesehen, mehr als genug: Grundstücksspekulationen auf Kosten der öffentlichen Hand, Korruption, Vertuschungsmord und Versicherungsbetrug werden in Patzaks eigenwilligem Tempo erzählt. Als Forscher in den Räumen der Gegenwart stößt er aber auch an Grenzen. Den aktuellen Zustand der Welt hält Patzak für nicht verfilm-

bar, ja nicht einmal mehr karikierbar: „Wenn Großbanken, nachdem sie das Geld der Sparer in den Sand gesetzt haben, sagen, wir müssen sparen und dann tausende Arbeitsplätze aufgeben, ist das nicht mehr erzählbar. Das ist nur noch ein dummer Witz.“

info

Alles klar, Herr Kommissar? Ab 6. April 2014: Die Ausstellung über Kult-Kommissare zeigt Hintergründe und Entstehung der schrägen Ermittlerkäuze, Jungdetektive und gezeichneten Parodien auf Helden wie Superman oder James Bond. Karikaturmuseum Krems, Steiner Landstraße 3a, 3500 Krems-Stein, www.karikaturmuseum.at

Phönix an der Ecke Regie und Drehbuch: Peter Patzak, 1982. Das Filmarchiv Austria zeigt einen der persönlichsten Filme Peter Patzaks. Kino zwischen Kopf und Leinwand, befeuert von der Liebe zum surrealen Spiel. Ein Streifzug durch das nächtliche Wien der 1980er Jahre mit all seinen ­unheimlichen Gestalten. Metro Kino, 1., Johannesgasse 4, 26. April 2014, um 20 Uhr. www.filmarchiv.at

Brüchige Welt

Während man in Patzaks Archiv seiner Sammelleidenschaft auf den Grund geht, ordnet Patzak viele Dinge neu. Auf die Frage, woran er gerade forsche, schweigt er zunächst. „Ich erforsche Liebe und Belastungsfähigkeit“, bekennt er dann. Seine Frau, mit der er seit 43 Jahren verheiratet ist, hat im vergangenen Jahr einen Schlaganfall erlitten und Bewegung und Sprache verloren. „Um beides kämpft sie mit meiner größten Bewunderung“, erzählt Patzak. Seitdem hat sich das Leben für ihn völlig verändert. „Ich hätte nicht geglaubt, dass es Dinge gibt, die wirklich keinen Stein mehr auf dem anderen lassen“, sagt er. Fundamente, Wände, Ausblicke, Einblicke und Durchgänge, Räume, die er sich im Leben aufgebaut hat, seien eingerissen und müssten neu, anders, aufgebaut werden. „Keine Perspektive stimmt mehr und kein Ausblick.“ In der letzten Zeit hat sich der Regisseur wieder verstärkt der Malerei gewidmet. Der syrisch-deutsche Schriftsteller Rafik Schami hat sich für das Cover der „Eine Stadt – ein Buch“- Ausgabe seines Romans „Eine Hand voller Sterne“ ein Bild von Peter Patzak ausgesucht. Eine große Retrospektive, erweitert um aktuelle Arbeiten, wird im kommenden Herbst im Künstlerhaus Klagenfurt zu sehen sein. /// märz 2014


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