Berichte und Analysen
BEFRISTETE MEHRWERTSTEUERSENKUNG
Wettbewerbsrechtliche Fallstricke AUCH IN ZEITEN VON CORONA GELTEN DIE REGELN DES WETTBEWERBSRECHTS Mit dem Konjunkturpaket vom 3. Juni 2020 hat der Gesetzgeber – unter anderem – eine Senkung der gesetzlichen Mehrwertsteuer für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 beschlossen. Ob es sich dabei um eine sinnvolle Maßnahme zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie handelt, wurde und wird kontrovers diskutiert. Unabhängig hiervon ist aus Sicht vieler Unternehmen mit der Umsetzung jedenfalls erheblicher Aufwand verbunden. Daneben birgt die Umsetzung der ermäßigten Mehrwertsteuer in der Kommunikation gegenüber Kunden auch wettbewerbsrechtliche Risiken.
Der Ausgangspunkt ist klar: Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 sind die Sätze der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 19 auf 16 bzw. von 7 auf 5 Prozentpunkte reduziert. Jeder, der umsatzsteuerpflichte Umsätze tätigt, muss diese Sätze zur Anwendung bringen. Jenseits der Frage, ob damit positive und nachhaltige Effekte auf die Wirtschaft erzielt werden, sind jedenfalls auf verschiedenen Ebenen (Unternehmen, Finanzverwaltung) Maßnahmen notwendig, die erhebliche Kosten verursachen (technische Anpassungen, Klärung unklarer Sachverhalte, etc.); ein Teil dieser Kosten wird erneut zum Ende des Jahres anfallen.
Wirklich relevant ist die Höhe der Mehrwertsteuer nur bei Geschäften, bei denen der Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, also insbesondere für Geschäfte mit dem Verbraucher (B2C). Bei Geschäften zwischen Unternehmen sind dagegen die Preise ohne Mehrwertsteuer die relevante Bezugsgröße. Klar ist außerdem: Auch wenn die reduzierte Mehrwertsteuer einen Preisvorteil bieten kann, also beim Verkauf von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen an Verbraucher, sind die Unternehmen nicht gezwungen, ihre Preise entsprechend dem reduzierten Mehrwertsteuersatz abzusenken. Dass die Erwartung des Publikums (und der Bundesregierung) eine andere ist, spielt keine Rolle. Wer die Preise beibehält und damit faktisch die eigene Marge erhöht, muss allerdings besonders sorgfältig mit Hinweisen auf die in den Preisen enthaltene Mehrwertsteuer umgehen. Wer die Reduzierung an seine Kunden weitergeben will, steht vor der Frage, wie er auf die geänderten (reduzierten) Preise hinweisen kann bzw. muss und dabei die gesetzlichen Regelungen zu Preisangaben beachtet. GESETZLICHE REGELUNGEN ZU PREISANGABEN
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Wirtschaft in Ostwürttemberg · 09 / 2020
Der Preis einer Ware oder Dienstleistung ist regelmäßig ein wesentlicher Faktor für geschäftliche Entscheidungen – nicht nur von Verbrauchern. Auch wenn es in Deutschland keine allgemeine Pflicht zur Preisauszeichnung gibt, ist es deshalb in vielen Branchen faktisch zwin-