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Mit Laptop in der Hängematte
Foto: Archiv Johanna Holzer
Die Sterzingerin Johanna Holzer ist freie Online-Redakteurin. Ihre Basis ist München, über Monate aber arbeitet sie von dort, wo andere Urlaub machen. Ihre jüngsten Texte hat sie von Sri Lanka aus geschrieben.
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Job & Urlaub verbinden – der Trend Workation hat in der Pandemie einen kräftigen Schub erhalten. Die Sterzingerin Johanna Holzer wird gerade zum Profi darin.
Erst zwei große Kündigungswellen, dann die Pandemie. Johanna Holzer hat sich davon nicht in die Knie zwingen lassen. Im Gegenteil. Die in München tätige Journalistin mit Sterzinger Wurzeln hat die Rückschläge für sich genutzt. Als sie im Herbst 2020 zum zweiten Mal ein Kündigungsschreiben eines deutschen Verlags in den Händen hielt, entschloss sie endlich das durchzuziehen, wovon sie seit Langem geträumt hatte: ihr Arbeitsleben als Freiberuflerin exibler und vor allem ortsunabhängiger zu gestalten. Im September 2020 zog die begeisterte Surferin mit Laptop und Sur rett für einen Monat auf die kanarische Insel Fuerteventura. Eine Erfahrung, die einen Stein ins Rollen brachte. Wir tre en Johanna mehr als ein Jahr später zu einem digitalen Interview. Braungebrannt und mit windzersaustem Haar sitzt sie unter einer Palme in einem Ressort in Sri Lanka. Eine neue Destination in ihrer wachsenden Sammlung an Workation-Standorten. Auf Fuerteventura im Vorjahr folgten mehrere Surfparadiese in Portugal und Frankreich. Jeweils mehrere Monate lebte und arbeitete sie dort. Dazwischen legte sie immer wieder mehrwöchige Zwischenstopps in ihrer alten Heimat im Wipptal ein. „Denn Workation mit Skitouren ist genauso schön wie Workation mit Surfen“, sagt Holzer. JOHANNA HOLZER ARBEITET DORT, wo andere Urlaub machen. Ob in Hotels, Airbnbs oder Ressorts, auf Campingplätzen oder alten Schlössern: Sie betreibt Workation. Also Smart Working auf einer schattigen Terrasse mit Blick aufs Meer oder im Co-Working-Space einer coolen Stadt. Das Kofferwort aus „Work“ (Arbeit) und „Vacation“ (Urlaub) gilt als äußerst attraktive Steigerung des Home O ce. Die meisten Arbeitgeber sehen den Trend aber nach wie vor kritisch. Sie argumentieren mit versicherungstechnischen Problemen, einer fehlenden gesetzlichen Basis oder der Sorge um die Produktivität urlaubender Remote Workers. Dennoch werben
immer mehr Tourismusdestinationen um Gäste, die Urlaub und Arbeit verbinden möchten. Auch Südtirol positioniert sich mittlerweile als Arbeitsstätte für digitale Nomaden, mit Co-Working-Spaces, Remote-Arbeitsplätzen und Workation-Unterkün en. Rund die Häl e des Arbeitsjahres verbringt Johanna Holzer nach wie vor in München, ihrer Basis. Hier arbeitet die freiberu iche Online-Redakteurin Termine ab und p egt ihr Netzwerk. Sobald sie ihren Arbeitsplatz wieder an einen Strand verlegt, bestimmen auch die Wellen mit, welcher Teil des Tages oder des Abends der Arbeit gewidmet wird. „Das heißt nicht, dass die Arbeit darunter leidet. „Ich arbeite dann, Es geht vielmehr darum, dann zu arbeiten, wenn ich mich am besten konwenn ich mich am besten konzentrieren zentrieren kann und am produktivsten bin.“ Workation, so zeigt sie sich überzeugt, bietet sich vor allem für gut kann und am ausgebildete junge Menschen an, die selbst gestalten möchten, wie, wann produktivsten bin.“ und wo sie arbeiten. Johanna Holzer FÜR IHRE TÄTIGKEITEN, die online und autonom innerhalb vorgegebener Deadlines ausgeführt werden können, ist Workation ein vielversprechendes Modell. Erst recht, wenn die Kreativität davon pro tiert. „Denn die funktioniert nun einmal nicht auf Knopfdruck. Fällt mir mal kein Titel ein oder stecke ich irgendwo fest, mache ich eine Surfpause – das hil immer“, sagt Johanna Holzer. Auch nach einem achtstündigen Arbeitstag fühle sich die Work-Life-Balance einfach besser an, wenn nach dem Zuklappen des Computers noch der Strand wartet. Und wenn die Wellen so toll sind, dass sie gar nicht mehr an den Computer zurückwill? „Dann habe ich immer noch die Motivation, dass mein Konto ohne Arbeit leer bleibt“, lacht sie. Solange die Sterzingerin aber ihren Arbeitsrhythmus einhält, bleibt auch ihr Kontostand stabil. Ihre Wohnung in München hat sie während ihrer Workations untervermietet, damit deckt sie die Mehrkosten für Flüge und die meist günstigeren Unterkün e im Ausland.
Ob auf Fuerteventura, in Portugal, Sri Lanka oder an der französischen Küste: Johanna Holzer weiß Spaß und Arbeit bestmöglich zu verbinden. Mehrere Monate im Jahr bestimmen die Wellen ihren Arbeitstag. Was es dafür braucht? „Viel Eigenverantwortung, Disziplin und Flexbilität“, sagt sie.
EIGENVERANTWORTUNG, Disziplin und viel Flexibilität, das sei die Grundvoraussetzung, um auch am Strand erfolgreich zu arbeiten. „Wenn die Leute auf Instagram meine Urlaubsbilder sehen, kommt nicht rüber, wie viele Stunden ich eigentlich am Laptop sitze. Auch nicht, dass ich zurzeit mit ständigen Stromausfällen zu kämpfen habe, weil in Sri Lanka aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise der Strom rationiert wird“, erzählt sie. Die damit verbundenen Internetausfälle sind derzeit tatsächlich die größten Herausforderungen in ihrem Arbeitsalltag. „Die große Freiheit, die man genießt, ist eben auch mit so manch unvorhergesehenen Hürden verbunden. Wem das zu sehr zu scha en macht, der sollte dieses Arbeitsmodell besser nicht wählen. Für mich aber ist es genau das Richtige: spannend und abwechslungsreich zugleich.“ ◀
SUSANNE PITRO
#kehramolzua und sei auch du Teil der 29 Mitgliedsbetriebe der Gruppe Südtiroler Gasthaus in ganz Südtirol
STARKE AUSSTRAHLUNG
Wie Community-Denken die Südtiroler Unternehmenskultur verändert – Dorotea Mader und Klaus Mutschlechner im Interview.
Dorotea Mader, Change Expertin und Mitgründerin von Human&Human: „Das Thema Human Resources gehört bei strategischen Entscheidungen mit an den Tisch.“
Foto: Daniel Demichiel
Klaus Mutschlechner, Präsident des Netzwerks Automotive Excellence und Co-Owner von Intercable: „Mit dem Innovationslehrgang Fit For The Future haben wir einen wertvollen Impuls gegeben.“
Die Region Trentino-Südtirol ist reich an Unternehmen mit internationaler Wirkung. Zukunftssicherung ist auch für sie ein Thema. Welche Rolle Gemeinschaft dabei spielt, darüber haben wir mit Dorotea Mader, Change Expertin und Mitgründerin von Human&Human, und mit Klaus Mutschlechner, dem Präsident des Netzwerks Automotive Excellence und Co-Owner von Intercable, gesprochen.
SÜDTIROL PANORAMA: Frau Mader, Sie begleiten Unternehmen in Südtirol dabei, sich auf die Zukunft einzustellen. Wie ist der Stand der Dinge?
DOROTEA MADER: Unternehmen sind es gewohnt, autonom zu agieren und sich abzuschirmen. Das hat lange Zeit gut funktioniert, aber in der Zukunft brauchen wir etwas anderes: Im Führungsbereich ist klar geworden, dass eine offene Unternehmenskultur selbst vorgelebt werden muss. Nur so kann Veränderung und Weiterentwicklung gelingen – denn sie funktionieren nur über die Kraft der gesamten Organisation. Entsprechend gehört das Thema Human Resources bei strategischen Entscheidungen mit an den Tisch. Ganz grundsätzlich wächst heute in den Organisationen die Erkenntnis, dass das Wissen und die Innovationsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabdingbar fürs Vorankommen sind. Zur Förderung ebendieser Fähigkeiten haben wir in Kooperation mit Automotive Excellence ein maßgeschneidertes, unternehmensübergreifendes Programm entwickelt. Mit diesem können die Beschäftigten die nötigen Kompetenzen erwerben, um die Innovation im Unternehmen anzutreiben. So machen wir die Kraft nutzbar, die in der Summe der Teile liegt.
Herr Mutschlechner, was hat Gemeinschaft mit der Privatwirtschaft zu tun?
KLAUS MUTSCHLECHNER: (schmunzelt) Das klingt fast so, als wären die zwei Begriffe ein Widerspruch – sind sie aber nicht: Ich glaube, wir werden uns immer stärker der Chance bewusst, die im offenen Austausch steckt. Deshalb sind wir 2021 mit dem Co-Innovationslehrgang „Fit For The Future“ gestartet. Aus diesem wird jetzt ein Impuls, der sich durch die Kooperation zwischen Human&Human, unserem Netzwerk und dem Zusammenwirken von Verbänden und lokalen Innovationsträgerorganisationen wie NOI über die ganze Region Südtirol ausbreiten kann. Stellen Sie sich vor, welche Innovationskraft entsteht, wenn Mitarbeitende unterschiedlichster Unternehmen gemeinsam Lösungen für die Zukunft entwickeln! Wir freuen uns, den Anstoß gegeben zu haben. Aber das, wovon wir hier sprechen, ist größer und kann viel bewegen. Wie Frau Mader sagte: Die Summe der Teile ist mächtiger als jedes für sich allein je sein könnte.“
infobox
Automotive Excellence Südtirol
www.automotive-suedtirol.com
Human&Human
VIELFALT BEI ALPERIA
Neben der Einführung der agilen Arbeit stellt Alperia Flexibilität, Chancengleichheit und Vielfalt in den Mittelpunkt der Mitarbeiterführung. Werte, die heutzutage mehr denn je an Wichtigkeit gewinnen.
Die Beleuchtung des Alperia Towers des Bozner Fernheizwerks wurde letztes Jahr während des Pride Months (LGBTQ-Community) vorübergehend auf die Farben der Regenbogenflagge umgestellt.
Der Energiedienstleister setzt bereits seit einigen Jahren auf einen tiefgreifenden Wandlungsprozess. Er treibt die interne Digitalisierung voran, um widerstandsfähiger und krisensicherer zu sein, geht aber vor allem auf die sozialen Werte ein, damit das Gleichgewicht und das Arbeitsumfeld für die mehr als 1.100 Mitarbeitenden stimmig ist.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf „Für einen tiefgreifenden Wandel ist nicht nur die technische Ausstattung notwendig, wichtig ist auch die Unternehmenskultur“, sagt Johanna Vaja, Direktorin Corporate HR & Organisation bei Alperia. „Die Mitarbeitenden müssen bereit dafür sein und motiviert mitmachen. Wir setzen deshalb auf Lernbereitschaft und Selbstverantwortung und bieten individuelle Entwicklungsmöglichkeiten, ein familienfreundliches Umfeld für Mütter und Väter sowie Vielfalt und Chancengleichheit in allen Tätigkeiten.“ Das bestätigen auch die Zahlen von Alperia: Der Frauenanteil in der gesamten Unternehmensgruppe, einem technischen und traditionell männerdominierten Sektor, konnte in den vergangenen Jahren auf 25 Prozent gesteigert werden, im mittleren Management sind 21 Prozent der Führungskräfte Frauen, mehr als 90 Prozent der Väter nehmen den Vaterschaftsurlaub in Anspruch; zudem hat die erste Elektrikerin bei Alperia ihre Arbeit aufgenommen. Ein Welfareprogramm, die finanzielle Unterstützung bei der Kleinkindbetreuung, flexible Arbeitszeiten, die Anpassung der Arbeitszeit bei familiärer Notwendigkeit sowie das neue strukturelle Arbeitsmodell, das den Mitarbeitenden ermöglicht, in der Regel zwei Tage in der Woche ihre Arbeit außerhalb des Unternehmens zu verrichten, sind nur einige Punkte, mit denen Alperia die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern will. Die gesamte Alperia Gruppe hat die Zertifizierung als familienfreundliche Unternehmensgruppe „familieundberuf“.
Talentmanagementprogramm und Leadership-Workshops Um die Herausforderungen der kommenden Jahre anzugehen und die Arbeits- und Führungskultur an die Zeiten von Homeof-
Innovation und Nachhaltigkeit
Die Themen Innovation und Nachhaltigkeit prägen die tägliche Arbeit bei Alperia. Die Mitarbeitenden können sich an bereichsübergreifenden Projekten beteiligen und ihr Wissen einbringen, aber gleichzeitig auch über den eigenen Bereich hinausschauen. Alperia fördert eine nachhaltige Mobilität durch Beiträge für den Verleih und Kauf von E-Bikes und in Zukunft auch für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Vor Kurzem hat bei Alperia die erste Elektrikerin ihre Arbeit aufgenommen.
Für eine nachhaltige Mobilität: Alperia-Mitarbeitende bekommen Beiträge für den Verleih und Kauf von E-Bikes. Johanna Vaja ist Direktorin Corporate HR & Organisation bei Alperia.
fice und Digitalisierung anzupassen, legt Alperia großen Wert auf die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden und besonders der Führungskräfte und Talente. Es werden regelmäßig Leadership-Workshops und das Talentmanagementprogramm organisiert, bei dem eine Gruppe von besonders leistungsstarken und kompetenten jungen Mitarbeitenden ausgewählt wird, die ein individuelles Förderprogramm durchläuft. „Denn nur mit dem Engagement und der Kompetenz unserer Mitarbeitenden gelingt es uns, unsere Arbeit gut zu erledigen und unsere Vision einer nachhaltigen Energiezukunft voranzubringen. Und gemeinsam nicht nur zur Entwicklung der Unternehmensgruppe, sondern auch zur Entwicklung Südtirols beizutragen“, so das Resümee von Johanna Vaja.
Inklusion Es werden verschiedene Kurse angeboten, aber auch Mentoringprogramme, bei denen sich erfahrene Führungskräfte mit jungen bzw. angehenden Führungskräften austauschen können. Dabei ergänzen sich die Erfahrung der Dienstälteren und die Dynamik sowie Offenheit der Dienstjüngeren. Zudem bietet das Unternehmen jährlich um die 30 Praktikumsstellen an und arbeitet mit Universitäten und Oberschulen zusammen, um den Studierenden praxisnahe Möglichkeiten zu bieten. ❧
infobox Alperia
Zwölfmalgreiener Straße 8 39100 Bozen, Italien T. +39 0471 986 111 people.development@alperia.eu www.alperiagroup.eu