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Bleiben oder gehen?

Ich will nicht mehr! Laut einer Studie des Karrierenetzwerks Xing sind 25 Prozent der Beschäftigten in ihrem aktuellen Job unzufrieden.

Einfach nur mal Abstand gewinnen oder besser einen klaren Schnitt machen und einen neuen Weg einschlagen? Karrierecoach Klaus Härtel gibt Antworten, wie man zu sich und seiner Berufung findet.

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Foto: Privat

Der Personalexperte Klaus Härtel hat sich darauf spezialisiert, Menschen aus Krisen herauszubegleiten – hin zu einer beruflichen Situation, die sich mehr nach Berufung anfühlt.

Wenn Wunsch und Wirklichkeit am Arbeitsplatz auseinanderdri en, entsteht Frust. Wie o das passiert, zeigte vor einem Jahr eine Studie des Karrierenetzwerks Xing unter rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz: Demnach sind rund 25 Prozent der Beschä igten in ihrem aktuellen Job unzufrieden. Das wirkt sich nicht nur negativ auf die Performance der betro enen Unternehmen aus, sondern beeinträchtigt auch das Leben vieler Menschen. Der Karrierecoach und langjährige Personalmanager Klaus Härtel hat im Laufe seiner Karriere viele solcher Situationen erlebt. Und sich im Laufe der Zeit darauf spezialisiert, Menschen aus diesen Krisen herauszubegleiten – hin zu einer beru ichen Situation, die sich mehr nach Berufung anfühlt. Was es dafür braucht? Ein Gespräch mit dem deutschen Personalexperten, der einige Jahre Wahlsüdtiroler war.

SÜDTIROL PANORAMA: Herr Härtel, viele berufstätige Menschen sind in irgendeiner Form unzufrieden mit ihrer beruflichen Situation. Gehört das einfach dazu oder sollten sie daran etwas ändern?

KLAUS HÄRTEL: Das lässt sich so generell schwer beurteilen. Als Leitlinie kann ich meine Überzeugung mitgeben: Arbeit sollte mehrheitlich Spaß machen. Wenn das nicht der Fall ist und ich nur am Lamentieren bin, werde

ich keinen Erfolg haben und mich und andere runterziehen. Das ist ein deutliches Anzeichen, dass ich aus meiner Arbeitssituation raussollte.

Wie kann man sich darüber klarwerden, ob man nur die eigene Haltung ändern muss, eine Auszeit braucht oder wirklich den falschen Job hat? Kann es in solchen Situationen oft nicht ausreichen, eine Auszeit zu nehmen, statt gleich zu kündigen?

Wenn ich als Coach mit Menschen arbeite, reichen meist einige wenige Fragen, um darüber Klarheit zu erhalten. Zum Beispiel: Kann ich mir vorstellen, diesen Job noch weitere fünf Jahre auszuüben? Oder: Was stört mich an meiner beru ichen Situation: mein Chef, mein zu niedriges Gehalt oder die Tätigkeit an sich? Je nachdem was mich stört, wird relativ schnell klar, ob ich an der Situation etwas ändern kann – etwa in Gehaltsverhandlungen gehen. Das Problem ist nur: Die meisten Menschen nden an dieser Stelle sieben Millionen Ausreden, warum alles doch gar nicht so schlimm ist. Solange werden sie auch nichts verändern. Aus eigener Erfahrung kann ich das sogar gut nachvollziehen. „Wenn ich nur am

Hatten Sie auch einmal sieben Millionen Ausreden parat? Lamentieren bin, werde

Oh ja! Ich war mal Personalleiter ich keinen Erfolg haben in einem Familienunternehmen. Irgendwann wurde mir klar, dass und mich und andere das Unternehmen nicht mehr zu mir runterziehen.“ passt. Dort wurden Managemententscheidungen über die Köpfe der Klaus Härtel Menschen hinweg getro en. Ich hatte eine herrische und willkürliche Vorgesetzte, lange Arbeitstage und einen 80 Kilometer langen Anfahrtsweg. Spätestens als dann mein Sohn geboren wurde und ich, als absoluter Familienmensch, die Sehnsucht hatte, mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen, hätte ich gehen müssen. Dennoch wartete ich so lange, bis ich auf dem Arbeitsweg einen Unfall hatte – nachdem ich ö er schon fast eingeschlafen war. Erst als ich dachte: Wenn du so weitermachst, fährst du irgendwann gegen einen Baum, konnte ich den Schritt setzen. Das hängt ganz von der Situation ab. Wenn jemand nur erschöp ist und vielleicht immer schon den Traum hatte, sechs Monate lang durch Australien zu trampen, kann eine Auszeit interessant sein. Man kommt wieder zu sich und kehrt motiviert zurück. Grundsätzlich sollte man sich ein paar wichtige Fragen stellen: Bin ich in meinem Leben noch richtig unterwegs? Passt das, was ich tue, zu mir? Was ist meine Lebensvision und wo will ich hin? Natürlich kann man auch in einer Auszeit gut über solche Fragen nachdenken. Denn wer im Arbeitsalltag in einem immer schnelleren Hamsterrad gefangen ist, kann erst gar nicht ins Nachdenken kommen.

Oft wollen Menschen kündigen, ihnen fehlen aber die Alternativen. Sie haben ein Buch mit dem Untertitel „Arbeite endlich in einem Beruf, der wirklich zu dir passt“ geschrieben. Hat wirklich jede und jeder von uns eine Art Berufung, und warum fällt es vielen so schwer, diese zu leben?

Berufung ist so ein großes Wort. O ist es mit sehr hohen Erwartungen verknüp . Es geht einfach darum, sich etwas zu suchen, das Spaß macht und zu einem passt. Ich beginne meine Coachings o mit Fragen nach persönlichen Hobbys: Was machst du gerne, wenn du nicht arbeitest? Da nden sich o schnell die interessanten Kombinationen. So hat mir ein Vertriebsmitarbeiter erzählt, dass er privat leidenscha lich gerne ins Fitnessstudio geht. Heute vertreibt er Ausstattungen für Fitnessstudios. Es gilt also Anknüpfungspunkte zu Dingen zu nden, die mich wirklich begeistern. Es braucht aber auch Klarheit über die eigenen Prioritäten: Welches Arbeitszeitmodell passt zu meiner familiären Situation, was treibt mich an, in welcher Umgebung will ich arbeiten?

Das heißt, der Leidensdruck muss groß genug sein, damit wir etwas verändern?

Genauso ist es. Das ist ein zutiefst menschliches Verhalten. Denn solch eine beru iche Veränderung verlangt uns ab, Gewohntes aufzugeben, unsere Komfortzone und Sicherheitsblase zu verlassen, ins Risiko zu gehen. Vor allem bei älteren Generationen muss der Leidensdruck dafür meist richtig groß sein; nicht selten in Form von Erkrankungen oder anderen schwerwiegenderen Stresssymptomen. Bei jüngeren Menschen sieht man dagegen, dass sie nicht mehr bereit sind, einen Zustand, der sie unglücklich macht, für längere Zeit zu akzeptieren. Sie wechseln schneller eine Stelle, die sie nicht glücklich macht.

Und das haben Sie auch selbst praktiziert, nach Ihrem Unfall?

Ja, irgendwann habe ich mich daran erinnert, wie gerne ich anderen Leuten Dinge beibringe: vom Volleyball bis zum Führungskrä etraining. Darau in habe ich meine Coaching-Ausbildung begonnen. Die Schwierigkeit ist, diese Dinge zu erkennen und beru ich umzusetzen. Dabei brauchen wir viel mehr Menschen, die in ihrem Job glücklich sind – damit die Lebensbalance nicht aus den Fugen gerät.◀

WERTE ALS FUNDAMENT

Ein klares Wertesystem gibt Bewerbern und Mitarbeitern Orientierung, wirkt sinnstiftend, fördert die Motivation und die Identifikation mit dem Unternehmen und steigert somit das Wohlbefinden im Unternehmen.

Eine klare Positionierung ist nicht nur für den Kundenmarkt wichtig, sondern auch für den Arbeitsmarkt. Immer mehr Unternehmen hinterfragen gezielt die Ausrichtung ihres Wertesystems angesichts der sich stark verändernden Erwartungen ihrer Stakeholder. Die Volksbank hat 2021 in einem Prozess, in den viele Mitarbeiter eingebunden waren, über das eigene Wertesystem nachgedacht.

Unternehmenswerte und -kultur gehen Hand in Hand In diesem Prozess hat die Volksbank gemeinsam mit den Mitarbeitern drei Werte erarbeitet: weitblickend, füreinander, geradlinig. Diese Werte werden in der Volksbank von der Führungsspitze bis zu den Mitarbeitern mitgetragen und im täglichen Miteinander gelebt. Sie sind das Fundament der Unternehmenskultur und die gesamte Ausrichtung des Unternehmens ist im Einklang mit dieser Haltung. Zur internen Verankerung wurde eine Reihe von Maßnahmen entwickelt, um den Mitarbeitern die Bedeutung für ihre tägliche Arbeit zu vermitteln und anhand von konkreten Anwendungsfällen greifbar zu machen. Ganz nach dem Motto: Nur was innen wirkt, kann glaubwürdig und effektiv nach außen abstrahlen.

DEI – Diversity, Equity & Inclusion Kürzlich hat die Volksbank ein weiteres Projekt ins Leben gerufen: „Diversity, Equity &

Ilse Steurer, Leiterin Human Resources der Volksbank, zusammen mit einem jungen Kollegen.

Inclusion“. Dabei werden im Rahmen von Workshops, an denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen teilnehmen, Maßnahmen erarbeitet, die dazu beitragen, dass eine Unternehmenskultur geschaffen wird, die durch Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion überzeugt und deren Umsetzung konkret messbar ist.

„Unternehmenswerte, die von den Mitarbeitern verinnerlicht und gelebt werden, sind das Fundament der Unternehmenskultur eines Betriebes. Die Volksbank investiert in dieses Thema nicht nur, um den Unternehmenserfolg zu steigern, sondern auch um einen spürbaren Beitrag für eine vielfältigere und nachhaltigere Gemeinschaft zu leisten“, so Ilse Steurer, Leiterin Human Resources bei der Volksbank. ❧

Infokasten

Die Volksbank ist eine Regionalbank mit starker territorialer Verankerung und ist neben dem Heimatmarkt Südtirol in den nordostitalienischen Provinzen Trient, Belluno, Treviso, Pordenone, Vicenza, Padua und Venedig tätig. Insgesamt verfügt die Volksbank über 159 Filialen und beschäftigt rund 1.300 Mitarbeiter. Erfahren Sie mehr über unsere Markenkernwerte auf unserer Website. Wir sind stets auf der Suche nach neuen engagierten Mitarbeitern. Hier können Sie sich über aktuelle Stellenausschreibungen informieren: www.volksbank.it/de/bank/karriere infobox Südtiroler Volksbank AG

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