substanz FHS St.Gallen - Nr.2/2019

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Brennpunkt – Raum

Raum

entwerfen Essay* Die Frage nach dem, was e­ inen Raum ausmacht, ist zugleich die Frage nach den Qualitäten eines Raums und nach den diesen Raum bildenden Ele­ menten. Das gilt dabei sowohl für In­ nen- als auch für Aussenräume. Wie wir den Raum wahrnehmen, hängt dabei zunächst von unseren Sinnen ab. Unsere Raumbeschrei­ ­ bungen bestehen oftmals aus ­einem Gemisch an visuellen ­ Eindrücken, Klangbildern, Gerüchen. Wie neh­ men wir das Licht wahr? Wie ist das Verhältnis von Raum und den in ihm befindlichen Objekten? All diese As­ pekte stehen in einem direkten Zu­ sammenhang und bedingen sich ­gegenseitig.

Gesamteindruck und damit zu unse­ rer Beurteilung des Raums. Gibt es Kriterien, die für jeden Raum gelten, wie etwa eine gute Proportio­ nierung, so ist seine Beurteilung auch abhängig vom jeweiligen Ort, der Situa­tion, in der wir uns befinden: Sind wir bei der Arbeit, zu Hause, in der Stadt, auf dem Land? Gleichzeitig spielen kulturelle, klimatische, wirt­ schaftliche und technische Parameter eine Rolle. Müssen Plätze und Räume vor Hitze und Sonne geschützt wer­ den, oder will man Sonne und Wärme gerade auf den Platz, in den Raum ein­lassen? Sind Holz- oder Steinbau­ ten typisch für eine Region, einen Ort, eine Stadt?

Raum sehen, hören, begreifen

Raum bilden

Wir bewegen uns mit unserem Kör­ per durch den Raum und können ihn so erfassen. Wir sehen die umgeben­ den Häuser eines Platzes, wir riechen, ob es einen Bäcker gibt, hören den Brunnen plätschern. In Innenräumen nehmen wir deren Grösse wahr. Wir ­sehen, wie die Fenster sitzen, wohin wir durch sie blicken, ob die Sonne in den Raum scheint oder nicht. Wir nehmen wahr, ob es hell ist oder dun­ kel, ob Oberflächen verputzt oder mit Holz verkleidet sind, auf welchem Bo­ den wir gehen. All dies führt zu einem

Es ist die Aufgabe der Architektur, Raum zu bilden. Architektur schafft eine Grenze zwischen aussen und in­ nen, so entsteht ein Innenraum und ein Aussenraum. In der Architektur gestalten wir die Körper und Flächen, die den Raum begrenzen. Wir setzen sie zueinander in Beziehung, um ei­ nen Ort zu schaffen. Wir arbeiten an der jeweiligen räumlichen Situation. Um zu erläutern, was einen guten Raum ausmachen kann und welcher Zutaten es dafür bedarf, gehen wir im Folgenden zuerst auf den städtischen

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SUBSTANZ

Platz und danach auf den Innenraum näher ein.

Der städtische Platz Platzräume dienen in der Stadt der Begegnung, dem Austausch, dem Aufenthalt und dem Tätigwerden von Menschen. Sie haben Funktionen, wie zum Beispiel als Markt- oder Kirch­ platz. Die Wände der Plätze bilden die Fassaden der angrenzenden Bau­ ten. Mit ihrer Ausgestaltung prägen sie den Charakter des Platzes. Sind es offi­zielle Bauten oder Wohnbau­ ten, die den Platz rahmen; handelt es sich also um einen privaten Platzraum oder einen öffentlichen? Materialien wie Stein vermitteln in unseren Brei­ ten einen offiziellen Charakter, wäh­ rend wir Holzfassaden eher Wohn­ bauten zuordnen würden. Ob wir den Platz erfassen können, hängt dabei von seiner ­­Grös​se und Bebauung ab. Elemente wie Brunnen können eine Zonierung vorgeben, Möblierungen wie Bänke können gewisse Bereiche für gewisse Nutzungen definieren. Gerade bei kleineren Plätzen wie dem Bärenplatz in der St.Galler Innenstadt ist der Platzraum gut erfahrbar. Die umgebenden Geschäftsbauten mit ihren als Ladenzonen ausgestalteten Erdgeschossen rahmen den Platz und weisen ihn als städtischen Raum aus.


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