substanz FHS St.Gallen - Nr.2/2019

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Brennpunkt – Raum

Wie Kreativräume weite Kreise ziehen

Lea Müller

F

ür die Kreativität sind nicht nur einzelne Menschen zentral. Eine Schlüsselrolle spielt auch der Raum des kreativen Schaffens. Ein Forschungsprojekt der FHS St.Gallen geht anhand des historischen Fallbeispiels der St.Galler Erker-Galerie der Frage nach, welche Faktoren zum Erfolg eines Kreativraums führen können – und wie sich Prozesse und Methoden auf aktuelle Projekte in der Ostschweiz übertragen lassen. Fast unbemerkt von einer grossen Öffentlichkeit war St.Gallen in der Zeit zwischen 1958 und 2014 ein An­ ziehungsort für Künstlerinnen und Künstler sowie Autorinnen und Au­ toren von Weltruf. Ein Zentrum des kreativen Schaffens war das «Unter­ nehmen Erker» mit seiner Galerie, der Presse und dem Verlag (siehe Kas­ ten). «Das künstlerische Schaffen war enorm umfangreich. An diesem klei­ nen Ort sind neuartige Werke gros­ sen Wertes entstanden», sagt Maria Nänny, Leiterin der Fachstelle Kunst an der FHS St.Gallen. Sie ist zustän­ dig für Werke, Druckgrafiken und bib­ liophile Bücher aus der Erker-Galerie, welche die FHS St.Gallen beher­ bergt. Die Kunstwerke sind als fester

­ estandteil des Fachhochschulzent­ B rums und in Form von Wechselaus­ stellungen für die Öffentlichkeit zu­ gänglich. Nun ist die Erker-­Galerie als historisches Fallbeispiel für ei­ nen «Kreativraum» in den Fokus der Forschung gerückt. Ein interdiszipli­ när zusammengesetztes Team der FHS St. Gallen – mit Vertreterinnen und Vertretern der Fachstelle Kunst, des Instituts für Innovation, Design und Engineering sowie des Instituts für Soziale Arbeit und Räume – be­ fasste sich mit den Erfolgsfaktoren des Erker-Unternehmens.

Zeitzeugen befragt, Hypothesen geprüft Obwohl es sich um ein historisches Beispiel handelt, eignet es sich für den Übertrag auf moderne Unter­ nehmen aus drei Gründen besonders gut: Die Erker-Galerie war erstens als eine Art Netzwerkorganisation kon­

stituiert, indem sich ein kleines Team von St.Gallen aus mit herausragen­ den Denkerinnen und Denkern sowie Kunstschaffenden vernetzte. Zweitens bot sie einen physischen Ort des Aus­ tausches. Drittens zeichnete sie sich durch ihren einmaligen Output aus. Ausgehend von einer umfassenden Li­ teraturrecherche und Zeitzeugen-In­ terviews gingen die Forschenden den Hypothesen nach, dass bestimmte Faktoren einen Einfluss auf den kre­ ativen Output eines Kreativraums haben und ein Kreativraum mit ho­ hem Output wiederum eine positive Wirkung auf die Umgebung hat – wie etwa die Kreativitätskultur eines Unternehmens oder die Kreativwirt­ schaft einer ganzen Region.

Menschen, Strukturen und Materialität Unter «Kreativraum» verstehen die Forschenden keinen physischen

«DAS RÄUMLICHE SETTING ERHÄLT IN DER KREATIVITÄTSFORSCHUNG NOCH WENIG BEACHTUNG.»

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