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Wir haben den Fuß in der Hand Unser Fußabdruck im Ökosystem

Unser Fußabdruck im Ökosystem

Wir haben den Fuß in der Hand!

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von Herbert Lechner

Geht es um prinzipielle Umweltfragen, um die Zerstörung von Naturräumen, den weltweiten CO 2 -Ausstoß oder Müllvermeidung, dann taucht immer wieder der Begriff des ökologischen Fußabdrucks auf. Die Aktivitäten von Ländern oder Unternehmen werden danach bewertet, wie viel Erdoberfläche sie dafür verbrauchen.

Der Begriff des ökologischen Fußabdrucks ist überzeugend und leicht verständlich. Auch lässt er sich natürlich eindrucksvoll illustrieren. Doch was steckt eigentlich dahinter und was sagt er wirklich aus? 1994 von Mathis Wackernagel und William Rees entwickelt, fand das Konzept schnell internationale Resonanz.

Unter ökologischem Fußabdruck (englisch: Ecological Footprint) wird generell die Fläche verstanden, die notwendig ist, um den bestimmten Lebensstil eines Menschen zu ermöglichen. Dazu gehören jene Flächen, die notwendig sind zur Herstellung seiner Nahrung und Bekleidung. Ebenso zählt dazu der Verbrauch für die Gewinnung der benötigten Energie, zur Müllbeseitigung usw.

Zu diesem Zweck vergleicht die Methodik zwei fiktive Flächen und setzt sie zueinander in Beziehung: Einerseits die für den Einzelnen durchschnittlich verfügbaren Land- und Wasserflächen, auch als Biokapazität bezeichnet. Diesen ste hen jene Land- und Wasserflächen gegenüber, die tatsächlich benötigt werden, um seinen Bedarf zu produzieren und zu ent sorgen: eben der ökologische Fußabdruck. Dabei beschränkt sich die Bewertung allerdings bewusst auf die biologisch nutzbaren Flächen, also Ackerland, Wei deland, Wald sowie die für die Fischerei genutzten Flächen der Meere und Binnengewäs ser. Hochgebirge, Wüsten, aber auch bebaute Gebiete und Verkehrswege gelten als neutral und werden nicht in die Berechnung aufgenommen. Diese nutzbaren Bereiche sind nicht gleichermaßen ertragreich. Dazu musste ein Durchschnittswert als Rechengröße eingeführt werden. Der methodische Erfolg des ökologischen Fußabdrucks beruht darauf, mithilfe von bestimmten Produktivitätsfaktoren diese Flächen in globale Hektar umzurechnen. Auf diese Weise kann man sich auf einen durchschnittlich produktiven „Standardhektar“ als gemeinsame Maßeinheit beziehen, um weltweit sehr unterschiedliche Flächen miteinander zu vergleichen. Nun werden

nicht mehr Äpfel mit Birnen in Bezug gesetzt, sondern jedem stehen die gleichen globalen Hektar zur Verfügung. Zudem konnten auf dieser Basis Zahlen bis 1960 zurückgerechnet werden, obwohl der ökologische Fußabdruck erst 1994 „erfunden“ wurde. Die Methodik wurde seitdem noch verfeinert, ohne das Grundkonzept zu verändern.

Auf dieser Grundlage lassen sich komplexe Beziehungen unterschiedlichster Faktoren relativ einfach und übersichtlich darstellen. Dieser größte Vorteil, eben die einfach nachzuvollziehende Quantifizierung und Visualisierung, bildet allerdings auch das größte Handicap des Abdrucks. Denn die Reduktion auf eine Nenngröße entspricht nicht der Realität, da zu viele Faktoren ausgeklammert sind. Doch für einen globalen Vergleich – und für ein schlechtes Gewissen – ist dieser Fußabdruck sehr empfehlenswert.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat für ihren Fußabdruck einen anderen Faktor zugrunde gelegt, nämlich den CO 2 - Ausstoß. Dazu gibt es klare Nachweise und Statistiken sowie Daten der verschiedenen Verursacher, die sich auf den einzelnen Konsumenten umlegen lassen. Eines wird dabei sofort klar: Wir leben auf viel zu großem Fuß! Rein rechnerisch dürfte jeder 2 Tonnen CO 2 pro Jahr in die Luft jagen, doch tatsächlich sind es in Deutschland 12,5 Tonnen pro Kopf, die da jährlich zusammenkommen. Eine Summe, die sich aufschlüsseln lässt nach Energiebereitstellung (2,8 Tonnen), privatem Konsum (2,1 Tonnen), Infrastruktur (1,5 Tonnen), Heizung (1,3 Tonnen) Verkehr (2 Tonnen). Und 1 Tonne kommt noch für den Verzehr von Fleisch bzw. seine Produktion dazu. Die angepeilten 2 Tonnen verbraucht alleine schon der Verkehrsbereich – vom Pendeln im Auto bis zu Flugreisen. Dazu kommt noch der Güterverkehr, der immerhin auch noch mit 0,7 Tonnen zu Buche schlägt.

Natürlich sind die 12,5 Tonnen nur die statistische Umlage, d.h. es gibt Umweltsünder unter uns, die auf 25 Tonnen pro Jahr kommen, während sparsame Naturen deutlich weniger CO 2 produzieren. Es ist also möglich, diesen Wert zu senken, mit bewusstem Konsum und politischer Einflussnahme. Wir haben es in der Hand. Kein Wunder also, dass Greenpeace dazu aufruft, endlich massive „Fußpflege“ zu betreiben! //

Slavery Footprint Einen völlig anderen, aber nicht weniger bedenkenswerten Fußabdruck weist die Website www.slaveryfootprint.org nach. Wer da glaubt, die Sklaverei sei abgeschafft, wird hier eines Besseren belehrt, und zwar am eigenen Beispiel. Denn mit unserem Konsumverhalten fördern wir die globale Sklavenhaltung! Mit den Produkten wie Smartphones, Kleidung, Lebensmitteln… Unmöglich, das sind doch alles respektable Marken, die wir erwerben, denken wohl die meisten. Doch es sind die Lieferketten, in denen die modernen Sklaven schuften: Wer pflückt die Baumwolle, gewinnt die Rohstoffe, webt die Teppiche, puhlt die Shrimps wirklich? Die Initiative lädt ein zum Selbstversuch: Wie viele Sklaven arbeiten für mich? Es ist ganz einfach, doch das Ergebnis dürfte die meisten erstaunen – und zum Nachdenken animieren.

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