›› FRIZZ FILM
Redaktion: Uwe Bettenbühl
KINOSHORTS Marc Rothemund
Es ist zu deinem Besten Start: 8.10. (91 Min.) Anwalt Arthur (Heiner Lauterbach), Bauarbeiter Kalle (Jürgen Vogel) und Physiotherapeut Yus (Hilmi Sözer) verbünden sich, um ihre zukünftigen Schwiegersöhne davon zu überzeugen, dass ihre Töchter was Besseres verdient haben. Hört sich fies an, ist es auch. Den drei Familienvätern ist nämlich jedes Mittel recht, um ihrem Nachwuchs die Männer ihrer Wahl ein für alle mal zu vermiesen. Remake des spanischen Kinoerfolgs „Es por tu bien”. ›› Deutschland 2020, mit Heiner Lauterbach, Jürgen Vogel, Hilmi Sözer, Janina Uhse, Jacob Matschenz, Lara Aylin Winkler
Todd Haynes
Vergiftete Wahrheit Start: 8.10. (126 Min.) Ein renommierter Chemiekonzern gerät unter Verdacht, das Trinkwasser einer Kleinstadt in West Virginia mit krebserregenden Substanzen zu verseuchen. Zuerst verenden zahlreiche Tiere, dann macht sich das Gift auch beim Menschen bemerkbar. Anwalt Robert Bilott (Mark Ruffalo) übernimmt den Auftrag eines örtlichen Viehzüchters, der Sache auf den Grund zu gehen – und gerät zwischen die Fronten des Konzerns und seines eigenen Chefs. Der Fall basiert auf Ereignissen, die von den 1990er Jahren an den DuPont-Konzern in die Schlagzeilen brachten. ›› USA 2019, mit Mark Ruffalo, Anne Hathaway, Tim Robbins, Bill Camp, Victor Garber, Mare Winningham, Bill Pullman
Tomer Eshed
Drachenreiter Start: 15.10. (91 Min.) Der Drache Lung und das Koboldmädchen Schwefelfell sind auf der Suche nach dem mythischen Saum des Himmels, wo sich, einer Legende nach, die letzten Exemplare der Drachenspezies aufhalten sollen. Auf dem Weg dorthin machen sie die Bekanntschaft des Waisenjungen Ben, der behauptet, ein Drachenreiter zu sein. Gefährlich wird’s, als das Monster Nesselbrand auftaucht und Lung zu vernichten droht. Verfilmung des Fantasyromans von Cornelia Funke, Autorin von Bestsellern wie „Herr der Diebe” und „Tintenherz”. ›› Deutschland/England 2020, Animationsfilm
Carmen Losmann
Oeconomia Start: 15.10. (89 Min.) Ohne Verschuldung keine Gewinne, nur so kann Kapitalismus funktionieren. Ist dem wirklich so? Und wie lange kann das gutgehen? Nicht nur in Deutschland geht die Angst vor einem Megacrash des Systems um wie kaum zuvor. „Oeconomia” macht sich die Risiken des Geldvermehrens zum Thema, hinterfragt die Entstehung von Kapital und die Bedeutung von Profitgier als Triebkraft für das Funktionieren einer gesunden Wirtschaft. ›› Deutschland 2020, Dokumentarfilm
50
Oktober 2020
PABLO LARRAÍN
Ema ›› Start: 22.10. (102 Min.)
Chile 2019, mit Mariana Di Girolamo, Gael García Bernal, Paola Giannini, Santiago Cabrera, Cristián Suárez, Giannina Fruttero
nnnnn Ihr Leben ist der Tanz. Und wie das Leben ist auch der Tanz oft unberechenbar. Ema (Mariana Di Girolamo) hat den Rhythmus im Blut. Ihre Blicke, ihre Bewegungen sind Choreographie, auf der Bühne wie anderswo. Doch Ema steht an einem Tiefpunkt. Die Ehe mit Gastón (Gael García Bernal), dem Chefchoreographen von Emas Tanzkompanie, ist gescheitert. Gastóns Impotenz hatte zur Adoption eines Kindes geführt, Polo (Cristían Suárez). Ein von Polo ausgelöstes Unglück brachte die Familienharmonie dann zu Fall. In einem Sog aus Lust und Wahnsinn sucht Ema nun nach ihrer Bestimmung, mit strikt kontrollierter Motorik hält sie den Hunger nach Liebe und Freiheit in ihrem Bann. Der Chilene Pablo Larraín („Neruda”) erschafft mit seinem neuen Film ein Gesamtkunstwerk aus elektrisierender Musik und faszinierenden Bewegungen, illustriert das Schicksal einer jungen, rebellischen Frau, die mit ungebändigter Energie Grenzen überschreitet, emotional wie professionell. Das Spiel mit dem Feuer, das sich aus diesem egomanen und pornographischen Abenteuer entwickelt, entzündet sich als Reflexion irdischer Existenz, die einer animalischen Triebhaftigkeit gehorcht. Uwe Bettenbühl
OSKAR ROEHLER
Enfant Terrible ›› Start: 1.10. (134 Min.)
Deutschland 2020, mit Oliver Masucci, Katja Riemann, Hary Prinz, Götz Otto, Christian Berkel, Alexander Scheer, Eva Mattes, André Hennicke, Sunnyi Melles
nnnnn Dass der Workaholic Rainer Werner Fassbinder - der 42 Filme hinterließ, als er 1982 mit nur 37 Jahren starb nicht nur zu den produktivsten, sondern auch zu den umstrittensten Filmemachern des Neuen deutschen Kinos gezählt werden muss, ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass Selbst- und Fremdausbeutung Teil seines Lebens, wenn nicht gar sein Leben selbst war. Vom Start weg er-
arbeitete sich Fassbinder seinen typischen, melodramatisch überhöhten Inszenierungsstil, testete ihn alsbald auch im Kino erfolgreich ge-
nug aus, um damit Gefolgsleute an sich zu binden. Einem Gefühlsdiktator gleich formte, förderte und schikanierte er Weggefährten und Team zusehends exzessiver, arbeitete besessen, betrieb Raubbau am eigenen Körper. In Oskar Roehlers Hommage auf das tyrannische Genie Fassbinder wird dessen Leben in kurzen Episoden nachgezeichnet, die man zu einem Stationendrama verdichtet, das sich komplett in den Kulissen von Studiowelten abspielt. Neben einer extrem stilisierten Licht- und Farbdramaturgie überzeugt „Enfant Terrible” vor allem mit einer glänzend besetzten All-Star-Riege um RWF-Verkörperung Oliver Masucci, der den Kinobesuch allein schon wert ist. Horst E. Wegener
JEAN-PAUL SALOMÉ
Eine Frau mit berauschenden Talenten ›› Start: 8.10. (106 Min.)
Frankreich 2020, mit Isabelle Huppert, Hippolyte Girardot, Farida Ouchani, Liliane Rovère, Jade-Nadja Nguyen, Rachid Guellaz
nnnnn Vom Dolmetschen allein raucht die Hütte nicht. Das muss auch die fürs Drogendezernat arbeitende Patience Portefeux (Isabelle Huppert) feststellen, als sie die Kosten fürs Pflegeheim, in dem ihre Mutter verweilt, nur schwerlich aufbringen kann. Kurzerhand sabotiert Patience bei einer Abhöraktion die Übersetzung, verhindert somit die Beschlagnahmung eines mit Drogen vollgepackten Lkw. Während Philippe (Hippolyte Girardot), der Chef der gescheiterten Polizeiaktion, völlig im Dunkeln tappt, spürt Patience den millionenschweren Stoff auf – und bringt, in folkloristischer Verkleidung, die Ware gegen viel Bares auf den Markt … Es ist eine berauschende Idee, mit einer der begnadetsten Schauspielerinnen der Gegenwart eine Rolle zu füllen, die der Darstellerin multikulturelle Fähigkeiten abverlangt. Nicht immer ganz frei von Stereotypen der arabischen Kultur, durchwandelt die Huppert als „Madame Hasch” zwei Charakterrollen in einem Film, der zwischen Sozialdrama, Komödie und Drogenkrimi sein unterhaltsames Niveau zu vermitteln versucht. Uwe Bettenbühl frizz-frankfurt.de