5.000ste Ausgabe

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5.000STE AUSGABE

Kommunikation mit dem Obstbaum durch 4.0 Forschung ► Die Digitalisierung wird große Auswirkungen auf den Obstsektor haben. Um jedoch von Fruit 4.0 profitieren zu können, müssen Technologien, Datenmanagement und Geschäftsmodelle für den Einsatz im Fruchtbereich weiterentwickelt und validiert werden. Was da aktuell läuft und geplant ist, erläutert Peter Frans de Jong (Wageningen University & Research) im Folgenden. Marlis Heinz

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nfangs war da der Begriff Industrie 4.0, der für die vierte wirtschaftliche Revolution steht. Er definiert das Verschmelzen der Digitalisierung mit den herkömmlichen industriellen Prozessen. Die Maschinen kommunizieren miteinander – das Internet of Things wird geknüpft. Und kennt keine Grenzen: Auch in der Obstproduktion versprechen stärker und exakter datengesteuerte Prozesse bessere Fruchtqualität, mehr Nachhaltigkeit, höhere Effizienz … Peter Frans de Jong studierte Pflanzenzüchtung und Pflanzenschutz an der Universität Wageningen und ist als Projektleiter am Projekt Fruit 4.0 beteiligt. Sein Credo: „Die Fokussierung auf ein hohes technologisches Niveau und Lösungen, die auch für kleine Produzenten erschwinglich sind, bedeuten Kooperationsmöglichkeiten und einen gemeinsamen Datenmanagementansatz. Darüber hinaus gewinnen die Entwicklungen von Technologien im Bereich Internet, Sensoren, Drohnen und Robotik an Dynamik.“ Die Grundidee des seit 2017 in Wageningen laufenden vierjährigen Projektes ist es, die – beginnend mit der Apfelsorte Elstar – gesammelten Daten auf den Einzelbaum herunterzubrechen. Der Fokus liegt dabei auf der Life-Überwachung der Anlagen.

Erstellung von Wachstumsmodellen möglich Mit einem auf dem Traktor montieren Gerät können bspw. rund 80 % der Blüten erfasst werden. Dann gilt es zu berechnen, wie intensiv ausgedünnt werden müsste. Ein entsprechender neuer Sprüher dünnt 84 | FRUCHTHANDEL

Peter Frans de Jong, Wageningen University & Research

dann einzelbaum-maßgeschneidert aus. Es ist auch möglich, dass sich der Sensor eventuellen Schädlingsbefall „anschaut“ und nur die befallenen Areale der Anlage mit Pflanzenschutzmitteln besprüht werden. Ähnlich funktioniert das mit der Fruchterkennung, so de Jong, „… derzeit entdecken wir allerdings nur etwa 60 % der Äpfel.“ Daraus ergeben sich jedoch schon jetzt Werkzeuge zur Qualitätsbeurteilung und Ertragsschätzung. Die Qualitätsurteile, so u.a. zur Fruchtfärbung, sind einzelnen Arealen zuordenbar, was die Organisation der Pflege und Ernte optimiert. Wenn bspw. Fäulnisherde festgestellt werden, könnten die durch Beschnitt ausgemerzt werden. Bei der Ente werden auf der Basis der Fruchterkennung die Kisten in entsprechender Anzahl und passgenau positioniert sowie die Erntegeräte besser angepasst. Ein Foto der obersten Fruchtschicht einer gefüllten Kiste kann auch Berechnungen zum Inhalt der ganzen

Kiste ermöglichen. Laut de Jong können auf der Basis von Drohnenbildern auch Wachstumsmodelle errechnet werden, die im Gegensatz zum Scanner auf dem Traktor schneller und weitwinkliger entstehen. Diese Wachstumsdaten der Drohnenbilder werden bspw. zu Bodeninformationen in Verbindung gesetzt. In der Fragerunde nach dem Vortrag interessierte die Zuhörer unter anderem die Anwendbarkeit der untersuchten Technologien auf andere Kulturen. De Jongs Antwort: „Dass wir mit den Äpfeln begonnen haben, lag daran, dass ich aus der Apfelforschung komme und dies eine wirtschaftlich wichtige Frucht ist. Aber tatsächlich könnte die Birne, durch ihre Form, ihr Gewicht und ihre Farbe mehr Probleme machen. Möglicherweise ist die Orange das nächste Anwendungsgebiet.“ 

09 I 2021


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