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Krings: „Die Regionalität ist maximal gefährdet“
„Die Regionalität ist maximal gefährdet“
Krings ► Die Energiekrise, verbunden mit massiv ansteigenden Produktionskosten, stellt auch einen der größten Vermarkter für Bio und konventionelles Obst in Nordrhein-Westfalen (NRW) vor große Herausforderungen. Innovationen sind mehr denn je gefragt. Wir haben mit Geschäftsführer Alexander Krings über wichtige Entwicklungen und notwendige Schritte gesprochen. Den Ernst der Lage haben aus seiner Sicht noch nicht alle verstanden.
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Daniel Schmidt
Verbraucherinnen und Verbraucher fragen zunehmend danach, wo und wie deren Lieblingsapfel angebaut wird und hoffen auf möglichst nachhaltige und umweltschonende Methoden. Wie nachhaltig sind Sie tatsächlich unterwegs?
Alexander Krings: Wir beschäftigen uns seit mehr als zehn Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit. Nicht zuletzt durch die enge Zusammenarbeit mit dem NABU in
Preissteigerungen entlang der gesamten Lieferkette sind ein großes Problem. „Erzeuger werden massive Existenzprobleme bekommen“, befürchtet Alexander Krings.
Nachhaltiger Transport – die Reduzierung von Geschwindigkeit spielt dabei eine besondere Rolle.
Bonn haben wir schon viele Maßnahmen umsetzen können. Nach einer Bestandsaufnahme der Probleme in unserer Region vor mehr als zehn Jahren, haben wir z.B. die Population der fast ausgestorbenen Greifvögel in unserer Region wieder hergestellt. Somit hat sich auch das Mäuseproblem aus der damaligen Zeit auf natürliche Weise größtenteils lösen lassen. Des Weiteren haben wir fast zerstörte Maare wieder renaturiert und die Artenvielfalt an Nützlingen massiv steigern können – sowohl mit unseren Bio- als auch mit konventionellen Betrieben.
Aus Ihrer Sicht haben beide Anbaumethoden ihre Daseinsbereichtigung und schließen sich nicht gegenseitig aus. Warum?
Genau, das Gegenteil ist der Fall. Wir konnten viele wertvolle Aspekte vom Bioanbau in unsere anderen Betriebe übertragen, wie bspw. die manuelle Bearbeitung der Zeilen an den Gehölzen, statt hier auf Unkrautspritzung zu gehen. Diese Bodenbearbeitung haben wir auf alles übertragen. Mager, unser Partnererzeuger und Mitbegründer der RheinBioFrucht, hat in den vergangenen Jahren extrem viel umgesetzt. So hat er mit einem speziellen NRW-Programm große Wasserbecken erstellt, die mit Hilfe von großen Pumpen dem Frostschutz, der Bewässerung und dem gesamten Wassermanagement des Betriebes dienen. Das versickerte Wasser wir durch die Hanglage teilweise wieder in das Becken aufgenommen. Durch die richtige Sortenauswahl bei Neupflanzungen werden auch massive Verbesserungen erwirkt. Ein Beispiel ist unsere neue Sorte Swing, die wir gemeinsam mit der Mylord‘-Gruppe erzeugen. Resistente Sorten brauchen weniger Pflanzenschutz, da sie, wie die Bezeichnung schon sagt, gegen unterschiedliche Schädlinge resistent sind. Dadurch wird man in Zukunft ein anderes Pflanzenschutzmanagement haben. Zudem ist dies eine der ersten Biosorten, die sich ohne Smart Fresh bis zu einem Jahr lagern lässt und somit den Import von Bio-Überseeäpfel überflüssig machen können. Auch mit der eigenen Clubsorte Morgana haben wir uns der nachhaltigen Vorteile
Fotos: Krings
bedient, wie etwa der extrem langen Haltbarkeit, um somit auch hier einen regionalen und geschmacklich mit am besten bewerteten Apfel für das ganze Jahr zu haben. Grundsätzlich sind ein Jahr lang regionale und europäische Bioäpfel schon ein großer Erfolg in der CO2 -Bilanz.
Sie haben einen Fuhrpark mit rund 40 Lkw bzw. Kühlsattelzügen und setzen dabei auf neue und moderne Techniken. Was sind die Besonderheiten?
Leider sind wir noch nicht soweit wie im Pkw-Bereich, um auf alternative Antriebe setzen zu können. Die Entscheidung einiger Spediteure, auf LPG umzustellen, hat sich durch die derzeitige Situation leider als falsch erwiesen. Wir setzen auf nachhaltige Maßnahmen und Schulungen. Unsere Flotte ist komplett km/h-technisch gedrosselt. Die Reduzierung weniger Geschwindigkeit hat einen enormen Effekt auf den Verbrauch. Zudem setzen wir auf eine digitale Auftragsabwicklung. Dies bedeutet, dass jeder Fahrer die Aufträge digital auf sein Tablett erhält und dann die automatische Routenführung startet. Diese ist bei uns darauf ausgelegt, sparsamer zu fahren, Steigungen und große Umwege zu meiden. Ansonsten spielt natürlich auch die Auslastung eine große Rolle. Somit sind wir zum Spediteur geworden, der seine Erzeugnisse möglichst nachhaltig transportiert. Und das mit der Vorgabe, eine Auslastung für den Gesamttransport zu generieren. Derzeit fahren auf deutschen Autobahnen noch zu viele Transporter mit einer nicht ausreichenden Auslastung. Das ist nicht nachhaltig.
Durch den Einsatz neuer Techniken in der Produktion wurde der Stomverbrauch gesenkt. Sie verfügen über eine eigene Sortier- und Lagertechnik – bspw. ist der 1.800 m2 große Neubau mit moderner CA-Technik ausgestattet, das Kühlhaus mit 18 CA-Zellen. Wie nachhaltig laufen die Prozesse tatsächlich ab?
Wir haben vor zwei Jahren eine große und bedeutende Investition getätigt und die gesamte Kühltechnik
LOGISTIK
deutschlandweit an den LEH mit 24/7 Erreichbarkeit
LAGERUNG
In separaten CA-Zellen für bis zu 130 Überseecontainer oder 3.000 Paletten QUALITÄTSKONTROLLE
per FruitCheck-App mit elektronischem Prüfbericht in fast allen Sprachen VERPACKEN
von Kern -und Steinobst in allen handelsüblichen Formaten
EIGENER OBSTANBAU
von über 170 ha in Bio- und konventioneller Qualität
Ihr Handelspartner für Obst & Gemüse Regional - National - International
Unternehmensgruppe KRINGS Siemensstr. 1 | 53359 Rheinbach Tel.: +49 2226 9265-0 info@w-krings.de www.w-krings.de
auf Sole und Ammoniak umgestellt, also auf natürliche Gase. Allein die neue Technik hat schon eine Reduktion beim Strom von ca. 30 % erwirkt. Betrachtet man die derzeitige Situation auf dem Energiemarkt, ist das leider noch nicht genug.
Trotz moderner Technik ist und bleibt Ihre Produktion mit u.a. 50 Kühlräumen sowie einer Pack-und Lagerstation sicherlich energieintensiv – inwiefern sind Sie von der derzeitigen Energiekrise betroffen?
Genauso wie viele andere Betriebe sind auch wir massiv davon betroffen. Wir konnten zwar noch rechtzeitig einen neuen Vertrag abschließen, trotzdem rechnen wir mit einer Verdopplung der Kosten. Da der Abverkauf derzeit nicht so hoch ist wie gewünscht bzw. das Angebot es hergeben würde, rechnen wir mit einer deutlich längeren Lagerung von Kernobst und somit höheren Kosten. Das Problem für alle Vermarkter ist, dass die gesamte Lieferkette die Preise erhöht. Wir erhalten allerdings nicht mehr für unsere Produkte. Im Gegenteil, teilweise liegen wir preislich unter dem Vorjahresniveau. Wir haben Mehrkosten von bis zu 0,15 Cent pro kg, aber liegen derzeit bei ca. 2 % unter Vorjahresniveau. Diese Rechnung geht nicht auf und letztlich zu Lasten der Erzeuger, die dann
Regionaler Anbau in einem gesunden Umfeld – in Zusammenarbeit mit dem NABU hat Krings schon mehrere Renaturierungsmaßnahmen verwirklicht.
massive Existenzprobleme haben werden. Dadurch ist die Regionalität maximal gefährdet. Das ist dem Verbraucher, so mein Eindruck, noch nicht bewusst. Wir können mit unseren Kosten nicht mit den Preisen anderer Länder wie bspw. Italien konkurrieren.
Beim Thema Verpackung setzen Sie auf mehrere und individuelle Lösungen, um Kundenwünsche optimal erfüllen zu können. Worauf kommt es Ihnen in diesem Bereich besonders an?
Mit einem anderen deutschen Kernobstvermarkter waren wir die Ersten, die die plastikfreie Schale auf den Markt gebracht haben. Mittlerweile sind die Flügelschalen ein fester Bestandteil unseres Sortimentes, bspw. aber auch Baumwollnetze oder Papiereinlagen. Jedoch muss man an der Stelle auch mit einem gesunden Maß an Objektivität in die Bewertung gehen. Plastik ist nicht per se schlecht. Vor allem, wenn es um Haltbarkeit und Storelife geht, können Dehnfolie oder andere Verpackungslösungen helfen, dass sich Obst länger hält und der Verderb deutlich reduziert wird. Ein zu hoher Ausfall und somit die Vernichtung von O+G kann nicht die richtige Antwort sein. Jeder Kunde hat mittlerweile eine zu stark zugeschnittene Auslobung und Anforderung – gerade auch im Hinblick auf Regionalität und Logos. Es ist unmöglich, Verpackungen gemeinsam und somit günstiger zu beschaffen oder bei Überhängen zu tauschen. Somit entsteht ein höherer Entsorgungsanteil bei der Implementierung neuer Layouts. Das Verbesserungspotenzial in diesem Bereich ist groß.
DEUTSCHLAND
Pilotversion der „NatApp“ geht in den Praxistest
Nach einjähriger Entwicklungszeit und in enger Zusammenarbeit mit Landwirten in Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen ist jetzt die Pilotversion der „NatApp“ in den erweiterten Praxistest gegangen. Mit dieser Anwendung können Landwirte Naturschutzmaßnahmen auf ihrem Smartphone einfach und praktikabel umsetzen. Dies umfasst die Information, Planung, Anlage und rechtssichere Dokumentation von Naturschutzmaßnahmen auf den Betriebsflächen. Entwickelt wurde die NatApp vom Deutschen Bauernverband (DBV) in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), dem Thünen-Institut und der Hochschule Harz. Laut DBV bietet die „Infothek“ in Form eines Webportals Orientierung über die Naturschutzmaßnahmen der einzelnen Bundesländer. Landwirte könnten gezielt Maßnahmen auswählen und den Feldstücken des Betriebes zuordnen. Eine App für Smartphones unter Google Android und Apple iOS unterstütze dabei, die Dokumentation rechtssicher zu erstellen. Hilfreich bei den Aufgaben auf dem Feld und im Büro seien die Speicherung von Fotos vor und nach der Bewirtschaftung, die Aufzeichnung von Fahrwegen via GPS sowie weitere Erfassungen. AgE