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Südtiroler Apfelkonsortium: Die Apfelwirtschaft ist dialogbereit und lernfähig

Die Apfelwirtschaft ist dialogbereit und lernfähig

Südtiroler Apfelkonsortium ► Um ein Gleichgewicht zwischen Ökologie und Ökonomie, Innovation und Tradition, wirtschaftlicher und sozialer Tragfähigkeit zu erreichen, wurde vor zwei Jahren das Strategiekonzept „sustainapple“ entwickelt. Wie sich das Projekt entwickelt hat und welche Vorteile sich daraus ergeben haben, besprach Georg Kössler, Obmann des Südtiroler Apfelkonsortiums, mit dem Fruchthandel Magazin.

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Inga Detleffsen

„Wir dürfen nicht aufhören, konsequent weiter zu arbeiten“, betonte Georg Kössler.

Foto: Südtiroler Apfelkonsortium (SAK)

Wer oder was hat das ganze Projekt ins Rollen gebracht?

Georg Kössler: Bereits 2017 haben sich einige Organisationen der Südtiroler Apfelwirtschaft unter Leitung des Südtiroler Apfelkonsortiums getroffen, um über eine Strategie zur nachhaltigen Entwicklung der Apfelwirtschaft in Südtirol zu sprechen. Über mehrere Jahre wurde eine fundierte Strategie erarbeitet, die auch von der gesamten Obstwirtschaft getragen wird. Unter Begleitung des Nachhaltigkeits-Experten Prof. Alfred Strigl wurde die Strategie „sustainapple“ erarbeitet und wird seit 2020 konsequent umgesetzt.

Welche Schulnote würden Sie dem Projekt über die vergangenen zwei Jahre geben?

Meinen Sie deutsche Schulnoten von eins bis fünf? Ich würde die Note zwei, also gut geben. Viele Projekte wurden von den mitarbeitenden Organisationen gestartet; auch die Strategie selbst wird weiterentwickelt und neue, innovative Entwicklungen eingebaut. Gleichzeitig gibt es noch viel zu tun. Wir dürfen nicht aufhören, konsequent weiter zu arbeiten.

Wo gab es Lerneffekte, wo muss noch nachgebessert werden?

Die Apfelwirtschaft hat sich geöffnet – wir sind dialogbereit und lernfähig. Unser einzigartiges Netzwerksystem erlaubt den Erhalt von tausenden kleinbäuerlichen Familienbetrieben. In der ökologischen, aber auch in der sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit hat sich vieles getan. Neue Herausforderungen wie die Explosion der Produktions- und Energiekosten stellen uns gleichzeitig vor neuen Herausforderungen.

Was hat Sie in den vergangenen zwei Jahren positiv überrascht?

Die Begeisterung unserer Bauernfamilien. Der Zusammenhalt in der Apfelwirtschaft ist gewachsen und man ist kompromissbereit und auch bereit, die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken.

Wer steht im Fokus des Projekts? Ist es der Erzeuger, die Region oder der Verbraucher? Wen soll es erreichen - und wer soll davon in erster Linie profitieren?

Das Projekt ist das Netzwerksystem des Südtiroler Apfels, das schon 2014 von der FAO ausgezeichnet worden ist. Profitieren müssen wir alle davon – Produzenten, Nachbarn und Konsumenten.

Wie viel Prozent der Südtiroler Apfelbauern sind aktuell an „sustainapple“ beteiligt? Sind 100 % das Ziel oder ist das unrealistisch?

Über die verschiedenen Verbände und Organisationen sind nahezu 100 % der Südtiroler Apfelbauern an „sustainapple“ beteiligt. Wir müssen nach innen kommunizieren und auch unsere Bauern über Projekte und Fortschritte informieren. Bei 7.000 Familien ist auch das eine Herausforderung.

Generell hören die Verbraucher gerade von allen Seiten das Schlagwort „Nachhaltigkeit“. Wie soll sich „sustainapple“ da besonders bemerkbar machen? Gibt es besondere Aktionen, auch länderübergreifend?

Mit „sustainapple“ denken wir ganzheitlich. Gleichzeitig wird zurzeit schon an einer „sustainapple“-Zertifizierung gearbeitet, die die Fortschritte auch für den Verbraucher noch deutlich sichtbarer macht.

In diesem Jahr hat es auf Ihrer Webseite noch keine Berichte zu umgesetzten Maßnahmen der Initiative gegeben. Wie ist der Stand?

Im November 2022 wird „2 Jahre sustainapple“ gefeiert – wir werden Fortschritte und laufende Projekte präsentieren. 

Südtiroler Apfelkonsortium

Hand in Hand mit der Natur: Nachhaltigkeitsprojekt geht in die Umsetzung

Die Nachhaltigkeitsstrategie sustainapple der Südtiroler Obstwirtschaft fördert mit zahlreichen konkreten Maßnahmen Biodiversität, Pflanzengesundheit sowie Wasser- und Klimaschutz.

Das Obstanbaugebiet Südtirol im Norden Italiens versorgt seit vielen Jahrzehnten Europa und die ganze Welt mit Äpfeln – die Frucht findet hier ideale Bedingungen vor. Die Südtiroler Obstwirtschaft hat im

Jahr 2020 mit sustainapple ihr Vorzeigemodell für strukturelle Nachhaltigkeit weiterentwickelt. Dieses „Drei-Mal-Drei der Nachhaltigkeit“ fördert konkret und auf drei Schwerpunktgebieten die Nachhaltigkeit. Die Initiative orientiert sich an den 17 globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen – von der Bekämpfung der weltweiten Armut und des Hungers, über Gesundheit und sauberes Wasser bis hin zu Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit. So will die Südtiroler Obstwirtschaft bis 2030 über alle Produktionsschritte hinweg klimaneutral werden. Zusätzlich setzt sie auf technische

Innovationen, erneuerbare Energien, nachwachsende Ressourcen sowie auf die Entwicklung eines überregionalen Kreislaufwirtschaftskonzepts. In Verbindung mit dem Naturschutz hat auch die Pflanzengesundheit hohe Priorität. So spielt der sachgerechte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eine große Rolle, wofür neue Techniken gefördert werden. Zusätzlich helfen Heckenprogramme,

Nistkästen, der Einsatz von Nützlingen und der Ausbau des Bienenschutzes, die Artenvielfalt zu erhalten und zu steigern. Ein weiterer zentraler Bestandteil des Nachhaltigkeitsprogramms ist der Erhalt der Kleinstruktur der Südtiroler

Obstwirtschaft und die Unterstützung der bäuerlichen Betriebe.

Verschiedene Organisationen, Unternehmen und Stakeholder haben gemeinsam Ziele und Maßnahmen für sustainapple definiert. Erst aus dieser Zusammenarbeit zwischen Menschen, die in verschiedenen Branchen tätig sind, kann sich eine zukunftsorientierte und nachhaltige Obstwirtschaft entwickeln. Nun geht eine Pioniergruppe in verschiedenen Workshops ausgewählte Themen an und arbeitet konkrete Projekte heraus. Das Team besteht aus über zwanzig freiwilligen Bauern aus allen Obstbaugebieten Südtirols – etwa ein Drittel von ihnen arbeitet biologisch, der Rest integriert. Es fanden bereits mehrere Treffen der Gruppe rund um Nachhaltigkeitsberater Alfred Strigl statt. Während andere Projekte in die Arbeitsweise übergeordneter Organisationen einfließen, arbeitet die Pioniergruppe viele konkrete Ideen zu Themen wie Bodenleben, Biodiversität und technische Erneuerungen heraus. Ein Konzept zum Wassersparen fand großes Interesse: Mithilfe von Tensiometern wird die Bodenfeuchte in den Obstwiesen gemessen, wodurch bedarfsgerechtes Bewässern möglich wird. Auch der Zusammenhang von Tierschutz und Obstanbau wird hervorgehoben. So wurden speziell angefertigte Nistkästen an die Mitglieder der Gruppe verteilt, um Meisen und Stelzen Schutz und Unterkunft auf den Obstwiesen zu bieten. Des Weiteren werden CO2- und Digitalisierungsprojekte besprochen. Die Nachhaltigkeitsstrategie sustainapple steht für einen achtsamen und ressourcenschonenden Umgang mit der Natur, in Verbindung mit sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit für die vielen Bauernfamilien. Nachhaltiger Obstanbau und die Umsetzung von Umweltstrategien, in jedem Wirtschaftszweig, sind essenziell für die Zukunft und nachfolgende Generationen. www.sustainapple.it www.suedtirolerapfel.com

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